Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.04.2023, Az. 2 B 41/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 3178

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ausdehnung des behördlichen Disziplinarverfahrens durch den Ermittlungsführer; nachträgliche Genehmigung des Dienstvorgesetzten; Aktenkundigkeit des Ausdehnungs- und Genehmigungsvermerks


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 10. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

1. [X.]ie [X.]eklagte wendet sich gegen die Aberkennung ihres Ruhegehalts.

2

[X.]ie 1971 geborene [X.]eklagte, Volljuristin, war im [X.]raum von [X.]ezember 2003 bis [X.]ezember 2019 hauptamtliche [X.]ürgermeisterin der [X.] ... Sie war als [X.]eamtin auf [X.] zuletzt in eine Planstelle der [X.]esoldungsgruppe [X.] L[X.]esO eingewiesen.

3

Im September 2012 leitete die Klägerin, vertreten durch die Erste [X.]eigeordnete, ein [X.]isziplinarverfahren gegen die [X.]eklagte mit folgenden Vorwürfen ein: verzögerte und falsche [X.]erichterstattung gegenüber dem Petitionsausschuss des [X.], Missachtung des Hausrechts und eines [X.]eschlusses der [X.]verordnetenversammlung, Abschluss eines Grundstückgeschäftes ohne Zustimmung des [X.] sowie Vergabe von [X.]auleistungen ohne Zustimmung der [X.]verordnetenversammlung und des [X.]. [X.]er [X.] dehnte das [X.]isziplinarverfahren wiederholt auf zahlreiche weitere Verstöße aus, etwa die Verletzung von [X.], von Entscheidungszuständigkeiten und Verfahrensregeln, von Akteneinsichts- und Auskunftsrechten, des [X.] unzutreffender Angaben über [X.]ritte sowie die verbotene Mitteilung über ein Gerichtsverfahren. [X.]ie Landrätin genehmigte die Verfügungen über die Ausdehnungen des [X.]isziplinarverfahrens im Mai und Juli 2017. Auf die im Juni 2018 erhobene [X.] hat das Verwaltungsgericht die monatlichen Ruhegehaltsbezüge der [X.]eklagten für die [X.]auer von 18 Monaten um ein Zehntel gekürzt. Im [X.]erufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und das Ruhegehalt der [X.]eklagten aberkannt. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: [X.]ie [X.]eklagte habe in sechs Fällen gegen die in der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vorgesehene Ausschreibungspflicht verstoßen, wobei sich die Auftragssummen zwischen 150 000 € und einer Million € bewegten, sowie in zwei weiteren Fällen ihre kommunalrechtliche Ausschreibungspflicht verletzt, wobei sich die Auftragssummen auf 150 000 € bis 200 000 € beliefen; dabei habe sie zum Teil auch innergemeindliche [X.] verletzt und gegen das kommunalrechtliche Vier-Augen-Prinzip verstoßen. [X.]arüber hinaus habe sie sich wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverfahren strafbar gemacht, habe das Hausrecht eines Ausschussvorsitzenden missachtet und ihre Auskunfts- und Unterstützungspflichten gegenüber dem Petitionsausschuss des [X.] und gegenüber dem Landesdatenschutzbeauftragten in zwei Fällen verletzt. [X.]ie [X.]eklagte habe durch die Verletzung der Pflicht zur Gesetzestreue und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten ein schweres innerdienstliches [X.]ienstvergehen begangen, das die Aberkennung des Ruhegehalts erfordere. Es gebe keine entlastenden Gründe, die es rechtfertigten, von der [X.] abzurücken.

4

2. [X.]ie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 70 [X.] des [X.] - [X.] - i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der [X.]ivergenz (§ 70 [X.] i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte [X.]eschwerde der [X.]eklagten ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

5

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne [X.]urchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 [X.] 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4; vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 [X.] 84.16 - juris Rn. 9). [X.]ie Prüfung des [X.] ist dabei auf die mit der [X.]eschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

6

aa) [X.]ie [X.]eschwerde sieht die grundsätzliche [X.]edeutung in der aus zwei Teilfragen bestehenden Rechtsfrage,

ob "ein [X.] nach Einleitung des [X.]isziplinarverfahrens berechtigt [ist], das [X.]isziplinarverfahren selbständig und ohne Zustimmung des [X.]ienstherrn auf weitere Sachverhalte auszudehnen und Ermittlungen hierzu anzustellen bzw. [ob] vom [X.] unzulässig selbständig veranlasste Erweiterungen und Ausdehnungen des [X.]isziplinarverfahrens durch spätere Genehmigungen des [X.]ienstherrn geheilt [werden]".

7

[X.]iese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würden.

8

In [X.]ezug auf die erste Teilfrage hat das [X.]erufungsgericht bindend festgestellt (§ 137 Abs. 2 VwGO), dass die Landrätin die Vermerke des [X.]s über die Ausdehnungen im behördlichen [X.]isziplinarverfahren am 24. Mai und am 24. Juli 2017 genehmigt hat. [X.]eshalb hat es zu Recht dahinstehen lassen, ob der [X.] befugt war, das behördliche [X.]isziplinarverfahren selbst auszudehnen. [X.]enn maßgebend ist nach der Rechtsprechung des Senats ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 27. Oktober 2016 - 2 [X.] 66.16 - [X.] 235.1 § 19 [X.] Nr. 1 Rn. 8 f.), dass der [X.]ienstvorgesetzte die Verantwortung für die Ausdehnung des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens übernommen hat. In welcher Form dies zu geschehen hat, ist im [X.] des [X.] - ebenso wie im [X.]disziplinargesetz - nicht vorgegeben. § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] lässt - ebenso wie § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] - vielmehr einen formlosen Aktenvermerk genügen. Es reicht daher aus, wenn der [X.]ienstvorgesetzte sich den Inhalt des Aktenvermerks durch Unterschrift oder Paraphe zu eigen macht; ein ausdrücklicher Genehmigungsvermerk des [X.]ienstvorgesetzten genügt folglich erst recht. [X.]amit ist ein etwaiger Mangel der Ausdehnungsverfügung beseitigt.

9

Auch die zweite Teilfrage, ob die Genehmigung des [X.]ienstvorgesetzten einen Mangel der Ausdehnungsverfügung ex tunc oder nur ex nunc beseitigt, würde sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. [X.]enn die [X.]eschwerde geht bei dieser Teilfrage von der Prämisse aus, dass die bis zur späteren Genehmigung der Ausdehnungen des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens durchgeführten Ermittlungen einem [X.]eweisverwertungsverbot unterliegen. [X.]avon ist aber nicht auszugehen. Ein gesetzlich angeordnetes Verwertungsverbot für [X.]eweiserhebungen auf der Grundlage einer unwirksamen Ausdehnungsverfügung enthält das Landesdisziplinarrecht - wie vom [X.]erufungsgericht zu Recht angenommen - nicht. [X.]em Wortlaut der Vorschrift des § 20 [X.] lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Verwertung rechtsfehlerhaft durchgeführter Ermittlungen oder rechtsfehlerhaft erhobener oder erlangter Informationen nicht oder nur eingeschränkt zulässig ist. [X.]as [X.] enthält auch an anderer Stelle keine allgemeine Regelung zu der Frage, welche Rechtsfolge eine rechtswidrige Erhebung oder Verwendung von [X.] nach sich zieht; ausdrücklich angeordnet ist in § 21 Abs. 3 [X.] nur das absolute Verwertungsverbot im Fall unterbliebener oder unrichtiger [X.]elehrung des [X.]eamten nach Einleitung des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens. Es existiert auch kein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften [X.]eweiserhebung die Verwertung der gewonnenen [X.]eweise stets unzulässig ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 30. Juni 2005 - 2 [X.]vR 1520/04 - NVwZ 2005, 1175).

Soweit die [X.]eschwerde möglicherweise der Sache nach geltend machen will, das [X.]erufungsgericht habe im konkreten Fall gegen [X.]eweisverwertungsgrundsätze verstoßen, weil nach Sachlage sowie Art und Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen - dem Schutz der [X.]eklagten (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) einerseits und dem dienstlichen Interesse an der disziplinaren Verfolgung andererseits - die Verwertung der bis zur Genehmigung der Ausdehnungsverfügung erhobenen [X.]aten und erlangten Ermittlungsergebnisse ausgeschlossen sei (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 28. Juli 2008 - 2 [X.]vR 784/08 - NJW 2008, 3053 <3054> und vom 20. September 2018 - 2 [X.]vR 708/18 - NJW 2018, 3571 Rn. 40; [X.], Urteil vom 11. November 1998 - 3 [X.] - [X.]St 44, 243 <248 f.> zum Strafverfahren), hätte dies mit einer entsprechend begründeten Verfahrensrüge nach § 70 [X.] i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden müssen. [X.]aran fehlt es.

bb) [X.]er von der [X.]eschwerde weiter aufgeworfenen Frage,

ob "eine wirksame, mit dem [X.]estimmtheitsgrundsatz und der Schutzfunktion vereinbarende Einleitung und Ausdehnung eines [X.]isziplinarverfahrens [vorliegt], wenn in dem Vermerk über die Einleitung und Ausdehnung des [X.]isziplinarverfahrens das einem [X.]eamten zur Last gelegte [X.]ienstvergehen nur allgemein in Konturen beschrieben wird, ohne dass der Vorwurf aus sich heraus verständlich ist und keine präzisen Angaben zu Gegenstand, [X.], Ort und konkrete [X.]egehungsweise gemacht werden",

ist keine rechtsgrundsätzliche [X.]edeutung beizumessen.

[X.]ie Ausführungen der [X.]eschwerdebegründung zu dieser Rechtsfrage beschränken sich auf eine in der Art eines zulassungsfreien Rechtsmittels vorgebrachte Kritik an dem [X.]erufungsurteil, mit der die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung nicht erreicht werden kann. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats im Sinne des [X.]erufungsurteils geklärt, dass für die [X.] der Ausdehnung des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens keine anderen Anforderungen gelten als für den [X.]. [X.]er [X.]eamte darf durch die nachträgliche Ausdehnung des [X.]isziplinarverfahrens nicht schlechter gestellt werden, als er im Fall der gleichzeitigen Anschuldigung stünde. Aus den Akten muss daher hervorgehen, wann der [X.]ienstvorgesetzte seine Entscheidung getroffen hat, dass er die Verantwortung für die Ausdehnung des [X.]isziplinarverfahrens übernommen hat und auf welche Sachverhalte sich die Anschuldigung nach [X.], Ort und Geschehen bezieht ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 18. November 2008 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 17 [X.] Nr. 1 Rn. 7 und vom 27. Oktober 2016 - 2 [X.] 66.16 - [X.] 235.1 § 19 [X.] Nr. 1 Rn. 8). Ob ein Aktenvermerk über die Ausdehnung des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens diesen Anforderungen an seine inhaltliche [X.]estimmtheit entspricht, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.

cc) Schließlich bedarf die aus mehreren Teilfragen bestehende Rechtsfrage,

ob "es mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vereinbar [ist], wenn im [X.]isziplinarverfahren auf die Höchststrafe erkannt wird, obgleich weder ein Straftatbestand erfüllt ist noch im Vorfeld vom [X.]ienstherrn Maßnahmen ergriffen wurden, um streitige Rechtsfragen zu klären oder den [X.]eamten im Hinblick auf den befürchteten Ansehensverlust mit einem Verbot der Führung der [X.]ienstgeschäfte zu belegen oder eine Suspendierung zu veranlassen",

ungeachtet der auch insoweit bestehenden [X.]egründungsdefizite der [X.]eschwerde keiner revisionsgerichtlichen Klärung.

[X.]ie allgemeinen Grundsätze, denen eine disziplinare Maßnahmebemessung genügen muss, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Sinne des [X.]erufungsurteils hinreichend geklärt: Nach den im Wesentlichen inhaltsgleichen gesetzlichen Vorschriften des [X.] (§ 13 [X.]) und aller Länder - hier § 13 [X.] - ist eine [X.]isziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen nach der Schwere des [X.]ienstvergehens, unter [X.]erücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des [X.]eamten und danach zu bemessen, in welchem Umfang der [X.]eamte das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. [X.]er Inhalt dieser [X.]egriffe ist, soweit er einer rechtsgrundsätzlichen Maßstabbildung zugänglich ist, vom [X.] konkretisiert worden (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]VerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 [X.] 9.06 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 3 Rn. 13 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]VerwGE 147, 229 Rn. 13 ff.). [X.]as Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes [X.]emessungskriterium für die [X.]estimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme ([X.]VerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 [X.] 1.12 - [X.]VerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). [X.]abei steht für die möglichen Verstöße gegen die Pflichtentatbestände - sei es wie hier nach §§ 33 ff. [X.]eamtStG oder nach §§ 60 ff. [X.] - grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Wenn nach diesen Maßgaben der [X.]eamte das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist auf die [X.] zu erkennen. [X.]em Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er noch als im [X.]ienst befindlicher [X.]eamter aus dem [X.]eamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. [X.]iese Regelung in § 13 Abs. 2 [X.] gilt vorliegend - wie aus § 87 Abs. 3 Satz 1 [X.] folgt - auch für kommunale Wahlbeamte.

[X.]ezogen auf die erste Teilfrage ist ausgehend von diesen Grundsätzen in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass ein endgültiger Vertrauensverlust bei einem - wie hier streitgegenständlichen - innerdienstlichen [X.]ienstvergehen auch dann eingetreten sein kann, wenn es keinen Straftatbestand erfüllt (vgl. etwa [X.]VerwG, Urteile vom 11. Januar 2007 - 1 [X.] 16.05 - juris Rn. 59 und vom 12. November 2020 - 2 [X.] 6.19 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 81 Rn. 21, 33 sowie [X.]eschluss vom 28. August 2018 - 2 [X.] 4.18 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 59 Rn. 20). [X.]ie Strafbarkeit des Verhaltens ist wegen der unterschiedlichen Zwecksetzung von Strafrecht und [X.]isziplinarrecht nicht Voraussetzung für die disziplinare Ahndung ([X.]VerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 [X.] 3.18 - [X.]VerwGE 166, 389 Rn. 34 und vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - [X.]VerwGE 168, 254 Rn. 40). Während das Strafrecht vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt ist, ist Zweck des [X.]isziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der [X.]eamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes sicherzustellen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. [X.]ezember 2018 - 2 [X.]3.18 - juris Rn. 6).

Ferner ist in [X.]ezug auf die weitere Teilfrage in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass der Entscheidung des [X.]ienstherrn, den [X.]eamten nach dem Aufdecken seines Fehlverhaltens unverändert oder anderweitig weiter zu beschäftigen, für die von den Gerichten zu treffende Entscheidung über die angemessene [X.]isziplinarmaßnahme grundsätzlich keine [X.]edeutung zukommt. [X.]ie Entscheidung des [X.]ienstherrn über die weitere Verwendung eines [X.]eamten ist [X.]. [X.]ies folgt daraus, dass es nach § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] ebenso wie nach der entsprechenden Regelung im [X.]isziplinarrecht des [X.] und der Länder mit Ausnahme des [X.] bei einer [X.] Sache der Verwaltungsgerichte ist, die angemessene [X.]isziplinarmaßnahme zu bestimmen, ohne an die Wertungen des [X.]ienstherrn gebunden zu sein. Zudem kann die Entscheidung des [X.]ienstherrn, den [X.]eamten weiter zu beschäftigen, die Führung der [X.]ienstgeschäfte zu verbieten oder ihn zu suspendieren, auf Umständen beruhen, die für die vom Gericht zu bestimmende [X.]isziplinarmaßnahme - hier im Sinne vom § 5 [X.] - nicht von [X.]edeutung sind (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]VerwGE 148, 98 Rn. 42 f. m. w. N.; [X.]eschluss vom 27. Mai 2015 - 2 [X.] 16.15 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 32 Rn. 8).

Im Übrigen bleibt anzumerken, dass die [X.]eschwerde irrig davon ausgeht, ein Verbot der Führung der [X.]ienstgeschäfte könne dauerhaft ausgesprochen werden. Gemäß § 39 Satz 2 [X.]eamtStG erlischt das Verbot, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den [X.]eamten ein [X.]isziplinarverfahren eingeleitet worden ist.

Ohne [X.]edeutung für die [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme ist weiter, ob in Konstellationen der vorliegenden Art die Kommunalaufsicht gegen rechtswidrige Maßnahmen der Selbstverwaltungsorgane eingeschritten ist. Gegenstand des [X.]isziplinarverfahrens ist allein das persönliche Fehlverhalten des kommunalen Wahlbeamten.

b) [X.]ie [X.]ivergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügt bereits nicht den [X.]arlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

Eine [X.]ivergenzrüge ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

Eine solche Rechtssatzdivergenz zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. [X.]ie [X.]ehauptung einer bloßen Abweichung im Einzelfall genügt den Anforderungen einer [X.]ivergenzrüge aber nicht. Im Übrigen gibt es die von der [X.]eschwerde bezeichnete Entscheidung des [X.] nicht.

3. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das [X.]eschwerdeverfahren gemäß § 79 Abs. 1 [X.] Festgebühren in entsprechender Anwendung des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu § 78 des [X.]disziplinargesetzes erhoben werden.

Meta

2 B 41/22

26.04.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 10. Mai 2022, Az: OVG 81 D 1.21, Urteil

§ 13 DG BB, § 20 Abs 1 S 2 DG BB, § 21 Abs 3 DG BB, § 70 DG BB, § 19 Abs 1 S 2 BDG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.04.2023, Az. 2 B 41/22 (REWIS RS 2023, 3178)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3178

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 5/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Außerdienstlicher Diebstahl und exhibitionistische Handlung eines Lehrers


2 C 60/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Maßnahmemilderung wegen verspäteter Einleitung des Disziplinarverfahrens


2 B 34/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Dienstpflichtverletzung wegen sorgfaltswidriger Abwicklung von Verbindlichkeiten; erfolglose Beschwerde gegen Kürzung der Dienstbezüge


2 B 3/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Keine erneute Beteiligung des Personalrats bei Heilung eines Mangels der Disziplinarklage


2 B 41/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Kein "Verbrauch" der Disziplinarbefugnis bei späterer Ahndung noch nicht entscheidungsreifer Vorwürfe; "letztes Wort"; Verstoß gegen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 BvR 708/18

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.