Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2013, Az. B 13 R 5/11 R

13. Senat | REWIS RS 2013, 7368

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Aufrechnung von Beitragsansprüchen durch den Rentenversicherungsträger - sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsschutzbedürfnis


Leitsatz

1. Ein Träger der allgemeinen Rentenversicherung ist nicht befugt, gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit (Beitrags-)Ansprüchen aufzurechnen, die einem anderen Träger dieses Versicherungszweigs gegenüber dem Versicherten zustehen.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis für Anfechtungsklagen gegen Bescheide über eine Aufrechnung entfällt nicht allein dadurch, dass der Leistungsträger bereits den Gesamtbetrag der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung von den laufenden Geldleistungen einbehalten hat.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des [X.] vom 25. November 2010 und des [X.] vom 20. April 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2006 aufgehoben, soweit sie die Aufrechnung in Höhe von 1713,04 Euro betreffen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits für alle Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufrechnung eines Teils ihrer laufenden monatlichen Altersrentenansprüche mit einer von ihr noch nicht beglichenen Beitragsschuld.

2

Die im März 1945 geborene Klägerin hatte ursprünglich ihren Wohnsitz in [X.], zog später aber nach [X.] um. Sie bezog von der [X.] und erhält nunmehr von deren Rechtsnachfolgerin, der [X.], große Witwenrente (Zahlbetrag ab 1.4.2005 monatlich 289,50 [X.]). Aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit schuldet sie für den Zeitraum Mai 1992 bis August 1993 noch Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung iHv 3341,24 [X.], welche die [X.] ihr gegenüber im Bescheid vom 17.11.1998 zusammen mit Säumniszuschlägen iHv 9,20 [X.], insgesamt also iHv 3350,44 [X.] geltend gemacht hat.

3

Die [X.] (im Folgenden ebenso wie deren Rechtsnachfolgerin, die [X.] Berlin-Brandenburg, einheitlich als Beklagte bezeichnet) bewilligte der Klägerin ab 1.4.2005 Altersrente für Frauen iHv netto 475,97 [X.] monatlich ([X.] vom 15.3.2005). Die laufende Rentenzahlung begann zum Monatsende des Mai 2005; die Zahlung für April 2005 behielt die Beklagte bis zur Abklärung eventueller Erstattungsansprüche anderer Träger zunächst ein. Während die [X.] unter dem [X.] mitteilte, sie mache keine Ansprüche geltend, meldete die [X.] für April 2005 im Hinblick auf von ihr gezahltes [X.] einen Erstattungsanspruch iHv 38,79 [X.] an.

4

Mit Schreiben vom [X.] ermächtigte die Hauptverwaltung der [X.] ihre für die Rentenzahlung zuständige Arbeitseinheit zur "Aufrechnung" der der [X.] zustehenden und noch offenen Beitragsforderung für die Zeit vom 1.5.1992 bis zum 31.8.1993 (Beiträge 1708,34 [X.], Säumniszuschlag 4,70 [X.], Nebenkosten 10 [X.]). Diese hörte die Klägerin zu der beabsichtigten Aufrechnung an, die iHv monatlich 237,98 [X.] vorgenommen werden solle; es werde jedoch Gelegenheit gegeben, innerhalb eines Monats eine Bescheinigung des Sozialhilfeträgers zur Hilfebedürftigkeit zu übersenden. Die Klägerin teilte daraufhin lediglich mit, einer Aufrechnung stehe der [X.] nach § 850c ZPO entgegen. Ohnehin sei im [X.] die Berücksichtigung des Zeitraums Mai 1992 bis August 1993 als rentenrechtliche Zeit abgelehnt worden. Im Übrigen sei seit 15.8.2002 ein sie betreffendes Insolvenzverfahren anhängig, in dem die Beklagte es versäumt habe, ihre Forderung anzumelden.

5

Die Beklagte erklärte sodann die Aufrechnung der Beitragsforderung iHv 1713,04 [X.] "nach unserem Bescheid vom 17.11.1998" mit der halben laufenden Rentenleistung von 237,98 [X.] ab [X.] sowie in derselben Höhe mit der Rentennachzahlung für April 2005 (Bescheid vom [X.]). Im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens seien die wirtschaftlichen und [X.] Verhältnisse der Klägerin - soweit bekannt - berücksichtigt worden; besondere Umstände, welche die Interessen der Versichertengemeinschaft ausnahmsweise zurücktreten lassen könnten, seien nicht festgestellt worden. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese sich auch gegen den Einbehalt weiterer 38,79 [X.] von der Rentennachzahlung für April 2005 wandte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.1.2006).

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.4.2007). Das L[X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und ihre hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage abgewiesen (Urteil vom 25.11.2010). Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung sei nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte seit Januar 2007 keinen Teil der Rentenzahlung mehr einbehalte und die Aufrechnung abgeschlossen sei. Der Bescheid vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2006 sei rechtmäßig. Er finde seine Rechtsgrundlage in § 51 Abs 2 [X.]B I. Die Gegenseitigkeit der Forderungen sei gegeben, auch wenn die Beklagte und die seinerzeitige [X.] als Beitragsgläubigerin zwei formal selbstständige Rechtspersönlichkeiten darstellten. Entscheidend sei die sachliche Einheit der allgemeinen Rentenversicherung bei der Aufgabenwahrnehmung durch unterschiedliche Träger iS des § 125 [X.]B VI, die zudem gemäß § 219 [X.]B VI in einem Finanzverbund stünden. Das B[X.] habe bereits im Urteil vom 1.11.1968 (B[X.]E 28, 288 = [X.] zu § 1299 RVO) den Vorrang der sachlichen Einheit vor der formalen Selbstständigkeit der Versicherungsträger betont und aufgrund dessen die Aufrechnung mit Beitragsansprüchen eines Versicherungsträgers gegen Ansprüche auf Leistungen eines anderen Trägers desselben [X.] gebilligt. Dieser Grundsatz habe mit der zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung der Trennung der Versicherungszweige und deren Umwandlung in die allgemeine Rentenversicherung eine weitere Ausdehnung erfahren.

7

Die Beitragsforderung der [X.] sei auch fällig und noch nicht verjährt gewesen, da aufgrund ihrer Festsetzung im bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 17.11.1998 eine 30-jährige Verjährungsfrist laufe (§ 52 Abs 2 [X.]B X). Die [X.] der §§ 850 ff ZPO seien aufgrund der Sonderregelung in § 51 Abs 2 [X.]B I nicht anwendbar. Das Insolvenzverfahren stehe einer Aufrechnung ebenfalls nicht entgegen, da es nur den pfändbaren Teil einer Altersrente betreffe. Da die Klägerin, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung bestätigt habe, nicht hilfebedürftig geworden sei, habe die Beklagte die Aufrechnung auch in der erfolgten Höhe vornehmen dürfen; Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Schließlich sei die Beklagte befugt gewesen, die Aufrechnung durch Verwaltungsakt (VA) zu erklären.

8

Die Klägerin rügt mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision sinngemäß eine Verletzung des § 51 [X.]B I. Die Beklagte habe die Aufrechnung nicht durch VA erklären dürfen (Hinweis auf das Urteil des 4. Senats des B[X.] vom 24.7.2003 - [X.]-1200 § 52 [X.]). Es fehle auch an einer wirksamen Ermächtigung zur Aufrechnung durch den forderungsberechtigten Sozialleistungsträger (die ehemalige [X.]). Zudem sei sie aufgrund des Einbehalts der Hälfte der Altersrente hilfebedürftig geworden. Das L[X.] habe ihren Prozessbevollmächtigten zu keiner Zeit nach ihrer eventuellen Hilfebedürftigkeit befragt und dieser habe eine darauf bezogene Auskunft in der mündlichen Verhandlung nicht gegeben; die entsprechende Behauptung in den Gründen des L[X.]-Urteils sei "definitiv unzutreffend". Schließlich sei die Aufrechnung wegen des Insolvenzverfahrens rechtswidrig; der Beschluss des "Sozialgerichts" (gemeint ist wohl das Amtsgericht) [X.] vom 25.11.2008, in dem der Klägerin "Rechtsschuldbefreiung" erteilt worden sei, wirke gegen alle Gläubiger und dies erst recht, wenn - wie hier - die [X.] ihre Forderung zur Tabelle nach § 174 [X.] angemeldet habe.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

        

die Urteile des [X.] vom 25. November 2010 und des Sozialgerichts [X.] vom 20. April 2007 sowie den Bescheid der [X.] vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2006 aufzuheben;

        

hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid der [X.] vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2006 rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe eine Aufrechnung in Form eines VA zu erfolgen (Hinweis auf den Senatsbeschluss vom [X.] - B 13 R 76/09 R). Das weitere Vorbringen der Revision betreffe lediglich [X.]; insoweit sei das Rechtsmittel bereits unzulässig.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2, § 153 Abs 1, § 165 [X.] [X.]G) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs 2 S 1 [X.]). Dies führt zur Aufhebung sowohl der vorinstanzlichen Urteile als auch der genannten [X.], soweit diese noch streitbefangen sind (§ 170 Abs 2 S 1 [X.]).

A) Die Revision ist zulässig.

Soweit die Klägerin allerdings beanstandet, das [X.] habe das Vorbringen ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zur fehlenden Hilfebedürftigkeit "definitiv unzutreffend" wiedergegeben, ist sie mit diesem Vorbringen im Revisionsverfahren ausgeschlossen. Sollte ein solcher Fehler unterlaufen sein, hätte er nur mit Hilfe des hierfür vorgesehenen speziellen Rechtsbehelfs einer - binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu beantragenden - [X.] (§ 139 [X.]) vom Berufungsgericht selbst korrigiert werden können. Die Geltendmachung als Verfahrensmangel erstmals im Revisionsverfahren ist dagegen ausgeschlossen (vgl bereits [X.] - 6 [X.] 2/57 - [X.] zu § 162 [X.] Bl Da 39 Rücks - Juris Rd[X.]; s auch [X.] Beschluss vom 22.9.2008 - [X.]/07 - DStR 2008, 2228 Rd[X.]; BVerwG Beschluss vom [X.] - 4 BN 4/09 - Zeitschrift für [X.] und internationales Bau- und Vergaberecht 2010, 67, 69 ; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 139 RdNr 6).

B) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die in dem angefochtenen Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2006 geregelte Aufrechnung des hälftigen monatlichen Zahlbetrags der Altersrente mit einer Gegenforderung auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen iHv 1713,04 Euro. Soweit die Beklagte erstmals im Widerspruchsbescheid den Einbehalt weiterer 38,79 Euro von der Rentennachzahlung für den Monat April 2005 im Hinblick auf einen von der [X.] geltend gemachten Erstattungsanspruch als "Verrechnung nach § 52 [X.]B I" abgehandelt hat (zur rechtlichen Einordnung vgl den Hinweis auf § 107 Abs 1 [X.]B X im Senatsurteil vom 31.10.2012 - [X.] R 9/12 R - Rd[X.]4, zur [X.] in [X.] 4-1300 § 104 [X.] vorgesehen), ist dies nicht mehr streitbefangen. Zwar richtete sich die Klage nach ihrer Begründung im Schriftsatz vom 18.4.2007 ursprünglich auch hiergegen. Die Klägerin hat aber in der Berufungsbegründung vom 24.11.2010 ihr Rechtsmittel auf den (abtrennbaren) Aspekt der Aufrechnung gegen die Beitragsforderung wirksam beschränkt (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 92 [X.] RdNr 8); hinsichtlich des Betrags von 38,79 Euro ist die Klageabweisung durch das [X.] rechtskräftig geworden (§ 141 [X.]).

C) Von Amts wegen zu beachtende [X.] stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere hat das [X.] zutreffend erkannt, dass die von der Klägerin im Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 [X.]) nicht unzulässig geworden ist.

Das [X.] ist davon ausgegangen, dass die streitige "Aufrechnung unterdessen abgeschlossen" sei. [X.] Tatsachen, die eine solche rechtliche Bewertung untermauern könnten, hat es allerdings nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Beklagte seit Januar 2007 keinen Teil der Rentenzahlung mehr einbehält, belegt noch nicht, dass die Aufrechnung ab diesem Zeitpunkt vollständig und endgültig abgewickelt ist. Das ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der Verwaltungsakten, die das [X.] zur Ergänzung des Tatbestands in Bezug genommen hat.

Einer Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung der damit zusammenhängenden tatsächlichen Umstände bedarf es gleichwohl nicht. Selbst wenn die Beklagte den Betrag der von ihr zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung iHv 1713,04 Euro bereits vollständig von den monatlichen Zahlungsansprüchen der Klägerin auf Altersrente einbehalten hätte, wäre deren Interesse an einer Klärung der Rechtmäßigkeit des hoheitlich vorgenommenen [X.] nicht allein aus diesem Grund entfallen. Denn ein [X.] über die Aufrechnung bzw Verrechnung einer Forderung erledigt sich nicht dadurch vollständig "auf andere Weise", dass der Leistungsträger ihn faktisch umsetzt, indem er von der von ihm monatlich geschuldeten Sozialleistung Einbehalte in einem Umfang vornimmt, die dem Betrag der Gegenforderung entsprechen.

Die Erledigung eines [X.] iS des § 39 Abs 2 [X.]B X tritt ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (vgl BVerwG NVwZ 2009, 122 Rd[X.]3 mwN - zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 43 Abs 2 VwVfG; ähnlich B[X.] [X.] 3-4100 § 116 [X.] f). Danach erledigt sich ein [X.], der [X.] auferlegt, nicht einmal mit dessen Vollstreckung durch Ersatzvornahme, und zwar auch dann nicht, wenn dadurch irreversible Tatsachen geschaffen wurden (BVerwG aaO; einschränkend allerdings Rüfner in [X.], [X.]B X, § 39 Rd[X.], Stand Einzelkommentierung November 1995: Erledigung durch Vollzug des [X.] tritt ein, wenn eine Folgenbeseitigung nicht mehr in Betracht kommt).

Entscheidet ein Rentenversicherungsträger über eine Auf- oder Verrechnung durch [X.], bedeutet dies: Ein solcher [X.] zielt auf rechtsgestaltende Wirkungen, da er den Auszahlungsanspruch des Rentenempfängers hinsichtlich der im [X.] festgelegten Art und Weise seiner Erfüllung modifizieren und zum Erlöschen bringen will (vgl Senatsurteil vom 7.2.2012 - [X.] 4-1200 § 52 [X.] Rd[X.]1 - unter Hinweis auf B[X.] B[X.]E 109, 81 = [X.] 4-1200 § 52 [X.], Rd[X.]5). Solange aber die - grundsätzlich mit Bekanntgabe eintretende (§ 39 Abs 1 [X.]B X) - Wirksamkeit eines solchen [X.] zwischen den Beteiligten nicht verbindlich feststeht (§§ 77, 141 [X.]), es vielmehr noch Gegenstand eines (gerichtlichen) Verfahrens ist, ob er Bestand hat oder der Aufhebung mit Wirkung ex tunc unterliegt (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 131 RdNr 3a), ist ein derartiger [X.] noch geeignet, rechtliche Wirkungen - die genannten Gestaltungswirkungen - zu erzeugen. Dies gilt unabhängig davon, ob Aufrechnung oder Verrechnung zulässigerweise durch [X.] oder in einer anderen Handlungsform zu erklären sind. Mithin hat sich ein entsprechender [X.] auch dann noch nicht vollständig erledigt, wenn der Leistungsträger während eines laufenden Rechtsstreits von den monatlichen Rentenzahlungen insgesamt einen Betrag in Höhe der zur Auf- oder Verrechnung gestellten Gegenforderung einbehalten hat. Denn bei Erfolg der Klage muss er die einbehaltenen Beträge an den Berechtigten auskehren, weil der Rechtsgrund für den Einbehalt dann entfallen ist.

Sofern aus seinem Urteil vom [X.] ([X.] RJ 43/05 R - Juris Rd[X.]3) Abweichendes entnommen werden könnte, weist der Senat auf die besondere Konstellation des damals entschiedenen Falles hin: Der dortige Kläger hatte es hingenommen, dass seine mit der Anfechtungsklage erhobene Leistungsklage auf Rückzahlung des einbehaltenen Betrags rechtskräftig abgewiesen wurde; (nur) deshalb bestand nach Abschluss des [X.] kein berechtigtes Interesse an der Weiterführung der Anfechtungsklage mehr (vgl auch [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 141 RdNr 6a, 6b, 12, 12a).

D) Die Revision der Klägerin ist auch begründet. Der Bescheid vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2006 ist - soweit noch streitbefangen - rechtswidrig. Die Beklagte war weder zu einer Aufrechnung (dazu unter 1.) noch zu einer Verrechnung (dazu unter 2.) eines Teils der Ansprüche der Klägerin auf monatliche Zahlung von Altersrente mit der Beitragsforderung der L[X.] Sachsen-Anhalt berechtigt.

1. Entgegen der Rechtsmeinung des [X.] lagen die Voraussetzungen einer Aufrechnung (§ 51 [X.]B I) nicht vor. Es fehlte schon an der erforderlichen Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen und damit an einer Aufrechnungslage. Auf die im Beschluss des [X.] des B[X.] vom 31.8.2011 offengelassene Frage, ob auch eine Aufrechnung iS des § 51 [X.]B I durch Verwaltungsakt geregelt werden darf (B[X.]E 109, 81 = [X.] 4-1200 § 52 [X.], Rd[X.]1, 19), kommt es deshalb hier nicht entscheidungserheblich an (s hierzu zB [X.] in [X.] Komm, § 51 [X.]B I Rd[X.]1e am Ende, Stand Einzelkommentierung April 2012; [X.], [X.]b 2012, 446, 453; [X.], jurisPR-[X.] 7/2012 [X.] 1 D; [X.], [X.] Fachdienst Sozialversicherungsrecht 2012, 328355; vgl auch den Beschluss des 4. Senats des B[X.] vom [X.] - B 4 SF 1/09 S - Juris Rd[X.]).

a) Nach § 51 Abs 1 [X.]B I kann der zuständige Leistungsträger - hier die Beklagte - gegen Ansprüche auf Geldleistungen - hier die Altersrente - mit Ansprüchen gegen den Berechtigten - hier die Klägerin - aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs 2 und 4 [X.]B I pfändbar sind. Gemäß § 51 Abs 2 [X.]B I (in der ab 1.1.2005 geltenden, hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.]B vom 27.12.2003, [X.]) ist der Leistungsträger befugt, mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufzurechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig iS der Vorschriften des [X.]B XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem [X.]B II wird.

Danach ist wesentliche Voraussetzung für eine rechtmäßige Aufrechnung das Vorliegen einer Aufrechnungslage, dh dass sich (entsprechend § 387 BGB) gleichartige und gegenseitige Forderungen gegenüberstehen, von denen die eine - die Hauptforderung auf eine Sozialleistung - entstanden und erfüllbar sein muss, während die Gegenforderung des [X.] entstanden und bereits fällig sein muss (vgl B[X.] [X.] 4-1200 § 52 [X.] Rd[X.]5; [X.] Rd[X.]4 f). Eine Aufrechnung ist somit nur wirksam, wenn zwischen den zur Aufrechnung gestellten Forderungen ein Gegenseitigkeitsverhältnis besteht, wenn also der Gläubiger der Hauptforderung zugleich Schuldner der Gegenforderung und der Schuldner der Hauptforderung zugleich Gläubiger der Gegenforderung ist (B[X.]E 101, 1 = [X.] 4-2400 § 28h [X.], Rd[X.]3; s auch B[X.]E 98, 89 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], Rd[X.]6 f; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 4 SF 1/09 S - Juris Rd[X.]).

b) Eine Aufrechnungslage hat hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Januar 2006 nicht bestanden (zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts bei reinen [X.] vgl B[X.]E 95, 119 = [X.] 4-7860 § 10 [X.], Rd[X.]3; B[X.] [X.] 4-2700 § 168 [X.] Rd[X.]7 - jeweils mwN).

Die Beklagte hat zwar im Bescheid vom [X.] nach dessen Wortlaut eine Aufrechnung iS des § 51 [X.]B I erklärt und deren Rechtsfolgen geregelt, auch wenn im Widerspruchsbescheid vom 26.1.2006 teils auch von einer "Verrechnung" (aaO [X.] Abs 5 und 7) die Rede ist. Denn sie wollte die streitigen Beträge zu ihren eigenen Gunsten einbehalten, da sie davon ausging, dass die Klägerin ihr die noch ausstehenden Beiträge schulde. Das war jedoch nicht der Fall. Die Beklagte war Schuldnerin der Hauptforderung (der Klägerin auf monatliche Zahlung von Altersrente), jedoch nicht zugleich Gläubigerin der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung (gegenüber der Klägerin auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen). Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass die zur Aufrechnung herangezogene Beitragsforderung von der L[X.] Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 17.11.1998 bindend als ihr zustehend festgesetzt worden ist. Deren Rechtsnachfolge hat zum 1.10.2005 die [X.] angetreten, nicht die Beklagte.

aa) Anhaltspunkte dafür, dass die L[X.] Sachsen-Anhalt - oder später die [X.] als deren Rechtsnachfolgerin - die Beitragsforderung an die Beklagte abgetreten hätte und diese dadurch zwischenzeitlich Forderungsinhaberin geworden wäre (vgl § 398 BGB), sind nicht ersichtlich; im [X.]-Urteil sind entsprechende Tatsachen auch nicht festgestellt. Daher bedarf es hier keiner Entscheidung, ob eine solche Abtretung wirksam wäre (ablehnend mangels Ermächtigungsgrundlage: B[X.]E 15, 36, 39 f = [X.] [X.] zu § 1299 [X.] 3; anders für den Bereich des Steuerrechts - die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung verneinend - [X.], 14, 31 f - Juris Rd[X.]7 ff).

bb) Der Regelung in § 128 [X.]B VI kann - entgegen der wohl vom [X.] vertretenen Rechtsmeinung - kein gesetzlicher Forderungsübergang (vgl § 412 BGB) der von der L[X.] Sachsen-Anhalt festgesetzten Beitragsforderung auf die Beklagte entnommen werden.

Nach § 128 Abs 1 S 1 [X.] [X.]B VI (in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des [X.] vom 9.12.2004, [X.] ; zuvor inhaltsgleich § 130 [X.]B VI aF; s auch die Übergangsvorschrift in § 274c [X.] [X.] [X.]B VI) tritt ein Wechsel des örtlich zuständigen Rentenversicherungsträgers ein, sobald ein Versicherter, für den ein Regionalträger zuständig ist, seinen Wohnsitz in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Regionalträgers verlegt. Das war bei der Klägerin offenbar der Fall (nähere Feststellungen dazu, wann dies geschah, fehlen allerdings). Der Übergang der Zuständigkeit hat aber nicht zur Folge, dass zugunsten des bisherigen Rentenversicherungsträgers bereits entstandene Forderungen automatisch auf den neu zuständig gewordenen Regionalträger übergehen. Für einen solchen Forderungsübergang ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich; sie ergibt sich insbesondere nicht aus § 130 Abs 1 S 1 [X.]B VI aF bzw § 128 Abs 1 S 1 [X.]B VI nF.

Vielmehr verbleibt bei einem [X.] der bislang verantwortliche Regionalträger für die während seiner örtlichen Zuständigkeit zugunsten der [X.] entstandenen Beitragsforderungen in der [X.], da für den Bereich der Rentenversicherung abweichende Regelungen nicht existieren (vgl aber zB § 45a Abs 3 [X.]FöG bei länderübergreifender Änderung der örtlichen Zuständigkeit aufgrund eines Hochschulwechsels, s hierzu BVerwGE 90, 25, 31 f - Juris Rd[X.]0; zum Sonderfall eines gesetzlich angeordneten Forderungsübergangs im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit vgl B[X.] [X.] 3-8260 § 8 [X.]). Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das Verwaltungsverfahren zur Festsetzung der Beiträge bereits durch Erlass eines Bescheids, der auch den Gläubiger der Forderung bestimmt (vgl den Wortlaut des Bescheids vom 17.11.1998 "Sie schulden der L[X.] Sachsen-Anhalt Pflichtbeiträge …"), (bestandskräftig) abgeschlossen ist. In einer solchen Konstellation ist für eine Fortführung des Beitragseinzugsverfahrens durch den Versicherungsträger am neuen Wohnort gemäß der Regelung in § 2 Abs 2 [X.]B X kein Raum ([X.] in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 2 Rd[X.]0, 12a; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], LPK [X.]B X, 3. Aufl 2011, § 2 RdNr 8; [X.] in [X.] Komm, § 2 [X.]B X Rd[X.]1, Stand Einzelkommentierung April 2012; [X.] in [X.] [X.]B X, 2013, § 2 Rd[X.]8). Die Einziehung bzw Vollstreckung einer auch hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft konkretisierten Forderung kann - solange der Beitragsbescheid unverändert aufrechterhalten bleibt - nur noch von dem im Bescheid benannten Träger (oder dessen Rechtsnachfolger) veranlasst werden. Dieser hat jedoch die Möglichkeit, den insbesondere für die Leistungsgewährung nunmehr zuständigen Regionalträger des neuen Wohnorts (vgl § 128 [X.] [X.]B VI nF) gemäß § 52 [X.]B I zu einer Verrechnung seiner Ansprüche zu ermächtigen.

cc) Die fehlende Gegenseitigkeit der Forderung der Klägerin gegen die Beklagte auf Altersrente und der Gegenforderung der [X.] auf ausstehende Beiträge kann entgegen der Rechtsmeinung des [X.] nicht unter Berufung auf den Grundsatz der "sachlichen Einheit der allgemeinen Rentenversicherung" überwunden werden.

Zwar hat der 12. Senat des B[X.] in einem - insoweit vereinzelt gebliebenen - Urteil vom 1.11.1968 entschieden, dass ein in der Arbeiterrentenversicherung ([X.]) Versicherter "im Hinblick auf die sachliche Einheit des [X.] der [X.] nach Treu und Glauben nicht das Fehlen der Gegenseitigkeit (§ 387 BGB) infolge der formalen rechtlichen Selbständigkeit der verschiedenen L[X.] als Träger der [X.] geltend machen" kann (B[X.]E 28, 288, 289 = [X.] [X.]2 zu § 1299 [X.] 15 Rücks). Diese auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegründete Entscheidung ist seit dem Inkrafttreten des [X.]B I am 1.1.1976 jedoch aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Problematik in den §§ 51, 52 [X.]B I überholt.

Wie im Urteil des 5. Senats vom 10.12.2003 ausgeführt ist, hat der Gesetzgeber die spezifisch sozialrechtliche Möglichkeit der Verrechnung nach § 52 [X.]B I als Reaktion darauf geschaffen, dass zuvor in der Rspr des B[X.] Aufrechnungen von [X.] mit Forderungen anderer [X.] mangels Gegenseitigkeit der Forderungen grundsätzlich für unzulässig erklärt und unter dem Gesichtspunkt der Funktionseinheit nur bei Ansprüchen von Trägern desselben [X.] zugelassen worden waren (B[X.] [X.] 4-1200 § 52 [X.] Rd[X.]4; ebenso bereits B[X.] [X.] 2200 § 1299 [X.] S 3 - Juris Rd[X.]8). Mit Einführung der Verrechnung nach § 52 [X.]B I ist diese Einschränkung gegenstandslos geworden ([X.] S 32 - zu § 52: "Die Vorschrift beruht auf der Erwägung, dass im Sozialrecht angesichts derselben oder ähnlichen Zielsetzung aller Sozialleistungen, der Verpflichtung aller Leistungsträger zur engen Zusammenarbeit und des Strebens nach Verwaltungsvereinfachung auf die Gegenseitigkeit der aufgerechneten Forderungen verzichtet werden kann"). Die gesetzliche Regelung zur Verrechnung - insbesondere das Erfordernis einer ausdrücklichen Ermächtigung des anderen Leistungsträgers - darf hiernach nicht dadurch umgangen werden, dass weiterhin - wie zu Zeiten vor Erlass des [X.]B I - auf einen "Vorrang der sachlichen Einheit vor der formalen Selbstständigkeit der Versicherungsträger" und den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben abgestellt wird. Dies widerspräche der Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG), der sowohl die Verwaltung als auch die Rechtsprechung verpflichtet sind (im Ergebnis ebenso [X.], [X.]B I, 4. Aufl 2010, § 51 Rd[X.]5; [X.]/[X.][X.], Handbuch der [X.], Teil [X.], Stand November 2011, § 51 [X.]B I [X.] III. 2. A.; [X.] in [X.] [X.]B I, 2. Aufl 2012, § 51 Rd[X.]9 f; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/Udsching, [X.]'scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 51 [X.]B I RdNr 7, Stand Einzelkommentierung März 2013).

dd) Die Regelungen zur - überwiegend zum 1.1. bzw 1.10.2005 in [X.] getretenen - Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.] vom 9.12.2004, [X.]) haben diese Rechtslage nicht geändert.

Die Beklagte (D[X.] Berlin-Brandenburg) und die [X.] sind jeweils Regionalträger der allgemeinen Rentenversicherung iS von § 125 Abs 1 [X.]B VI (idF des [X.]). Diese sind weiterhin als rechtlich eigenständige Selbstverwaltungskörperschaften (§ 29 Abs 1 [X.]B IV) organisiert (vgl [X.] in [X.]/[X.], Handbuch der gesetzlichen [X.], 2. Aufl 2012, [X.]; [X.], ebenda [X.] 26 RdNr 8 ff; [X.], D[X.] 2005, 542, 545). Ihnen kommt nicht lediglich die Stellung unselbstständiger Verwaltungsstellen eines einheitlichen ([X.] "allgemeine Rentenversicherung" zu; ein solcher Einheitsträger (vergleichbar der [X.], s § 368 [X.]B III) wurde mit der Organisationsreform nicht geschaffen. Die Bezeichnung "allgemeine Rentenversicherung" in § 125 Abs 1 S 1 [X.]B VI beschreibt vielmehr einen - gemäß § 126 [X.]B VI von unterschiedlichen Trägern wahrzunehmenden - Aufgabenbereich der gesetzlichen Rentenversicherung (in Abgrenzung zum besonderen Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung), aber keine rechtlich eigenständige Organisationseinheit. Auch die Vorgaben in § 125 [X.] [X.]B VI für eine vereinheitlichte Namensgebung der jeweiligen Regionalträger beseitigen deren rechtliche Selbstständigkeit nicht. Mithin sind die Regionalträger weiterhin je eigenständige "Leistungsträger" iS der §§ 12, 23 Abs 2, §§ 51 und 52 [X.]B I.

Etwas anderes ergibt sich ebenso wenig aus den durch das [X.] neu gefassten Regelungen zu einem Finanzverbund in der allgemeinen Rentenversicherung (§ 219 [X.]B VI idF von Art 1 [X.]5 [X.] - gemäß dessen Art 86 Abs 5 am 1.1.2006 in [X.] getreten). Nach § 219 Abs 1 S 1 [X.]B VI werden die Ausgaben für Renten, Beitragserstattungen, Beiträge zur Krankenversicherung und sonstige Geldleistungen (ausgenommen jedoch Leistungen zur Teilhalbe, Aufwendungen für Verwaltungs- und Verfahrenskosten sowie Investitionen) von den Trägern der allgemeinen Rentenversicherung nach dem Verhältnis ihrer Beitragseinnahmen jeweils für ein Kalenderjahr gemeinsam getragen. Die Vorschrift sieht damit nur für bestimmte versichertenbezogene Aufwendungen eine gemeinsame Finanzierung durch alle Träger der allgemeinen Rentenversicherung unabhängig davon vor, wie hoch die Ausgaben für die Versicherten des jeweils zuständigen [X.] sind. Vielmehr ist für die von den einzelnen Trägern zu übernehmenden Ausgabenanteile ihre Finanzkraft maßgeblich, welche in der Höhe der jeweiligen Beitragseinnahmen zum Ausdruck kommt. Dieses System des Finanzausgleichs ("Gemeinlastverfahren", s hierzu näher [X.]/[X.], D[X.] 2005, 15, 30) soll die Zahlungsströme in der gesetzlichen Rentenversicherung reduzieren und optimieren, dabei aber die finanzielle Eigenständigkeit der einzelnen Träger erhalten (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.], BT-Drucks 15/3654 [X.]). Der in § 219 [X.]B VI geregelte Finanzverbund auf der Ausgabenseite ist damit für die Einnahmen ohne Bedeutung; er begründet jedenfalls keine Gesamtgläubigerschaft (vgl § 428 BGB) sämtlicher Träger der allgemeinen Rentenversicherung für jede einzelne Forderung, die gegenüber einem ihrer Versicherten besteht.

ee) Das der gesetzlichen Regelung in § 51 [X.]B I zugrunde liegende Erfordernis der Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen ist auch nicht durch die "im März 2006" getroffene und im Juni-Heft des amtlichen Mitteilungsblatts ([X.]aktuell 2006, 245) veröffentlichte "Verbindliche Entscheidung" iS des § 138 Abs 2 [X.]B VI des Vorstands der D[X.] Bund aufgehoben worden.

Diese hat folgenden Wortlaut:

        

"Gegen die Ansprüche eines Berechtigten gegenüber einem Träger der allgemeinen Rentenversicherung kann ein anderer Träger der allgemeinen Rentenversicherung seine Ansprüche gegenüber demselben Berechtigten aus Beitragsforderungen, auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Leistungen oder aus sonstigen Geldforderungen nach § 51 [X.]B I aufrechnen. Dies gilt auch in Fällen, in denen die [X.] als Träger der allgemeinen Rentenversicherung zuständig ist.

        

Die Aufrechnung erfolgt für Zeiten ab 1.1.2006 auch dann, wenn beide Ansprüche oder einer der beiden Ansprüche vor diesem Zeitpunkt entstanden sind."

Da diese "Verbindliche Entscheidung" erst im Juni 2006 mit ihrer [X.] (§ 138 Abs 5 [X.]B VI) in [X.] trat, ist sie für die hier maßgebliche Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids - im Januar 2006 - ohne Bedeutung. Deshalb bedarf es an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung, ob Entscheidungen nach § 138 Abs 2 [X.]B VI als "untergesetzliche Normen eigener Art" (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.], BT-Drucks 15/3654 [X.]) mit dem Grundgesetz vereinbar sind (s hierzu [X.], D[X.] 2005, 542, 547 ff; [X.], [X.] 2005, 113, 119 f; [X.], [X.], 965, 968 ff) und - soweit dies bejaht wird - ob diese nur für die Rentenversicherungsträger (vgl § 138 Abs 2 S 1 Halbs 2 [X.]B VI) und die Aufsichtsbehörden (so [X.], D[X.] 2005, 2, 12; Binne/Dünn, D[X.] 2005, 50, 62) oder auch für die Versicherten verbindlich sind (so [X.], D[X.] 2005, 542, 546; wohl auch [X.] in [X.] [X.]B VI, 2008, § 138 Rd[X.]6 ff). Selbst wenn Letzteres der Fall wäre, könnten "Verbindliche Entscheidungen" als untergesetzliche Normen keine Wirksamkeit entfalten, soweit sie mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sind (so bereits B[X.]E 78, 70, 77 = [X.] 3-2500 § 92 [X.] zu den Richtlinien des [X.]; ebenso Dünn in [X.]/Försterling, Gemeinschaftskomm zum [X.]B VI, § 138 Rd[X.]13, Stand Einzelkommentierung November 2009). Das dürfte bei der oben wiedergegebenen "[X.] Entscheidung" vom März 2006, die nach ihrem Regelungsgegenstand eine solche über die "Auslegung von Rechtsfragen" (§ 138 Abs 2 S 3 [X.]B VI) enthält, jedoch der Fall sein. Ihr Inhalt steht, wie in den vorstehenden Ausführungen näher dargelegt wurde, im Widerspruch zum geltenden Recht. Dessen letztverbindliche Auslegung obliegt nach Art 92 GG allein den zuständigen Gerichten ([X.] 126, 369, 392 = [X.] 4-5050 § 22b [X.] RdNr 73; [X.] vom 2.5.2012 - 2 BvL 5/10 - NVwZ 2012, 876 RdNr 68); ein Gestaltungsspielraum des untergesetzlichen Normgebers besteht insoweit nicht.

2. Der nach alledem als Regelung einer Aufrechnung (§ 51 [X.]B I) rechtswidrige Bescheid der Beklagten vom [X.] lässt sich nicht in einen Verrechnungsbescheid iS des § 52 [X.]B I umdeuten. § 43 Abs 1 [X.]B X gestattet eine Umdeutung nur, wenn der andere [X.] - hier ein Verrechnungsbescheid - auf das gleiche Ziel wie der fehlerhafte [X.] gerichtet ist, er von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Während die beiden ersten Anforderungen erfüllt sind, fehlt es jedoch an dem drittgenannten Erfordernis für eine Umdeutung.

Die Voraussetzungen für den Erlass eines Verrechnungsbescheids nach § 52 [X.]B I sind nicht gegeben, da - wie die Revision zu Recht geltend macht - eine wirksame Ermächtigung der Beklagten durch die L[X.] Sachsen-Anhalt (bzw durch die [X.] als deren Rechtsnachfolgerin) zur Verrechnung der ihr zustehenden Beitragsforderung nicht vorliegt. Weder hat das [X.] eine solche Ermächtigung festgestellt noch hat die Beklagte Entsprechendes im Verlauf des Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens behauptet. Die von der Beklagten selbst ("hausintern") erteilte "Ermächtigung zur Aufrechnung gemäß § 51 [X.]B I" vom [X.] genügt den Anforderungen des § 52 [X.]B I nicht. Denn jedenfalls dann, wenn die Beitragsforderung durch einen anderen Träger - hier: durch den früher zuständig gewesenen Regionalträger - bereits in einem Bescheid bestandskräftig als ihm zustehend festgestellt wurde, bedarf es nach einem Wechsel in der örtlichen Zuständigkeit (§ 128 Abs 1 S 1 [X.]B VI nF bzw § 130 Abs 1 S 1 [X.]B VI aF) der Ermächtigung zur Verrechnung durch diesen Träger. Ein [X.] lässt den nunmehr örtlich zuständig gewordenen Leistungsträger, der nicht Forderungsinhaber ist, nicht auch für die Erteilung der Ermächtigung zur Verrechnung mit einer fremden Forderung iS des § 52 [X.]B I zuständig werden.

3. Lediglich ergänzend ist zum hauptsächlichen Vorbringen der Klägerin darauf hinzuweisen, dass das am 15.8.2002 über das Vermögen der Klägerin eröffnete Insolvenzverfahren einer Verrechnung ihrer erst ab 1.4.2005 entstandenen Ansprüche auf monatliche Zahlung der Altersrente mit der gegen sie gerichteten Beitragsforderung aus den Jahren 1992/1993 nicht entgegenstand. Zwar ist grundsätzlich im laufenden Insolvenzverfahren eine Verrechnung nach § 52 [X.]B I nur möglich, wenn die [X.] bereits vor Insolvenzeröffnung bestand (B[X.] [X.] 4-1200 § 52 [X.] Rd[X.], 11; [X.]Z 177, 1 Rd[X.]6, 20; zur Aufrechnung s auch B[X.]E 108, 56 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], Rd[X.]8; B[X.] vom 16.10.2012 - [X.] [X.]/11 R - Rd[X.]6 ff, zur [X.] in B[X.]E und [X.] 4-4200 § 11 [X.]5 vorgesehen). Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens (vgl § 200 [X.]) - hier durch Beschluss des [X.] vom 5.5.2004 - konnten die Insolvenzgläubiger ihre noch nicht befriedigten Forderungen gegen den Schuldner jedoch wieder unbeschränkt geltend machen, soweit sich aus den Regelungen zur Restschuldbefreiung (§§ 286 ff, insbesondere §§ 294, 301 [X.]) nichts anderes ergibt (§ 201 Abs 3 [X.]). § 294 Abs 1 [X.] verbietet in diesem Zusammenhang Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners während der Laufzeit von dessen Abtretungserklärung über pfändbare Forderungen (vgl § 287 Abs 2 [X.]). Hierzu hat der Senat - zur vergleichbaren Vorschrift in § 18 Abs 2 S 3 [X.] - bereits entschieden, dass dieser Vollstreckungsschutz einer Verrechnung durch den Rentenversicherungsträger mit unpfändbaren Teilen der Rentenzahlungsansprüche des Schuldners (§ 54 Abs 4 [X.]B I iVm § 850c Abs 1 S 1 ZPO) nicht entgegensteht (B[X.] [X.] 4-1200 § 52 [X.] Rd[X.]7 ff).

Nach Erteilung der Restschuldbefreiung an die Klägerin durch Beschluss des [X.] vom 25.11.2008 dürfte die - infolge der unwirksamen Aufrechnung noch nicht erloschene - Beitragsforderung der [X.] allerdings nicht mehr durchsetzbar sein (zur Umwandlung einer Forderung aufgrund Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation vgl Lang in [X.], [X.], 5. Aufl 2012, § 301 Rd[X.]). Die Klägerin wird jedoch zu erwägen haben, ob es für sie vorteilhaft sein könnte, auf die Rückzahlung der von der Beklagten bereits einbehaltenen Beträge zu verzichten und diese als Erfüllung der Beitragsforderung gelten zu lassen (§ 301 Abs 3 [X.]), um so mit zusätzlich zu berücksichtigenden Beitragszeiten ggf eine höhere Altersrente zu erlangen (vgl § 66 Abs 1 [X.] [X.]B VI).

4. [X.] beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 13 R 5/11 R

14.03.2013

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Potsdam, 20. April 2007, Az: S 16 R 161/06, Urteil

§ 12 SGB 1, § 51 Abs 1 SGB 1 vom 27.12.2003, § 51 Abs 2 SGB 1 vom 27.12.2003, § 51 Abs 4 SGB 1 vom 27.12.2003, § 52 SGB 1, § 125 SGB 6, § 126 SGB 6, § 128 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 vom 09.12.2004, § 138 Abs 2 SGB 6, § 219 SGB 6, § 2 Abs 2 SGB 10, § 39 Abs 2 SGB 10, § 43 SGB 10, § 200 InsO, § 294 InsO, § 301 InsO, § 139 SGG, § 54 Abs 1 S 2 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2013, Az. B 13 R 5/11 R (REWIS RS 2013, 7368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7368

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