Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2012, Az. V ZR 83/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9516

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR 83/11
Verkündet am:

3. Februar 2012

Langendörfer-Kunz,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2 -

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar
2012 durch [X.]
Dr.
Krüger, [X.] Lemke und Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und
die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des [X.] vom 10. März 2011 wird auf Kosten des Klägers zu-rückgewiesen.

Tatbestand:
Der Kläger ist Mitglied
der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 17. März 2005 beschlossen die [X.], die
beiden im Hof stehenden Pappeln
fällen zu lassen. Der Beschluss ist bestandskräftig. Die Verwalterin holte die Erlaubnis der [X.] ein und ließ die Bäume
im Dezember 2005
fällen. Nachdem das beauftragte Unter-nehmen mit der Entfernung der Bäume begonnen hatte, forderte der Kläger die Verwalterin erfolglos zur Unterbrechung der Arbeiten
auf, weil er die Bäume für gesund hielt. Mit der Klage begehrt er nach Durchführung eines
selbständigen Beweisverfahrens die Feststellung, dass die Beklagte ihm den Ersatz des ent-standenen Schadens schuldet. Die Klage ist
in den Tatsacheninstanzen erfolg-los
geblieben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
1
-
3 -

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht lässt offen, ob das erforderliche Feststellungsinte-resse besteht, weil die Klage jedenfalls unbegründet sei.
Die [X.] hafte nicht für eine schuldhafte Pflichtverletzung der Verwal-terin. Diese werde
nicht als ihre Erfüllungsgehilfin tätig, sondern nehme eigene Aufgaben wahr.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Die Revision ist zulässig.
Sie ist allerdings nur wegen der Bindung des [X.] an die Zulassung (§
543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) als statthaft zu behandeln; die Entscheidung des Berufungsgerichts lässt -
nicht zum [X.] (siehe z.B. Senatsurteil vom 21. Oktober 2011 -
V
ZR 265/10, [X.], 48
Rn. 4)
-
die an Allgemeinbelange gebundene Beschränkung des Zugangs zur Revision durch die in § 543 Abs. 2 Satz
1 ZPO bestimmten
Zulassungs-gründe außer Acht.
a) Der in dem angefochtenen Urteil genannte [X.] der Si-cherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) liegt offensichtlich nicht vor.
Für das Berufungsgericht kommt eine Zulassung der Revision aus diesem [X.] nur in den Fällen der Divergenz in Betracht, wenn also seine Entscheidung von derjenigen eines höher-
oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.], 288, 292
ff.). [X.] ist in dem angefochtenen Urteil nichts ausgeführt und auch nicht ansatzwei-se etwas erkennbar.
Soweit dieser [X.] auch andere Fallgruppen 2
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4 -

erfasst, nämlich verallgemeinerungsfähige Rechtsfehler, Verstöße gegen
das Willkürverbot
(Art. 3 Abs. 1 GG)
und Verletzungen von Verfahrensgrundrechten
(insbesondere Art. 103 Abs. 1 GG), vermag dies zwar auf eine Nichtzulas-sungsbeschwerde
(§ 544 ZPO)
die Zulassung einer Revision durch den Bun-desgerichtshof, aber nicht die Zulassung eines Rechtsmittels durch ein Beru-fungs-
oder Beschwerdegericht zu begründen. Solche Fehler, die das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen geeignet sind (vgl. Senat
aaO., 295), hat nämlich jedes Gericht tunlichst zu vermeiden und nicht nur (vorsorglich) deren Behebung (mit der Zulassung eines Rechtsmittels) durch den [X.] zu ermöglichen
(Senat, Beschluss vom 17. August 2011 -
V
ZB 128/11, NJW-RR 2011, 1459 Rn. 8 ff. zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
b) Ebenso wenig ist der [X.] der Fortbildung des Rechts er-sichtlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Er
setzt voraus, dass der Ein-zelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmun-gen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Ein solcher Anlass besteht für die Entwicklung höchstrichterlicher Leitsätze nur dann, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verall-gemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientie-rungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.], 288, 292). Dies ist nicht der Fall, wie bereits der Umstand belegt, dass das Berufungsgericht selbst der Meinung war, sich mit chenden Auffassung in Literatur und .
2. Die Revision ist in der Sache unbegründet.
Das Berufungsgericht lässt offen, ob der Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis deshalb fehlt, weil eine bezifferte Leistungsklage möglich ist. Hiergegen bestehen dann keine Be-denken, wenn der sowohl für die Feststellungs-
als auch für die Leistungsklage 6
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-
5 -

maßgebliche [X.] zu verneinen und demnach auch die Leistungs-klage unbegründet wäre (Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 -
V
ZR 285/85, NJW 1987, 2808, 2809; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Aufl., vor § 253 Rn.
12).
So ist es hier. Die Klage ist
sowohl als Feststellungs-
als auch als Leistungsklage
unbe-gründet.
a) Das
Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche des Klägers,
so-weit er sie
nicht auf ein eigenes Verschulden der Beklagten, sondern auf eine behauptete Pflichtverletzung des Verwalters im Zusammenhang mit der [X.] stützt, im Ergebnis ohne Rechtsfehler verneint. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verwalter im Verhältnis der [X.] zu dem einzelnen Wohnungseigentümer Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB ist. Ansprüche des Klägers
gemäß §
280 Abs.
1, §
278 [X.] nämlich schon deshalb aus, weil eine schadensursächliche Pflichtverlet-zung
des Verwalters auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts nicht
ersichtlich
ist. Die Entfernung
der Bäume beruhte auf einem bestandskräftigen Beschluss der Wohnungseigentümer, der
lediglich die vorherige Erlaubnis der [X.] zur Voraussetzung
machte. Anlass für die Maßnahme war ausweislich der
Beschlussvorlage
für einen der Bäume die schon seit längerer Zeit beste-hende Fällgenehmigung der [X.], hinsichtlich des zweiten Baumes
eine [X.] der
Entfernung
wegen einer nur noch für wenige Jahre bestehenden
Standfestigkeit. Über diese eher vagen Beweggründe
hinaus enthielt
der Be-schluss
keine
weiteren Einschränkungen etwa
dahingehend, dass seiner Um-setzung noch
eine weitere Überprüfung der Standfestigkeit
vorangehen solle. Die
Verwalterin
war gemäß §
27 Abs.
1 Nr.
1 [X.] verpflichtet,
den Beschluss zu vollziehen, indem sie
die Erlaubnis der [X.] einholte und die Entfernung der Bäume
in Auftrag gab. Durch die von dem Kläger begehrte Weisung an den beauftragten Unternehmer, die Arbeiten zu einem Zeitpunkt abzubrechen, als nur noch die Stämme standen, hätte sie sich schadensersatzpflichtig machen 8
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können.
Soweit der Kläger darüber hinaus
behauptet hat, die Verwalterin habe der [X.] den Beginn der Baumarbeiten nicht angezeigt, wäre ein solcher Ver-stoß gegen
die öffentlich-rechtliche
Anzeigepflicht nicht ursächlich für die Ent-fernung der Bäume,
nachdem die Erlaubnis als solche bereits erteilt
worden war.
Die Anzeigepflicht bezieht sich allein auf den Zeitpunkt der Arbeiten.
b) Ebenso wenig haftet die Beklagte für eine eigene Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Soweit die Revision meint, ein auf den Zustand der Bäume bezogenes Wissen des Verwalters sei der Beklagten gemäß §
166 Abs.
1 BGB zurechenbar, übersieht sie, dass der bestandskräftige Beschluss die Entfernung der Bäume nur an die Voraussetzung einer Erlaubnis der [X.]
knüpfte.
Der Einwand, die Beschlussfassung habe nicht ordnungsmäßiger Ver-waltung entsprochen, ist aufgrund der Bestandskraft ausgeschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Mai 2011 -
V
ZR 202/10, NJW 2011, 2660 Rn.
16).
Selbst wenn ein bestandskräftiger
Beschluss anfechtbar gewesen sein sollte, kann ein einzelner Wohnungseigentümer nicht gemäß § 21 Abs. 4 [X.] verlangen, dass seine Umsetzung unterbleibt. Allenfalls bei einer schwerwiegenden nachträgli-chen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse könnte
ein solcher Anspruch in Betracht
kommen
(Merle in Bärmann, [X.], 11. Aufl., § 21 Rn. 54). Dafür ist angesichts der beschlossenen Voraussetzungen für die Maßnahme nichts er-sichtlich.
9
-
7 -

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch

Brückner
Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.03.2010 -
202 C 328/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 10.03.2011 -
29 [X.]/10 -

10

Meta

V ZR 83/11

03.02.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2012, Az. V ZR 83/11 (REWIS RS 2012, 9516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9516

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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