Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, Az. 5 AZR 323/16

5. Senat | REWIS RS 2017, 13618

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Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 13. April 2016 - 8 [X.] 657/15 -, unter Zurückweisung der Revision im Übrigen, teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des [X.] wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des [X.] vom 11. September 2015 - 11 [X.] 1133/15 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 323,71 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 21,19 Euro seit dem 16. Oktober 2014, aus 67,52 Euro seit dem 18. November 2014, aus 61,60 Euro seit dem 16. Dezember 2014, aus 30,80 Euro seit dem 16. Januar 2015, aus 28,06 Euro seit dem 17. Februar 2015, aus 24,32 Euro seit dem 17. März 2015, aus 25,05 Euro seit dem 16. April 2015 und aus 65,17 Euro seit dem 16. Mai 2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 62 % und die Beklagte 38 % zu tragen, von denen des Berufungsverfahrens und der Revision der Kläger 73 % und die Beklagte 27 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Erfüllung des entsenderechtlichen Mindestlohnanspruchs und über Nachtzuschläge.

2

Der Kläger ist bei der [X.], die einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel betreibt, als Lagerarbeiter in Frühschicht beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 20. Juli 2000 regelt [X.].:

        

„§ 3 Tarifliche Bestimmungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten der Manteltarifvertrag sowie der Lohn- und Gehaltstarifvertrag als Haustarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung.

        

…       

        

§ 15 Nebenabreden und Vertragsänderung

        

Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dieses gilt auch für diese Schriftformklausel.“

3

Die Beklagte wandte zunächst auf das Arbeitsverhältnis mit der Industriegewerkschaft [X.] geschlossene Tarifverträge an. Der Manteltarifvertrag ([X.]) sah eine [X.] für kontinuierlichen Arbeitseinsatz vor und verwies für deren Höhe auf § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag ([X.]). Nach diesem betrug die [X.] in der für den Kläger einschlägigen Lohngruppe ab dem 1. Jan[X.]r 2007 0,65 Euro/Stunde. Nach Kündigung der Tarifverträge vergütete die Beklagte die Beschäftigten ab Mai 2009 nach einer mit dem Betriebsrat abgestimmten „Betrieblichen Entgeltregelung“, nach der die Stundenlöhne erhöht wurden, die [X.] indes bis März 2010 lediglich noch 0,25 Euro/Stunde und anschließend 0,50 Euro/Stunde betragen sollte. Ab Dezember 2010 wandte die Beklagte eine von ihr formulierte „Betriebliche Mantelregelung“ ([X.]) an, wonach im Schichtbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer je gearbeitete Stunde eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto erhalten und bei Krankheit Entgeltfortzahlung auf Basis des Grundlohns gezahlt werden soll. Des Weiteren regelt sie - entsprechend dem Wortlaut des [X.] - Folgendes:

        

„§ 4   

        

Überstunden (Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit) sowie Zuschläge, Zulagen

        

…       

        

1.2     

Nachtarbeit

                 

Als Nachtarbeit im Sinne der Zuschlagsbestimmungen gilt die in der Nachtschicht geleistete Arbeit von 23.00 bis 06.00 Uhr abzüglich der Pausen.

        

…       

        

2.    

Zuschläge für Lohnempfänger

                 

Für die … Nachtarbeit … sind die folgenden Zuschläge auf Basis des Grundlohnes … zu zahlen:

                 

…       

                 

-       

für Nachtarbeit ohne Pausen

1,00 €/h

        
                 

…       

        

3.5     

Treueprämie

                 

Für einen kontinuierlichen Arbeitseinsatz ohne Fehlzeiten über die gesamte Dauer eines Monats erhält der Arbeitnehmer eine Treueprämie. Die Höhe ist im § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Im Falle unentschuldigten Fehlens innerhalb des [X.] erlischt der Anspruch auf Treueprämie für diesen gesamten Monat.“

4

Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt der nach § 7 [X.] erlassenen, am 1. August 2014 in [X.] getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, die bestimmt, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft der [X.] ([X.]) vom 13. Jan[X.]r 2014 auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer, die unter seinen Geltungsbereich fallen, Anwendung finden. Der [X.] lautet auszugsweise:

        

„§ 2   

        

Mindestlöhne

        

1.    

[X.] ist Entgelt im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 1 des [X.]. Höhere Entgeltansprüche aufgrund anderer Tarifverträge, betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen bleiben unberührt.

        

2.    

Die Mindestlöhne je Stunde betragen bundeseinheitlich je Stunde

                 

ab 1. Juli 2014

7,75 Euro,

                 

ab 1. Dezember 2014

8,00 Euro,

                 

…       

        
        

3.    

Der Anspruch auf das Mindestentgelt wird spätestens zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist.“

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger für geleistete Arbeit von September bis November 2014 einen Bruttostundenlohn von 7,15 Euro, eine [X.] von 0,50 Euro brutto und eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto sowie eine außertarifliche Leistungszulage von 1,00 Euro brutto. Feiertage vergütete sie mit 7,15 Euro brutto/Stunde, Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leistete sie iHv. 51,20 Euro brutto arbeitstäglich. Von Dezember 2014 bis April 2015 erhielt der Kläger für geleistete Arbeitsstunden einen Bruttostundenlohn von 7,65 Euro und eine außertarifliche Leistungszulage von 0,80 Euro brutto, [X.]n und Schichtzulagen blieben gleich. Urlaubstage vergütete die Beklagte mit 66,00 Euro brutto arbeitstäglich, Entgeltfortzahlung leistete sie in gleicher Höhe. Für Feiertage zahlte die Beklagte von Dezember 2014 bis März 2015 7,65 Euro und ab April 2015 8,25 Euro brutto pro Stunde.

6

Der Kläger hat für die Monate September 2014 bis April 2015 Differenzvergütung verlangt. Die Beklagte habe den Anspruch auf den Mindestlohn nicht vollständig erfüllt. [X.], Schichtzulage und außertarifliche Leistungszulage seien nicht mindestlohnwirksam. Außerdem betrage die [X.] nach Arbeitsvertrag 0,65 Euro brutto/Stunde. Dementsprechend stehe ihm höhere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen sowie weiteres Urlaubsentgelt zu. Für die Arbeit in der [X.] von 04:00 Uhr bis 06:00 Uhr seien Nachtzuschläge zu zahlen.

7

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn

        

1.    

für September 2014 weitere 177,73 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Oktober 2014,

        

2.    

für Oktober 2014 weitere 250,41 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. November 2014,

        

3.    

für November 2014 weitere 242,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Dezember 2014,

        

4.    

für Dezember 2014 weitere 193,20 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Jan[X.]r 2015,

        

5.    

für Jan[X.]r 2015 weitere 176,67 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Febr[X.]r 2015,

        

6.    

für Febr[X.]r 2015 weitere 166,76 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. März 2015,

        

7.    

für März 2015 weitere 180,92 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. April 2015,

        

8.    

für April 2015 weitere 227,31 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Mai 2015

                 

zu zahlen.

8

Die Beklagte hat die Ansprüche auf weitere Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaubsentgelt in einer Gesamthöhe von 287,20 Euro brutto anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage gemäß dem Anerkenntnis der [X.] sowie hinsichtlich weiterer außertariflicher Leistungszulage und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision hält der Kläger an seinen weiter gehenden Anträgen fest.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf weitere [X.] sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Feiertagsvergütung. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

I. Der Kläger hat Anspruch auf weitere [X.] von 0,15 Euro brutto/Stunde.

1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf eine [X.] hat. [X.] kann, ob sich die Höhe der [X.] aus § 3 Satz 1 Arbeitsvertrag iVm. § 4 Nr. 3.5 [X.]. § 8 Nr. 1 [X.] oder aus § 4 Nr. 3.5 [X.]. § 8 Nr. 1 [X.] ergibt. Denn in beiden Fällen beläuft sich die [X.] auf 0,65 Euro brutto/Stunde.

a) Die Betriebliche Mantelregelung enthält eine Gesamtzusage, mit der die Beklagte den Beschäftigten eine Erhöhung der [X.] versprochen hat.

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet und es bedarf ihrer auch nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen ([X.] 8. Dezember 2010 - 5 [X.] - Rn. 17; 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 17). Dabei wird die Gesamtzusage bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an ([X.] 20. August 2014 - 10 [X.] - Rn. 14).

bb) Mit der Bekanntmachung der Betrieblichen Mantelregelung hat die Beklagte den Beschäftigten ua. die Zahlung einer [X.] zu den dort genannten Voraussetzungen und in der im - gekündigten - [X.] vorgesehenen Höhe von 0,65 Euro brutto/Stunde angeboten.

Dies hat der Senat in seinem am heutigen Tag ergangenen Urteil in einem Parallelverfahren (- 5 [X.] - Rn. 15 ff.), auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden.

b) Für die vom Kläger im Streitzeitraum geleisteten Arbeitsstunden, deren Anzahl zwischen den Parteien unstreitig ist, ergibt sich danach ein Anspruch auf weitere [X.] iHv. 170,51 Euro brutto.

2. Der [X.] des [X.] ist nicht verwirkt.

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen ([X.] 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 60).

b) Eine Verwirkung scheidet aus, weil von der [X.] bereits keine Umstände vorgebracht wurden, die die Annahme rechtfertigten, der [X.] sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden, die Ansprüche des [X.] zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen (vgl. [X.] 21. Dezember 2016 - 5 [X.] 362/16 - Rn. 18 mwN).

II. Der Anspruch des [X.] auf eine [X.] iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde wirkt sich erhöhend bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und der Feiertagsvergütung aus.

1. Der Kläger hat Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 138,00 Euro brutto. Dies folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG. Eine abweichende Bemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 EFZG besteht nicht.

a) Dem Arbeitnehmer ist bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen (§ 4 Abs. 1 EFZG).

Das Arbeitsentgelt des [X.] umfasste im streitgegenständlichen Zeitraum neben dem Grundlohn, der außertariflichen Zulage und der Schichtzulage eine [X.] iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde (vgl. oben Rn. 12 ff.).

b) Zwar kann durch Tarifvertrag eine andere Bemessungsgrundlage festgelegt (§ 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG) bzw. im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien die Geltung der tariflichen Regelung vereinbart werden (§ 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG).

Doch besteht eine solche abweichende Bemessungsgrundlage nicht. Die Beklagte hat im Streitzeitraum nicht mehr den gekündigten [X.], sondern die Betriebliche Mantelregelung angewandt. Deren Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konnten eine abweichende Bemessungsgrundlage iSd. § 4 Abs. 4 EFZG nicht schaffen.

c) Daher stehen dem Kläger für unstreitig 120 Stunden Arbeitsunfähigkeit weitere 1,15 Euro brutto/Stunde als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu.

2. Der Kläger hat Anspruch auf 15,20 Euro brutto weitere Feiertagsvergütung.

a) Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Für die in den Streitzeitraum fallenden gesetzlichen Feiertage sind daher neben Grundlohn, außertariflicher Leistungszulage und Schichtzulage auch eine [X.] iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde zu berücksichtigen.

b) Danach ergibt sich für acht [X.] im November 2014 ein [X.] von 0,15 Euro brutto/Stunde und für 40 [X.] von Dezember 2014 bis April 2015 ein solcher von 0,35 Euro brutto/Stunde.

III. [X.] folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Vergütung ist unstreitig am 15. des Folgemonats zur Zahlung fällig. Unter Berücksichtigung von § 193 BGB ergeben sich die festgesetzten Termine für den jeweiligen Beginn der Verzinsung.

IV. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Der Anspruch des [X.] auf den Mindestlohn nach § 2 Nr. 2 [X.] ist durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). [X.], Schichtzulage und außertarifliche Leistungszulage sind mindestlohnwirksam.

a) Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Leistungen erfüllt wird, bestimmt sich danach, ob die vom Arbeitgeber erbrachten (Zusatz-)Leistungen die [X.] der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des [X.] sichern (zur PflegeArbbV [X.] 18. November 2015 - 5 [X.] 761/13 - Rn. 21 ff., [X.]E 153, 248; zur AbfallArbbV [X.] 16. April 2014 - 4 [X.] 802/11 - Rn. 37 ff., [X.]E 148, 68). Entsprechend der Zielsetzung in § 1 [X.] sollen angemessene Mindestarbeitsbedingungen in Form von Mindestentgeltsätzen für geleistete Arbeit gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 [X.] (§ 2 Nr. 1 TV Mindestbedingungen) geschaffen und durchgesetzt sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden.

b) Gemessen daran sind die von der [X.] im Streitzeitraum geleistete [X.], Schichtzulage und außertarifliche Leistungszulage mindestlohnwirksam. Die Beklagte hat diese vorbehaltlos neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt. [X.], Schichtzulage und außertarifliche Leistungszulage in der von der [X.] gewährten Weise erfüllen damit als im [X.] stehende Geldleistungen die Zwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des [X.], die ihrerseits die Anrechnung von Prämien und Zulagen auf den Mindestlohn nicht ausschließen (zur PflegeArbbV [X.] 18. November 2015 - 5 [X.] 761/13 - Rn. 26, [X.]E 153, 248).

2. Des Weiteren hat die Beklagte den Anspruch des [X.] auf Urlaubsentgelt vollständig erfüllt. Sie hat gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] die dem Kläger gewährten Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto bzw. ab Dezember 2014 mit 66,00 Euro brutto urlaubstäglich vergütet. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt eine Addition von Mindestlohn, [X.], Schichtzulage und außertariflicher Leistungszulage zur Berechnung des Durchschnittsverdiensts der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn nicht in Betracht. [X.], Schichtzulage und außertarifliche Leistungszulage sind nicht neben dem Mindestlohn zu zahlen, sondern erfüllen den Anspruch auf diesen.

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Nachtzuschlag.

a) Einen solchen sieht der arbeitsvertraglich in Bezug genommene § 4 Nr. 1.2 [X.] für die in der Nachtschicht geleistete Arbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr abzüglich der Pausen vor.

Doch leistet der Kläger seine Arbeit für die Beklagte unstreitig in der Frühschicht, beginnend ab 04:00 Uhr morgens und erfüllt damit nicht die Voraussetzungen der Tarifnorm.

b) Ein Anspruch auf [X.] ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 5 [X.].

§ 6 Abs. 5 [X.] gewährt Nachtarbeitnehmern (§ 2 Abs. 5 [X.]), die während der Nachtzeit(§ 2 Abs. 3 [X.]) Nachtarbeit (§ 2 Abs. 4 [X.]) leisten, einen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen ([X.] 18. November 2015 - 5 [X.] 761/13 - Rn. 23, [X.]E 153, 248).

Doch ist der Kläger kein Nachtarbeitnehmer, weil er weder Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten hat (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 [X.]) noch Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leistet (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 [X.]). Mit dem Einsatz in der Frühschicht leistet der Kläger nicht mehr als zwei Stunden Nachtarbeit, § 2 Abs. 3 und Abs. 4 [X.].

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Biebl    

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 323/16

22.03.2017

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Leipzig, 11. September 2015, Az: 11 Ca 1133/15, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, Az. 5 AZR 323/16 (REWIS RS 2017, 13618)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13618

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