Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011, Az. B 14 AS 32/09 R

14. Senat | REWIS RS 2011, 7584

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Angemessenheitsprüfung anhand des Berliner Mietspiegels 2007 - Einpersonenhaushalt - Prüfung der kalten Betriebskosten nach örtlicher Betriebskostenübersicht - getrennte Angemessenheitsprüfungen - Anwendung eines bundesweiten oder kommunalen Heizspiegels - Abzug für Warmwasserbereitung


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 24. April 2009 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der dem Kläger vom beklagten Jobcenter zu zahlenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem [X.] ([X.]) für die [X.] von November 2006 bis April 2007.

2

Der im Jahr 1950 geborene, erwerbsfähige Kläger ist promovierter Politikwissenschaftler und konnte im streitgegenständlichen [X.]raum seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln sichern. Er wohnt seit dem [X.] zunächst als Kind in der Familie, inzwischen allein in einer "2 2/2-Zimmerwohnung" mit einer Wohnfläche von knapp 75 qm, für die er eine Bruttowarmmiete von 515,87 Euro monatlich im strittigen [X.]raum zu zahlen hatte. Leistungen nach dem [X.] erhielt er ab dem 21.4.2005. [X.] vom [X.] teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Kosten der Unterkunft seien nicht angemessen. Er sei längstens für sechs Monate bereit die tatsächlichen Kosten so lange zu übernehmen, wie es dem Kläger nicht möglich sei, durch einen Wohnungswechsel, Untervermietung oder Erwirkung einer Mietminderung die Kosten der Unterkunft zu senken. Der Kläger wies auf seine lange [X.] in der Wohnung hin. Er bewahre in ihr ein umfassendes Archiv insbesondere zu den Themen Sport, [X.] und Fußball auf, in denen er als wissenschaftlicher Experte international anerkannt sei. Bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung müsse er sich von diesen Beständen trennen, womit ihm eine weitere wissenschaftliche Tätigkeit und eine geplante Buchveröffentlichung verwehrt seien, hierauf würden aber seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt beruhen. Für die [X.] von November 2006 bis April 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 396 Euro monatlich und legte dabei den Grundwert für Einpersonenhaushalte von 360 Euro für die Bruttowarmmiete nach den Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 [X.] der [X.] des [X.] vom 7.6.2005 ([X.]), zuletzt geändert mit Verwaltungsvorschrift vom 30.5.2006 ([X.]) zuzüglich eines Zuschlags von 10 % wegen längerer [X.] zugrunde (Bescheid vom 12.10.2006, Widerspruchsbescheid vom 23.2.2007).

3

Das Sozialgericht ([X.]) hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Leistungen unter Zugrundelegung der vollen Kosten der Unterkunft in Höhe von 515,87 Euro monatlich von November 2006 bis April 2007 zu bewilligen (Urteil vom 21.5.2007). Das [X.] ([X.]) hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des [X.] geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung von November 2006 bis April 2007 in Höhe von 416,28 Euro monatlich zu gewähren und im Übrigen die Klage und die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.4.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 [X.] seien nicht anhand der [X.] zu bestimmen. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Angemessenheit" obliege vielmehr den Gerichten und es sei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (Hinweis ua auf das Urteil des B[X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - B[X.]E 97, 231 = [X.]-4200 § 22 [X.]). Nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen des [X.] erscheine eine Wohnung von bis zu 50 qm für eine [X.] als angemessen. Als [X.] sei von einem einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad der Wohnung auszugehen. Zur Bestimmung des nach der Produkttheorie angemessenen Quadratmeterpreises sei vom qualifizierten Mietspiegel des [X.] vom 11.7.2007 ([X.] 1797) auszugehen, da ein besseres [X.] nicht zur Verfügung stehe und dessen Stichtag 1.10.2006 vor dem umstrittenen Bewilligungszeitraum liege. Bei Anwendung des Mietspiegels sei der günstigste Spannenhöchstbetrag innerhalb der verschiedenen [X.] für Wohnungen mit Bad und WC zugrunde zu legen. Ebenfalls mit einzubeziehen seien die kalten und warmen Betriebskosten. Hinsichtlich deren Ermittlung seien - mangels "besserer Zahlen" - die Werte des [X.] zum Mietspiegel heranzuziehen und der 4/5 Spannenoberwert zugrunde zu legen. Konkret seien nach dem Mietspiegel pro Quadratmeter ein Wert von 4,71 Euro (Baujahre 1965 bis 1972, einfache Wohnlage, 40 bis unter 60 qm) plus 2,59 Euro kalte Betriebskosten sowie 1,15 Euro Heizkosten (= 8,45 Euro x 50 qm =) und damit insgesamt 422,50 Euro anzusetzen. Davon seien noch 6,22 Euro für die Warmwasserbereitung abzuziehen (Hinweis auf B[X.] vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.] - B[X.]E 100, 94 = [X.]-4200 § 22 [X.]), sodass 416,28 Euro monatlich für Leistungen der Unterkunft und Heizung zu zahlen seien. Eine solche Wohnung sei auch im bisherigen Umfeld des [X.] anmietbar. Das Alter des [X.] und seine lange [X.] seien - auch in Kombination - keine Kriterien, aus denen eine Unzumutbarkeit hergeleitet werden könne, für die gebotene Senkung der Kosten der Unterkunft zu sorgen, ggf auch durch einen Umzug. Der Kläger könne sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, in der Wohnung sein Archiv unterbringen zu müssen. Die Unterlagen könnten außerhalb der Wohnung, zB in [X.] oder bei einer öffentlichen oder privaten Stelle, aufbewahrt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Umzugskosten außer Verhältnis zu den ersparten Kosten der Unterkunft stehen könnten.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 22 [X.]. Die Entscheidung des [X.] werde der vom [X.] (B[X.]) geforderten Einzelfallentscheidung nicht gerecht. Seine enge Verbundenheit mit seiner Wohnung und dem [X.] Umfeld werde nicht ausreichend gewürdigt. Aufgrund der [X.] von fast 50 Jahren sei er nicht weniger schutzwürdig, als ein Eigentümer in einer selbst genutzten Wohneinheit. Es liege ein Verstoß gegen Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1, Art 5 Abs 3 Grundgesetz (GG) vor.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 24. April 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21. Mai 2007 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er bezieht sich auf die [X.]. Im Übrigen lasse die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Angemessenheit" durch das [X.] keinen Fehler erkennen, auch wenn die Argumente des [X.] nicht in jedem Punkt überzeugten.

Entscheidungsgründe

8

Auf die Revision des [X.] ist das Urteil des [X.] aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Die zulässige Revision des [X.] ist begründet, weil das [X.] die abstrakt angemessenen Leistungen für Unterkunft des [X.] und dessen angemessene Leistungen für Heizung nicht zutreffend ermittelt hat. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen kann der [X.] nicht beurteilen, ob die Entscheidung des [X.] aus anderen Gründen richtig ist, oder in der Sache selbst entscheiden (§ 170 Abs 1, 2 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>).

9

Streitgegenstand des Verfahrens sind allein Ansprüche des [X.] auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die [X.] von November 2006 bis April 2007 und der diese Ansprüche regelnde Bescheid des beklagten [X.] vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2007. An der Zulässigkeit derart beschränkter Rechtsmittel (vgl nur B[X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - [X.], 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 [X.] durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] ([X.]), das insofern zum 1.1.2011 in [X.] getreten ist, zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

Der Kläger lebt nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) allein in seiner Wohnung und gehört dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem [X.], weil er das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] hat (§ 7 Abs 1 Satz 1 [X.], das insofern von November 2006 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde).

Rechtsgrundlage für die vorliegend der Höhe nach umstrittenen Leistungen für Unterkunft und Heizung sind §§ 19, 22 [X.]. Danach werden im Rahmen des Arbeitslosengeldes II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 [X.], das insofern von November 2006 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (stRspr vgl nur B[X.] vom 19.2.2009 - [X.] AS 30/08 R - [X.], 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.]2 mwN).

Zwischen der Leistung für die Unterkunft (dazu 1.) und der Leistung für die Heizung (dazu 2.) ist zu unterscheiden, wie schon dem Wortlaut der Vorschrift mit der Verwendung des Plurals "Leistungen" sowie der Rechtsprechung des [X.]s (B[X.] vom [X.] AS 36/08 R - [X.], 41 = [X.]-4200 § 22 [X.] 23; zuletzt: [X.] [X.] [X.]/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.]8) zu entnehmen ist. Welche Aufwendungen für die Unterkunft und welche für die Heizung vorliegend tatsächlich angefallen sind, lässt sich den Feststellungen des [X.] nicht entnehmen. Das [X.] hat nur eine Bruttowarmmiete von 515,87 Euro monatlich festgestellt, die das [X.] dem Kläger auch zugesprochen hat, die dann als angemessen von dem Beklagten zu zahlen sein könnte, wenn dieser Betrag unter der Summe der angemessenen Leistungen für die Unterkunft und für die Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] liegen würde. Das [X.] hat jedoch nur einen Betrag von insgesamt 416,28 Euro monatlich als angemessen angesehen und die weitergehende Klage abgewiesen.

1. Zur Ermittlung der Leistung für die Unterkunft, auf die der dem Grunde nach Hilfebedürftige Anspruch hat, ist in mehreren Schritten vorzugehen: Zunächst ist die angemessene Leistung für die Unterkunft unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren abstrakt zu ermitteln (dazu a). Anschließend ist - falls insofern Einwände vorgebracht werden - zu prüfen, ob in dem örtlichen [X.] eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann (dazu b). Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft, also die von ihm zu zahlende Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten, die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des Hilfebedürftigen (entsprechend a) übersteigen, sind erstere nach § 22 Abs 1 Satz 3 [X.] solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate (dazu c) (vgl zu diesen Voraussetzungen ua B[X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - [X.], 254 = [X.]-4200 § 22 [X.] 3, Rd[X.]9 ff; B[X.] vom 19.2.2009 - [X.] AS 30/08 R - [X.], 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.]2 ff; B[X.] vom 20.8.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 26 ; B[X.] vom [X.] - [X.] AS 18/09 R - [X.], 192 = [X.]-4200 § 22 [X.] 30; B[X.] vom 17.12.2009 - [X.] AS 27/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 : Mietspiegel als schlüssiges Konzept; B[X.] vom 17.12.2009 - [X.] [X.]/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 29; zuletzt [X.] [X.] [X.]/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.] 20 ff).

a) Der vom [X.] ermittelte Betrag für die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des [X.] hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, sodass er einer Entscheidung des [X.]s nicht zugrunde gelegt werden kann.

Die angemessene Leistung für die Unterkunft ist entsprechend der soeben aufgeführten Rechtsprechung unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln: (1) Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. [X.] ist der maßgebliche örtliche [X.] festzulegen. (3) Im nächsten Schritt ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen [X.]s festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen [X.]s zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. (4) Zu der Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen.

(1) Das [X.] hat die für den Kläger als Alleinlebenden angemessene Wohnungsgröße mit maximal 50 qm in [X.] zutreffend bestimmt.

Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die [X.] für [X.] im [X.] Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit B[X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - [X.], 254 = [X.]-4200 § 22 [X.] 3, Rd[X.]9; zuletzt [X.] [X.] [X.]/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsbau verweisen § 27 Abs 4, § 10 des Gesetzes über die [X.] Wohnraumförderung vom 13.9.2001 ([X.] 2376: "[X.]" im Folgenden: [X.]) wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße auf die "Bestimmungen" des jeweiligen Landes.

Das Land [X.] hat zu § 10 [X.] keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 27 [X.] liegen nur unveröffentlichte Arbeitshinweise der [X.]sverwaltung für Stadtentwicklung vom 15.12.2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen. Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der [X.]sverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20.10.1995 ([X.]) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm überlassen werden. Auf diese Regelungen ist für die Bestimmung der [X.] nach § 22 Abs 1 [X.] zurückzugreifen (vgl B[X.] vom 20.8.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 26 Rd[X.]4; zuletzt B[X.] vom 19.10.2010, aaO, speziell zu [X.]).

(2) Zutreffend hat das [X.], wenn auch nicht unter Verwendung dieses Begriffs, die Stadt [X.] als maßgeblichen örtlichen [X.] zugrunde gelegt (vgl [X.] [X.] [X.]/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.] 24).

(3) Soweit das [X.] einen Betrag von 4,71 Euro als angemessene Nettokaltmiete pro Quadratmeter zugrunde gelegt hat, kann dessen Ermittlung aufgrund der Feststellungen des [X.] nicht nachvollzogen werden.

(aa) Als [X.] hat das [X.] zu Recht einen einfachen, im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad der Wohnung angenommen (vgl B[X.] vom 19.10.2010, aaO, Rd[X.] 25).

([X.]) Zur Bemessung der angemessenen Leistung für die Unterkunft kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht von den [X.] ausgegangen werden, weil ihnen kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des B[X.] zugrunde liegt (vgl nur B[X.] vom 19.10.2010, aaO, Rd[X.] 26 mwN).

(cc) In Ermangelung eines von dem Beklagten vorgelegten schlüssigen Konzepts hat das [X.] zutreffend zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete auf den [X.]er Mietspiegel vom 11.7.2007 ([X.] 1797) zurückgegriffen. Qualifizierte Mietspiegel iS des § 558d [X.] (BGB) wie der [X.]er Mietspiegel können Grundlage zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Miete sein (vgl bereits B[X.] vom 18.6.2008 - [X.]/7b [X.] - Rd[X.]6; B[X.] vom 19.2.2009 - [X.] AS 30/08 R - [X.], 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.] 25; B[X.] vom 17.12.2009 - [X.] AS 27/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 ; zuletzt: B[X.] vom 19.10.2010, aaO, Rd[X.] 27 mwN für [X.]).

Sollen aus einem qualifizierten Mietspiegel grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf bestimmte "[X.]" - so das [X.] - bzw "[X.]" (im Mietrecht werden die Begriffe synonym verwandt) - so der [X.] im Urteil vom 19.10.2010 zum [X.]er Mietspiegel - ohne weitere Begründung grundsätzlich nicht zulässig (vgl bereits B[X.] vom 19.2.2009, aaO, Rd[X.] 25; zuletzt: B[X.] vom 19.10.2010, aaO, Rd[X.] 28 auch zum Folgenden). Denn aus einem Mietspiegel allein lässt sich nicht ohne Weiteres ersehen, inwieweit Wohnungen einer bestimmten [X.] in einem Umfang zur Verfügung stehen, der den Rückschluss zulässt, im [X.] sei eine angemessene Wohnung tatsächlich anmietbar. Dies ist nur möglich, wenn aufgrund statistisch valider Unterlagen eine Aussage darüber möglich ist, dass die in Bezug genommene [X.] in gewissem Umfang tatsächlich im [X.] vorhanden ist. Dies muss bei einem derart ausdifferenzierten Mietspiegel wie dem [X.]er nicht der Fall sein.

Dem hat das [X.] vorliegend nicht Rechnung getragen, als es zur Bestimmung der angemessenen Kaltmiete pro Quadratmeter von der [X.] mit dem niedrigsten Spannenoberwert für eine Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm ausging und deren Spannenoberwert von 4,71 Euro zugrunde legte. Gründe, warum es, abgesehen von der Überlegung die [X.] mit dem niedrigsten Spannenoberwert zu nehmen, gerade von dieser [X.] ausgegangen ist, hat das [X.] nicht angeführt.

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] zunächst zu prüfen haben, ob die von ihm zugrunde gelegte [X.] von 1965 bis 1972 mit einem einfachen Ausstattungsstandard und einer Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm statistisch nachvollziehbar über den örtlichen [X.] hinweg so häufig vorhanden ist, dass allein auf diese [X.] zurückgegriffen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Durchschnittswert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen dieser Größe und dieses Ausstattungsstandards in den jeweiligen [X.] zu bilden (vgl dazu [X.] [X.] [X.]/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.] 32 mit weiterer Begründung).

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

(4) Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen (kalten) Betriebskosten iS des § 556 BGB abstrakt zu bestimmen und als Faktor in die Berechnung der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft mit einzubeziehen. Dazu kann auf Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, möglichst allerdings auf örtliche wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen (vgl nur [X.] [X.] [X.]/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.] 33 f). Dem wird das Urteil des [X.] nicht gerecht, weil es ohne weitergehende Begründung die Werte des [X.] zum [X.]er Mietspiegel 2007 herangezogen und den oberen Wert einer 4/5-Spanne zur Berechnung der [X.] zugrunde gelegt hat, was zu einem Betrag von 2,59 Euro pro Monat und Quadratmeter führt (siehe die Tabelle auf Seite 18 des [X.]er Mietspiegels 2007).

b) Zur Prüfung, ob in dem örtlichen [X.] eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt. Diese Tatsachenvermutung kann aber erschüttert werden (vgl Parallelentscheidung vom heutigen 13.4.2011 - [X.] AS 106/10 R).

c) Gründe, warum der Kläger über den abgelaufenen Sechs-Monats-[X.]raum des § 22 Abs 1 Satz 3 [X.] hinaus einen höheren Anspruch auf Leistung für die Unterkunft als die nach den obigen Ausführungen abstrakt angemessenen Beträge haben sollte (oben a), wenn eine solche Wohnung auch hätte angemietet werden können (oben b), sind nicht zu erkennen.

Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft (Nettokaltmiete plus Betriebskosten) die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft übersteigen, sind die Aufwendungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 [X.] solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Der Ablauf der [X.] ergibt sich aus dem Leistungsbezug des [X.] seit 21.4.2005 und dem vorliegenden strittigen [X.]raum ab November 2006. Durch das Schreiben des Beklagten vom [X.] wurde der Kläger auch darauf hingewiesen, dass seine Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien.

Gründe, warum dem Kläger eine Kostensenkung durch Umzug, Untervermietung oder auf andere Weise nicht möglich oder nicht zumutbar ist, hat das [X.] nicht festgestellt. Es hat vielmehr ausgeführt, das Alter des [X.] und seine lange [X.] seien - auch in Kombination - keine Gründe, die gegen einen Umzug sprechen würden. Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Gesichtspunkts "[X.]s Umfeld" ist zu bedenken, dass jeder Umzug in gewissem Maße mit einer Veränderung des [X.] Umfelds einhergeht und dies eine normale Folge ist, die sich aus der gesetzlichen Regelung ergibt (vgl schon B[X.] vom 19.2.2009 - [X.] AS 30/08 R - [X.], 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.] 32 ff; B[X.] vom 17.12.2009 - [X.] AS 27/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 , Rd[X.] 33 ff).

Einem Umzug entgegenstehende Gründe, wie eine Behinderung oder die Ausübung des Umgangsrechts mit einem Kind (vgl § 22b Abs 3 Satz 2 [X.] idF des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes, [X.] 2011, 453; ähnlich schon B[X.] vom 19.2.2009 - [X.] AS 30/08 R - [X.], 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.] 33 ff; B[X.] vom 17.12.2009 - [X.] AS 27/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 , Rd[X.] 33), hat das [X.] beim Kläger nicht festgestellt, der Kläger hat insofern keine Aufklärungsrügen erhoben.

Das Gleiche gilt für die wissenschaftlichen Forschungen des [X.] und sein Archiv sowie dem in der Revisionsbegründung angeführten Art 5 Abs 3 GG. Das B[X.] hat bereits entschieden, dass § 22 [X.] keine Rechtsgrundlage zur Übernahme von Kosten für beruflich genutzte Räume ist (B[X.] vom 23.11.2006 - B 11b [X.] - [X.]-4200 § 16 [X.] Rd[X.]5). Zudem ist nicht zu erkennen, wieso die Wissenschaftsfreiheit des [X.] durch die Höhe der Leistungen für seine Unterkunft beeinträchtigt werden soll, zumal er insofern nichts Konkretes vorgetragen hat und als erwachsener Hilfebedürftiger dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss (vgl nur § 9 Abs 1 [X.], § 10 [X.]). Ebenso fehlt es an Feststellungen des [X.] zum Fehlen anderweitiger Unterbringungsmöglichkeiten für das Archiv und seitens des [X.] wurden insofern keine [X.] erhoben. Auch aus den weiteren vom Kläger in der Revisionsbegründung angeführten Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG kann nichts hergeleitet werden, zumal es an näheren Ausführungen seitens des [X.] mangelt und es ein gewichtiger Unterschied ist, ob jemand zur Miete wohnt oder in einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung.

2. Auch der vom [X.] ermittelte Betrag für die Leistung für die Heizung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Als Leistung für die Heizung hat das [X.] einen Betrag von (1,15 Euro/qm x 50 qm =) 57,50 Euro pro Monat als angemessen angesehen. Den Ausgangswert von 1,15 Euro pro Quadratmeter hat es dem [X.] des [X.]er Mietspiegels entnommen. Zu den vom Kläger an den Vermieter bzw Versorger tatsächlich gezahlten Leistungen bzw Vorauszahlungen hat das [X.] keine Feststellung getroffen.

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Prüfung der Angemessenheit der Leistung für die Heizung hat nicht nur getrennt von der Leistung für die Unterkunft zu erfolgen, sondern nach eigenen Regeln. Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung ist - mangels für den Einzelfall aussagekräftiger anderer Werte - solange zu bejahen, wie diese Aufwendungen unter dem Grenzbetrag eines bundesweiten oder kommunalen [X.] liegen (vgl B[X.] vom [X.] AS 36/08 R - [X.], 41 = [X.]-4200 § 22 [X.] 23; B[X.] vom [X.] AS 33/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 25; B[X.] vom 20.8.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 26 Rd[X.] 23 ff). Daher müssen zunächst die Aufwendungen des [X.] für die Heizung ermittelt werden und diese dann anhand eines kommunal oder bundesweiten [X.] überprüft werden.

Erfolgt die Warmwasserbereitung über die Heizung ist der Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, von den Aufwendungen für die Heizung abzuziehen (vgl nur B[X.] vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.] - B[X.]E 100, 94 = [X.]-4200 § 22 [X.] 5). Wird aber ein Heizspiegel oder wie vorliegend der [X.] zum Mietspiegel zugrunde gelegt, der zwischen Leistungen für die Heizung mit und ohne Warmwasserbereitung differenziert, so kann nicht der [X.] der Leistung für Heizung ohne Warmwasser berücksichtigt werden (hier 1,15 Euro pro Quadratmeter) und anschließend noch die Pauschale für die Warmwasserbereitung abgezogen werden.

Das [X.] wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 14 AS 32/09 R

13.04.2011

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 21. Mai 2007, Az: S 110 AS 7034/07, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 20.07.2006, § 10 Abs 1 WoFG vom 13.09.2001, § 27 Abs 4 WoFG vom 13.09.2001, § 556 BGB, § 558d BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011, Az. B 14 AS 32/09 R (REWIS RS 2011, 7584)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7584

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 4 AS 19/11 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeld II - Angemessenheit der Unterkunftskosten - Stadt Duisburg - Wohnflächengrenze - schlüssiges Konzept - …


B 14 AS 85/09 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeld II - Unterkunfts- und Heizkosten - Angemessenheitsprüfung anhand des Berliner Mietspiegels - Vergleichsraum - …


B 14 AS 37/19 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Dreipersonenhaushalt in Berlin - Angemessenheitsprüfung - Nichtvorliegen eines …


B 14 AS 40/19 R (Bundessozialgericht)


B 14 AS 106/10 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Angemessenheitsprüfungen - qualifizierter Mietspiegel - Betriebskostenübersichten - Stadt …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.