Bundessozialgericht, Urteil vom 12.11.2013, Az. B 1 KR 56/12 R

1. Senat | REWIS RS 2013, 1257

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Gegenstand

(Gesetzliche Krankenversicherung - Anspruch der Krankenkasse auf Aufwendungsersatz für Krankenbehandlung nicht versicherter Sozialhilfeempfänger - keine Anwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 111 SGB 10)


Leitsatz

Der Anspruch einer Krankenkasse auf Aufwendungsersatz für die Übernahme der Krankenbehandlung nicht versicherter Sozialhilfeempfänger unterliegt nicht der gesetzlichen Ausschlussfrist für Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern, sondern der kurzen sozialrechtlichen Verjährung.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 5728,34 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für die Krankenbehandlung eines nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfängers.

2

Die klagende Krankenkasse ([X.]) übernahm aufgrund der Rahmenvereinbarung vom 14.11.2003 [X.] für den hier betroffenen [X.]raum von 2004 bis Ende August 2005 die Krankenbehandlung für nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfänger der beklagten [X.] als dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger. Die Rahmenvereinbarung enthält keine Regelung einer Ausschlussfrist oder der Verjährung von Ansprüchen. Die Klägerin rechnete die Aufwendungen für die Arznei- und Hilfsmittel über ein [X.] q[X.]rtalsweise ab. Sie stellte im Jahr 2004 bei der Übernahme der [X.] in das [X.] aufgrund eines Programmfehlers [X.] der tatsächlichen Aufwendungen für Arznei- und Hilfsmittel in Rechnung. Deshalb machte sie [X.] für den nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfänger [X.] (B), für den die Beklagte zuständig ist, Aufwendungen für Arzneimittel in Höhe von insgesamt 5728,34 Euro nicht geltend, die ihr in der [X.] vom 5.1. bis 20.12.2004 ([X.]) und vom 31.1. bis 26.8.2005 (2186,86 Euro) entstanden. Als die Klägerin den Fehler entdeckte und eine Nachberechnung von insgesamt ca 18 Millionen Euro für die betroffenen Sozialhilfeträger ankündigte (Schreiben vom [X.]), berief sich [X.] der [X.] darauf, Leistungen bis August 2005 seien wegen der verspäteten Meldung entsprechend § 111 [X.] von einer Erstattung ausgeschlossen. Die Beklagte lehnte deshalb die Bezahlung der in einer Liste spezifizierten Arzneimittelaufwendungen für B ab (2008). Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 18.4.2011), das L[X.] ihre Berufung zurückgewiesen: Der entstandene Anspruch auf Aufwendungsersatz aus dem gesetzlichen Auftragsverhältnis nach § 264 Abs 7 [X.]B V sei nicht entsprechend § 111 [X.] ausgeschlossen (Urteil vom 11.7.2012).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 111 [X.]B X. Es sei Sinn und Zweck der Ausschlussfrist, frühzeitig klare Verhältnisse über die Zahlungspflichten zu schaffen und mit einer Nachforderung einhergehende haushaltsrechtliche Probleme der [X.]- und Landkreise zu vermeiden.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 11. Juli 2012 und des [X.] vom 18. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision der als örtliche Trägerin der Sozialhilfe beklagten [[X.].] ist nicht begründet. Zu Recht hat das [[X.].] die [[X.].]erufung der [[X.].]eklagten gegen das sie zur Zahlung verurteilende [[X.].] zurückgewiesen. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden [[X.].] zulässig (vgl z[[X.].] [[X.].], 172 = [[X.].]-2500 § 109 [[X.].], Rd[X.] 9 mwN; [[X.].], 15 = [[X.].]-2500 § 109 [[X.].], Rd[X.]2) und in vollem Umfang begründet. Denn der Anspruch der klagenden [[X.].] auf Zahlung von 5728,34 Euro Aufwendungen für Arzneimittel für den nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfänger [[X.].] in der [[X.].] von 2004 bis August 2005 gemäß der Einzelaufstellung vom [[X.].] entstand wirksam (dazu 1.). Dieser Anspruch erlosch nicht, insbesondere nicht aufgrund des Ablaufs einer Ausschlussfrist (dazu 2.).

7

1. Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs der Klägerin ist, wie das [[X.].] zutreffend ausgeführt hat, § 264 Abs 7 S 1 SG[[X.].] V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung durch Art 1 [[X.].] [[X.].] - [[X.].] - vom 14.11.2003, [[X.].] 2190; § 264 Abs 2 SG[[X.].] V geändert mit Wirkung vom 1.1.2005 durch Art 4 [[X.].] zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [[X.].], [[X.].] 3022). Danach werden die Aufwendungen, die den [[X.].]n durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen, von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe vierteljährlich erstattet. Als angemessene Verwaltungskosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach Abs 2 werden gemäß § 264 Abs 7 S 2 SG[[X.].] V [[X.].] der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 264 Abs 7 S 3 SG[[X.].] V von der jeweiligen [[X.].] verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzuweisen.

8

Die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von 5728,34 Euro waren erfüllt. Sie übernahm als [[X.].] entsprechend der auf § 264 Abs 1 SG[[X.].] V gestützten Rahmenvereinbarung vom 14.11.2003 für die [[X.].]eklagte als für [[X.].] zuständige Trägerin der Sozialhilfe die Krankenbehandlung für nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfänger ab 2004. Ihr entstanden Aufwendungen durch die Übernahme der im Einzelnen aufgelisteten Arzneimittelversorgung in der geltend gemachten, konkret belegten Höhe im genannten [[X.].]raum für den nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfänger [[X.].]. Die Klägerin war nach § 264 Abs 2 und Abs 3 SG[[X.].] V für die Krankenbehandlung des [[X.].] zuständig. Die [[X.].]eklagte war für ihn die örtlich zuständige Sozialhilfeträgerin. Die [[X.].]eklagte zieht die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung an [[X.].] nicht in Zweifel. Die Erstattungspflicht war auch im Übrigen nicht nach § 91 Abs 1 S 3 SG[[X.].] [X.] ausgeschlossen. Danach besteht eine Erstattungspflicht nicht, soweit Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden sind und den [[X.].]eauftragten hierfür ein Verschulden trifft. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im genannten [[X.].]raum die Arzneimittelversorgung des [[X.].] zu Unrecht erbrachte und sie ein Verschulden trifft, liegen nicht vor. All dies hat das [[X.].] nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG).

9

2. Der Zahlungsanspruch erlosch weder aufgrund der Regelung des § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] noch aus anderem Grunde (dazu e). § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] ist weder nach dem Wortlaut der einschlägigen [[X.].]estimmungen (dazu a) noch nach dem Sinn und Zweck des Regelungskonzepts (dazu b), dem Regelungssystem (dazu c) und der Entwicklungsgeschichte (dazu d) auf den Aufwendungsersatzanspruch im Auftragsverhältnis des § 264 SG[[X.].] V zwischen [[X.].]n und [[X.].] anzuwenden (ebenso [[X.].]öttiger in [[X.].], Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Juli 2013, § 264 SG[[X.].] V Rd[X.] 97; [[X.].] in [[X.].], jurisPK-SG[[X.].] [X.], 2013, § 93 Rd[X.] 27; [[X.].] in [[X.].]/[[X.].], SG[[X.].] I, [[X.].], [X.], 2012, § 91 SG[[X.].] [X.] Rd[X.], auch zur Terminologie; Flint in [X.]/[X.], SG[[X.].] [X.]II, 4. Aufl 2012, § 48 Rd[X.] 50; Roller in von [X.], SG[[X.].] [X.], 7. Aufl 2010, § 111 Rd[X.] 4 unter Hinweis auf die abgeschlossene Sonderregelung in § 91 Abs 1, § 93 SG[[X.].] [X.]; [X.] in [X.]/[X.], SG[[X.].] [X.], Stand Dezember 2012, § 91 Rd[X.]2; [X.] in von [X.], SG[[X.].] [X.], 7. Aufl 2010, § 91 Rd[X.]; [[X.].] in [X.], jurisPK-SG[[X.].] [X.], 2013, § 111 Rd[X.]1 bei [X.], alle mwN). Für eine entsprechende Anwendung des § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] fehlt es schon an einer Regelungslücke ([X.] in von [X.], SG[[X.].] [X.], 7. Aufl 2010, § 91 Rd[X.]).

a) § 264 SG[[X.].] V bestimmt nach seinem dargelegten Wortlaut nicht, dass § 111 SG[[X.].] [X.] Zahlungsansprüche der [[X.].]n wegen Übernahme der Krankenbehandlung nicht Versicherter begrenzt. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erbringen die [[X.].]n die Krankenbehandlung von nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Sozialhilfeempfängern nach § 264 SG[[X.].] V aufgrund gesetzlichen Auftrags iS des § 93 SG[[X.].] [X.] (vgl ausführlich [[X.].]SGE 101, 42 = [[X.].]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]0 ff mwN, auch zu aA; [[X.].]SG [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[[X.].]; zustimmend z[[X.].] [X.] in von [X.], SG[[X.].] [X.], 7. Aufl 2010, § 93 Rd[X.] 4; [X.], [X.] 21/2011 [X.] 1). Handelt ein Leistungsträger aufgrund gesetzlichen Auftrags für einen anderen, gelten danach § 89 Abs 3 und 5 SG[[X.].] [X.] sowie § 91 Abs 1 und 3 SG[[X.].] [X.] entsprechend. Die Regelung verweist dagegen nach ihrem Wortlaut nicht auf § 111 SG[[X.].] [X.]. Auch § 111 SG[[X.].] [X.] greift nach seinem Wortlaut nicht zwingend ein. Die Norm bestimmt: Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der [X.] ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem [[X.].]punkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

b) [X.] des § 111 SG[[X.].] [X.] auf Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach § 264 Abs 7 SG[[X.].] V entspricht dem Zweck dieser Regelung. Sie stellt sicher, dass Kosten in Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen erstattet werden und es weder auf Seiten der Sozialhilfeträger noch auf Seiten der [[X.].] eine Überforderung gibt. Damit werden auch die Vorgaben des § 264 Abs 1 SG[[X.].] V erfüllt, ua für Ersatz der vollen Aufwendungen zu sorgen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen [X.], [X.] und [[X.].]ÜNDNIS 90/[X.] eines [[X.].], [[X.].]T-Drucks 15/1525 [X.], linke Spalte letzter Absatz). Eine Übernahme der Krankenbehandlung nicht Versicherter ist der [[X.].] nach § 264 Abs 1 SG[[X.].] V ausdrücklich nur gestattet, sofern ihr ua Ersatz der vollen Aufwendungen für den Einzelfall gewährleistet wird. [X.] des § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] sichert gerade den Ersatz der vollen Aufwendungen für den Einzelfall.

Im Rahmen des § 264 Abs 7 SG[[X.].] V tritt demgegenüber der Zweck der Ausschlussfrist des § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] zurück, möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht (vgl [[X.].]T-Drucks 9/95 S 26 zu § 117 des Entwurfs eines SG[[X.].]; [[X.].]SGE 65, 31, 39 = [X.] 1300 § 111 [X.]; [[X.].]SG [X.] 2200 § 1504 [X.] 8 = Juris Rd[X.]5). Dieser Regelungszweck hat besonderes Gewicht in Rechtsverhältnissen, in denen der Gesetzgeber die Anwendung der Ausschlussfrist ausdrücklich vorsieht (vgl § 21 S 1 [[X.].]undesversorgungsgesetz <[[X.].]VG> zur Erstattung nach § 18c Abs 5 [[X.].]VG) oder in denen aufgrund gegenseitiger Erwartung von [X.] der jeweils betroffenen Träger eine Pauschalierung der Abgeltung gegenseitiger Erstattungsansprüche möglich ist (vgl z[[X.].] § 110 SG[[X.].] [X.]). Nur solche Rechtsverhältnisse rechtfertigen eine zurückhaltende Handhabung der Erstattungsansprüche, wie sie auch der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 111 S 2 SG[[X.].] [X.] zugrunde liegt (keine den Fristenlauf hinausschiebende Kenntnisnahme von der "Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht", wenn der Erstattungsverpflichtete eine materiell-rechtliche Entscheidung über Leistungen, wie sie der [X.] bereits erbracht hat, überhaupt nicht mehr treffen kann und darf, vgl [[X.].]SG [[X.].]-1300 § 111 [X.] LS 1 und Rd[X.]5 f; [[X.].]SG Urteil vom 28.2.2008 - [[X.].] 1 KR 13/07 R - USK 2008-6, Juris Rd[X.]5 ff; [[X.].]SG [X.] 2200 § 1504 [X.] 8 = Juris Rd[X.] 20 mwN; ebenso [[X.].]SGE 98, 238 = [[X.].]-1300 § 111 [X.] 4, Rd[X.]6 f). Pauschalierende Regelungen von wechselseitig bestehenden [X.] kommen hingegen beim Aufwendungsersatzanspruch nach § 264 Abs 7 SG[[X.].] V nicht in [[X.].]etracht.

c) Es entspricht auch dem gesetzlichen Regelungssystem, § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] nicht auf Erstattungsansprüche der [[X.].]n aus § 264 Abs 7 SG[[X.].] V anzuwenden. § 111 SG[[X.].] [X.] bezieht sich in erster Linie auf die im Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels des SG[[X.].] [X.] geregelten Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Ihm geht die spezielle Regelung des § 264 SG[[X.].] V vor (vgl § 37 SG[[X.].] I). In diesem Sinne greift auch z[[X.].] das [X.] (vgl § 109 S 1 SG[[X.].] [X.]) für das gesetzliche Auftragsverhältnis nach § 264 Abs 7 SG[[X.].] V nicht ein.

d) Schließlich entspricht es auch der Entwicklungsgeschichte der Regelungen, von der Unanwendbarkeit des § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] auf das gesetzliche Auftragsverhältnis zwischen [[X.].]n und [[X.].] auszugehen. Sie legt einen Gleichlauf zwischen den Forderungen der [[X.].]n auf [[X.].]eiträge und Aufwendungsersatz nahe. § 264 SG[[X.].] V schafft Ersatz dafür, dass sich die ursprünglich in Art 28 Gesundheitsstrukturgesetz - [X.] - (vom 21.12.1992, [[X.].] 2266) vorgesehene leistungsrechtliche Gleichstellung von einerseits Empfängern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt und von Empfängern von Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem [[X.].]SHG, die nicht krankenversichert sind, mit gesetzlich Krankenversicherten andererseits wegen politischer Uneinigkeit über angemessene [[X.].]eitragszahlungen nicht verwirklichen ließ (vgl [[X.].]T-Drucks 15/1525 [X.], rechte Spalte zu Art 1 [[X.].] - § 264 -). An die Stelle der ursprünglich vorgesehenen Mitgliedschaft aufgrund eines Versicherungspflichttatbestandes (Art 28 [X.]) setzt § 264 SG[[X.].] V in den Absätzen 2 bis 7 nunmehr die leistungsrechtliche Gleichstellung der nicht versicherten Sozialhilfeempfänger nach § 264 Abs 2 SG[[X.].] V ohne volle Mitgliedschaftsrechte, kombiniert mit der Kostenerstattung durch die Sozialhilfeträger (vgl zum Ganzen [[X.].]SGE 101, 42 = [[X.].]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]6 f mwN). Dem intendierten Gleichlauf zwischen den Forderungen der [[X.].]n auf [[X.].]eiträge und Aufwendungsersatz wi[X.]präche es, ohne ersichtlichen Sachgrund, Sozialhilfeträger im Regelungsbereich des gesetzlichen Auftrags (§ 264 SG[[X.].] V) durch die Anwendung der zwölfmonatigen Ausschlussfrist des § 111 S 1 SG[[X.].] [X.] auf Aufwendungsersatzansprüche der [[X.].]n gegenüber den Mitgliedschaftsfällen zu privilegieren, in denen die [[X.].]eiträge für krankenversicherte Sozialhilfeempfänger der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 S 1 SG[[X.].] [[X.].] unterliegen.

e) Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin erlosch auch nicht aus einem anderen Grund. Insbesondere steht ihm nicht der Grundsatz der Verwirkung entgegen. Das [X.] passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht, die auch für Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach § 264 Abs 7 SG[[X.].] V greift. Es ist als Ausprägung des Grundsatzes von [X.] und Glauben (§ 242 [[X.].]G[[X.].]) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von [[X.].]eiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der [[X.].]erechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren [[X.].]raums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den [[X.].]esonderheiten des Einzelfalls und des in [[X.].]etracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete [X.] des Rechts nach [X.] und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des [[X.].]erechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat ([X.]), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (st[X.]; vgl [[X.].]SGE 112, 141 = [[X.].]-2500 § 275 [X.] 8, Rd[X.]7 mwN; [[X.].]SGE 109, 22 = [[X.].]-2400 § 7 [X.]4, Rd[X.]6; [[X.].]SG [[X.].]-2400 § 24 [X.] 5 Rd[X.]1; [[X.].]SG [[X.].]-2600 § 243 [X.] 4 Rd[X.]6; [[X.].]SG [[X.].]-4200 § 37 [X.] Rd[[X.].]; [[X.].]SG [X.] 3-2400 § 4 [X.] 5 S 13; [[X.].]SG Urteil vom [X.] - Juris Rd[X.] 27; [[X.].]SGE 80, 41, 43 = [X.] 3-2200 § 1303 [X.] S 17 f; [[X.].]SG Urteil vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - [X.] 44, 478, 483 = Juris Rd[X.] 23; [[X.].]SG [X.] 2200 § 520 [X.] S 7; [[X.].]SG Urteil vom [X.] - Juris Rd[X.]5; [[X.].]SGE 47, 194, 196 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 15; [[X.].]SG Urteil vom [X.] - 9 RV 238/71 - Juris Rd[[X.].]; vgl auch [X.], Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in [[X.].]rand/Lembke (Hrsg), Der CGZP-[[X.].]eschluss des [[X.].]undesarbeitsgerichts, 2012, [X.] ff, 167 f). Soweit der erkennende Senat enge Ausnahmen von dem Grundsatz der Nichtanwendbarkeit von auf [X.] und Glauben gestützten Ausschlussfristen innerhalb der kurzen sozialrechtlichen Verjährung mit [[X.].]lick auf ein besonderes Vertrauen begründendes Verhalten des [[X.].]erechtigten anerkannt hat (vgl z[[X.].] zur Schlussrechnung [[X.].]SG [[X.].]-2500 § 109 [X.] 27 Rd[[X.].]; [[X.].]SG [[X.].]-2500 § 109 [X.]9 Rd[X.]6; kritisch, aber diesen Ansatzpunkt in der [X.] nicht hinreichend beleuchtend [X.], NZS 2013, 685, 688 f), sind die Voraussetzungen hierfür mangels eines besonderen, Vertrauensschutz der [[X.].]eklagten begründenden Verhaltens der Klägerin hier nicht erfüllt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 56/12 R

12.11.2013

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Stuttgart, 18. April 2011, Az: S 21 SO 3815/08, Urteil

§ 264 Abs 7 S 1 SGB 5, § 264 Abs 1 SGB 5, § 111 S 1 SGB 10, § 93 SGB 10, § 37 S 1 Halbs 1 SGB 1

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.11.2013, Az. B 1 KR 56/12 R (REWIS RS 2013, 1257)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1257

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