Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 424/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 10148

AUSLAND ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) ARBEITSZEIT TARIFVERTRÄGE REISE GEHALT

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Gegenstand

Umfang der gesetzlichen Vergütungspflicht - Fahrt zur auswärtigen Arbeitsstelle - Montagestammarbeiter


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. Juli 2017 - 7 [X.]/17 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Vergütung der Fahrten des [X.] von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten zurück zur Wohnung.

2

Der Kläger ist seit dem [X.] bei der [X.] an deren Standort [X.] als [X.] und Inspektionsmonteur beschäftigt. Er ist Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats. Bei einer regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden erhält er ein Bruttomonatsgehalt von 4.376,00 Euro. Für die ihm obliegende Wartung, Montage und Reparatur von Aufzugsanlagen stellt ihm die Beklagte ein mit den erforderlichen Werkzeugen und Ersatzteilen bestücktes Kraftfahrzeug zur Verfügung, das der Kläger auch privat nutzen darf.

3

Die Beklagte weist ihren Monteuren monatlich die jeweils zu wartenden Aufzugsanlagen in [X.] zu. Vorbehaltlich etwaiger Not- und Störfälle kann der Kläger im Wesentlichen frei einteilen, an welchen Tagen und in welcher Reihenfolge er welche Kunden aufsucht. Bis Anfang Dezember 2016 fuhr er morgens von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten Kunden dorthin zurück. Den Betrieb der [X.] suchte der Kläger nur für organisatorische Tätigkeiten wie die Abgabe der [X.] oder die Versorgung mit Ersatzteilen sowie für Betriebsratstätigkeit auf.

4

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 4. Januar 1988, nach dessen Ziff. 6 auf das Arbeitsverhältnis ua. „der Bundesmontagetarifvertrag (soweit dieser gemäß Paragraph 1 [X.] einschlägig ist)“ Anwendung findet.

5

Der Bundestarifvertrag für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie einschließlich des [X.], Freileitungs-, [X.] und Kabelbaues ([X.]) in der Fassung vom 20. Juni 2001 bestimmt, soweit vorliegend von Interesse:

       

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

Der Tarifvertrag gilt (1):

        

1.1     

räumlich:

                 

für die [X.].

                 

…       

        

1.2     

fachlich:

                 

für alle außerbetrieblichen Arbeitsstellen (Montagen) der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie (…).

        

1.3     

persönlich:

                 

für alle [X.] und [X.] (2).

        

§ 2     

        

Begriffsbestimmungen

        

2.1     

Außerbetriebliche Arbeitsstelle

                 
        

2.1.1 

Eine außerbetriebliche Arbeitsstelle ist für den [X.] die Arbeitsstelle, die räumlich von dem Betrieb ([X.]auptbetrieb, Zweigbetrieb, Nebenbetrieb, Stützpunkt) entfernt ist, für den er eingestellt ist, also außerhalb des Sitzes seines Arbeitsverhältnisses.

                 
                 

…       

                 
        

2.2     

[X.]

                 
        

2.2.1 

[X.] sind gewerbliche Arbeitnehmer, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages verpflichtet sind, auf Weisung des Arbeitgebers auf Montagen zu arbeiten (Entsendung).

                 
                                            
                 

Nach dieser Bestimmung wird nur [X.], wer vom Betrieb (Sitz seines Arbeitsverhältnisses) auf eine außerbetriebliche Arbeitsstelle entsandt wird und aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet ist, einer solchen Weisung Folge zu leisten.

                 
                 

…       

                 
        

§ 4     

        
        

Gemeinsame Bestimmungen für [X.] im Nah- und Fernbereich

        
        

4.1     

Begriff der Montage im Nahbereich (Nahmontage)

                 
        

4.1.1 

Nahmontage ist eine Montage, bei der dem [X.] die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt zumutbar ist.

                 
        

4.1.2 

Die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt ist zumutbar, wenn die Entfernung in Straßenkilometern zwischen Ausgangspunkt und [X.] 80 km nicht übersteigt und diese Entfernung jeweils für [X.]in- und Rückweg außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit zurückgelegt wird.

                 
        

…       

                          
        

4.4     

Festlegung des [X.]

                 
        

4.4.1 

Ausgangspunkt für die Nahmontage kann sein:

                 
                 

-       

der entsendende Betrieb

                 
                 

-       

die Wohnung des [X.]s

                 
                 

-       

die Ortsmitte des [X.].

                 
        

…       

                                   
        

§ 5     

        
        

Nahmontage für [X.]

        
        

5.1     

Nahauslösung

                 
                 

Die Nahauslösung ist eine Pauschalerstattung, die den arbeitstäglichen Mehraufwand bei auswärtigen Montagearbeiten im Nahbereich abdecken soll. Eine Vergütung für den Zeitaufwand der [X.]in- und Rückreise erfolgt nicht.

                 
                 

[X.] ist die Stelle, von der aus der Beginn der Arbeitszeit berechnet wird und die Bezahlung der Arbeitszeit beginnt.

                 
        

…       

                          
        

5.2.3 

Die [X.]öhe der Nahauslösungen wird im Tarifvertrag für Auslösungssätze und Fahrtkosten nach folgender Staffelung festgelegt:

                 
                 

…       

                 
                 

Auslösungstafel II

                 
                 

für [X.], die auf Anordnung des Arbeitgebers ein werkseitig gestelltes Fahrzeug lenken (…). Diese um 25% höhere Nahauslösung wird gezahlt für die Lenkzeit bzw. den unterstellten höheren Aufwand.

                 
        

…       

                          
        

5.3     

Innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit des [X.]s zurückgelegte Reisewege werden wie Arbeitszeit bezahlt.

                 
        

…       

                          
        

5.4     

Für (…) Montageeinsätze mit täglich wechselnder Entfernung können abweichend von § 5.2 durch freiwillige Betriebsvereinbarung tarifliche Nahauslösungszonen zusammengelegt und die entsprechenden Nahauslösungssätze pauschaliert werden.

                 
        

…       

                          
        

§ 6     

        
        

Fernmontage für [X.]

        
        

6.1     

Entschädigung für Reisezeit

                 
        

6.1.1 

Die notwendige Reisezeit einschließlich der An- und Abmarschzeiten wird (…) bis zu 12 Stunden je Kalendertag bezahlt, und zwar

                 
                 

falls sie außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit liegt, wie Arbeitszeit ohne Zuschläge,

                 
                 

falls sie innerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit liegt, zuzüglich eines Verdienstausgleichs in [X.]öhe des [X.].

                 
        

6.1.1.1

Zu vergüten ist die gesamte Reisezeit vom Verlassen des [X.] an bis zum Erreichen der Unterkunft an der [X.].“

                 

6

Für die Fahrten des [X.] von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten zurück zur Wohnung zahlt die Beklagte keine gesonderte Vergütung, sondern lediglich eine Nahauslösung nach Maßgabe des [X.].

7

Zum 5. Dezember 2016 wurde der Kläger - nach seiner Auffassung unwirksam - angewiesen, die Arbeit künftig an einem von der [X.] festgelegten Sammelpunkt in [X.] aufzunehmen und zu beenden. Am 15. Dezember 2016 hat die Einigungsstelle für den [X.] Betrieb der [X.] eine „Teil-Regelung zur (regelmäßigen) Arbeitszeit (ohne Not- und Stördienst)“ beschlossen. In dem Spruch heißt es ua.:

        

2. Regelungsgegenstand

        

Diese Betriebsvereinbarung regelt Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.

        

…       

        

4.1 Tatsächliche Arbeitszeit („Ist-Arbeitszeit“)

        

Für Monteure, die mit ihrem Dienstfahrzeug unter Mitführung ihrer Werkzeuge und Ersatzteile direkt von der Wohnung zur Anlage des Kunden fahren und von einer Anlage des Kunden direkt wieder zur Wohnung zurückkehren, beginnt die Arbeitszeit mit Abfahrt von der Wohnung. Die Arbeitszeit endet mit Beendigung der Fahrtätigkeit bei Erreichen der Wohnung des Mitarbeiters.

        

Dies gilt nur, solange der Arbeitgeber keine wirksame Anordnung trifft, wonach die Arbeit im Betrieb ([X.]a) oder an einem anderen Ort aufzunehmen ist. Sofern der [X.] Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei dieser Entscheidung einräumt, sind diese zu beachten.“

8

Mit der am 2. August 2016 anhängig gemachten Klage hat der Kläger Vergütung für die streitgegenständlichen Fahrten verlangt und gemeint, diese zählten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] zur Arbeitszeit. Für den Zeitraum Dezember 2015 bis November 2016 ergäben sich daher insgesamt 278 Überstunden, die mit einem Satz von 35,20 Euro brutto abzugelten seien. Dem stünde der [X.] nicht entgegen.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.785,60 Euro brutto nebst Zinsen in [X.]öhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Arbeitszeit des Klägers mit der Abfahrt von der Wohnung zum ersten Kunden beginnt und mit dem Erreichen der Wohnung nach Besuch des letzten Kunden endet, solange der Kläger als Wartungsmonteur ohne festen Arbeitsort beschäftigt wird.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, der Kläger könne nur eine Auslösung nach Maßgabe des [X.] beanspruchen. Mit der ihm für die Monate Dezember 2015 bis Dezember 2016 gezahlten Nahauslösung hat sie hilfsweise aufgerechnet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

I. Die Klage ist sowohl im Leistungs-, als auch im Feststellungsantrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Mit dem Feststellungsantrag begehrt der Kläger bei der gebotenen Auslegung (vgl. [X.] 23. März 2016 - 5 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.]E 154, 337) die Feststellung der Vergütungspflicht der Beklagten für die streitgegenständlichen, nach Auffassung des [X.] zur Arbeitszeit zählenden Fahrten. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag als Zwischenfeststellungklage nach § 256 Abs. 2 ZPO statthaft. Die zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Feststellung ist über den Streitzeitraum hinaus für den Vergütungsanspruch des [X.] ab dem 1. Dezember 2016 von Bedeutung.

II. Die Klage ist unbegründet. Mit den streitgegenständlichen Fahrten erbringt der Kläger zwar Arbeit. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das [X.] indes angenommen, dass eine (gesonderte) Vergütung hierfür nach § 5.1 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgeschlossen ist.

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach der im Streitzeitraum geltenden Regelung des § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an.

a) Zu den „versprochenen Diensten“ iSd. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im [X.] verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (st. Rspr., vgl. nur [X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 12; 26. Oktober 2016 - 5 [X.] - Rn. 10 mwN, [X.]E 157, 116).

b) Grundsätzlich erbringt der Arbeitnehmer mit der - eigennützigen - Zurücklegung des Wegs von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück keine Arbeit für den Arbeitgeber ([X.] 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 15; 21. Dezember 2006 - 6 [X.] - Rn. 13, [X.]E 120, 361). Anders ist es jedoch, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. In diesem Falle gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten, weil das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, verschiedene Kunden aufzusuchen - sei es, um dort wie im Streitfall Dienstleistungen zu erbringen, sei es, um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen. Dazu gehört zwingend die jeweilige Anreise. Nicht nur die Fahrten zwischen den Kunden, auch die zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück bilden mit der übrigen Tätigkeit eine Einheit und sind insgesamt die Dienstleistung iSd. §§ 611, 612 BGB. Das ist unabhängig davon, ob Fahrtantritt und -ende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen ([X.] 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 15), und gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer bei An- und Abreise ein Fahrzeug mit den für die auswärtige Tätigkeit erforderlichen Werkzeugen, Ersatzteilen uä. führen muss.

2. Die Einordnung der streitgegenständlichen Fahrten als Arbeit und der dafür aufgewendeten [X.] als Arbeitszeit klärt indes noch nicht die Frage ihrer Vergütung. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrten der vorliegenden Art getroffen werden (zu Fahrten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle [X.]. [X.] 26. Oktober 2016 - 5 [X.] - Rn. 23; 12. Dezember 2012 - 5 [X.] 355/12 - Rn. 18; vgl. auch zu Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten [X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 23 mwN).

a) Dem steht [X.] nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Gericht[X.]ofs der [X.] kann unter bestimmten Umständen die Fahrzeit für die täglichen Fahrten zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Standort des ersten und letzten Kunden eines Arbeitstags Arbeitszeit iSd. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sein. Doch hat der Gericht[X.]of mehrfach betont, dass die Arbeitszeitrichtlinie nicht Fragen des Arbeitsentgelts für Arbeitnehmer regelt, weil dieser Aspekt nach Art. 153 Abs. 5 AEUV außerhalb der Zuständigkeit der [X.] liegt ([X.] 21. Februar 2018 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 49 ff.; 10. September 2015 - [X.]/14 - [[X.]] Rn. 48 mwN). De[X.]alb kann der Kläger entgegen seiner Auffassung das Klagebegehren nicht auf [X.] stützen.

b) Eine (gesonderte) Vergütung für die Fahrten des [X.] von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten zurück zur Wohnung ist nach § 5.1 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgeschlossen.

aa) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet [X.] der [X.] Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Bezugnahme ist dynamisch zu verstehen, denn Hinweise, die für eine statische Bezugnahme sprechen würden, fehlen (vgl. [X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] 65/11 - Rn. 25; 23. März 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 16).

bb) Der [X.] ist nach seinem § 1 „einschlägig“ iSd. Ziff. 6 Arbeitsvertrag. Die außerbetrieblichen Arbeitsstellen des [X.] liegen in der [X.], sie unterfallen dem räumlichen und fachlichen Anwendungsbereich des [X.]. Auch dessen persönlicher Geltungsbereich ist eröffnet. Der Kläger ist [X.], weil er aufgrund seines Arbeitsvertrags verpflichtet ist, auf Weisung des Arbeitgebers auf Montagen zu arbeiten, § 1.3, § 2.2.1 [X.].

(1) Entgegen der Auffassung des [X.] steht dem nicht entgegen, dass er die Reihenfolge der zu wartenden Anlagen im Rahmen der monatlichen [X.] und seine Fahrtroute selbst bestimmen kann. Dieser ihm von der Beklagten eingeräumte Spielraum lässt seine Weisungsgebundenheit iSd. § 2.2.1 [X.] nicht entfallen. Der Kläger kann nicht selbst entscheiden, ob er auf Montage arbeitet, sondern nur, wann und in welcher Reihenfolge er die Kunden mit den zu wartenden Anlagen innerhalb des jeweiligen Monats aufsucht.

(2) Ebenso wenig kommt es für die Einordnung als [X.] darauf an, dass der Kläger im Streitzeitraum die Fahrten von seiner Wohnung aus begonnen und dort beendet hat. Denn Ausgangspunkt für die Nahmontage kann nicht nur der entsendende Betrieb, sondern auch die Wohnung des [X.]s sein, § 4.4.1 [X.].

cc) Bei der Nahmontage, das ist die Montage, bei der dem [X.] die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt zuzumuten ist (§ 4.1.1 [X.]), schließt § 5.1 Abs. 1 Satz 2 [X.] eine - gesonderte - Vergütung der Fahrt von der Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten zurück zur Wohnung aus.

(1) Das ergibt sich mit der erforderlichen Klarheit (zu dieser Voraussetzung [X.]. [X.] 25. April 2018 - 5 [X.] 245/17 - Rn. 35 mwN) bereits aus dem Wortlaut der Tarifnorm, wenn sie bestimmt, dass eine Vergütung für den [X.]aufwand der Hin- und Rückreise (zur [X.]) nicht erfolgt. Dies gilt nach § 5.2.3 [X.] auch dann, wenn der [X.] auf Anordnung des Arbeitgebers ein werkseitig gestelltes Fahrzeug lenkt. In diesem Falle erhöht sich lediglich die Nahauslösung um 25 % (Auslösungstafel II).

(2) Der systematische Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des [X.] bestätigt das aus dem Wortlaut des § 5.1 Abs. 1 Satz 2 [X.] hergeleitete Ergebnis. Während für die Anfahrt zur ersten [X.] des Arbeitstags und die Rückfahrt von der letzten nur die Nahauslösung vorgesehen ist, bestimmt § 5.3 [X.], dass zurückgelegte „Reisewege“ von einer [X.] zu einer anderen „wie Arbeitszeit“ zu bezahlen sind. Desgleichen wird bei der Fernmontage die notwendige Reisezeit einschließlich der An- und Abmarschzeiten grundsätzlich „wie Arbeitszeit“ vergütet, § 6.1 [X.].

dd) Nach [X.] arbeitsvertraglicher Inbezugnahme für die Vergütung der Reisezeiten maßgeblichen tariflichen Regelungen des [X.] ist somit im Bereich der Nahmontage der [X.]aufwand des [X.]s für die Fahrt zum ersten Kunden eines Arbeitstags und vom letzten zurück mit der Nahauslösung und dem Tarifentgelt für die „eigentliche“ Montagetätigkeit abgegolten. Dieses Vergütungskonzept haben die Gerichte für Arbeitssachen hinzunehmen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien mit dieser Vergütungsregelung den ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätten.

3. Außerhalb der Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien läge allerdings eine Vergütungsregelung, durch die der jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer für tatsächlich geleistete vergütungspflichtige Arbeit nach § 1 Abs. 1 [X.] zustehende Anspruch auf den Mindestlohn unterschritten würde.

a) Der gesetzliche Anspruch auf Mindestlohn tritt eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch; wird der gesetzliche Mindestlohn unterschritten, führt § 3 [X.] zu einem [X.] (st. Rspr. seit [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] 135/16 - Rn. 22 mwN, [X.]E 155, 202). Dabei ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die vom Arbeitgeber für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden multipliziert mit - im Streitzeitraum - 8,50 Euro brutto ergibt ([X.] 17. Januar 2018 - 5 [X.] 69/17 - Rn. 24 mwN).

b) Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei Berücksichtigung der streitgegenständlichen Fahrten als vergütungspflichtige Arbeit den Anspruch des [X.] auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht erfüllt hätte, bestehen indes nicht. Der Kläger hat nicht behauptet, er habe im Streitzeitraum in einem Umfang tatsächlich gearbeitet, der einen [X.] nach § 3 [X.] begründet hätte. Nach dem vom [X.] festgestellten Bruttomonatsgehalt des [X.] von 4.376,00 Euro wären rechnerisch monatlich 514 Arbeitsstunden zum damaligen Mindestlohn „abgedeckt“.

4. Für den dem Leistungsantrag nachfolgenden, vom Feststellungsantrag erfassten [X.]raum kann der Kläger eine Vergütungspflicht für Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und zurück vom letzten Kunden des Arbeitstags auch nicht mit Erfolg aus dem Spruch der Einigungsstelle vom 15. Dezember 2016 herleiten. Nach dessen Ziff. 2 ist der Regelungsgegenstand dieser Betriebsvereinbarung auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und damit auf die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beschränkt. Einen (zusätzlichen) Vergütungsanspruch begründet der Spruch der Einigungsstelle nicht.

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    [X.]    

        

    Volk    

        

    Biebl    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    J. [X.]    

                 

Meta

5 AZR 424/17

25.04.2018

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 8. Februar 2017, Az: 27 Ca 277/16, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 424/17 (REWIS RS 2018, 10148)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10148

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4 Ca 1374/18

10 Sa 252/19

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