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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]Verkündet am: 11. Januar 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja
§ 651 f Abs. 2 [X.]
a) Kann der Reiseveranstalter infolge einer Überbuchung den Kunden nicht an dem gebuchten Urlaubsort unterbringen und tritt der Kunde deshalb die [X.]nicht an, so steht dem Kunden wegen Vereitelung der Reise ein [X.]nach § 651 f Abs. 2 [X.]zu.
b) Wenn der Kunde ein [X.]des Reiseveranstalters ablehnt, das, gemessen an den subjektiven Urlaubswünschen des Kunden, der gebuchten Reise nicht gleichwertig ist, kann der Veranstalter dem [X.]nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten.
c) Arbeitet ein erwerbstätiger Kunde während der Urlaubszeit weiter oder führt er eine ihm nicht vom Reiseveranstalter angebotene Ersatzreise durch, so steht dies seinem Entschädigungsanspruch nicht entgegen.
d) Für die Höhe der Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit darf das Arbeitseinkommen nicht zum Maßstab genommen werden, wohl aber der Reisepreis (Aufgabe von [X.]63, 101 ff.; 77, 120 f.).
BGH, Urt. v. 11. Januar 2005 - [X.]- [X.]
- 2 - [X.]hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12. Oktober 2004 durch [X.]Melullis, den Richter Scharen, die Richterinnen [X.]und Mühlens und [X.]Meier-Beck für Recht erkannt:
Die Revision der [X.]gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des [X.]vom 7. Juli 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Ur-laubszeit.
Sie buchten und bezahlten bei der beklagten [X.]eine Flugreise auf die [X.] für die [X.]vom 13. bis zum 27. April 2002 zu einem Gesamtpreis von 4.976,-- •. Eine Woche vor dem [X.]Reisebeginn teilte die Beklagte den Klägern mit, daß das von ihnen gewählte Hotel überbucht sei, und bot ihnen ein Ausweichquartier auf einer an-deren [X.]an. Die Kläger nahmen dieses [X.]nicht an, - 3 - sondern kündigten mit Schreiben vom 10. April 2002 den Reisevertrag. Die [X.]erstattete ihnen den gezahlten Reisepreis. Die Kläger verlangen darüber hinaus eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 75,-- • pro Tag und Person für 14 Urlaubstage, insgesamt also 2.100,-- •.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie begehrt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
[X.]Das Berufungsgericht hat der Klage mit folgender Begründung stattge-geben:
Der Entschädigungsanspruch der Kläger sei unabhängig von der Kündi-gung allein deshalb, weil die Beklagte die Reise durch zu vertretende Überbu-chung vereitelt habe, nach § 651 f Abs. 2 1. Altern. [X.]begründet. Die Kläger seien nicht verpflichtet gewesen, das [X.]der [X.]anzunehmen. Ob den Reisenden eine Pflicht zur Annahme des Ersatzangebots treffe, sei [X.]unter den Gesichtspunkten des Mitverschuldens und eines Verstoßes gegen [X.]und Glauben zu prüfen, die aber beide dem Anspruch der Kläger nicht entgegenstünden. Es könne im vorliegenden Fall offenbleiben, ob der [X.]ein [X.]aus gefühlsmäßigen oder nur aus sachlichen Gründen ablehnen dürfe. Denn die Kläger hätten ihre Ablehnung sachlich begründet. Dies - 4 - ergebe sich bereits aus der nicht zu beanstandenden Feststellung des Amtsge-richts, daß das [X.]der vertraglich vereinbarten Reise nicht gleichwer-tig gewesen sei, vielmehr eine Minderung des Reisepreises um 30 % gerechtfer-tigt hätte. Der strenge Maßstab des § 651 e Abs. 1 BGB, der eine Kündigung des [X.]erst bei Mängeln erlaube, die eine Minderung um mehr als 50 % geböten, sei bei der Prüfung eines Mitverschuldens oder eines Verstoßes gegen [X.]und Glauben nicht anzulegen.
Auch die Höhe der von den Klägern begehrten Entschädigung sei nicht zu beanstanden, da sie in einem angemessenen Verhältnis zum Reisepreis ste-he und der Anspruch auch nicht im Hinblick auf den zu Hause verbrachten [X.]zu kürzen sei, weil ein Urlaub in B. im April dem geplanten Urlaub auf den [X.]nicht nahekomme.
I[X.]Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Keinen Erfolg hat die Verfahrensrüge der Revision, daß das Beru-fungsurteil die [X.]nicht wiedergebe.
Die die Abfassung von Berufungsurteilen erleichternde Vorschrift des § 540 Abs. 1 ZPO, wonach das Urteil anstelle von Tatbestand und Entschei-dungsgründen nur die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im [X.]Urteil mit einer Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung zu enthalten braucht, bezieht sich nicht auf die Berufungsanträge. Diese muß das Berufungsgericht in sein Urteil aufnehmen. Sie brauchen allerdings nicht wörtlich wiedergegeben zu werden, sondern es kann genügen, daß aus den Ausführungen des [X.]deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel und was der [X.]5 - te im Berufungsverfahren erstrebt hat (BGH, Urt. v. 10.02.2004 - VI ZR 94/03, NJW 2004, 1389 unter II 2).
Hier läßt das Berufungsurteil den Inhalt der [X.]- noch - er-kennen. Aus der im Tenor ausgesprochenen nicht nur teilweisen, sondern gänz-lichen Änderung des erstinstanzlichen Urteils in Verbindung mit der in den Grün-den enthaltenen Aussage, das Rechtsmittel der Kläger habe in vollem Umfang Erfolg, ist ersichtlich, daß der Berufungsantrag der Kläger dem Tenor des Beru-fungsurteils entsprochen haben muß. Daß die Beklagte die Zurückweisung der klägerischen Berufung beantragt hat, geht daraus hervor, daß das Berufungsge-richt ein streitiges Urteil, also kein Anerkenntnis- oder Versäumnisurteil, erlassen hat.
2. Soweit die Revision sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht einen Entschädigungsanspruch der Kläger nach § 651 f Abs. 2 [X.]dem [X.]nach bejaht hat, bleibt sie ebenfalls erfolglos.
a) Nach § 651 f Abs. 2 [X.]kann der Reisende, wenn die Reise vereitelt oder beeinträchtigt wird, auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Diese Vorschrift erweitert hin-sichtlich des Anspruchsumfangs die Regelung des § 651 f Abs. 1 BGB, daß der Reisende unbeschadet der Minderung (§ 651 d BGB) oder der Kündigung (§ 651 e BGB) Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann, es sei denn, der Mangel der Reise beruht auf einem Umstand, den der [X.]nicht zu vertreten hat. Der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach Absatz 2 der Vorschrift hat [X.]zunächst einmal dieselben Voraussetzungen wie der Schadensersatzan-spruch nach Absatz 1. Zusätzliche haftungsbegründende Voraussetzung ist die Vereitelung oder eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Hier liegen alle - 6 - anspruchsbegründenden Voraussetzungen des geltendgemachten Entschädi-gungsanspruchs vor.
b) Nicht nur ein Mangel der Reise im werkvertraglichen Sinne, sondern auch die vollständige Nichterbringung der vertraglich geschuldeten Leistung kann einen Anspruch nach § 651 f Abs. 1 oder Abs. 2 [X.]begründen. Umstän-de, die die gesamte Reise oder Einzelleistungen wie Beförderung, Unterbrin-gung, Verpflegung und sonstige Betreuung ganz oder teilweise unmöglich ma-chen, oder eine Leistungsverweigerung des Reiseveranstalters verhindern oder mindern den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen der Reise und werden daher vom [X.]Gewährleistungsrecht der §§ 651 c ff. [X.]ein-schließlich des § 651 f [X.]erfaßt (BGH, Urt. v. 23.09.1982 - VII ZR 22/82, NJW 1983, 35 u. I 3 a).
Wenn hier die Beklagte den Klägern erklärte, daß sie sie nicht auf der In-sel N. F. unterbringen könne, weil die dortigen Quartiere überbucht seien, so lag dem entweder die Unmöglichkeit der vertraglich geschuldeten [X.](§ 275 Abs. 1 BGB) oder eine Leistungsverweigerung zugrunde. Die Klä-ger hatten unter den ihnen angebotenen verschiedenen [X.]eine Wahl getroffen und nach dem Inhalt des [X.]einen Urlaub auf der von ihnen ausgesuchten Insel gebucht. Bei der gebuchten Reise handelte es sich deshalb nicht etwa um eine Gattungs- oder Wahlschuld der [X.]des Inhalts, daß sie für die Kläger einen Urlaub auf irgendeiner, erst nach [X.]von ihr zu bestimmenden Insel der [X.]bewerkstelligen mußte. Die Leistungspflicht der [X.]war vielmehr auf die gebuchte Insel N. F. konkretisiert; nur durch die Verschaffung eines Urlaubs auf gerade dieser Insel konnte die Beklagte ihrer Leistungspflicht genügen. Ebenso wenig hatten die Parteien eine Ersetzungsbefugnis der [X.]vereinbart. Der [X.]hat auch bereits entschieden, daß der Reiseveranstalter nicht berech-- 7 - tigt ist, den Reisenden ohne seine Zustimmung an einem anderen Urlaubsort unterzubringen (BGH, Urt. v. 23.09.1982, aaO). Das Angebot der Beklagten, die Kläger auf einer anderen als der gebuchten [X.]einzuquartieren, änderte daher nichts daran, daß sie die Vertragserfüllung ablehnte.
c) Das Verschulden des Reiseveranstalters - oder seiner Erfüllungsgehil-fen (§ 278 BGB) - wird nach § 651 f Abs. 1 [X.]vermutet. Die Beklagte hat nichts zu ihrer Entlastung vorgetragen.
d) [X.]ist auch vereitelt worden. Kann oder will der [X.]den Reisevertrag nicht ordnungsgemäß erfüllen, z.B. infolge einer Überbu-chung, und führt dies dazu, daß der Kunde die Reise nicht antritt, so wird die Reise vereitelt. Der [X.]hat bereits entschieden, daß eine [X.]anzunehmen ist, wenn der gegen seinen Willen an einem ande-ren Urlaubsort untergebrachte Reisende die Reise alsbald abbricht (Urt. v. 23.09.1982 unter I 2; vgl. auch [X.]NJW-RR 1989, 1078 und 1994, 950). Dies gilt genauso, wenn der Kunde aus dem gleichen Grund schon den Antritt der Reise ablehnt.
e) Damit sind alle Anspruchsvoraussetzungen eines Entschädigungsan-spruchs der Kläger nach § 651 f Abs. 2 [X.]erfüllt. Wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, bedurfte es einer zusätzlichen Kündigung des [X.]nach § 651 e Abs. 1 [X.]nicht. Für den Anspruch aus § 651 f Abs. 2 [X.]brauchen auch nicht die Voraussetzungen einer Kündigung vorzu-liegen. Denn der Wortlaut des Absatz 1, wonach der Anspruch "unbeschadet der Minderung oder Kündigung" gegeben ist, besagt, daß die verschiedenen Ge-währleistungsansprüche unabhängig nebeneinander bestehen (so auch Er-man/Seiler, BGB, 11. Aufl., § 651 f Rdn. 1; Staudinger/J. Eckert, [X.](2004), § 651 f Rdn. 9). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Reise, falls die Kläger - 8 - das [X.]angenommen hätten, infolge der Unterschiede zwischen dem ursprünglich gebuchten und dem ersatzweise angenommenen Urlaubsort [X.]beeinträchtigt gewesen wäre. Diese Voraussetzung gilt nur für eine Kündi-gung, nicht aber für einen Entschädigungsanspruch wegen Vereitelung der [X.](so zutreffend [X.]Düsseldorf, aaO; [X.]1995, 224).
f) Die Beklagte kann dem Entschädigungsanspruch der Kläger auch nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) mit der [X.]entgegensetzen, die Kläger hätten ein gleichwertiges [X.]nicht angenommen.
(1) Die tatsächlichen Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsaus-übung muß der [X.]darlegen. Grundsätzlich obliegt es deshalb nicht dem Reisenden, Rechtfertigungsgründe für seine Nichtannahme des [X.]vorzutragen (so richtig [X.]Celle NJW-RR 2002, 1711), sondern ist es Sache des Reiseveranstalters, besondere Umstände darzutun und [X.]zu beweisen, deretwegen die Ablehnung des Reisenden ausnahms-weise gegen [X.]und Glauben verstieß. Diese Umstände müssen letztlich den Schluß rechtfertigen, daß nicht die Unterschiede zwischen den beiden Reiselei-stungen der hauptsächliche Beweggrund des Reisenden für seine Ablehnung waren, sondern daß ihn andere, im Verhältnis zum Reiseveranstalter nicht schutzwürdige Motive antrieben, etwa schlichte Vertragsreue.
[X.]Gründe, die die Ablehnung des Ersatzangebots der [X.]durch die Kläger als treuwidrig erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Die Frage, ob ein Rechtsmißbrauch schon anzunehmen ist, wenn das [X.]unter Berücksichtigung der subjektiven Wünsche des Reisenden der gebuchten Reise gleichwertig war, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn das [X.]der [X.]war nicht gleichwertig. Das [X.]9 - gericht hat diesbezüglich in rechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung darauf abgestellt, daß die Kläger schnorcheln und tauchen wollten und daß für diese Zwecke die ersatzweise angebotene Insel, so ähnlich sie an-sonsten der gebuchten gewesen sein mag, weniger geeignet war, weil ihr ein Hausriff fehlt, das für Urlauber, die schnorcheln und tauchen wollen, eine erstre-benswerte Bequemlichkeit darstellt. Auf die von der Revision angegriffene Fest-stellung des Berufungsgerichts, das Amtsgericht habe wegen der Unterschiede zwischen den beiden Inseln zutreffend eine Minderung des Reisepreises um 30 % für gerechtfertigt gehalten, kommt es dabei nicht an. Es geht allein darum, ob die Ablehnung einer anderen als der gebuchten Reise gegen [X.]und Glau-ben verstieß. Dies ist aus den bereits genannten Gründen nicht schon dann der Fall, wenn die Annahme des [X.]zu keiner größeren Beeinträchti-gung des Reisenden geführt hätte.
3. Auch hinsichtlich der Höhe des Anspruchs hat die Revision keinen Er-folg. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Festsetzung der Entschädigung auf etwa die Hälfte des Reisepreises läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Unbegründet ist die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Revision, die Kläger müßten erst noch beweisen, daß sie in der geplanten [X.]zuhause geblieben seien. Der [X.]tritt nicht der im Schrifttum [X.]Auffassung bei, daß der Entschädigungsanspruch wegen Vereitelung der Reise auch davon abhängt, wie der Kunde die für die Reise vorgesehene Zeit-spanne verbracht hat (vgl. z.B. Erman/Seiler, aaO Rdn. 7, 8; Führich, Rei-serecht, 4. Aufl. Rdn. 345; MünchKomm./Tonner, BGB, 4. Aufl., § 651 f Rdn. 29, 32; Staudinger/J. Eckert, aaO Rdn. 67; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Be-weislast, 2. Aufl., § 651 f [X.]Rdn. 4). Vielmehr steht mit der Vereitelung der Reise zugleich der haftungsausfüllende Tatbestand der vertanen Urlaubszeit fest. - 10 -
(1) Der Wortlaut des § 651 f Abs. 2 BGB, wonach der Reisende bei [X.]oder erheblicher Beeinträchtigung der Reise "auch wegen nutzlos aufge-wendeter Urlaubszeit" eine Entschädigung verlangen kann, besagt nicht, daß er einen Entschädigungsanspruch (nur) für den Fall haben soll, daß er seine [X.]infolge der Vereitelung nutzlos aufgewendet hat. Bereits dies legt die Auslegung nahe, daß in der Formulierung "wegen nutzlos aufgewendeter Ur-laubszeit" lediglich das gesetzgeberische Motiv für die Regelung zum Ausdruck kommt und deshalb bei einer Vereitelung der Reise nur noch in Frage steht, ob im Einzelfall eine Entschädigung ausnahmsweise nicht erforderlich und welcher Geldbetrag ansonsten zu zahlen ist. Auch der Umstand, daß der Gesetzgeber der Vereitelung eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zur Seite gestellt und beide Tatbestände gleichermaßen als ausreichende Voraussetzung für ei-nen Entschädigungsanspruch angesehen hat, läßt in Verbindung mit der Tatsa-che, daß bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise die aufgewendete Urlaubszeit mit Sicherheit - ganz oder teilweise - vertan ist (vgl. Begründung des [X.]zum Entwurf eines Gesetzes über den Reiseveranstalter-vertrag, BT-Drucks. 8/786 S. 30), die gesetzgeberische Wertung erkennen, daß auch bei Vereitelung der Reise von einer so schwerwiegenden Beeinträchtigung des vertraglich geschuldeten [X.]auszugehen ist, daß eine [X.]dafür geboten ist, daß der Kunde seine Urlaubszeit nicht so verbrin-gen konnte, wie vom Veranstalter geschuldet. Über die Höhe der Entschädigung ist damit noch nichts gesagt. Insbesondere liegt es im Ermessen des Tatrich-ters, in [X.]von der Zuerkennung einer Entschädigung abzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 14.01.1991 - VI ZR 120/91, NJW 1992, 1043).
[X.]Aber nicht nur der Wortlaut des Gesetzes, sondern auch der Sinn und Zweck der Entschädigung, dem Kunden einen Ausgleich für die entgangene Urlaubsfreude zu verschaffen, sprechen dafür, daß bei Vereitelung der Reise - 11 - ohne weiteres eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geboten ist. Mit der Vereitelung der Reise steht fest, daß der Kunde den von ihm geplanten konkreten Nutzen seiner Urlaubszeit, nämlich den Erfolg der von ihm beim Reiseveranstalter gebuchten Reise, nicht erreichen kann. In diesem [X.]sind die Streitfragen zu beantworten, ob die Entstehung eines immateriellen Schadens verhindert wird, wenn ein berufstätiger Reisekunde den ihm vom Arbeitgeber bewilligten oder selbst organisierten Urlaub widerruft, [X.]weiterarbeitet und seinen Urlaub auf später verschiebt oder wenn er in der geplanten Reisezeit eine andere Reise durchführt, die ihm nicht der [X.]angeboten hat (Ersatzurlaub). Diese Fragen sind in Rechtsprechung und Schrifttum streitig (gegen einen Entschädigungsanspruch bei Weiterarbeit [X.]82, 219, 227; [X.]NJW-RR 1990, 573; Erman/Seiler, aaO Rdn. 8; dafür LG Frankfurt NJW-RR 1991, 315; Führich, aaO Rdn. 353; Staudin-ger/J. Eckert, aaO Rdn. 69; gegen einen Entschädigungsanspruch bei Ersatzur-laub: Führich, aaO Rdn. 351; Soergel/H.W. Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 f Rdn. 15; Staudinger/J. Eckert, aaO Rdn. 70; dafür Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 651 f Rdn. 6; Bartl, NJW 1979, 1385, 1388). Nach Ansicht des er-kennenden Senats beeinträchtigen Weiterarbeit und [X.]den [X.]nicht. Weder sind diese Umstände bei der [X.]einzusetzen - was zur Folge hätte, daß ein möglicher Schaden letztlich doch nicht entstanden wäre -, noch findet insoweit eine Vorteilsanrechnung statt. Denn in beiden Fällen hat der Kunde aufgrund eigener Initiative, um die [X.]seiner geplanten, aber vereitelten Reise doch noch nutzbringend zu gestalten, Anstrengungen entfaltet, zu denen er dem Reiseveranstalter gegenüber nicht verpflichtet war. Ein eigenes Verhalten des Geschädigten, zu dem er nicht auf-grund seiner Schadensabwendungs- und -minderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verpflichtet ist, darf aber wegen des Grundsatzes, daß überpflichtmäßige [X.]des Geschädigten den Schädiger nicht entlasten sollen, weder in die [X.]eingestellt werden, noch braucht der [X.]12 - digte es sich im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen zu lassen ([X.]55, 329, 332 ff.; Palandt/Heinrichs, vor § 249 Rdn. 125).
b) Gegen die vom Berufungsgericht festgesetzte Höhe der Entschädigung ist rechtlich nichts einzuwenden. Die Bemessung der Entschädigung ist grund-sätzlich Aufgabe des Tatrichters. Die Würdigung des Tatrichters kann vom [X.]nur in engen Grenzen nachgeprüft werden, insbesondere darauf, ob er die für die Bemessung maßgeblichen Kriterien nicht verkannt, alle maßgebli-chen Umstände berücksichtigt und sich um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zum Umfang der Beeinträchtigung bemüht hat (vgl. [X.]85, 168, 170; 92, 177, 183; 138, 388, 391 zum Schmerzensgeld; Münch-Komm./Prütting, ZPO, 2. Aufl., § 287 Rdn. 4). Auf der Grundlage dieser einge-schränkten Prüfungsmöglichkeit läßt die Festsetzung des [X.]keinen Rechtsfehler erkennen.
(1) Zu Unrecht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht die [X.]anhand des von den Klägern geltend gemachten durchschnittlichen tägli-chen Nettoverdienstes berechnet habe.
aa) Es ist zwar richtig, daß das Einkommen des Reisenden kein geeigne-ter Maßstab für die Höhe der Entschädigung ist. Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß vertane Urlaubszeit ein Vermögensschaden und dessen Richtgröße der Aufwand sei, den die Beschaffung zusätzlichen Urlaubs erfordern würde, also das Arbeitseinkommen ([X.]63, 98, 101 ff.; 77, 116, 120 f., 123), war dadurch begründet, daß nach § 253 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung wegen eines immateriellen Schadens Entschädigung in Geld nur in den vom Gesetz geregelten Fällen gefordert wer-den konnte und damals eine gesetzliche Ersatzpflicht des Reiseveranstalters für den immateriellen Schaden des Reisenden noch fehlte. Diese Rechtsprechung - 13 - ist durch die zum 1. Oktober 1979 erfolgte Einführung des § 651 f Abs. 2 [X.]hinfällig geworden. Denn für die dort geregelte Entschädigung sind nach dem Willen des Gesetzgebers immaterielle Momente, insbesondere die entgangene Urlaubsfreude, von Bedeutung (Begründung des [X.]aaO; Be-schlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 8/2343 S. 11; [X.]85, 168, 171 f.). Auch die Richtlinie des [X.]vom 13. Juni 1990 über [X.](90/314/EWG) ist dahin auszulegen, daß sie dem Verbraucher einen Anspruch auf Ersatz des immateri-ellen Schadens, einschließlich des Schadens wegen entgangener Urlaubsfreu-de, verleiht, der auf der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung des [X.]beruht (EuGH Slg. I 2002, 2631 Gründe Nr. 22-24). Der immaterielle Charakter des durch die vertane Urlaubszeit entstandenen Schadens führt dazu, daß nicht nur im Erwerbsleben stehenden Reisenden, sondern auch nicht oder nicht mehr berufstätigen Personen wie etwa Schülern oder Rentnern eine [X.]wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zuzubilligen ist ([X.]des [X.]aaO; [X.]85, 168, 171 f.). Deshalb verbietet es sich, das Arbeitseinkommen zum Maßstab zu machen (so auch Führich, aaO Rdn. 352 b; Staudinger/J. Eckert, aaO Rdn. 72, 74; Tonner, Der Reisevertrag, 4. Aufl., § 651 f [X.]Rdn. 46). An der früheren, bereits zu § 651 f Abs. 2 [X.]ergangenen Rechtsprechung, daß sowohl das Nettoeinkommen als auch der Reisepreis berücksichtigt werden können (BGH, Urt. v. 23.09.1982 - VII ZR 22/82, NJW 1983, 35 u. II 1, 2 a; Urt. v. 21.10.1982 - VII ZR 61/82, NJW 1983, 218 u. I 1 b), hält der [X.]deshalb nicht mehr fest.
bb) Es bedarf keiner Erörterung, ob die Kläger, die nicht auf ihr individuel-les Einkommen, sondern auf den Durchschnittsverdienst der Bevölkerung [X.]haben, überhaupt im Sinne der früheren Kommerzialisierungsrechtspre-chung das Einkommen zum Maßstab genommen haben. Denn jedenfalls ist ih-nen das Berufungsgericht insoweit nicht gefolgt, das vielmehr allein auf das [X.]- gemessene Verhältnis der Entschädigungssumme zum Reisepreis abgestellt hat. Wenn der Reisepreis als Bemessungskriterium genommen wird, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden (BGH, Urt. v. 23.09.1982 und v. 21.10.1982). Denn dies entspricht der Absicht des Gesetzgebers, der keinen starren Maßstab für die Bemessung der Entschädigung festlegen wollte, aber dem Reisepreis und dem Ausmaß der Beeinträchtigung Bedeutung beimaß (Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses aaO). Die Berücksichtigung des [X.]rechtfertigt sich durch die Erwägung, daß der Reisepreis zeigt, wieviel Geld der mit der geplanten Reise verbundene immaterielle Gewinn dem Kunden wert war (vgl. [X.][X.]1994, 177; Führich, aaO; Staudinger/J. Eckert, aaO Rdn. 36). Dies gilt jedenfalls für Pauschalreisen, die, wie hier, An- und Ab-reise und Unterkunft abdecken. Ob der an den Reiseveranstalter zu zahlende Preis als Bemessungsgrundlage auch dann ausreicht, wenn der Veranstalter nur eine Einzelleistung erbringt, oder ob dann der Gesamtaufwand berücksichtigt werden muß, den der Kunde für die geplante Reise aufbringen wollte (vgl. BGH, Urt. v. 23.09.1982, aaO u. [X.]a), kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
Da die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Reisepreis zum Maß-stab zu nehmen, rechtlich nicht zu beanstanden ist, bedarf es im vorliegenden Fall auch keiner Prüfung, ob daneben andere Maßstäbe zulässig sind und ins-besondere feste, sowohl vom Einkommen als auch vom Reisepreis unabhängige Tagessätze verwendet werden dürfen, wie sie zum Beispiel das [X.]([X.]2003, 26) und das [X.]([X.]2003, 14) ihrer Bemessung der Entschädigung als Ausgangspunkt zugrundele-gen.
[X.]Die Entscheidung des Berufungsgerichts, etwa die Hälfte des [X.]als Entschädigungssumme anzusetzen, läßt keinen Rechtsfehler erken-nen. Der Tatrichter hat die Höhe der Entschädigung bei einer Vereitelung der - 15 - Reise nach den Umständen des jeweiligen Falles zu bemessen. Der Vorschlag von [X.](aaO Rdn. 352 b), für jeden gänzlich vertanen Urlaubstag die zeitan-teilige Quote des vollen Reisepreises anzusetzen, der dazu führt, daß der [X.]nicht nur aufgrund der Befreiung von seiner Pflicht zur Gegenleistung (§§ 326 Abs. 1 Satz 1, 812 BGB) den gezahlten Reisepreis zurückverlangen, sondern den gleichen Betrag als Entschädigung nach § 651 f Abs. 2 [X.]noch einmal fordern kann, mag ein angemessenes Ergebnis erbringen, wenn die [X.]durchgeführt wurde, aber so schwer beeinträchtigt war, daß, verglichen mit dem Ausbleiben der vertraglich geschuldeten Leistung, die mit der Beeinträchti-gung verbundenen Belastungen des Reisenden einen zusätzlichen Ausgleich erfordern. Bei Vereitelung der Reise hingegen ist die tatrichterliche Bemessung der Entschädigung mit der Hälfte des Reisepreises revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
(3) Unbegründet ist auch die Revisionsrüge, daß das Berufungsgericht den [X.]unberücksichtigt gelassen habe, der einem zuhause verbrachten Urlaub zukomme.
Der [X.]hält nicht an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach der [X.]eines zuhause verbrachten Urlaubs einen Schadensminde-rungsposten darstellt, den der Tatrichter bei der Bemessung der Entschädigung berücksichtigen muß (dafür früher [X.]77, 116, 122; BGH, Urt. v 23.09.1982 u. I 4 b; so auch MünchKomm./Tonner, aaO Rdn. 32 ff.; Palandt/Sprau, aaO § 651 f Rdn. 6; Staudinger/J. Eckert, aaO Rdn. 68; dagegen Führich, aaO Rdn. 350). Der Erholungswert eines häuslichen Urlaubs beruht auf der zuhause genossenen Freizeit. Freizeitwert hat ein Urlaub aber mit oder ohne Reise. Er ist mithin nicht Gegenstand der vom Reiseveranstalter geschuldeten Leistung. Ihn will der Kunde nicht mit dem Reisepreis erkaufen; er hat nichts mit dem Gewinn zu tun, den der Kunde sich gerade von der Reise, d.h. von dem Ortswechsel, - 16 - verspricht. Deshalb ist der reine Freizeitwert des vereitelten Urlaubs vom [X.]nicht zu entschädigen. Dann darf aber auch kein Abzug von der Entschädigung erfolgen, wenn dieser Freizeitwert dem Kunden erhalten bleibt, wie es bei einem zuhause verbrachten Urlaub der Fall ist.
Melullis Scharen [X.]
Mühlens Meier-Beck
Meta
11.01.2005
Bundesgerichtshof X. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2005, Az. X ZR 118/03 (REWIS RS 2005, 5583)
Papierfundstellen: REWIS RS 2005, 5583
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