Bundessozialgericht, Urteil vom 20.05.2014, Az. B 1 KR 2/14 R

1. Senat | REWIS RS 2014, 5413

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Ermittlung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds - Gegenstand des Verfahrens - Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2010 - Klageerweiterung - keine notwendige Beiladung anderer Krankenkassen - Ausgleichsverpflichtung für das Jahr 2009 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung aus dem [X.] erbrachter Konvergenzbeträge in Höhe von 91 143 613,86 Euro durch die klagende Krankenkasse ([X.]).

2

Um Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) zu erhöhen, begründete der Gesetzgeber für Versicherte [X.]-Wahlrechte in Abkehr von dem zuvor geltenden Prinzip der festen Zuordnung Versicherter zu den einzelnen [X.]. Im Interesse der Chancengleichheit bei der Gewinnung von Versicherten und um möglichst dauerhaft Anreizen zu einer Risikoselektion entgegenzuwirken, die sonst aus einer einkommensbezogenen Beitragsgestaltung ohne Anknüpfung an das Risiko "Gesundheitszustand" entstehen, führte der Gesetzgeber 1994 einen Risikostrukturausgleich ([X.]) ein. Er bewirkte, dass die kassenindividuell kraft Satzung der Höhe nach festgelegten und erhobenen Beitragseinnahmen den [X.] nur nach Maßgabe des sich anschließenden [X.] zur Verfügung standen. Der Gesetzgeber änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz taggenau bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die [X.] als Einnahmen aus diesem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst vorläufig als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "[X.]" nach in "Grundlagenbescheiden" gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "[X.]sbescheiden". Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds berücksichtigt die jeweilige Risikostruktur der [X.] morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern. Die beklagte [X.] konkretisiert die gesetzlich und durch die [X.] ([X.]V) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich in "Festlegungen", handelnd durch das [X.] ([X.]). Die Beklagte erläutert hierzu jeweils den Entwurf zu den Festlegungen für den [X.], die sie zu treffen hat (§ 31 Abs 4 S 1 [X.]V), hört hierzu die Betroffenen an, entscheidet über die Festlegungen und veröffentlicht sie. In der Übergangsphase sollen [X.] in Ländern mit überdurchschnittlich hohen [X.] und Ausgaben nach § 272 [X.] zusätzliche Mittel (sog Konvergenzbetrag) über den Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt und hierdurch die Belastungen durch die Verteilungswirkungen des Fonds in jährlichen Schritten von maximal 100 000 000 Euro angeglichen werden.

3

Die Beklagte regelte für die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen aus dem Gesundheitsfonds ([X.] vom 1.1.2009 und 31.3.2009). Hiergegen hat die Klägerin beim [X.] Klage erhoben. Die Beklagte hat während des Klageverfahrens weitere Abschlagszahlungen (ua monatliche Konvergenzbeträge zwischen 7 406 722,50 und 7 631 370,35 Euro, für das [X.] insgesamt in Höhe von 91 396 539,63 Euro) bestimmt (Grundlagenbescheide [X.] vom [X.] und [X.]; monatliche Zuweisungsbescheide für die Monate Januar bis Dezember 2009; [X.] I-III/2009 zu den Grundlagenbescheiden [X.]/2009 vom [X.], 15.10.2009 und 14.4.2010) und den [X.]sbescheid für das Kalenderjahr 2009 erlassen (Bescheid vom 16.11.2010). Den Konvergenzbetrag nach § 272 [X.] für das Kalenderjahr 2009 setzte sie dort auf insgesamt 252 925,77 Euro fest. Die zu erstattende Differenz zwischen erbrachtem und im [X.] festgesetztem Konvergenzbetrag in Höhe von 91 143 613,86 Euro (91 396 539,63 abzüglich 252 925,77 Euro) stellte sie in 12 Teilbeträgen (11-mal 7 595 301,16 und einmal 7 595 301,10 Euro) jeweils zu Beginn eines Monats ab Januar 2011 fällig. Das [X.] hat die auf die Höhe des [X.] und die entsprechende Ausgleichsverpflichtung beschränkte Klage abgewiesen. Der Verpflichtung zur Rückzahlung stünden keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen (Urteil vom 22.11.2012).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 272 [X.] und des § 41 [X.]V. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin ihre Revision zurückgenommen, soweit Gegenstand des Revisionsverfahrens die Verpflichtung der Beklagten war, über den Konvergenzbetrag (§ 272 [X.]) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Bescheid vom 16.11.2010 leide an formellen Mängeln. Eine Rückforderung von [X.] sei zudem ausgeschlossen, weil es insoweit an einer Rechtsgrundlage in der [X.]V fehle. Bei Anwendung der §§ 44 ff [X.] stünden einer Erstattung Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 22. November 2012 abzuändern und den Bescheid vom 16. November 2010 aufzuheben, soweit darin die Erstattung von 91 143 613,86 Euro durch die Klägerin geregelt ist.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der klagenden [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Der Bescheid der beklagten [X.], vertreten durch das [X.], ist rechtmäßig. Die Klägerin ist zur Erstattung überzahlter Konvergenzbeträge verpflichtet.

9

Gegenstand der rechtlichen Überprüfung ist allein der mit der Anfechtungsklage angegriffene [X.]sbescheid 2009 vom 16.11.2010 (dazu 1.). Der Bescheid ist formell (dazu 2.) rechtmäßig. Die Klägerin hat den überzahlten Konvergenzbetrag in 12 Monatsraten zu erstatten (dazu 3.).

1. Gegenstand des Verfahrens ist der [X.]sbescheid vom 16.11.2010 (dazu a) beschränkt auf die mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) angegriffene Verpflichtung zur Rückzahlung der Differenz zwischen erbrachtem und im [X.] festgesetztem Konvergenzbetrag in Höhe von 91 143 613,86 Euro in 12 Teilbeträgen (dazu b). Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor (dazu c).

a) Gegenstand der Anfechtung ist der während des Klageverfahrens ergangene Bescheid vom 16.11.2010 über den [X.] 2009. Er ist - als endgültige Regelung ([X.]-2500 § 266 [X.] Rd[X.]5 f) - gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden und hat die zuvor ergangenen - jeweils nur vorläufigen (eingehend dazu [X.] vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - Rd[X.]1 ff, für [X.] und [X.] vorgesehen) - Grundlagen- und [X.] sowie die vorläufigen monatlichen Zuweisungsbescheide vollständig ersetzt, wodurch diese ihre Erledigung nach § 39 Abs 2 [X.] gefunden haben ([X.] vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - Rd[X.]0, 16, für [X.] und [X.] vorgesehen; vgl entsprechend zur früheren Rechtslage [X.]-2500 § 266 [X.] Rd[X.] 7 ff, 15 f; [X.] vom [X.] - [X.] KR 19/02 R - Juris Rd[X.]4 ff). Soweit im [X.]sbescheid für das [X.] wegen der im Vergleich zu den Abschlagszahlungen geringer festgesetzten Konvergenzbeträge erstmals eine [X.] Ausgleichsverpflichtung verfügt wurde, konnte die Klägerin ihre Klage im Berufungsverfahren zulässig erweitern (§ 99 Abs 3 SGG).

Nicht im Streit ist der zeitgleich als einheitlicher Bescheid (vgl [X.] vom selben Tage - B 1 KR 3/14 R - Rd[X.]0 ff, für [X.] und [X.] vorgesehen) mit dem [X.]sbescheid für das Kalenderjahr 2010 ergangene Korrekturbescheid vom 16.11.2011, auch nicht bezogen auf die zugunsten der Klägerin vorgenommene Korrektur des [X.] nach § 272 [X.] für das Kalenderjahr 2009. Dieser Bescheid ist nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 96 SGG geworden. Die dort enthaltene Korrektur von Fehlern der Zuweisungen für das Kalenderjahr 2009 tastet - wie § 266 Abs 6 S 6 [X.] und § 41 Abs 5 S 1 [X.] zeigen - den (ursprünglichen) [X.]sbescheid für das Kalenderjahr 2009 nicht an und ändert damit auch nichts an der Höhe der Ausgleichsverpflichtung im Ausgleichsjahr 2009. Die Korrektur zugunsten der Klägerin führt für das Folgejahr 2010 lediglich zu einem höheren oder niedrigeren Betrag im Rahmen der Ermittlung des Gesamtausgleichsanspruchs bzw der Gesamtausgleichsverpflichtung für das [X.] ([X.] vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - Rd[X.]2, für [X.] und [X.] vorgesehen). Eine Aufhebung oder Abänderung des [X.]s für frühere Jahre sieht § 266 Abs 6 S 6 [X.] nicht vor. Insoweit handelt es sich um eine Sonderregelung zu den §§ 44, 45 [X.], die einer Anwendung des § 96 SGG entgegensteht ([X.] vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - Rd[X.]2, für [X.] und [X.] vorgesehen; [X.] 90, 231 = [X.] 4-2500 § 266 [X.], Rd[X.] 40). Über die Rechtmäßigkeit des einheitlichen Bescheides vom 16.11.2011 ist deshalb unabhängig von dem anhängigen Verfahren zur Ausgleichsverpflichtung für das Kalenderjahr 2009 zu befinden. Dem hat das [X.] Rechnung getragen und über den einheitlichen Bescheid vom 16.11.2011 in dem Verfahren - [X.] 249/[X.] - (nachgehend [X.] vom 20.5.2014 - B 1 KR 3/14 R) entschieden (Urteil vom 22.11.2012).

b) Die Klage ist ohne Vorverfahren (§ 78 Abs 1 [X.] [X.]) als Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) zulässig. Gegenstand der Klage ist - nach teilweiser Rücknahme der Revision - nur noch das Begehren, die als eigenständige Regelung (§ 31 S 1 [X.]; vgl zu den [X.] des [X.]sbescheids und zu ihrer Teilbarkeit [X.] vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - Rd[X.]8 ff, für [X.] und [X.] vorgesehen) verfügte ([X.]) Erstattung von 91 143 613,86 Euro aufzuheben.

c) Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Es bedarf insbesondere keiner echten notwendigen Beiladung anderer [X.]n nach § 75 Abs 2 SGG (vgl [X.] vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - Rd[X.]3, für [X.] und [X.] vorgesehen).

2. Der [X.]sbescheid vom 16.11.2010 ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und formell rechtmäßig. Der Untersuchungsgrundsatz, die Anhörungspflicht und die Begründungspflicht (§ 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 35 Abs 1 [X.]) sind unter Berücksichtigung des speziellen und späteren Rechts des [X.] nicht verletzt ([X.] vom selben Tage - B 1 KR 3/14 R - Rd[X.]7, für [X.] und [X.] vorgesehen; [X.] 90, 231 = [X.] 4-1500 § 266 [X.], Rd[X.] 41 ff).

3. Die Entscheidung über die Ausgleichsverpflichtung sowie die [X.] Erstattung ist auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat den erbrachten Konvergenzbetrag in Höhe der Differenz zu den (geringeren) im [X.] vom 16.11.2010 festgesetzten Zuweisungen zu erstatten (dazu a). Die Beklagte genießt insoweit auch keinen Vertrauensschutz (dazu b). Die Erstattung erfolgt anteilig in 12 Monatsraten. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liegt nicht vor (dazu c).

a) Überzahlte Zuweisungen im Zusammenhang mit der Konvergenzregelung sind im Rahmen des [X.]s nach § 266 Abs 6 S 5 [X.] iVm § 33 Abs 4 [X.] auszugleichen. Nach § 266 Abs 6 S 5 (idF des Art 1 [X.]78 Buchst g Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-[X.]stärkungsgesetz - [X.] - vom 26.3.2007, [X.] 378 mWv 1.1.2009) sind die nach § 266 Abs 6 [X.] [X.] erhaltenen Zuweisungen nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach § 266 Abs 6 [X.] [X.] auszugleichen. Das Nähere regelt die [X.] (zur formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der [X.] vgl [X.] vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - Rd[X.]4 ff, für [X.] und [X.] vorgesehen und [X.] vom selben Tage - B 1 KR 3/14 R - Rd[X.]9 ff, für [X.] und [X.] vorgesehen) in § 41 Abs 4 [X.] und 3. Übersteigt die Höhe der im [X.] ermittelten Zuweisungen die monatlichen Zuweisungen, steht danach der [X.] der überschießende Betrag zu. Unterschreitet die Höhe der im [X.] ermittelten Zuweisungen die monatlichen Zuweisungen, ist der Unterschiedsbetrag an den [X.] zu zahlen. So liegt der Fall hier. Die im [X.]sbescheid vom 16.11.2010 unter Berücksichtigung eines Korrekturbetrags im [X.] (§ 266 Abs 10 [X.] iVm § 266 Abs 6 S 7 [X.] in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung) und im [X.] bis 2008 (§ 269 Abs 7 [X.] iVm § 269 Abs 2 [X.] in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung) ermittelten Zuweisungen unterschreiten die monatlichen Zuweisungen im Geschäftsjahr 2009 um 61 169 997,06 Euro, sodass ein Ausgleich durch die Klägerin zu erfolgen hat.

Der Konvergenzbetrag ist keine eigenständige, von den Zuweisungen iS von § 266 Abs 6 S 5 [X.] iVm § 33 Abs 4 [X.] getrennt zu bewertende Zuweisung. Soweit in § 266 Abs 6 S 5 [X.] eine Gegenüberstellung von erhaltenen und festgesetzten Zuweisungen angeordnet wird, sind Zuweisungen iS von § 266 Abs 1 [X.] gemeint. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik und Teleologie der Norm. Nach § 266 Abs 1 Halbs 1 [X.] erhalten die [X.]n als Zuweisungen aus dem [X.] (§ 271 [X.]) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale, alters-, geschlechts- und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270 [X.]). Die Zuweisungen werden nach § 266 Abs 1 Halbs 2 [X.] entsprechend § 272 [X.] angepasst. Dies bedeutet, dass in der Übergangsphase nicht weitere - neben den Zuweisungen nach § 266 Abs 1 [X.] festzusetzende - Zuweisungen erbracht werden, sondern nur, dass sich die Zuweisungen nach § 266 Abs 1 [X.] bei Vorliegen der in § 272 [X.] iVm der [X.] normierten Voraussetzungen erhöhen. Dementsprechend sieht die Übergangsregelung des § 272 [X.] nur eine "Veränderung" (§ 272 [X.] [X.]) bzw eine "Erhöhung" (§ 272 Abs 2 [X.] [X.]) der Zuweisungen aus dem [X.] vor. Gleiches gilt auch für die [X.] in § 33c [X.] und 2. Soweit sich der Begriff "[X.]" in Literatur und Rechtsprechung durchgesetzt hat, ist dieser Begriff deshalb ungenau. Rechtfertigt danach die Übergangsregelung nur eine Anpassung/Erhöhung der Zuweisungen nach § 266 Abs 1 [X.], ist es auch folgerichtig, dass auch der durch die Übergangsregelung bedingte Erhöhungsbetrag der Ausgleichspflicht nach § 266 Abs 6 S 5 [X.] iVm § 33 Abs 4 [X.] unterliegt.

b) Ein Vertrauen darauf, die "[X.]" nicht zurückzahlen zu müssen, genießt die Klägerin nicht. §§ 44 ff [X.] finden insoweit angesichts der systemimmanenten Ausgleichsverpflichtung und Korrekturmöglichkeit im [X.] nach § 266 Abs 6 S 5 [X.] iVm § 33 Abs 4 [X.] keine Anwendung (vgl zu einer Korrektur des Vorjahres im [X.]sbescheid auch [X.] 90, 231 = [X.] 4-2500 § 266 [X.], Rd[X.] 40). Die an die [X.]n zu erbringenden Zuweisungen haben nur vorläufigen Charakter. Schon aus dem Wesen einer nur vorläufigen Bewilligung folgt, dass der Empfänger der Leistung/Zuweisung insofern kein Vertrauen in das endgültige Behalten dürfen der Leistung/Zuweisung entwickeln kann (vgl nur zur Honorarabrechnung bei Vertragsärzten BSG [X.] 3-5525 § 32 [X.]; bei fehlerhafter Anwendung von Vorschriften über die Honorarminderung [X.] 93, 69 = [X.] 4-2500 § 85 [X.]1; zur vorläufig bewilligten Leistungen der Eingliederungshilfe an Spätaussiedler BSG [X.] 3-4100 § 147 [X.]). Erst der [X.]sbescheid bestimmt die endgültige Höhe der Zuweisungen. Die Grundlagenbescheide werden durch den [X.]sbescheid (oder zuvor ergangene [X.]) korrigiert und ersetzt (s oben). Die [X.] muss deshalb mit der Möglichkeit einer solchen Korrektur rechnen und kann nicht auf den Bestand vorläufiger Bescheide vertrauen. Berücksichtigt man, dass selbst der abschließende [X.]sbescheid durch einen späteren Ausgleichsbescheid korrigiert werden und zu einer Ausgleichsverpflichtung führen kann und insoweit die Regelungen über den [X.] den §§ 44 ff [X.] vorgehen ([X.] 90, 231 = [X.] 4-2500 § 266 [X.], Rd[X.] 40), muss dies erst recht für vorläufige Bescheide gelten. Die Auffassung der Klägerin, es existiere keine Rechtsgrundlage für eine solche Ausgleichsverpflichtung, weil diese nur die Zuweisungen nach §§ 266 [X.] [X.] und § 270 [X.] betreffe, verkennt an dieser Stelle, dass die [X.] keine gesonderten Zuweisungen vorsieht, sondern nur die ausgleichspflichtigen Zuweisungen erhöht (s oben).

Die insoweit widersprüchliche Argumentation, gesetzlich sei lediglich eine Erhöhung, nicht aber - entsprechend der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers, Be- und Entlastungen zu berücksichtigen - eine Absenkung der Zuweisungen vorgesehen, geht ins Leere, weil die Beklagte im [X.]sbescheid keine "Absenkung" der Zuweisungen nach §§ 266 [X.], 270 [X.] vorgenommen hat, sondern den aus § 272 [X.] resultierenden Erhöhungsbetrag lediglich korrigiert hat. Die Auffassung, der Begriff der "Absenkung" sei mit einer "Rückforderung" gleichzusetzen, ist abwegig.

c) Die Verpflichtung zum Ausgleich in zwölf gleichen Teilbeträgen folgt aus § 41 Abs 4a [X.]. Unterschreitet die Höhe der nach § 41 Abs 3 [X.] ermittelten Zuweisungen nach § 33c Abs 2 [X.] die entsprechenden monatlichen Zuweisungen im [X.] für das Ausgleichsjahr 2009, wird danach der an den [X.] zu zahlende entsprechende Unterschiedsbetrag abweichend von § 39 Abs 3a [X.] im Jahr 2011 in zwölf gleichen Teilbeträgen fällig, und zwar jeweils zum ersten Bankarbeitstag eines Monats. § 41 Abs 4a [X.] ist durch Art 1 Zweiundzwanzigste Verordnung zur Änderung der [X.] ([X.] 1497) eingefügt worden und war deshalb zum Zeitpunkt des Erlasses des [X.]sbescheids anzuwendendes Recht.

Die Regelung verstößt nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (Art 20 Abs 3 GG iVm Art 2 Abs 1 GG). Eine echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) sieht die Regelung nicht vor. § 41 Abs 4a [X.] greift nicht nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände ein ([X.] 11, 139, 145 f; 23, 12, 32 = [X.] [X.] 68 zu Art 3 GG); er regelt lediglich Rechtsverhältnisse für Zeiträume nach seiner Verkündung.

Eine so genannte unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl [X.] 43, 291, 391; 72, 175, 196; 79, 29, 45 f). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten [X.] bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt ([X.] 97, 378, 389 = [X.] 3-2500 § 48 [X.] 7; [X.] 101, 239, 263; [X.] [X.] 3-4100 § 242q [X.]). Für die Annahme einer gegen das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip verstoßenden unechten Rückwirkung gibt die Regelung des § 41 Abs 4a [X.] nichts her. Sie entwertet nicht die Rechtsposition der betroffenen [X.]n, sondern dient ihrem Schutz. Sie löst eine den Konvergenzbetrag betreffende Rückzahlungsverpflichtung nämlich nicht erst aus (dazu oben), sondern ermöglicht nur, die Erstattung für das [X.] im Jahr 2011 in zwölf gleichen Teilbeträgen vorzunehmen und begünstigt damit die betroffenen [X.]n.

Hintergrund der Einführung des § 41 Abs 4a [X.] war, dass Erfahrungswerte zu den relevanten Regionaldaten vor der erstmaligen Ermittlung der Konvergenzbeträge weder für die Beitragseinnahmen noch für die Zuweisungen des [X.] vorlagen, die jeweils für die Versicherten der [X.]n mit Wohnsitz in dem jeweiligen Bundesland zu ermitteln sind. Entsprechend war eine zuverlässige, zielgenaue Schätzung der voraussichtlichen Konvergenzbeträge im [X.] der Umsetzung dieser Übergangsregelung weder durch das vorbereitende wissenschaftliche Gutachten ([X.] et al., Umsetzung und empirische Abschätzung der Übergangsregelungen zur Einführung des [X.] <§ 272 [X.]>, Gutachten im Auftrag der Bundesregierung vom [X.], [X.]) noch durch das [X.] möglich. Abweichungen zwischen den vorläufig ermittelten und den endgültig festgestellten Konvergenzbeträgen für das [X.] ergaben sich daher zwangsläufig. Für [X.]n können aus der Durchführung der Konvergenzregelung im [X.] 2009 Rückzahlungsverpflichtungen entstehen, die noch im [X.] in voller Höhe zu erfüllen gewesen wären. Die Neuregelung sollte deshalb sicherstellen, dass diese [X.]n nicht auf Grund der Durchführung der Konvergenzregelung am Jahresende 2010 in Liquiditätsprobleme gerieten ([X.] 813/1/07).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 [X.], § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und [X.] GKG.

Meta

B 1 KR 2/14 R

20.05.2014

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 22. November 2012, Az: L 16 KR 88/09 KL, Urteil

Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 266 Abs 1 Halbs 1 SGB 5, § 266 Abs 1 Halbs 2 SGB 5, § 266 Abs 6 S 2 SGB 5, § 266 Abs 6 S 3 SGB 5, § 266 Abs 6 S 5 SGB 5 vom 26.03.2007, § 266 Abs 6 S 6 SGB 5, § 266 Abs 6 S 7 SGB 5 vom 21.12.1992, § 266 Abs 10 SGB 5, § 269 Abs 2 SGB 5 vom 10.12.2001, § 271 SGB 5, § 272 Abs 2 S 1 SGB 5, § 272 Abs 2 S 2 SGB 5, § 33 Abs 4 RSAV, § 33c Abs 2 S 1 RSAV, § 33c Abs 2 S 2 RSAV, § 41 Abs 3 RSAV, § 41 Abs 4 S 2 RSAV, § 41 Abs 4 S 3 RSAV, § 41 Abs 4a RSAV vom 08.11.2010, § 41 Abs 5 S 1 RSAV, § 20 Abs 1 SGB 10, § 24 Abs 1 SGB 10, § 31 S 1 SGB 10, § 35 Abs 1 SGB 10, § 39 Abs 2 SGB 10, § 44 SGB 10, § 45 SGB 10, § 54 Abs 1 S 1 SGG, § 75 Abs 2 SGG, § 96 SGG, § 99 Abs 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.05.2014, Az. B 1 KR 2/14 R (REWIS RS 2014, 5413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5413

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