Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.02.2016, Az. 29 W (pat) 25/13

29. Senat | REWIS RS 2016, 16745

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Gegenstand

(Markenbeschwerdeverfahren – "ned tax/NeD Tax (geschäftliche Bezeichnung)/NeD Tax Kanzlei Günter Heenen (geschäftliche Bezeichnung)" –zur Zulässigkeit von Widersprüchen aus den geltend gemachten geschäftlichen Bezeichnungen – zur Dienstleistungsähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft –unmittelbare Verwechslungsgefahr)


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 032 270

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 3. Februar 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]ie Wortmarke

2

ned tax

3

ist am 27. Mai 2010 angemeldet und am 9. November 2010 unter der Nummer 30 2010 032 270 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für die folgenden [X.]ienstleistungen:

4

Klasse 35:

5

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; [X.]ienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich betriebswirtschaftliche Beratung in steuerlichen Angelegenheiten, Aufbau und Führung des Rechnungswesens, Finanz- und Lohnbuchhaltung, Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen, betriebswirtschaftliche Beratung und betriebswirtschaftliche Steuerberatung; Unternehmensberatung, insbesondere Beratung zur Rechtsformwahl, Umwandlungsberatung, Beratung zum Kauf und Verkauf von Unternehmen, [X.]; betriebswirtschaftliche Existenzgründungsberatung, Erstellen von betriebswirtschaftlichen [X.], Controlling, Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten, Erstellen von Wirtschaftsprognosen; organisatorisches Projektmanagement; Organisationsberatung; Planung und Überwachung von [X.] in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht;

6

Klasse 36:

7

Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Erstellung von Steuergutachten; Finanzberatung, nämlich Erstellung von Finanzierungs- und Umschuldungskonzepten sowie Liquiditätsplanung, Investitions- und Rentabilitätsrechnungen; strategische Vermögensberatung;

8

Klasse 45:

9

juristische [X.]ienstleistungen; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen; von [X.] erbrachte persönliche und [X.] [X.]ienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse.

Gegen diese Eintragung, welche am 10. [X.]ezember 2010 veröffentlicht worden ist, hat der Beschwerdegegner am 19. Januar 2011 aus zwei Kennzeichen Widerspruch erhoben. Er stützt seine Widersprüche auf die geschäftlichen Bezeichnungen

„Ne[X.] Tax“

und

„N…“.

Beide Bezeichnungen seien, so der Vortrag des Widersprechenden, mit einem Zeitrang vom 1. Juli 2009 für den Tätigkeits- bzw. Geschäftsbereich „

Unstreitig ist zwischen den Parteien dagegen, dass – in Kenntnis der Nutzung des Kennzeichens „Ne[X.] Tax“ durch den Widersprechenden – [X.], der frühere Geschäftspartner des Widersprechenden, am 26. Mai 2010 die Inhaberin der angegriffenen Marke gegründet und die Wortmarke „ned tax“ einen Tag später beim [X.] angemeldet hat. Lt. Handelsregister ist seit 2011 dessen [X.], [X.], der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer der Widersprechenden. Seit der Gründung bzw. Markeneintragung – so der Widersprechende – nutzten weder die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdeführerin noch die [X.] die Firma oder Marke „ned tax“ im geschäftlichen Verkehr.

Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 des [X.] die angegriffene Marke für nachfolgende [X.]ienstleistungen gelöscht:

Klasse 35:

Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; [X.]ienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich betriebswirtschaftliche Beratung in steuerlichen Angelegenheiten, Aufbau und Führung des Rechnungswesens, Finanz- und Lohnbuchhaltung, Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen, betriebswirtschaftliche Beratung und betriebswirtschaftliche Steuerberatung; Unternehmensberatung, insbesondere Beratung zur Rechtsformwahl, Umwandlungsberatung, Beratung zum Kauf und Verkauf von Unternehmen, [X.]; betriebswirtschaftliche Existenzgründungsberatung, Erstellen von betriebswirtschaftlichen [X.], Controlling, Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten, Erstellen von Wirtschaftsprognosen; organisatorisches Projektmanagement; Organisationsberatung; Planung und Überwachung von [X.] in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht;

Klasse 36:

Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Erstellung von Steuergutachten; Finanzberatung, nämlich Erstellung von Finanzierungs- und Umschuldungskonzepten sowie Liquiditätsplanung, Investitions- und Rentabilitätsrechnungen; strategische Vermögensberatung;

Klasse 45:

juristische [X.]ienstleistungen.

Hinsichtlich der übrigen [X.]ienstleistungen

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die Unternehmenskennzeichen „Ne[X.] Tax“ und „N…“ seien originär unterscheidungskräftig, obwohl das Wort „Tax“ als [X.] Ausdruck für „Steuer“ eine beschreibende Angabe für Steuerberatungsdienstleistungen darstelle. In der Gesamtkombination mit den jeweils weiteren [X.] könne den Zeichen jedoch die originäre Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. [X.]as Zeichen „N…“ werde als Firma des Widersprechenden und das Zeichen „Ne[X.] Tax“ als Unternehmensschlagwort zur Kennzeichnung von dessen Geschäftsbetrieb im geschäftlichen Verkehr verwendet. [X.]er Widersprechende ist – unstreitig – Steuerberater und Inhaber einer Einzelsteuerberatungskanzlei in [X.], der N…. Ob die Gründung dieser Kanzlei im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der [X.] Firma [X.]. wettbewerbswidrig gewesen sei oder eine Verletzung von [X.] gegenüber der [X.] darstelle, müsse im Rahmen des Widerspruchsverfahrens außer [X.] bleiben. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Widersprechende die Unternehmenskennzeichen „Ne[X.] Tax“ und „N…“ zur Kennzeichnung seiner Steuerberatungskanzlei im geschäftlichen Verkehr prioritätsälter deutschlandweit verwendet habe.

Von einer [X.] sei für den überwiegenden Teil der [X.]ienstleistungen der angegriffenen Marke auszugehen. Zwischen den „

Gegen die (Teil-)Löschung richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.

Sie beantragt ohne weitergehende Begründung ihrer Beschwerde sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.]s vom 14. Januar 2013 aufzuheben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden war.

[X.]er Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Berufung auf seinen Vortrag im Amtsverfahren trägt er vor, dass sich die Anmeldung der angegriffenen Marke auch als [X.] darstelle und sich der Beschwerdegegner einen entsprechenden Löschungsantrag vorbehalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A. [X.]ie gemäß § 66 [X.] zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg. [X.]ie Markenstelle hat einen bundesweiten Unterlassungsanspruch des Widersprechenden aufgrund seines Unternehmenskennzeichens Ne[X.] Tax zu Recht teilweise bejaht.

I. Nachdem der Widersprechende keine Beschwerde gegen die Teilzurückweisung seiner Widersprüche durch die Markenstelle eingelegt hat, sind alle eingetragenen [X.]ienstleistungen mit Ausnahme der [X.]ienstleistungen „

II. [X.]ie Widersprüche aus den geltend gemachten geschäftlichen Bezeichnungen sind zulässig, weil insbesondere die nach § 30 Abs. 1 [X.] zur Spezifizierung der geltend gemachten Widerspruchskennzeichen erforderlichen Angaben innerhalb der Widerspruchsfrist gemacht wurden.

III. [X.]ie Voraussetzungen der (Teil)Löschung gemäß §§ 43 Abs. 2 S. 1, 42 Abs. 2 Nr. 4, 2. [X.]. [X.] in Verbindung mit §§ 5 Abs. 2 S. 1, 12, 15 Abs. 4 und 2 [X.] sind gegeben. Zwischen den [X.] besteht [X.].

1. Nach diesen Vorschriften kann der Widerspruch darauf gestützt werden, dass die angegriffene Marke wegen einer geschäftlichen Bezeichnung mit älterem Zeitrang zu löschen ist. Ein Löschungsanspruch besteht, wenn ein anderer vor dem für den Zeitrang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 [X.] erworben hat und diese ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen ([X.], Beschluss vom 30.04.2014, 26 W (pat) 2/14, [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 12 Rn. 4).

Ungeachtet des im patentgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes obliegt es in Fällen, in denen ein Widerspruch aus einem nicht registrierten, sondern durch Benutzung entstandenen Recht erhoben wurde, dem Widersprechenden, die Voraussetzungen für das Entstehen des älteren Rechts, seinen Zeitrang und seine Inhaberschaft an diesem Recht darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen (vgl. [X.] München, Beschluss vom 11.11.2014, 24 W (pat) 25/14; Beschluss vom 04.06.2014, 26 W (pat) 88/13; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 42 Rn. 59, 60).

a) Nach § 5 Abs. 2 S. 1 [X.] ist die Bezeichnung „Ne[X.] Tax“ als abgekürzte Form des Namens der Steuerberatungskanzlei des [X.] die schlagwortartige Kurzbezeichnung der Firma. [X.]ie Kanzlei des Widersprechenden tritt unter der Geschäftsbezeichnung „Ne[X.] Tax“ im Geschäftsverkehr auf, um steuerberatende Tätigkeiten anzubieten.

Voraussetzung dafür, dass ein Kennzeichenschutz entsteht, ist die hinreichende Unterscheidungskraft des Kennzeichens. Sie liegt regelmäßig vor, wenn die geschäftliche Bezeichnung geeignet ist, den Verkehr die Kennzeichnung als einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstehen zu lassen, es also namensmäßig von anderen Unternehmen zu unterscheiden ([X.], 506 Rn. 10 - [X.]; [X.], 1104 Rn. 17 - [X.]; [X.], 754, 758 Altenburger Spielkartenfabrik). [X.]ie erforderliche Unterscheidungskraft kann bei Angaben, welche für ein Unternehmen ausschließlich beschreibender Natur sind, abgesprochen werden ([X.] a. a. [X.] Rn. 10 – [X.]; [X.], 1161, 1162 [X.]/Com-Net). [X.]ie Anforderungen an die Unterscheidungskraft dürfen dabei nicht überspannt werden. Es reicht aus, dass eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist ([X.] [X.], 685 Rn. 18 - ahd.de; a. a. [X.] Rn. 17 - [X.]). Auch abgeleitete Kurzbezeichnungen, wie z. B. Firmenschlagwörter, können kennzeichenrechtlichen Schutz genießen ([X.] GRUR 2011, 831 Rn. 16 – [X.]; GRUR 2010, 1020 Rn. 13 – Verbraucherzentrale; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 5 Rn. 13). [X.]er Schutz als Namensschlagwort setzt ebenfalls voraus, dass es sich um einen unterscheidungskräftigen Bestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Namensbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen ([X.] a. a. [X.] 16 - [X.]; GRUR 2002, 898 – defacto; a. a. [X.] - [X.]/[X.]). [X.]as Namensschlagwort der Steuerberatungskanzlei „N……“ weist die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung „Ne[X.] Tax“ in Bezug auf die vom Widerspruchsführer angebotenen [X.]ienstleistungen liegt mangels hinreichend konkreten Begriffsverständnisses nicht vor. Allein das Verständnis von „Steuer“, abgeleitet aus dem [X.] Wort „tax“, führt nicht dazu, den Inhalt der vom Widersprechenden angebotenen und ausgeführten [X.]ienstleistungen im Bereich Steuerberatung inhaltlich zu beschreiben. Zwar mag zudem bei der vorangestellten Buchstabenkombination im Hinblick darauf, dass es sich bei der Bezeichnung „NE[X.]“ in Großbuchstaben um das olympische Länderkürzel für die [X.] und bei dem Großbuchstaben „[X.]“ um das Kfz-Länderkennzeichen für „[X.]“ handelt, ein Hinweis auf das territoriale Tätigkeitsgebiet durchscheinen, die Buchstabenfolge in der konkreten Schreibweise „Ne[X.]“ ist aber keine gängige oder ohne weiteres erkennbare Abkürzungskombination für die beiden Länder [X.] und [X.]. [X.]as Firmenschlagwort „Ne[X.] Tax“ stellt daher eine willkürliche Kombination zweier Wörter dar und wird in seiner Gesamtheit  als Phantasiebezeichnung verstanden werden.

[X.]er Bezeichnung kommt auch eine [X.] zu. [X.] Bezeichnungen, insbesondere Wortbezeichnungen kann die [X.] grundsätzlich nicht abgesprochen werden ([X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 5 Rn. 49).

b) [X.]er Widersprechende hatte das Unternehmenskennzeichen im Kollisionszeitpunkt auch in Gebrauch genommen, § 5 Abs. 2 [X.].

Bei originär schutzfähigen Bezeichnungen entsteht der Schutz durch die Aufnahme der Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs ([X.] GRUR 2013, 68 Rn. 28 - Castell/VIN [X.]). [X.]araus folgt, dass grundsätzlich nur die Bezeichnung eines Unternehmens schutzfähig ist, unter der es sich am geschäftlichen Verkehr beteiligt ([X.] GRUR 2013, 1150 Rn. [X.]; Schalk, in: [X.][X.]ittmer/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 3. Aufl., § 5 Rn. 17). [X.]ass diese Voraussetzung vorliegt, hat die Markenstelle im Einzelnen dargelegt. Einwände dagegen hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die zutreffenden Ausführungen verwiesen. [X.]er Widersprechende ist als Steuerberater mit seinem Einzelunternehmen im Geschäftsverkehr – und zwar vor der Anmeldung der angegriffenen Marke am 27. Mai 2010 – nach außen aufgetreten. Neben der Vorlage zweier eidesstattlichen Versicherungen von Mitarbeitern, mehrerer Werbeanzeigen, eines Zeitungsartikels in den [X.] Nachrichten vom 01.08.2009 und Rechnungen, die das Unternehmensschlagwort enthalten, wurde überregional ein Infoblatt über die Kanzleigründung verschickt. Auch im [X.] bietet der Widersprechende seine [X.]ienstleistung als Steuerberater an (vgl. www.nedtax.eu). Ein inhaltlicher Bezug zur [X.]. in den [X.]n ist – wie die Markenstelle – überzeugend ausführt – nicht zu erkennen.

Mangels entgegenstehenden Sachvortrags – insbesondere der Inhaberin der angegriffenen Marke – ist davon auszugehen, dass der Widersprechende das Widerspruchskennzeichen – wie er vor dem [X.] auch vorgetragen hat ([X.]) – nach wie vor im Sinne von § 5 Abs. 2 S. 1 [X.] benutzt. Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Geschäftstätigkeit sind nicht ersichtlich. [X.]ie Inhaberin der angegriffenen Marke trägt im Übrigen lediglich zu der in Frage gestellten rechtmäßigen (befugten) Benutzung des Kennzeichens durch den Widersprechenden vor.

c) Von einem befugten Gebrauch des [X.] ist ebenfalls auszugehen. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal setzt der Schutz nach § 5 [X.] voraus, dass ein „befugter Gebrauch“ vorliegt ([X.] GRUR 2002, 706, 707 – vossius.de; Büscher, in: [X.][X.]ittmer/[X.], a. a. [X.] § 15 [X.] Rn. 32; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 5 Rn. 34). Ist der Gebrauch nur einer bestimmten Person gegenüber unbefugt, weil diese z. B. ältere Rechte hat, so kann nur dieser gegenüber kein Kennzeichenschutz beansprucht werden ([X.]/[X.], a. a. [X.], a. E.). Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Gesellschaft in den [X.]n ältere Rechte an der Firmenbezeichnung zustehen. [X.]ennoch hat der Widersprechende auf den Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke, er habe unbefugt die Namenskurzbezeichnung benutzt, ausführlich zu seiner abgeleiteten Befugnis zur Nutzung des Zeichens „Ne[X.] Tex“ vorgetragen. Als Mitschöpfer des Zeichens habe er mit dem weiteren Mitschöpfer eine Nutzungsvereinbarung geschlossen. Nach dieser Vereinbarung dürfe der Widersprechende die Bezeichnung „[X.]“ in der Bundesrepublik [X.] zur Kennzeichnung seines Geschäftsbetriebes nutzen. [X.]iesen Sachvortrag hat er durch eine schriftliche Nutzungsvereinbarung untermauert (vgl. Erklärung des Herrn H… Anlage W 12 ([X.]. 212 VA)), was die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestritten hat.

d) [X.]er Widersprechende hat das Unternehmenskennzeichen bundesweit im Sinne von § 12 [X.] benutzt.

[X.]er Anspruch auf Löschung der eingetragenen Marke gem. § 12 [X.] setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung (§ 33 Abs. 1 [X.] = 27. Mai 2010) der [X.] ein anderer Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 [X.] erworben hat, die ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen (Schalk, in: [X.][X.]ittmer/[X.], a. a. [X.], § 5 [X.] Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 5 Rn. 68). Bei einer unterscheidungskräftigen Bezeichnung gem. § 5 Abs. 2 [X.] ist der räumliche Schutzbereich regelmäßig das gesamte [X.]. [X.]er Widersprechende hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass er seit 2009 bundesweit Mandanten und diese u. a. auf Briefpapier mit dem Namensschlagwort angeschrieben habe.

2. Gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4, 2. [X.]. [X.] i. V. m. § 12, 5 Abs. 2 S. 1, 15 Abs. 4 und 2 [X.] besteht ein Löschungsanspruch des Widersprechenden gegenüber der Inhaberin der angegriffenen Marke, wenn die Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung ihn berechtigen, die Benutzung der Marke zu untersagen, mithin, wenn zwischen den Zeichen eine [X.] besteht. [X.]ies ist, soweit die Markenstelle die angegriffene Marke gelöscht hat, der Fall.

a) Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist von einer fiktiven Benutzung der eingetragenen angegriffenen Marke auszugehen ([X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 12 Rn. 4; [X.]/[X.], a. a. [X.], § 12 Rn. 4; [X.], Rechtsgrund und Reichweite des Löschungsanspruchs aus §§ 9, 12 [X.] in [X.], [X.], 628).

b) [X.]ie Beurteilung, ob [X.] vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. [X.]abei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem [X.] der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des [X.] und der Nähe der Unternehmensbereiche ([X.] GRUR 2010, 738 Rn. 22 – [X.]; [X.], 1104 Rn. 21 – [X.]; [X.], Beschluss vom 15.05.2014, 30 W (pat) 26/12). [X.]ie genannten Kriterien stehen zueinander in einem Wechselwirkungsverhältnis derart, dass ein Weniger im einen Bereich durch ein Mehr in einem anderen Bereich kompensiert werden kann und umgekehrt ([X.] GRUR 2012, 635 Rn. 12 – [X.]/[X.]; [X.], Beschluss vom 15.05.2014, 30 W (pat) 26/12; [X.] WRP 2015, 630). Vorliegend ist von einer [X.] auszugehen.

aa) [X.]ie angegriffene Marke „ned tax“ und das Widerspruchskennzeichen „Ne[X.] Tax“ sind klanglich identisch.

bb) Vorliegend ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft des [X.] auszugehen, weil keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen.

cc) Bei dieser stark kollisionsfördernden Ausgangslage sind die Anforderungen an eine die [X.] (mit-)begründende Branchennähe, d. h. an den Abstand der Geschäftsbereiche der beteiligten Unternehmen, nur gering.

Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder [X.]ienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und [X.]ienstleistungen sein. In die Tätigkeitsbereiche der Beteiligten sind aber auch naheliegende Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche einzubeziehen ([X.] GRUR 2011, 831 Rn. 23 – [X.]; [X.], 484 Rn. 73 – [X.]BUS; [X.] GRUR 2002, 898, 899 f. – defacto; [X.], Beschluss vom 15.05.2014, 30 W (pat) 26/12).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten [X.]ienstleistungen und den vom Unternehmen des Widersprechenden angebotenen [X.]ienstleistungen der Steuerberatung eine hohe (überdurchschnittliche) bis mittlere (durchschnittliche) Branchennähe gegeben, die eine unmittelbare [X.] begründet.

[X.]as Unternehmen des Widersprechenden bietet „Steuerberatung“ an ([X.]). Steuerberatung ist die gewerbsmäßige Hilfe in Steuersachen. Steuersachen umfassen die Steuererklärungsberatung, die [X.] und die Rechtsbehelfsberatung (vgl. [X.], [X.], 21. Aufl., Band 26, Stichwort: Steuerberatung).

Zwischen den vorgenannten [X.]ienstleistungen eines Steuerberaters und den von der angegriffenen Marke beanspruchten [X.]ienstleistungen der Klasse 35 „

Eine zumindest mittlere Branchennähe besteht auch zwischen dem Tätigkeitsbereich „Steuerberatung“ zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten [X.]ienstleistungen

Eine zumindest mittlere Ähnlichkeit besteht zwischen der in Klasse 36 für die angegriffene Marke geschützten [X.]ienstleistung "

Schließlich ergibt sich für die von der angegriffenen Marke beanspruchte [X.]ienstleistung der Klasse 45 „

[X.]er Widersprechende war damit zum Kollisionszeitpunkt und ist auch aktuell aus seinem Unternehmenskennzeichen Ne[X.] Tax wegen [X.] berechtigt, die Benutzung der angegriffenen Marke für die verfahrensgegenständlichen [X.]ienstleistungen im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen, weshalb die Markenstelle im angegriffenen Umfang gem. § 43 Abs. 2 S. 1 [X.] zutreffend gelöscht hat.

3. Ohne rechtliche Relevanz für das vorliegende Verfahren ist der Vortrag des Widersprechenden, die Markenanmeldung sei [X.] im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] erfolgt. [X.]ie Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke ist nicht Prüfungsgegenstand im Widerspruchsverfahren. [X.]enn die [X.] sind in § 42 Abs. 2 [X.] abschließend geregelt (vgl. [X.] Beschluss vom 25.06.2014, 28 W (pat) 572/12 = [X.] 2015, 144; [X.]/[X.], a. a. [X.], § 42 Rn. 35; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 42 Rn. 63). [X.]ie Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke kann daher nur auf entsprechenden  Antrag – wie ihn der Widersprechende auch hilfsweise angekündigt hat – in einem Löschungsverfahren gemäß §§ 50, 54 [X.] geltend gemacht werden.

B. Auf die Frage, ob dem Widersprechenden ein prioritätsälteres Recht an der geschäftlichen Bezeichnung „N…“ zusteht, kommt es nach dem [X.] nicht mehr an.

C. Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestand kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 25/13

03.02.2016

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.02.2016, Az. 29 W (pat) 25/13 (REWIS RS 2016, 16745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16745

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