Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2014, Az. 4 AZR 802/11

4. Senat | REWIS RS 2014, 6245

ARBEITSRECHT GEHALT MINDESTLOHN

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Gegenstand

Anrechnung von Leistungen auf einen Mindestlohnanspruch


Leitsatz

Bestimmt ein aufgrund Rechtsverordnung verbindlicher Tarifvertrag einen Mindestlohnanspruch "je Stunde" unabhängig von der zeitlichen Lage der Arbeitszeit, können vom Arbeitgeber aufgrund anderer Rechtsgrundlagen geleistete Zulagen für erbrachte Spätschichten vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher oder tariflicher Regelungen auf einen Mindestlohnanspruch angerechnet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Mindestlohntarifvertrag nicht entnommen werden kann, dass die Arbeitsleistung unter den Bedingungen einer Spätschicht einer gesonderten Vergütungsregelung vorbehalten worden ist.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1. September 2011 - 25 [X.], 25 [X.]/11 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision des [X.] wird unter Zurückweisung der Revision im Übrigen das Urteil des [X.] vom 1. September 2011 - 25 [X.], 25 [X.]/11 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des [X.] wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des [X.] vom 9. Dezember 2010 - 1 [X.] 769/10 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger weitere 239,28 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. August 2010 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers nach einem Mindestlohntarifvertrag.

2

Die Beklagte ist ein Entsorgungsfachunternehmen. [X.]ie betreibt [X.]. eine Niederlassung in [X.]. Dort ist der Kläger als Altpapiersortierer im „4-[X.]chichtsystem“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 21. [X.]eptember 2005 heißt es [X.].:

        

„4.     

[X.]ie erhalten die Vergütungsgruppe 6 = 6,73 €/ [X.]tunde.

                 

Die Vergütung richtet sich nach den derzeit gültigen Betriebsvereinbarungen.

        

5.    

Zuschläge und Zulagen werden entsprechend den hierfür geltenden Bestimmungen gewährt. Alle derzeit oder später gezahlten Zulagen sind arbeitsplatzbezogen. Außerdem sind sie stets freiwillige und widerrufliche Leistungen und können auf Lohnerhöhungen, auch wenn sie durch eine Änderung der Lohngruppe bedingt sind, angerechnet werden, soweit sie nicht ausdrücklich als feste Zulagen vereinbart sind.“

3

Der Kläger wird bei einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 40 [X.]tunden in wechselnden [X.]chichten im Umfang von 37,5 [X.]tunden eingesetzt. Wöchentliche Pausenzeiten werden von der [X.] mit dem vertraglich vereinbarten [X.]tundenlohn vergütet.

4

Die Beklagte kauft Altpapier an. Das angelieferte Altpapier wird in ihrem Betrieb für die weitere Bearbeitung in sog. De-Inking-Papier für die Papier- sowie in Karton und Papier für die Kartonherstellung getrennt. Nach einer maschinellen Grobsortierung am Förderband einer [X.]ortieranlage, an der [X.]. der Kläger tätig ist, wird das sortierte Altpapier ausschließlich von der auf demselben Gelände tätigen [X.] ([X.]) weiterverarbeitet. Die Altpapierversorgung der [X.], die alleinige Gesellschafterin der [X.] ist, bildet den Betriebszweck der [X.]. Bei der [X.] geht das sortierte Papier vom Förderband in eine Presse und dann in einen [X.]toffauflöser (sog. Pulper).

5

Die Rechtsvorgängerin der [X.] hatte im Jahr 1999 mit dem am [X.]tandort [X.] gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung ([X.] 1999) geschlossen, in der [X.]. Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit iHv. [X.]. [X.] je [X.]tunde geregelt sind.

6

Am 31. Dezember 2009 wurde im [X.] (BAnz. Nr. 198 [X.]. 4573) die auf Grundlage von § 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 [X.]atz 1 und [X.]atz 2 [X.] (vom 20. April 2009, BGBl. I [X.]. 799) erlassene „Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Abfallwirtschaft einschließlich [X.]traßenreinigung und Winterdienst“ (AbfallArbbV) veröffentlicht. In dieser heißt es [X.].:

        

§ 1   

        

Zwingende Arbeitsbedingungen

        

Die in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Rechtsnormen des Mindestlohntarifvertrages für die Branche Abfallwirtschaft vom 7. Jan[X.]r 2009 in der Fassung des ersten Änderungstarifvertrages vom 12. August 2009 … finden auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung, wenn der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung überwiegend Abfälle im [X.]inne des § 3 Absatz 1 [X.]atz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes sammelt, befördert, lagert, beseitigt oder verwertet oder Dienstleistungen des Kehrens und Reinigens öffentlicher Verkehrsflächen und [X.]chnee- und Eisbeseitigung von öffentlichen Verkehrsflächen einschließlich [X.]treudienste erbringt. …

        

§ 2     

        

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

        

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in [X.] und am 31. Oktober 2010 außer [X.].“

7

Der Mindestlohntarifvertrag für die Branche Abfallwirtschaft (vom 7. Jan[X.]r 2009 idF vom 12. August 2009, nachfolgend [X.]) enthält [X.]. folgende Regelungen:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Räumlicher Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für das Gebiet der [X.].

        

(2)     

Betrieblicher Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für die Branche Abfallwirtschaft. Diese umfasst alle Betriebe oder selbstständigen [X.], die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Abfälle sammeln, befördern, lagern, behandeln, verwerten oder beseitigen und/oder öffentliche Verkehrsflächen reinigen.

        

Protokollerklärung

        

…       

                 
        

§ 2     

        

Mindestlohn

        

Der Mindestlohn beträgt mit Wirkung vom 1. Mai 2009 8,02 Euro je [X.]tunde.

        

(2) Der Anspruch auf den Mindestlohn wird spätestens am letzten Werktag des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den der Mindestlohn zu zahlen ist.

        

(3) Höhere Entgeltansprüche aufgrund anderer Tarifverträge, betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen bleiben unberührt.“

8

Die Beklagte, die keinem der tarifschließenden Arbeitgeberverbände des [X.] angehört, zahlte dem Kläger in den Monaten Jan[X.]r 2010 bis einschließlich Juni 2010 einen [X.]tundenlohn von 6,73 Euro brutto sowie für Zeiten von Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 7,45 Euro brutto bzw. 7,47 Euro brutto. Der Kläger erhielt auf Basis des vertraglich vereinbarten [X.]tundenlohns einen Zuschlag iHv. 2[X.] für geleistete Nachtarbeit, für [X.]pätschichten einen iHv. [X.] sowie vermögenswirksame Leistungen iHv. 39,88 Euro brutto im Monat.

9

Der Kläger hat mit seiner der [X.] am 28. August 2010 zugestellten Klage für die Monate Jan[X.]r 2010 bis einschließlich Juli 2010 die monatliche - rechnerisch zwischen den Parteien unstreitige - Differenz zwischen dem ihm tatsächlich gezahlten [X.]tundenlohn (ohne Berücksichtigung der Zuschläge für [X.]pätschichten und Nachtarbeit sowie den vermögenswirksamen Leistungen) und dem Mindestlohn von 8,02 Euro brutto verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, der Betrieb der [X.] werde als Abfallverwertungsbetrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des [X.] erfasst. Weder die gezahlten Zuschläge für die [X.]pätschichten und die Nachtarbeit noch die vermögenswirksamen Leistungen könnten auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden. Gleiches gelte für die bezahlten Pausen, die vergütet würden, weil Vor- und Nacharbeiten sowie Zeiten der Übergaben ohne Bezahlung blieben.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.285,85 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. August 2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. [X.]ie meint, der Mindestlohn stelle eine verfassungswidrige [X.]onderabgabe dar. Zudem habe der [X.] den Anwendungsbereich des [X.] erweitert. Dies führe zur Nichtigkeit der [X.] Nach der Richtlinie 2008/98/[X.] (vom 19. November 2008) sei Altpapier kein Abfall, sondern ein recyclingfähiger Rohstoff, der von ihr für die Produktion von Papier sortiert werde. Es liege weder eine Behandlung noch eine Verwertung von Abfällen vor. Neben den [X.]pätschicht- und Nachtarbeitszuschlägen sowie den vermögenswirksamen Leistungen müssten die vergüteten Pausenzeiten bei der Ermittlung des für wöchentlich 37,5 [X.]tunden gezahlten Entgelts berücksichtigt werden. [X.]elbst wenn nach § 6 Abs. 5 [X.] ein Ausgleich für Nachtarbeit zu zahlen sei, wäre ein Zuschlag iHv. [X.] oder [X.] des [X.]tundenlohns bereits ausreichend und angemessen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben und sie unter Anrechnung der gezahlten [X.]pätschichtzulagen und der vermögenswirksamen Leistungen im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen gerichteten Berufungen der Parteien zurückgewiesen und für beide die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch in vollem Umfang weiter. Die Beklagte begehrt mit der von ihr eingelegten Revision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist unbegründet, die des [X.] ist teilweise begründet.

Der Kläger kann nach § 2 Abs. 1 [X.] iVm. § 5 Nr. 1, § 7 Abs. 1 [X.]atz 1, § 8 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] für die in der [X.] von Januar 2010 bis einschließlich Juni 2010 vergüteten Arbeitsstunden ein Entgelt iHv. 8,02 [X.] brutto verlangen. Die Rechtsnormen des [X.] gelten für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis (unter I). Entgegen der Auffassung der [X.] haben die von ihr geleisteten Zuschläge für Nachtarbeit und die vermögenswirksamen Leistungen den Mindestlohnanspruch des [X.] in den jeweiligen Monaten nicht teilweise erfüllt. Demgegenüber ist der Vergütungsanspruch in den einzelnen Monaten durch Zahlung der [X.] iHv. 104,99 [X.] brutto erloschen (§ 362 Abs. 1 [X.]G[X.]), weshalb die [X.]eklagte nur verpflichtet ist, an den Kläger insgesamt 1.180,96 [X.] brutto zu zahlen (unter II).

I. Der [X.]etrieb der [X.] in [X.] wird vom betrieblichen Geltungsbereich des [X.] erfasst. Aufgrund der wirksamen [X.] findet der [X.] im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

1. Die [X.] ist wirksam.

a) Ein Verstoß gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche [X.]etätigungsfreiheit der [X.] (zu diesem einschlägigen Maßstab [X.] 16. Juli 2012 - 1 [X.]vR 2983/10 - Rn. 25) liegt nicht vor.

aa) Entgegen der Auffassung der [X.] handelt es sich bei der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nach § 2 Abs. 1 [X.] nicht um eine verfassungswidrige [X.]onderabgabe. Es fehlt bereits an einer Geldleistungspflicht gegenüber der öffentlichen Hand (zu den Voraussetzungen ausf. [X.] 23. Januar 1990 - 1 [X.], 1 [X.] - zu C I 2 a der Gründe, [X.]E 81, 156; s. auch 16. Juli 2012 - 1 [X.]vR 2983/10 - Rn. 25).

bb) Gleiches gilt für die verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Verpflichtung, zusätzliche [X.]eiträge zur gesetzlichen [X.]ozialversicherung, die sich aus der erhöhten Zahlungsverpflichtung ergeben, zu zahlen. Es handelt sich bei diesen um [X.]eiträge im sozialversicherungsrechtlichen [X.]inne, die nicht zur Finanzierung allgemeiner [X.]taatsaufgaben verwendet werden (vgl. dazu [X.][X.]G 25. Januar 2006 - [X.] 12 KR 27/04 R - Rn. 18 [X.] zur Rspr. des [X.]).

b) Entgegen dem Vorbringen der [X.] in der Revision verletzt § 4 [X.] auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG, in dem die gesetzliche Regelung die Möglichkeit der zwingenden Anwendung tariflicher Regelungen nur auf bestimmte [X.]ranchen ermöglicht.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche [X.]elastungen als auch für ungleiche [X.]egünstigungen. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche [X.]ehandlung rechtfertigen können (vgl. zum Prüfungsmaßstab [X.] 7. Mai 2013 - 2 [X.]vR 909/06 ua. - Rn. 73 ff., [X.]E 133, 377; 21. Juli 2010 - 1 [X.]vR 611/07, 1 [X.]vR 2464/07 - Rn. 78, [X.]E 126, 400).

bb) Die Entscheidung des Gesetzgebers, in § 4 [X.] nur bestimmte [X.]ranchen aufzunehmen, kann sich auf einen hinreichenden [X.] stützen. Der Gesetzgeber konnte, nachdem (lediglich) die Tarifvertragsparteien der in § 4 Nr. 4 bis Nr. 8 [X.] genannten [X.]ranchen bereits bis zum 31. März 2008 Anträge auf Aufnahme in den Regelungsbereich des [X.] gestellt hatten (vgl. [X.]T-Drucks. 16/11669 [X.]. 23), davon ausgehen, dass die dort üblicherweise durch Tarifverträge geregelten Arbeitsbedingungen (vgl. [X.]T-Drucks. 16/11669 [X.]. 23) aktuell gefährdet seien (vgl. dazu die Gesetzesbegründung [X.]R-Drucks. 542/08 [X.]. 13, unter Hinweis auf die Erwägungen in [X.]T-Drucks. 13/2414 [X.]. 7). Das gesetzgeberische Handeln war deshalb auch unter [X.]erücksichtigung der Maßstäbe des Art. 3 Abs. 1 GG möglich (ebenso für das [X.]augewerbe nach dem [X.] idF vom 19. Dezember 1998, [X.]G[X.]l. I [X.]. 3843 [X.]AG 25. Juni 2002 - 9 [X.] [X.] der Gründe, [X.]AGE 101, 357; sowie [X.]/Lakies [X.] 3. Aufl. Anhang 2 zu § 5 [X.] Rn. 71).

c) Entgegen der Auffassung der [X.] ist die [X.] auch nicht deshalb unwirksam, weil der Verordnungsgeber den Anwendungsbereich des [X.] in unzulässiger Weise erweitert hat. [X.]oweit § 1 [X.] den Anwendungsbereich auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber erstreckt, wenn der [X.]etrieb oder die [X.]etriebsabteilung „Abfälle im [X.]inne des § 3 Absatz 1 [X.]atz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes sammelt, befördert, lagert, beseitigt oder verwertet“, ist die gesetzliche [X.]estimmung inhaltlich identisch mit § 2 Abs. 2 [X.]. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (zu den Maßstäben etwa [X.]AG 28. Januar 2009 - 4 A[X.]R 92/07 - Rn. 26 [X.], [X.]AGE 129, 238).

aa) [X.]edienen sich die Tarifvertragsparteien eines Rechtsbegriffs, der im juristischen [X.]prachgebrauch eine bestimmte [X.]edeutung hat, ist der [X.]egriff in seiner allgemeinen juristischen [X.]edeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Tarifvertrag etwas anderes ergibt ([X.]AG 22. Juli 2010 - 6 [X.] - Rn. 20; 17. März 2010 - 5 [X.] - Rn. 13, [X.]AGE 133, 337).

bb) Nach diesen Grundsätzen entspricht der [X.]egriff „Abfall“ in § 1 Abs. 2 [X.] dem Abfallbegriff in § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG (vom 27. [X.]eptember 1994, [X.]G[X.]l. I [X.]. 2705, in [X.] bis zum 31. Mai 2012). Danach sind „Abfälle im [X.]inne dieses Gesetzes … alle beweglichen [X.]achen, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr [X.]esitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur [X.]eseitigung.“ Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien von diesem langjährig unverändert gesetzlich definierten Abfallbegriff abweichen wollten, sind weder von der [X.] vorgetragen noch ersichtlich.

2. Der [X.]etrieb der [X.] wird vom betrieblichen Geltungsbereich nach § 1 Abs. 2 [X.]atz 1 und [X.]atz 2 [X.] erfasst. [X.]ei dem dort sortierten Altpapier handelt es sich um Abfall i[X.]d. [X.] und nicht bereits um einen sog. [X.]ekundärrohstoff. Das hat das [X.] zutreffend erkannt.

a) Für die Auslegung der [X.]egriffe „Abfälle“ und „verwerten“ nach § 1 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] sind nach den genannten Maßstäben (oben I 1 c bb) die einschlägigen, durch das KrW-/AbfG näher bestimmten Rechtsbegriffe heranzuziehen.

b) [X.]ei dem von der [X.] angekauften Altpapier handelt es sich um Abfall i[X.]d. § 3 Abs. 1 [X.]atz 1 KrW-/AbfG (in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung).

aa) Abfälle i[X.]d. Gesetzes sind alle beweglichen [X.]achen, die unter die in [X.] aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr [X.]esitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Zu diesen beweglichen [X.]achen zählen nach der Gruppe [X.] „Produkte, die vom [X.]esitzer nicht oder nicht mehr verwendet werden (z.[X.]. in der Landwirtschaft, den Haushaltungen, [X.]üros, Verkaufsstellen, Werkstätten usw.)“. Die früheren [X.]esitzer haben ihre [X.]achherrschaft an dem Papier aufgegeben und es einer Verwertung i[X.]d. § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG iVm. dem [X.]I [X.] zum KrW-/AbfG - Fall R2: Verwertung organischer [X.]toffe - zugeführt. Das ist insoweit zwischen den Parteien auch nicht streitig.

bb) [X.] war weder schon vor der Anlieferung entfallen noch wurde sie durch die bei der [X.] vorgenommene [X.]ortierung und damit vor Verlassen des [X.]etriebsgeländes beendet.

(1) Das Ende der Abfalleigenschaft eines [X.]toffes setzt nach § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG die [X.]eendigung des [X.] bei gleichzeitiger Erfüllung der sich aus dem Abfallrecht ergebenden Pflichten des Abfallbesitzers in [X.]ezug auf die [X.]chadlosigkeit der Verwertung voraus. Erst mit der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung des Abfalls endet das Regime des Abfallrechts. Die stoffliche Verwertung i[X.]d. § 4 Abs. 3 [X.]atz 1 Fall 1 KrW-/AbfG durch Gewinnung von [X.]ekundärrohstoffen aus Abfällen und somit die [X.]eendigung der Abfalleigenschaft eines [X.]toffes setzt voraus, dass die Eigenschaften der gewonnenen [X.]toffe mit den Eigenschaften der zu substituierenden Primärrohstoffe identisch oder vergleichbar sind und ein Auftreten abfalltypischer Gefahrenlagen ausscheidet ([X.]VerwG 19. November 1998 - 7 C 31/97 - zu 1 der Gründe). Dies liegt etwa - unter bloßer Änderung der stofflichen Eigenschaften - vor bei der Gewinnung von Pappe aus Altpapier, von Glas aus Altglas oder von Kupfer aus Kabeln ([X.]VerwG 14. Dezember 2006 - 7 [X.]/06 - Rn. 21 f., 14, [X.]VerwGE 127, 250; s. auch 4. [X.]eptember 2009 - 7 [X.] 8/09 - Rn. 9 [X.]).

(2) Danach handelt es sich beim [X.] unterschiedlicher (Alt-)Papiersorten im [X.]etrieb der [X.] nicht um ein eigenständiges Verwertungsverfahren, sondern nur um einen ersten Teilschritt einer beabsichtigten weiteren Verwertung - die [X.]ereitstellung des sortierten Ausgangsmaterials für den [X.]etrieb der [X.], die im Rahmen eines weiteren Verwertungsprozesses das sortierte Altpapier in einem sog. Pulper weiter bearbeitet, um diejenige Faserstoffsuspension zu gewinnen, die für die Papier- und Kartonagenproduktion geeignet ist. Jedenfalls bei der [X.] ist der [X.] noch nicht abgeschlossen. Deshalb hat die Abfalleigenschaft des [X.] noch nicht geendet. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.] 19. Juni 2003 - [X.]/00 - [[X.] Recycling] Rn. 84, [X.]lg. 2003, [X.]; sowie 11. November 2004 - [X.]/02 - [[X.]] Rn. 52, [X.]lg. 2004, [X.]; 18. Dezember 1997 - [X.]/96 - [[X.]] Rn. 34, [X.]lg. 1997, [X.] zur [X.]/156/[X.]).

(3) Dass die [X.]eklagte das Altpapier am Markt erwirbt, ist für dessen Abfalleigenschaft ohne [X.]edeutung. Auch die Verwertung von Abfällen ist Teil des [X.] (vgl. [X.] Urteil vom 25. Juni 1997 - [X.]/94 - [[X.]] Rn. 54, [X.]lg. 1997, [X.]). [X.]owohl das [X.] als auch das [X.] Abfallrecht wollen im Interesse der [X.]chonung der natürlichen Ressourcen die Gewinnung von sekundären Rohstoffen oder von Energie aus dafür geeigneten Abfällen befördern. Um dies sicherzustellen, soll der betreffende [X.]toff so lange den spezifischen Anforderungen des Abfallrechts unterliegen, bis der [X.] eingetreten ist. Ob auf dem Weg zu dem [X.] Veräußerungsgeschäfte stattfinden, ist grundsätzlich ohne [X.]elang ([X.]VerwG 19. November 1998 - 7 C 31/97 - zu 1 der Gründe). Entgegen der Auffassung der [X.] kann aus Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2008/98/[X.] (vom 19. November 2008, A[X.]l. [X.] L 312 vom 22. November 2008 [X.]. 3) nicht gefolgert werden, dass „wiederwertbare [X.]toffe nicht als Abfall gelten dürfen“. Die [X.]eklagte übersieht, dass schon nach dem Wortlaut der [X.]estimmung das Durchlaufen eines [X.] erforderlich ist und weitere spezifische Kriterien zu erfüllen sind.

II. Den Mindestentgeltanspruch auf Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 [X.]tunden hat die [X.]eklagte in den einzelnen Monaten von Januar 2010 bis Juli 2010, die nach der Fälligkeitsregelung in § 2 Abs. 2 [X.] jeweils maßgebend sind, nicht in vollem Umfang erfüllt.

1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch des [X.] auf eine Vergütung mit einem Mindestlohn iHv. 8,02 [X.] brutto gemäß § 2 Abs. 1 TV Mindestlohn nicht nur im Umfang der von der [X.] angenommenen Arbeitsleistung von 37,5 [X.]tunden besteht, sondern aufgrund des bei ihr bestehenden [X.]chichtsystems und der Vergütung von weiteren 2,5 [X.]tunden als „bezahlte Pausen“ im Umfang der vertraglich vereinbarten 40 [X.]tunden. Deshalb kommt eine Umrechnung der auf [X.]asis von wöchentlich 40 [X.]tunden geleisteten Vergütung auf einen Mindestlohnanspruch iHv. lediglich 37,5 [X.]tunden in der Woche - wie es die [X.]eklagte geltend macht - nicht in [X.]etracht.

[X.]oweit die [X.]eklagte die Arbeitsleistung des [X.] entgegen der vertraglichen Vereinbarung im Umfang von 2,5 [X.]tunden nicht angenommen hat, befand sie sich entweder - wie das [X.] ausgeführt hat - im Annahmeverzug (§ 615 [X.]G[X.]) oder - was nach dem Vorbringen des [X.] näher liegt - die tatsächliche Durchführung des Arbeitsvertrags ist dahingehend zu verstehen, dass die bezahlten Pausen als [X.]estandteil der Arbeitszeit zu vergüten war (vgl. dazu etwa [X.]AG 24. November 1999 - 4 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]AGE 93, 26; s. auch 24. Mai 2007 - 6 [X.] - Rn. 20, [X.]AGE 122, 371; 23. Januar 2001 - 9 [X.] I[X.] c bb (3) der Gründe).

2. Die von der [X.] in den Monaten Januar 2010 bis Juli 2010 geleisteten [X.] haben den Mindestlohnanspruch des [X.] erfüllt (unter a). Die weiteren Zahlungen für Nachtarbeit (unter b) sowie die vermögenswirksamen Leistungen (unter c) haben ihn hingegen nicht zum Erlöschen gebracht (§ 362 Abs. 1 [X.]G[X.]).

a) Die gezahlten [X.] iHv. [X.] zum vereinbarten [X.]tundenentgelt sind auf den Anspruch des [X.] nach dem [X.] anzurechnen, sodass sich der geltend gemachte Anspruch um 104,99 [X.] brutto verringert. Der Entgeltanspruch nach dem [X.] ist in dieser Höhe erfüllt.

aa) [X.]ei der Anrechnung von Leistungen auf tariflich begründete Forderungen ist darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit der tariflich begründeten Zahlung zu vergüten ist. Daher ist dem erkennbaren Zweck des tariflichen Mindestlohns, den der Arbeitnehmer als unmittelbare Leistung für die verrichtete Tätigkeit begehrt, der zu ermittelnde Zweck der jeweiligen Leistung des Arbeitgebers, die dieser aufgrund anderer (individual- oder kollektivrechtlicher) Regelungen erbracht hat, gegenüberzustellen. [X.]esteht danach - ähnlich wie bei einem Günstigkeitsvergleich mit [X.]achgruppenbildung nach § 4 Abs. 3 [X.] - eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen (vgl. dazu etwa [X.]AG 30. März 2004 - 1 [X.]/03 - zu II 4 b bb der Gründe; 27. Januar 2004 - 1 [X.] - zu II 2 b aa der Gründe, [X.]AGE 109, 244: „funktional äquivalent“), ist die erbrachte Leistung auf den zu erfüllenden Anspruch anzurechnen (ausf. [X.]AG 18. April 2012 - 4 [X.] - Rn. 28, [X.]AGE 141, 163).

Zur [X.]eurteilung der „funktionalen Gleichwertigkeit“ ist es erforderlich, die „Funktion“ zu bestimmen, die die reale Leistung des Arbeitgebers hat, um sodann festzustellen, ob sie sich auf diejenige vom Arbeitnehmer geleistete oder zu leistende Arbeit bezieht, die nach dem durch eine Rechtsverordnung verbindlichen Tarifvertrag mit dem Mindestlohn abgegolten sein soll. Für diese [X.]estimmung der Funktion ist jedenfalls dann der subjektive Wille des Arbeitgebers nicht entscheidend, wenn die Leistung nach einer an anderer [X.]telle als in dem durch Rechtsverordnung verbindlichen Tarifvertrag getroffenen Regelung erfolgt und sich ihre Funktion aus dieser Regelung ergibt. [X.]oweit die vom Arbeitgeber danach angewandte Regelung etwa die Arbeitsleistung als besonders schwierig oder als unter erschwerten [X.]edingungen geleistet ansieht und hierfür einen in den Entgeltabrechnungen gesondert ausgewiesenen „Zuschlag“ an den Arbeitnehmer zahlt, ist dieser gleichwohl auf den Mindestentgeltanspruch anzurechnen, wenn der betreffende Mindestlohntarifvertrag diese Tätigkeit gerade nicht als zuschlagspflichtig ansieht, sondern sie als im Rahmen der mit dem Grundentgelt abzugeltenden „[X.]“ bewertet ([X.]AG 18. April 2012 - 4 [X.] (A) - Rn. 20, [X.]AGE 141, 173; - 4 [X.] - Rn. 31, [X.]AGE 141, 163).

Eine Erfüllungswirkung aller von der [X.] geleisteten Zahlungen ergibt sich deshalb nicht bereits aus dem Umstand, dass es sich um gezahltes Entgelt handelt. Die [X.]eklagte kann sich für ihre Rechtsauffassung insbesondere nicht auf die Entscheidung des Fünften [X.]enats vom 23. März 2011 ([X.]AG - 5 [X.] - Rn. 33, [X.]AGE 137, 249) stützen. Das Urteil handelt von der Gewährung der „wesentlichen Arbeitsbedingungen“ gemäß § 10 Abs. 4, § 9 Nr. 2 [X.] während der Dauer einer Arbeitnehmerüberlassung. Nur für diese Fallgestaltung, nicht aber für die Leistung von „Mindestentgeltsätzen“ i[X.]d. § 5 Nr. 1 [X.] hat der Fünfte [X.]enat auf einen Gesamtvergleich aller Entgelte im Überlassungszeitraum abgestellt.

bb) Die von der [X.] gezahlten [X.] haben den Entgeltanspruch nach dem [X.] in Höhe von 104,99 [X.] erfüllt.

(1) Der nach dem [X.] geregelte Mindestlohn erfasst jede Tätigkeit in der Abfallwirtschaft und zwar unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung unter erschwerten [X.]edingungen einer [X.]pätschicht (dazu etwa [X.]AG 24. März 2010 - 10 [X.] - Rn. 32 [X.], [X.]AGE 134, 34; zur Zahlung einer Wechselschichtzulage wegen der erheblichen Einwirkung auf den Lebensrhythmus vgl. 24. [X.]eptember 2008 - 10 [X.] - Rn. 39 [X.], [X.]AGE 128, 42) erbracht wird oder nicht. Der von der [X.] gezahlte [X.]pätschichtzuschlag vergütet neben dem vertraglichen [X.]tundenlohn iHv. 6,73 [X.] brutto die Arbeitsbedingungen des [X.], die nach dem [X.] allein einen Anspruch von 8,02 [X.] brutto für die dort geregelte „[X.]“ begründen würden (vgl. auch [X.]AG 18. April 2012 - 4 [X.] - Rn. 32, [X.]AGE 141, 163 für eine Verkehrsmittelzulage).

(2) Entgegen der Auffassung des [X.] folgt aus § 2 Abs. 3 [X.] kein anderes Ergebnis.

(a) [X.]ei dieser [X.]estimmung handelt es sich um eine eigene tarifliche Kollisionsregelung, die der Auflösung eventueller Anspruchskonkurrenzen dient (dazu [X.]AG 26. [X.]eptember 2012 - 4 [X.] - Rn. 33). Danach bleiben sowohl günstigere tarifliche als auch - namentlich im Hinblick auf § 77 Abs. 3 [X.]etrVG - betriebliche Regelungen „unberührt“. Für günstigere vertragliche Vereinbarungen wird das sowieso anwendbare Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 [X.] im Tarifvertrag festgehalten (vgl. [X.]AG 17. April 2013 - 4 [X.] - Rn. 14).

(b) Danach ist es zwar zutreffend, wenn der Kläger ausführt, die Tarifvertragsparteien des [X.] hätten „die Regelung … von besonderen Erschwernissen anderen Regelwerken … überlassen“. [X.]eine weitere [X.]chlussfolgerung, damit seien etwaige Erschwernisse nicht mit der „[X.]tundenlohnvergütung als abgegolten“ anzusehen, wird von § 2 Abs. 3 iVm. Abs. 1 [X.] aber nicht getragen. Entsprechend seinem [X.] bestimmt der [X.] als Mindestlohntarifvertrag den Mindestlohn „je [X.]tunde“ unabhängig von den konkreten Arbeitsbedingungen oder „Erschwerungen“. Ihm kann nach Wortlaut und [X.]ystematik nicht entnommen werden, einzelne Vergütungsbestandteile, die aufgrund „anderer Tarifverträge, betrieblicher oder arbeitsvertraglicher Vereinbarungen“ zu zahlen sind, seien bei der [X.]estimmung des „höheren [X.]“ - in Anwendung des [X.] einerseits und nach den anderen genannten Rechtsgrundlagen andererseits - nicht zu berücksichtigen.

(3) Einer Anrechenbarkeit der [X.]pätschichtzulagen auf den Mindestlohnanspruch steht Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.]uchst. [X.]/[X.] nicht entgegen.

(a) Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] in [X.]achen „[X.]“ (7. November 2013 - [X.]/12 - Rn. 36 ff., A[X.]l. [X.] 2014 Nr. [X.], 14; unter Hinweis auf 14. April 2005 - [X.]/02 - [Kommission/[X.]] Rn. 39, [X.]lg. 2005, [X.]) gibt die [X.] selbst keinen Anhaltspunkt für eine inhaltliche Definition des Mindestlohns. Vielmehr ist im Recht des betreffenden Mitgliedsstaates festzulegen, aus welchen [X.]estandteilen sich der Mindestlohn zusammensetzt. Die „Zulagen und Zuschläge, die durch die nationalen Rechtsvorschriften oder Praktiken des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt wird, nicht als [X.]estandteile des Mindestlohns definiert werden und die das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers auf der einen und der ihm erbrachten Gegenleistung auf der anderen [X.]eite verändern“, können „nicht aufgrund der [X.]estimmungen der [X.] als derartige [X.]estandteile betrachtet werden“ (7. November 2013 - [X.]/12 - [[X.]] Rn. 38, aaO).

(b) In Anwendung dieser Grundsätze kann nach den Rechtsvorschriften und Praktiken der [X.]undesrepublik [X.] dem [X.] nicht entnommen werden, dass Zuschläge für [X.]pätschichten „nicht als [X.]estandteil des Mindestlohns definiert“ worden sind. Die Vergütung für eine Arbeitsleistung unter den zeitlichen [X.]edingungen einer [X.]pätschicht wurde nach dem [X.] nicht einer separaten Regelung vorbehalten. Der tarifliche Mindestlohn ist „je [X.]tunde“ festgelegt und unabhängig von der zeitlichen Lage sowie von den damit verbundenen [X.]edingungen, unter denen die Arbeitsleistungen zu erbringen sind. Nach den Gepflogenheiten des nationalen Tarifrechts bestand für die Tarifvertragsparteien des [X.] - grundsätzlich und vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher oder tariflicher Regelungen - kein Erfordernis, ausdrücklich festzulegen, dass diese Entgeltregelung auch Arbeitsleistungen zu bestimmten Tageszeiten oder unter erschwerten [X.]edingungen erfasst, wenn - wie hier - ein Mindestlohn je Arbeitsstunde vereinbart ist.

b) Der Mindestlohnanspruch des [X.] ist nicht durch die von der [X.] geleisteten [X.] erloschen.

aa) Dem Kläger wurde für geleistete Nachtarbeit ein Zuschlag iHv. [X.] des vereinbarten [X.]tundenlohns gezahlt. Dabei kann dahinstehen, ob der Zuschlag auf Grundlage der vom Kläger angeführten [X.]V 1999 - deren weitere Geltung nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses des [X.] auf die [X.]eklagte und der vom [X.] festgestellten „Eingliederung in den [X.]etrieb der [X.]“ vom Kläger nicht näher dargelegt wurde (dazu [X.]AG 18. [X.]eptember 2002 - 1 A[X.]R 54/01 - zu [X.] der Gründe, [X.]AGE 102, 356; 19. Juli 1957 - 1 [X.] - zu 2 der Gründe, [X.]AGE 4, 232; für eine betriebliche Vergütungsordnung 14. August 2013 - 7 A[X.]R 56/11 - Rn. 26), einer betrieblichen Übung, wie es das [X.] angenommen hat, oder in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 6 Abs. 5 [X.] geleistet worden ist. Da eine tarifliche Ausgleichsregelung für geleistete Nachtarbeit i[X.]d. § 6 Abs. 5 [X.] für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht bestand (zur vorrangigen Ausgestaltung durch die Tarifvertragsparteien [X.]AG 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 18; 26. April 2005 - 1 A[X.]R 1/04 - zu [X.] II 2 a bb (1) (a) (aa) der Gründe, [X.]AGE 114, 272), war die [X.]eklagte nach § 6 Abs. 5 [X.] verpflichtet, „eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das“ dem Kläger zustehende [X.]ruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Dieser gesetzlichen Verpflichtung ist sie durch die Leistung der [X.] als von ihr gewählter [X.]chuldnerleistung ([X.]AG 5. [X.]eptember 2002 - 9 [X.]/01 - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]AGE 102, 309) nachgekommen. Indem sie das ihr nach § 6 Abs. 5 [X.] zustehende Ermessen für den [X.]raum von Januar 2010 bis einschließlich Juni 2010 ausgeübt hat, hat sie jedenfalls selbst den Inhalt des (gesetzlichen) Wahlschuldverhältnisses konkretisiert.

bb) Auch nach den [X.]estimmungen des [X.] hätte die [X.]eklagte über den dort in § 2 Abs. 1 geregelten Mindestlohn hinaus nach dem Inhalt des von ihr konkretisierten Wahlschuldverhältnisses einen Zuschlag für geleistete Nachtarbeit im Rahmen ihrer Ausgleichspflicht nach § 6 Abs. 5 [X.] zu leisten gehabt. Der Entgeltbestimmung in § 2 Abs. 1 [X.] kann - anders als für eine Arbeitsleistung unter den [X.]edingungen einer [X.]pätschicht (oben [X.]) - nicht entnommen werden, dass mit dem tariflichen Mindestlohn von 8,02 [X.] zugleich ein Ausgleich i[X.]d. § 6 Abs. 5 [X.] für geleistete Nachtarbeit geregelt ist.

(1) § 6 Abs. 5 [X.] überlässt die Ausgestaltung des Ausgleichs für Nachtarbeit wegen der größeren [X.]achnähe den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär einen gesetzlichen Anspruch. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, wie sie den Ausgleich regeln. Um den gesetzlichen Anspruch nach § 6 Abs. 5 [X.] zu ersetzen, muss die tarifliche Regelung eine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen [X.]elastungen vorsehen. Dies folgt aus dem Wortsinn des [X.]egriffs „Ausgleichsregelung“. Es entspricht auch dem [X.]inn und Zweck des dem [X.] dienenden § 6 Abs. 5 [X.]. Der tarifliche Ausgleich braucht zwar nicht nur ausdrücklich erfolgen, sondern kann auch stillschweigend geregelt sein. Eine stillschweigende Ausgleichsregelung kann den allgemeinen tariflichen Arbeitsbedingungen aber nur entnommen werden, wenn entweder der Tarifvertrag selbst entsprechende Hinweise enthält oder sich aus [X.]esonderheiten des Geltungsbereichs Anhaltspunkte ergeben ([X.]AG 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 18 [X.]).

(2) Der [X.] enthält keine ausdrückliche Ausgleichsregelung für die Nachtarbeit. Ihm sind auch keine weiteren Hinweise zu entnehmen, dass die [X.]elastungen durch Nachtarbeit in der Abfallwirtschaft bei der [X.]emessung des tariflichen Mindestlohns - stillschweigend - berücksichtigt worden sind. [X.]ei Tätigkeiten im Rahmen der „[X.]ranche Abfallwirtschaft“ (§ 1 Abs. 2 [X.]) fehlt es an Anhaltspunkten, die Tarifvertragsparteien der Abfallwirtschaft hätten diese [X.]elastungen bereits mit dem Grundlohn erfasst. Allein der Umstand, dass in dieser [X.]ranche auch Nachtarbeit geleistet wird, reicht für eine solche Annahme nicht aus (vgl. nur [X.]AG 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 18; 26. August 1997 - 1 A[X.]R 16/97 - zu [X.] II 1 [X.] der Gründe, [X.]AGE 86, 249).

(3) Da die Leistung von [X.]n nach den nationalen [X.]estimmungen des [X.] „nicht als [X.]estandteil des Mindestlohns definiert“ wurde (dazu oben [X.] a bb (3) (a)), können sie, weil der Arbeitnehmer „auf Verlangen des Arbeitgebers … Arbeitsstunden unter besonderen [X.]edingungen leistet“ auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] bei der [X.]estimmung des Mindestlohns i[X.]d. [X.] unberücksichtigt bleiben (7. November 2013 - [X.]/12 - [[X.]] Rn. 39, A[X.]l. [X.] 2014 Nr. [X.], 14).

cc) Diesen in der Vergangenheit als Nachtzuschlag iHv. 2[X.] geleisteten Zahlungen kann die [X.]eklagte auf Grundlage von Nr. 5 [X.]atz 3 des Arbeitsvertrags nicht rückwirkend eine teilweise andere [X.] nach § 366 Abs. 1 [X.]G[X.] zuordnen.

(1) Der in Nr. 5 [X.]atz 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt, der als Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. [X.]G[X.] unterfällt, ist bereits wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.]G[X.] unwirksam und kann auch nicht hinsichtlich eines der beiden Teile aufrecht erhalten werden ([X.]AG 14. [X.]eptember 2011 - 10 [X.] - Rn. 24 f., [X.]AGE 139, 156).

(2) Ob der in Nr. 5 [X.]atz 3 des Arbeitsvertrags gleichfalls enthaltene Anrechnungsvorbehalt (zur Teilbarkeit einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen [X.]AG 19. April 2012 - 6 [X.] - Rn. 33, [X.]AGE 141, 207) überhaupt einen durch Ausübung des Wahlrechts konkretisierten gesetzlich geregelten Zuschlag (dazu [X.]AG 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 15) nach § 6 Abs. 5 [X.] für geleistete Nachtarbeit erfasst und die bereits in der Vergangenheit geleisteten [X.] auf den höheren Entgeltanspruch nach dem [X.] wenigstens teilweise angerechnet werden können (zum vertraglich vereinbarten Vorbehalt hinsichtlich der [X.] bei übertariflichen Zulagen [X.]AG 27. August 2008 - 5 [X.] - Rn. 12, 18, 22 ff. [X.]), muss der [X.]enat nicht entscheiden.

[X.]elbst wenn man zugunsten der [X.] davon ausgeht, sie wolle mit ihrem Vorbringen, ein Zuschlag iHv. [X.] oder [X.] sei angemessen i[X.]d. § 6 Abs. 5 [X.], eine rückwirkende teilweise Anrechnung der bereits geleisteten [X.] geltend machen, hat sie schon nicht dargetan, dass eine Zuschlagsregelung in dieser - geringeren - Höhe „angemessen“ ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]undesarbeitsgerichts gilt ein Zuschlag iHv. 2[X.] regelmäßig als angemessen ([X.]AG 11. Februar 2009 - 5 [X.] - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 [X.] - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 [X.]/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Umstände, die es rechtfertigen, hiervon abzuweichen und einen geringeren Zuschlag als angemessen anzusehen (etwa bei Arbeitsbereitschaftszeiten [X.]AG 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 25; oder wenn der vom Gesetzgeber mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern, nicht zum Tragen kommt [X.]AG 11. Februar 2009 - 5 [X.] - Rn. 12; 31. August 2005 - 5 [X.] - zu I 4 a der Gründe, [X.]AGE 115, 372), hat die [X.]eklagte weder vorgetragen noch sind solche im Entscheidungsfall ersichtlich.

c) Der Mindestlohnanspruch des [X.] ist nicht durch die in den Monaten Januar 2010 bis einschließlich Juli 2010 gezahlten vermögenswirksamen Leistungen erfüllt worden.

aa) Vermögenswirksame Leistungen dienen wesentlich anderen Zwecken als der unmittelbaren Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit. [X.]ie sind sowohl nach der Konzeption des nationalen Gesetzgebers als auch nach dem Willen der Tarifvertragsparteien zur langfristigen Vermögensbildung in [X.] vorgesehen und verfolgen gerade im Hinblick auf die staatliche Förderung konkrete sozialpolitische Zwecke. Trotz regelmäßiger monatlicher Zahlung sind sie nicht dazu bestimmt, unmittelbar dem [X.]estreiten des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers zu dienen. [X.]ie stehen ihm grundsätzlich nicht zur freien Verfügung, sondern sind zwingend langfristig anzulegen. Dabei gelten je nach [X.] unterschiedliche [X.]perrfristen, etwa sieben Jahre bei [X.]parverträgen über Wertpapiere oder andere Vermögensbeteiligungen (§ 4 Abs. 2, § 8 Abs. 2 Fünftes Verm[X.]G) und sechs Jahre beim Wertpapier-Kaufvertrag (§ 5 Abs. 2 Fünftes Verm[X.]G) und beim [X.]eteiligungsvertrag oder dem [X.]eteiligungs-Kaufvertrag mit dem Arbeitgeber (§ 6 Abs. 3, § 7 Abs. 3 Fünftes Verm[X.]G). Die vermögenswirksamen Leistungen sind danach unter nationalrechtlichen Gesichtspunkten nicht „funktional gleichwertig“ mit dem vom Arbeitgeber zu entrichtenden Mindestlohn ([X.]AG 18. April 2012 - 4 [X.] (A) - Rn. 34, [X.]AGE 141, 173). Nach dem Recht der [X.] ergibt sich kein anderes Ergebnis ([X.] 7. November 2013 - [X.]/12 - [[X.]] - Rn. 43 f., A[X.]l. [X.] 2014 Nr. [X.], 14).

bb) Entgegen der Auffassung der [X.] ist eine mögliche Kündigung des der jeweiligen Anlageform zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses - hier der vom Kläger geschlossene [X.]ausparvertrag - für eine Anrechenbarkeit ohne [X.]edeutung. Die von der [X.] selbst für den Kläger nach § 2 Abs. 1 Einleitungssatz Fünftes Verm[X.]G angelegten Geldleistungen sind nach ihrer Zweckbestimmung gerade nicht dazu bestimmt, den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten, sondern dienen der Vermögensbildung des Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 1 Fünftes Verm[X.]G).

Darüber hinaus ist der Kläger aus keinem Rechtsgrund gehalten, die zwischen den Parteien vereinbarte Zweckbestimmung der von der [X.] geleisteten vermögenwirksamen Leistungen zu ihren Gunsten abzuändern, um - wie diese meint - eine Anrechenbarkeit herbeizuführen.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 291 [X.]G[X.].

III. [X.] ergibt sich in Anwendung von § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Kiefer    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 802/11

16.04.2014

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Eberswalde, 9. Dezember 2010, Az: 1 Ca 769/10, Urteil

Art 3 Abs 1 UAbs 1 Buchst c EGRL 71/96, § 6 Abs 5 ArbZG, § 5 Nr 1 AEntG, § 7 Abs 1 S 1 AEntG, § 8 Abs 1 S 1 AEntG, § 4 AEntG, § 1 AbfallArbV, § 1 Abs 2 S 1 TVMindestlohn Abfall 2, § 1 Abs 2 S 2 TVMindestlohn Abfall 2, § 3 Abs 1 S 1 KrW-/AbfG, § 4 Abs 3 S 1 KrW-/AbfG, § 2 Abs 1 TVMindestlohn Abfall 2, § 4 Abs 3 TVG, § 2 Abs 1 VermBG 2, § 2 Abs 3 TVMindestlohn Abfall 2, § 10 Abs 4 AÜG, § 9 Nr 2 AÜG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2014, Az. 4 AZR 802/11 (REWIS RS 2014, 6245)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6245

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