Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2017, Az. I ZR 55/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11800

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:270417UIZR55.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
I [X.]/16
Verkündet am:
27. April 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Preisportal
UWG §§ 3, 5a Abs. 2, § 8 Abs. 1
und 3
Bei dem über das [X.] erfolgenden Angebot eines Preisvergleichs für Be-stattungsdienstleistungen ist die Information darüber, dass der Preisvergleich nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber dem Anbieter des Vergleichs-portals für den Fall
eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Provision ver-pflichtet haben, eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs.
2 UWG.
[X.], Urteil vom 27. April 2017 -
I [X.]/16 -
Kammergericht

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27.
April
2017
durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Prof.
Dr.
[X.], Dr.
Löffler
und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 16. Februar 2016 aufgehoben.
Die Berufung der [X.]n gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 2. September 2014 wird zurückgewiesen.
Die [X.]n haben die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger ist der B.

D.

Be.

, der nach seiner
Satzung die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder
verfolgt. Die [X.] zu 1, deren Geschäftsführer der [X.] zu 2 ist, betreibt im In-ternet unter www.

ein Preisvergleichsportal für Bestattungsleistungen.
Auf dem Vergleichsportal der [X.]n zu 1 wird ein Interessent [X.] aufgefordert, die gewünschten Leistungen einzugeben. Danach werden verbindliche Angebote verschiedener Bestatter angezeigt, aus denen der Inte-ressent drei Angebote auswählen kann.
Die [X.] zu 1 berücksichtigt bei 1
2
-
3
-
ihrem Preisvergleich nur Anbieter, die mit ihr für den Fall eines [X.] eine Provision von 15% oder 17,5% des Angebotspreises vereinba-ren. Ein
Hinweis auf die Provisionsvereinbarung ist auf der [X.]seite der [X.]n nur im Geschäftskundenbereich enthalten.
Der Kläger hält die Information über die Provisionspflicht der im [X.] berücksichtigten Anbieter für eine wesentliche Information im Sinne des § 5a UWG.
Er hat -
soweit für die Revision von Bedeutung -
beantragt,
die [X.]n unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurtei-len, es zu unterlassen, im Rahmen ihrer geschäftlichen Handlungen einen Preisvergleich von Bestattungsleistungen im [X.] und dort insbesondere un-ter der [X.]seite www.

durchzuführen und/oder anzubieten, ohne
den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die [X.] zu 1 im Falle eines Vertrags-schlusses zwischen dem Nutzer und dem über den Preisvergleich vermittelten Bestattungsunternehmen eine Provisionszahlung des [X.] erhält, wenn dies wie in Anlage [X.] abgebildet geschieht, soweit die [X.] zu 1 mit den von ihr vermittelten Anbietern [X.] trifft.
Das [X.] hat die [X.]n
antragsgemäß verurteilt. Das [X.] hat das Verbot auf die Berufung der [X.]n aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit seiner
vom [X.] zugelassenen Re-vision, deren Zurückweisung die [X.]n
beantragen, seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dem
Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
Zur Begründung hat es ausgeführt, das Bestehen von Provisionsvereinbarungen sei keine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Dieser Umstand habe für die geschäftliche 3
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-
4
-
Entscheidung des [X.], sich mit dem Portal zu befassen und mit ei-nem Anbieter zu kontrahieren, kein erhebliches Gewicht.
I[X.] Die hiergegen gerichtete Revision des
[X.]
hat Erfolg. Die Beurtei-lung des
[X.], dass die Voraussetzungen eines Unterlassungsan-spruchs gemäß §
3 und § 8
UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG
nicht vorliegen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist nach §
8 Abs. 3 Nr.
2 UWG kla-gebefugt.
a) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher [X.]n tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.
§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG regelt nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchs-berechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis. Die Klagebefugnis des [X.] muss als Sachurteilsvoraussetzung nicht nur im [X.]punkt der beanstandeten [X.] bestanden haben, sondern auch im Revisionsverfahren noch fortbestehen. Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, ist der [X.] auch als Revisionsgericht nicht an die tatsächlichen Fest-stellungen des [X.] gebunden (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 2006 -
I [X.], [X.], 873 Rn. 14 = [X.], 1118 -
Brillenwerbung; Urteil vom 7. Mai 2015 -
I [X.], [X.], 1240 Rn. 13 = [X.], 1464 -
Der Zauber des Nordens). Das Revisionsgericht hat vielmehr selbstän-7
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-
5
-
dig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Klagebefugnis erfüllt sind; es kann sich hierbei des [X.] bedienen. Die Tatsachen, aus denen sich die Klagebefugnis ergibt, müssen spätestens im [X.]punkt der letzten mündli-chen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben und im Revisi-onsverfahren fortbestehen ([X.], [X.], 873 Rn. 17 -
Brillenwerbung; [X.], Urteil vom 16. November 2006 -
I [X.], [X.], 610 Rn. 14 = [X.], 778 -
Sammelmitgliedschaft
V; Urteil vom 1.
März 2007

I
ZR
51/04, [X.], 809 Rn. 12 = [X.], 1088 -
Krankenhauswer-bung; [X.], [X.], 1240 Rn. 13 -
Der Zauber des Nordens).

Bei der Prüfung, ob einem Verband eine erhebliche Zahl von Wettbe-werbsunternehmen angehört, können auch solche Unternehmer zu [X.] sein, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des kla-genden Verbands ist ([X.], Urteil vom 27. Januar 2005 -
I [X.], [X.], 689, 690 = [X.], 1007 -
Sammelmitgliedschaft III; [X.], [X.], 873 Rn. 15 -
Brillenwerbung).
b) Danach ist der Kläger klagebefugt.
Nach § 4 Abs. 1 Buchst. d seiner Satzung fördert der Kläger die wirt-schaftlichen
Interessen seiner Mitglieder insbesondere durch Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines lauteren [X.] und Unterbindung unlauteren [X.]
einschließlich der Führung von Prozessen vor den ordentlichen Gerichten.
Nach § 5 Abs. 1 der Satzung können Landesfachverbände des [X.] sowie [X.] und [X.] Mitglied des [X.] werden. Der Kläger hat einen Auszug sei-nes [X.]auftritts vorgelegt, dem zu entnehmen ist, dass er über die Bestat-terverbände und Innungen der Bundesländer etwa 3.000 Bestattungsunterneh-men vertritt. Aus dem [X.]auftritt des [X.] ergibt sich ferner, dass
er
über
eine Geschäftsleitung, eine Justitiarin und eine Reihe von Verwaltungsange-11
12
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-
6
-
stellten
verfügt. Danach besteht auch kein Zweifel daran, dass der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung tatsächlich in der Lage ist, seinem Satzungszweck der Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder nachzukommen.
2.
Dem Kläger steht der
gegen die [X.]
zu 1 geltend gemachte [X.] gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG zu.
a) Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das Verhalten der [X.]n sowohl nach dem zur [X.] der beanstandeten Werbung geltenden Recht als auch nach dem zur [X.] der Revisionsentscheidung maß-geblichen
Recht wettbewerbswidrig sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 28.
Januar 2016 -
I [X.], [X.], 418 Rn. 13 = [X.], 463

[X.]; Beschluss vom 28.
Januar 2016
-
I [X.], [X.], 399 Rn. 10 = [X.], 459 -
MeinPaket.de; Urteil vom 4. Februar 2016 -
I [X.], [X.], 403 Rn. 9 = WRP
2016, 450

Fressnapf, jeweils mwN). Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG ist durch das [X.] zur Änderung des [X.] mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 neu gefasst worden. Die Neufassung der Vorschrift, deren Satz 1 mit der Regelung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken nunmehr nahezu wörtlich über-einstimmt, hat zu keiner für den Streitfall erheblichen Änderung der Rechtslage geführt (vgl. [X.], [X.], 403 Rn.
28 -
Fressnapf; [X.], Urteil vom 21.
Juli 2016 -
I [X.], [X.], 1076 Rn. 18 = [X.], 1221 -
LGA tested).
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-
7
-
b) Nach § 5a Abs. 2 UWG aF handelte unlauter, wer die Entscheidungs-fähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Absatz 2 UWG aF dadurch beein-flusste, dass er eine Information vorenthielt, die im konkreten Fall unter Berück-sichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunika-tionsmittels wesentlich war. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG handelt nunmehr unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer ge-schäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Als Vorenthalten gilt nach § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG auch das [X.] wesentlicher Informationen (Nr. 1), die Bereitstellung wesentlicher Informationen in
unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (Nr. 2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen (Nr. 3).
c) Die Revision beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die unterlassene Information über die Provisionspflicht der im Preisvergleich der Beklagen berücksichtigten Anbieter nicht als wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG angesehen hat.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Bestehen von [X.] sei keine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, weil es für die geschäftliche Entscheidung des [X.], sich mit dem Portal zu befassen und gegebenenfalls
mit einem Anbieter zu [X.], kein erhebliches Gewicht habe. Selbst wenn der Preisvergleich selektiv sei, handele es sich hierbei allenfalls um eine negative Eigenschaft der Dienstleis-tung, über die der Unternehmer nicht ungefragt aufklären müsse. Dem [X.] sei zuzumuten, auch an anderen Stellen
Recherchen nach günstigeren Anbietern vorzunehmen. Das Eigeninteresse der [X.]n zu 1 an der Vermittlung eines Vertrags sei für den Verbraucher von allenfalls unterge-16
17
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-
8
-
ordneter Bedeutung. Es sei weder erkennbar, dass der Verbraucher den [X.] für neutral hielte, noch sei dies überhaupt von erheblichem [X.]. Die Information sei auch nicht wesentlich, wenn man davon ausgehe, dass der Anbieter die an die [X.] zu 1 zu zahlende Provision auf den Preis [X.]. Die Kalkulationsgrundlage eines Unternehmens sei intern, habe den [X.] nicht zu interessieren und interessiere ihn auch nicht. Eine Umlage des Preises sei auch keinesfalls zwingend. Gleichermaßen denkbar sei, dass Anbieter Anteile ihrer Gewinnmarge an die [X.] zu 1 abzugeben bereit [X.]. Das Preisvergleichsportal erwecke nicht den Eindruck, allumfassend, reprä-sentativ oder neutral zu sein. Schließlich ändere die Beurteilung ebenfalls
nicht, dass die Inanspruchnahme von [X.] eine äußerst sel-tene Dienstleistung sei, die häufig aus einer emotional belastenden Lage [X.] entschieden werde. Der Verbraucher sei in der Lage, auch ohne Offenba-rung der Provisionsvereinbarung auf die Idee zu kommen, dass es von Nutzen sein könne, weitere Angebote am Markt ausfindig zu machen. Diese Beurtei-lung hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
bb) Eine Information ist nicht allein schon deshalb wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrau-chers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet wer-den kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des [X.] zudem ein erhebliches Gewicht zukommt (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Mai 2012

I
ZR
74/11, [X.], 1275 Rn. 36 = [X.], 57 -
Zweigstellenbriefbo-gen; [X.],
[X.], 1076 Rn. 31 -
LGA tested). Die Beurteilung, ob eine Information im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände als wesentlich anzusehen ist, ist Sache der Gerichte
der Mitgliedstaaten
(vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2011 -
C-122/10, Slg. 2011, [X.] = [X.], 930 Rn.
52 und 58 -
Ving [X.]; [X.], Urteil vom 19.
Februar 2014 -
I [X.], [X.], 19
-
9
-
584 Rn. 11 und 22 = [X.], 686

Typenbezeichnung). Die Frage, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des [X.] von besonde-rem Gewicht ist, ist nach dem Erwartungs-
und Verständnishorizont des [X.]s zu beurteilen (vgl. [X.], [X.], 584 Rn. 14 -
Typen-bezeichnung; [X.], 1076 Rn. 37 -
LGA tested). Die Einschätzung
des Verkehrsverständnisses des Durchschnittsverbrauchers
ist in erster Linie Auf-gabe des Tatrichters, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden
kann, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen falschen rechtlichen Maßstab angewendet, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [X.], [X.], 1076 Rn. 37

LGA tested).
cc) Das Berufungsgericht hat die
Funktion und
Bedeutung eines
[X.]sportals unzutreffend beurteilt
und deshalb entscheidungserhebliche Umstände unrichtig gewürdigt.
Bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maß-stabs ist

wie bereits das [X.] zu Recht angenommen hat

die Informa-tion darüber, dass der Preisvergleich der [X.]n zu 1 nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber der [X.]n zu 1 für den Fall eines [X.] zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, eine
für den Verbrau-cher wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.
(1) Der Verbraucher nutzt Preisvergleichsportale und Preissuchmaschi-nen im [X.], um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche [X.] es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbie-ter für das fragliche Produkt letztlich fordert (vgl. [X.], Urteil vom 18. März 2010 -
I [X.], [X.], 1110 Rn. 26 = [X.], 1498 -
Versandkosten bei [X.]). Aus der Sicht des [X.] bezieht ein
Preisvergleichsportal
im [X.] seine Aussagekraft gerade aus dem Umstand, dass eine möglichst große Zahl von Anbietern, die ihre Waren oder Dienstleistungen über das [X.] vermarkten, in den Preisvergleich einbezogen wird. Der Erfahrungshorizont 20
21
-
10
-
des [X.] wird dabei durch den Umstand bestimmt, dass das Ge-schäftsmodell der
Anbieter von für den Verbraucher kostenlosen Informations-portalen im [X.] häufig auf Einnahmen -
etwa in Form der
Vergütung für Werbung -
gründet, die von einem Vertragsschluss im Einzelfall unabhängig sind (vgl. [X.], [X.], 567, 569). Mit
einer
Beschränkung der Vergleichsgrundlage
durch den Ausschluss von Anbietern, die mit dem Betrei-ber des Portals keine Provisionsabrede getroffen haben, rechnet der Verbrau-cher
in der Regel unabhängig davon nicht, ob sich die Suchmaschine ausdrück-lich als
"neutral"
oder "unabhängig"
bezeichnet.
Der Verbraucher geht regelmä-ßig
auch nicht davon aus, dass der Betreiber eines Preisvergleichsportals ein konkretes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss im Einzelfall besitzt.

(2) Danach ist im Streitfall die Information darüber, dass der Preisver-gleich der [X.]n zu 1 nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber der [X.]n zu 1 für den Fall eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer [X.] verpflichtet haben, eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.
Diese Information ist
für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie seiner andernfalls bestehenden Erwartung nicht entspricht, der [X.] umfasse weitgehend das im [X.] verfügbare Marktumfeld und nicht
nur eine gegenüber der [X.]n zu 1 vertraglich gebundene Auswahl von Anbietern.
Gleiches gilt für den Umstand, dass die [X.] zu 1
ein
eige-nes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss besitzt, weil der Verbrau-cher ein solches Eigeninteresse im Falle eines Preisvergleichsportals regelmä-ßig nicht vermutet. Die Information über die Provisionspflicht der Anbieter ist auch deshalb von erheblichem Interesse für den Verbraucher, weil die [X.] besteht, dass sie sich auf die Höhe der im Preisvergleichsportal aufgeführ-ten Angebotspreise auswirkt.
22
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-
11
-
Das Interesse der [X.]n zu 1 daran, die Information nicht zu erteilen, steht im Streitfall der Einordnung als wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG nicht entgegen.
Die Einstellung der
Information in das [X.]an-gebot der [X.]n zu 1
ist mit einem überschaubaren zeitlichen und
kosten-mäßigen
Aufwand verbunden. Geheimhaltungsinteressen sind durch den [X.] darauf, dass dem Grunde nach
eine
Provisionsabrede besteht, ebenfalls nicht
berührt. Auf die Höhe der im Falle des Vertragsschlusses geschuldeten Provision kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil der
Kläger das Fehlen jeglichen Hinweises auf die Provisionszahlung
bemängelt
und
nicht die Angabe der Provisionshöhe
begehrt. Entgegen der Auffassung des Berufungs-gerichts ist der Umstand, dass der Vergleich lediglich zur Zahlung einer Provisi-on bereite Anbieter berücksichtigt, auch nicht lediglich ein Nachteil des Dienst-leistungsangebots der [X.]n zu 1, auf den sie nicht hinweisen muss. Die Auswahl der in den Vergleich einbezogenen Anbieter ist für die Aussagekraft des Preisvergleichs von so erheblicher Bedeutung, dass die [X.] zu 1 dazu nicht schweigen darf.
(3) Der Verbraucher benötigt die Information, dass in den Vergleich aus-schließlich solche Anbieter einbezogen werden, die sich für den Fall des [X.] zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, um eine infor-mierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG). "Geschäftliche Entscheidung"
bedeutet nach der Definition des §
2 Abs.
1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines [X.] oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleis-tung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Markt-teilnehmer sich entschließt, tätig zu werden.

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25
-
12
-
Nur wenn
der Verbraucher im
Streitfall darüber informiert
wird, dass in den Preisvergleich der [X.]n zu 1 ausschließlich
zur Zahlung einer Provisi-on bereite und verpflichtete
Anbieter einbezogen werden, kann er die Aussage-kraft des Preisvergleichs angemessen beurteilen und sich gegebenenfalls [X.], noch weitere
Preisinformationen einzuholen.
(4) Das Vorenthalten dieser Informationen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht ge-troffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 UWG).
Wird der Verbraucher über die Auswahl der in den Vergleich einbezogenen Anbieter nicht informiert, kann dies zu einer Inanspruchnahme der Dienstleistung der [X.]n zu 1 aufgrund [X.] Vorstellungen über die Aussagekraft des Preisvergleichs führen.
3. Die Klage ist auch hinsichtlich des [X.]n
zu 2
gemäß §§
3, 8 Abs.
1 UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG begründet. Der [X.] zu 2
ist als Geschäftsführer der [X.]n zu 1 für deren unlautere geschäftliche Handlung verantwortlich.
a) Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbe-werbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht nur, wenn er daran entweder durch [X.] beteiligt war oder wenn er die Wettbe-werbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen ([X.], Urteil vom 18.
Juni 2014 -
I [X.], [X.]Z 201, 344 Rn. 17 -
Geschäftsführerhaftung).
Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers kommt danach in Betracht, wenn der [X.]verstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem [X.] anzulasten ist ([X.]Z 201, 344 Rn. 19 -
Geschäftsführerhaftung). Zu den Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene ent-schieden wird, zählen etwa das allgemeine Konzept der Kundenwerbung eines 26
27
28
29
-
13
-
Unternehmens (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 2011 -
I [X.], [X.], 184 Rn. 1, 32 = [X.], 194 -
Branchenbuch Berg), der Inhalt einer Presse-erklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kommt
(vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2011 -
I [X.], [X.], 1043 Rn. 5, 70 = [X.], 1454 -
TÜV II) und der allgemeine [X.]auftritt des Unternehmers (vgl. [X.], Urteil vom 19. April 2012 -
I [X.], [X.], 1145 Rn. 2, 36 = [X.], 1392 -
Pelikan).
b) Danach ist der [X.] zu 2 im Streitfall für den [X.]verstoß der [X.]n zu 1 persönlich verantwortlich. Die Gestaltung des [X.] der [X.]n zu 1 und die Festlegung der Regeln, nach denen Anbieter in den Preisvergleich der [X.]n zu 1 aufgenommen werden, ist eine typischerweise der Geschäftsführung obliegende Entscheidung.
30
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14
-
II[X.] Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Da die Sache zur En-dentscheidung reif ist, hat der [X.] selbst zu entscheiden und ist die Berufung der [X.]n gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung folgt aus §
91 Abs.
1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Schaffert
[X.]

Löffler
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.09.2014 -
91 O 19/14 -

Kammergericht, Entscheidung vom 16.02.2016 -
5 [X.] -

31

Meta

I ZR 55/16

27.04.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2017, Az. I ZR 55/16 (REWIS RS 2017, 11800)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11800

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