Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.04.2017, Az. I ZR 55/16

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11830

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) VERBRAUCHERSCHUTZ INTERNET

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Vorenthalten einer wesentliche Information bei einem über das Internet erfolgenden Angebot eines Preisvergleichs für Bestattungsdienstleistungen - Preisportal


Leitsatz

Preisportal

Bei dem über das Internet erfolgenden Angebot eines Preisvergleichs für Bestattungsdienstleistungen ist die Information darüber, dass der Preisvergleich nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber dem Anbieter des Vergleichsportals für den Fall eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 16. Februar 2016 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 2. September 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist der B.      D.    Be.   , der nach seiner Satzung die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolgt. Die [X.] zu 1, deren Geschäftsführer der [X.] zu 2 ist, betreibt im [X.] unter „[X.].    “ ein Preisvergleichsportal für Bestattungsleistungen.

2

Auf dem Vergleichsportal der [X.]n zu 1 wird ein Interessent zunächst aufgefordert, die gewünschten Leistungen einzugeben. Danach werden verbindliche Angebote verschiedener Bestatter angezeigt, aus denen der Interessent drei Angebote auswählen kann. Die [X.] zu 1 berücksichtigt bei ihrem Preisvergleich nur Anbieter, die mit ihr für den Fall eines Vertragsabschlusses eine Provision von 15% oder 17,5% des Angebotspreises vereinbaren. Ein Hinweis auf die Provisionsvereinbarung ist auf der [X.]seite der [X.]n nur im Geschäftskundenbereich enthalten.

3

Der Kläger hält die Information über die Provisionspflicht der im Preisvergleich berücksichtigten Anbieter für eine wesentliche Information im Sinne des § 5a UWG.

4

Er hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

die [X.]n unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Rahmen ihrer geschäftlichen Handlungen einen Preisvergleich von Bestattungsleistungen im [X.] und dort insbesondere unter der [X.]seite [X.].     durchzuführen und/oder anzubieten, ohne den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die [X.] zu 1 im Falle eines Vertragsschlusses zwischen dem Nutzer und dem über den Preisvergleich vermittelten Bestattungsunternehmen eine Provisionszahlung des Bestattungsunternehmens erhält, wenn dies wie in Anlage [X.] abgebildet geschieht, soweit die [X.] zu 1 mit den von ihr vermittelten Anbietern Provisionsabreden trifft.

5

Das [X.] hat die [X.]n antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat das Verbot auf die Berufung der [X.]n aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.]n beantragen, seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Bestehen von Provisionsvereinbarungen sei keine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Dieser Umstand habe für die geschäftliche Entscheidung des [X.], sich mit dem Portal zu befassen und mit einem Anbieter zu kontrahieren, kein erhebliches Gewicht.

7

II. Die hiergegen gerichtete Revision des [X.] hat Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 3 und § 8 UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG nicht vorliegen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

8

1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

9

a) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG regelt nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis. Die Klagebefugnis des [X.] muss als Sachurteilsvoraussetzung nicht nur im [X.]punkt der beanstandeten [X.] bestanden haben, sondern auch im Revisionsverfahren noch fortbestehen. Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, ist der [X.] auch als Revisionsgericht nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 873 Rn. 14 = [X.], 1118 - Brillenwerbung; Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, [X.], 1240 Rn. 13 = [X.], 1464 - [X.]). Das Revisionsgericht hat vielmehr selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Klagebefugnis erfüllt sind; es kann sich hierbei des [X.] bedienen. Die Tatsachen, aus denen sich die Klagebefugnis ergibt, müssen spätestens im [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben und im Revisionsverfahren fortbestehen ([X.], [X.], 873 Rn. 17 - Brillenwerbung; [X.], Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 218/03, [X.], 610 Rn. 14 = [X.], 778 - Sammelmitgliedschaft V; Urteil vom 1. März 2007 - [X.], [X.], 809 Rn. 12 = [X.], 1088 - Krankenhauswerbung; [X.], [X.], 1240 Rn. 13 - [X.]).

Bei der Prüfung, ob einem Verband eine erhebliche Zahl von [X.]unternehmen angehört, können auch solche Unternehmer zu berücksichtigen sein, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbands ist ([X.], Urteil vom 27. Januar 2005 - [X.], [X.], 689, 690 = [X.], 1007 - Sammelmitgliedschaft III; [X.], [X.], 873 Rn. 15 - Brillenwerbung).

b) Danach ist der Kläger klagebefugt.

Nach § 4 Abs. 1 Buchst. d seiner Satzung fördert der Kläger die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder insbesondere durch Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines lauteren [X.] und Unterbindung unlauteren [X.] einschließlich der Führung von Prozessen vor den ordentlichen Gerichten. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung können Landesfachverbände des [X.] der Bundesländer sowie [X.] und [X.] Mitglied des [X.] werden. Der Kläger hat einen Auszug seines [X.]auftritts vorgelegt, dem zu entnehmen ist, dass er über die Bestatterverbände und Innungen der Bundesländer etwa 3.000 Bestattungsunternehmen vertritt. Aus dem [X.]auftritt des [X.] ergibt sich ferner, dass er über eine Geschäftsleitung, eine Justitiarin und eine Reihe von Verwaltungsangestellten verfügt. Danach besteht auch kein Zweifel daran, dass der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung tatsächlich in der Lage ist, seinem Satzungszweck der Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder nachzukommen.

2. Dem Kläger steht der gegen die Beklagte zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG zu.

a) Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das Verhalten der [X.] sowohl nach dem zur [X.] der beanstandeten Werbung geltenden Recht als auch nach dem zur [X.] der Revisionsentscheidung maßgeblichen Recht wettbewerbswidrig sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 28. Januar 2016 - [X.], [X.], 418 Rn. 13 = [X.], 463 - [X.]; Beschluss vom 28. Januar 2016 - I ZR 231/14, [X.], 399 Rn. 10 = [X.], 459 - [X.]; Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14, [X.], 403 Rn. 9 = [X.], 450 - [X.], jeweils mwN). Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG ist durch das [X.] zur Änderung des [X.] mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 neu gefasst worden. Die Neufassung der Vorschrift, deren Satz 1 mit der Regelung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken nunmehr nahezu wörtlich übereinstimmt, hat zu keiner für den Streitfall erheblichen Änderung der Rechtslage geführt (vgl. [X.], [X.], 403 Rn. 28 - [X.]; [X.], Urteil vom 21. Juli 2016 - [X.], [X.], 1076 Rn. 18 = [X.], 1221 - LGA tested).

b) Nach § 5a Abs. 2 UWG aF handelte unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Absatz 2 UWG aF dadurch beeinflusste, dass er eine Information vorenthielt, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich war. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG handelt nunmehr unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Als Vorenthalten gilt nach § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen (Nr. 1), die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (Nr. 2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen (Nr. 3).

c) Die Revision beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die unterlassene Information über die Provisionspflicht der im Preisvergleich der Beklagen berücksichtigten Anbieter nicht als wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG angesehen hat.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Bestehen von Provisionsvereinbarungen sei keine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, weil es für die geschäftliche Entscheidung des [X.], sich mit dem Portal zu befassen und gegebenenfalls mit einem Anbieter zu kontrahieren, kein erhebliches Gewicht habe. Selbst wenn der Preisvergleich selektiv sei, handele es sich hierbei allenfalls um eine negative Eigenschaft der Dienstleistung, über die der Unternehmer nicht ungefragt aufklären müsse. Dem Durchschnittsverbraucher sei zuzumuten, auch an anderen Stellen Recherchen nach günstigeren Anbietern vorzunehmen. Das Eigeninteresse der [X.] zu 1 an der Vermittlung eines Vertrags sei für den Verbraucher von allenfalls untergeordneter Bedeutung. Es sei weder erkennbar, dass der Verbraucher den Portalbetreiber für neutral hielte, noch sei dies überhaupt von erheblichem Interesse. Die Information sei auch nicht wesentlich, wenn man davon ausgehe, dass der Anbieter die an die Beklagte zu 1 zu zahlende Provision auf den [X.]. Die Kalkulationsgrundlage eines Unternehmens sei intern, habe den Verbraucher nicht zu interessieren und interessiere ihn auch nicht. Eine Umlage des Preises sei auch keinesfalls zwingend. Gleichermaßen denkbar sei, dass Anbieter Anteile ihrer Gewinnmarge an die Beklagte zu 1 abzugeben bereit seien. Das Preisvergleichsportal erwecke nicht den Eindruck, allumfassend, repräsentativ oder neutral zu sein. Schließlich ändere die Beurteilung ebenfalls nicht, dass die Inanspruchnahme von [X.] eine äußerst seltene Dienstleistung sei, die häufig aus einer emotional belastenden Lage heraus entschieden werde. Der Verbraucher sei in der Lage, auch ohne Offenbarung der Provisionsvereinbarung auf die Idee zu kommen, dass es von Nutzen sein könne, weitere Angebote am Markt ausfindig zu machen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

bb) Eine Information ist nicht allein schon deshalb wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des [X.] von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des [X.] zudem ein erhebliches Gewicht zukommt (vgl. [X.], Urteil vom 16. Mai 2012 - [X.], [X.], 1275 Rn. 36 = [X.], 57 - Zweigstellenbriefbogen; [X.], [X.], 1076 Rn. 31 - LGA tested). Die Beurteilung, ob eine Information im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände als wesentlich anzusehen ist, ist Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2011 - [X.]/10, Slg. 2011, [X.] = [X.], 930 Rn. 52 und 58 - [X.]; [X.], Urteil vom 19. Februar 2014 - [X.], [X.], 584 Rn. 11 und 22 = [X.], 686 - Typenbezeichnung). Die Frage, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des [X.] von besonderem Gewicht ist, ist nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen (vgl. [X.], [X.], 584 Rn. 14 - Typenbezeichnung; [X.], 1076 Rn. 37 - LGA tested). Die Einschätzung des [X.] ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen falschen rechtlichen Maßstab angewendet, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [X.], [X.], 1076 Rn. 37 - LGA tested).

cc) Das Berufungsgericht hat die Funktion und Bedeutung eines Preisvergleichsportals unzutreffend beurteilt und deshalb entscheidungserhebliche Umstände unrichtig gewürdigt. Bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs ist - wie bereits das [X.] zu Recht angenommen hat - die Information darüber, dass der Preisvergleich der [X.] zu 1 nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber der [X.] zu 1 für den Fall eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, eine für den Verbraucher wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.

(1) Der Verbraucher nutzt Preisvergleichsportale und Preissuchmaschinen im [X.], um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das fragliche Produkt letztlich fordert (vgl. [X.], Urteil vom 18. März 2010 - [X.], [X.], 1110 Rn. 26 = [X.], 1498 - Versandkosten bei [X.]). Aus der Sicht des [X.] bezieht ein Preisvergleichsportal im [X.] seine Aussagekraft gerade aus dem Umstand, dass eine möglichst große Zahl von Anbietern, die ihre Waren oder Dienstleistungen über das [X.] vermarkten, in den Preisvergleich einbezogen wird. Der Erfahrungshorizont des [X.] wird dabei durch den Umstand bestimmt, dass das Geschäftsmodell der Anbieter von für den Verbraucher kostenlosen Informationsportalen im [X.] häufig auf Einnahmen - etwa in Form der Vergütung für Werbung - gründet, die von einem Vertragsschluss im Einzelfall unabhängig sind (vgl. [X.], [X.], 567, 569). Mit einer Beschränkung der Vergleichsgrundlage durch den Ausschluss von Anbietern, die mit dem Betreiber des Portals keine Provisionsabrede getroffen haben, rechnet der Verbraucher in der Regel unabhängig davon nicht, ob sich die Suchmaschine ausdrücklich als "neutral" oder "unabhängig" bezeichnet. Der Verbraucher geht regelmäßig auch nicht davon aus, dass der Betreiber eines Preisvergleichsportals ein konkretes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss im Einzelfall besitzt.

(2) Danach ist im Streitfall die Information darüber, dass der Preisvergleich der [X.] zu 1 nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber der [X.] zu 1 für den Fall eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.

Diese Information ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie seiner andernfalls bestehenden Erwartung nicht entspricht, der Preisvergleich umfasse weitgehend das im [X.] verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber der [X.] zu 1 vertraglich gebundene Auswahl von Anbietern. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Beklagte zu 1 ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss besitzt, weil der Verbraucher ein solches Eigeninteresse im Falle eines Preisvergleichsportals regelmäßig nicht vermutet. Die Information über die Provisionspflicht der Anbieter ist auch deshalb von erheblichem Interesse für den Verbraucher, weil die Möglichkeit besteht, dass sie sich auf die Höhe der im Preisvergleichsportal aufgeführten Angebotspreise auswirkt.

Das Interesse der [X.] zu 1 daran, die Information nicht zu erteilen, steht im Streitfall der Einordnung als wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG nicht entgegen. Die Einstellung der Information in das [X.]angebot der [X.] zu 1 ist mit einem überschaubaren zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand verbunden. Geheimhaltungsinteressen sind durch den Hinweis darauf, dass dem Grunde nach eine Provisionsabrede besteht, ebenfalls nicht berührt. Auf die Höhe der im Falle des Vertragsschlusses geschuldeten Provision kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil der Kläger das Fehlen jeglichen Hinweises auf die Provisionszahlung bemängelt und nicht die Angabe der [X.] begehrt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass der Vergleich lediglich zur Zahlung einer Provision bereite Anbieter berücksichtigt, auch nicht lediglich ein Nachteil des Dienstleistungsangebots der [X.] zu 1, auf den sie nicht hinweisen muss. Die Auswahl der in den Vergleich einbezogenen Anbieter ist für die Aussagekraft des Preisvergleichs von so erheblicher Bedeutung, dass die Beklagte zu 1 dazu nicht schweigen darf.

(3) Der Verbraucher benötigt die Information, dass in den Vergleich ausschließlich solche Anbieter einbezogen werden, die sich für den Fall des Vertragsschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG). "Geschäftliche Entscheidung" bedeutet nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines [X.] oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden.

Nur wenn der Verbraucher im Streitfall darüber informiert wird, dass in den Preisvergleich der [X.] zu 1 ausschließlich zur Zahlung einer Provision bereite und verpflichtete Anbieter einbezogen werden, kann er die Aussagekraft des Preisvergleichs angemessen beurteilen und sich gegebenenfalls entscheiden, noch weitere Preisinformationen einzuholen.

(4) Das Vorenthalten dieser Informationen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG). Wird der Verbraucher über die Auswahl der in den Vergleich einbezogenen Anbieter nicht informiert, kann dies zu einer Inanspruchnahme der Dienstleistung der [X.] zu 1 aufgrund falscher Vorstellungen über die Aussagekraft des Preisvergleichs führen.

3. Die Klage ist auch hinsichtlich des [X.] zu 2 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG begründet. Der Beklagte zu 2 ist als Geschäftsführer der [X.] zu 1 für deren unlautere geschäftliche Handlung verantwortlich.

a) Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere [X.]en der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht nur, wenn er daran entweder durch [X.] beteiligt war oder wenn er die [X.]verstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen ([X.], Urteil vom 18. Juni 2014 - [X.], [X.]Z 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung). Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers kommt danach in Betracht, wenn der [X.]verstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist ([X.]Z 201, 344 Rn. 19 - Geschäftsführerhaftung). Zu den Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird, zählen etwa das allgemeine Konzept der Kundenwerbung eines Unternehmens (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, [X.], 184 Rn. 1, 32 = [X.], 194 - Branchenbuch Berg), der Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kommt (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, [X.], 1043 Rn. 5, 70 = [X.], 1454 - TÜV II) und der allgemeine [X.]auftritt des Unternehmers (vgl. [X.], Urteil vom 19. April 2012 - [X.], [X.], 1145 Rn. 2, 36 = [X.], 1392 - Pelikan).

b) Danach ist der Beklagte zu 2 im Streitfall für den [X.]verstoß der [X.] zu 1 persönlich verantwortlich. Die Gestaltung des Preisvergleichsportals der [X.] zu 1 und die Festlegung der Regeln, nach denen Anbieter in den Preisvergleich der [X.] zu 1 aufgenommen werden, ist eine typischerweise der Geschäftsführung obliegende Entscheidung.

III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der [X.] selbst zu entscheiden und ist die Berufung der [X.] gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher     

      

Schaffert     

      

Koch   

      

Löffler     

      

Feddersen     

      

Meta

I ZR 55/16

27.04.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 16. Februar 2016, Az: 5 U 129/14

§ 3 UWG, § 5a Abs 2 UWG, § 8 Abs 1 UWG, § 8 Abs 3 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.04.2017, Az. I ZR 55/16 (REWIS RS 2017, 11830)

Papier­fundstellen: MDR 2017, 1436-1437 REWIS RS 2017, 11830


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 55/16

Bundesgerichtshof, I ZR 55/16, 27.04.2017.


Az. 5 U 129/14

Oberlandesgericht Köln, 5 U 129/14, 13.04.2015.

Oberlandesgericht Köln, 5 U 129/14, 02.03.2015.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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