Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.2014, Az. B 1 KR 13/13 R

1. Senat | REWIS RS 2014, 1301

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Gesetzliche Krankenversicherung - Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung nach § 264 SGB 5 - keine Anwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 111 SGB 10)


Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4474,12 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für die Krankenbehandlung einer nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfängerin.

2

Die klagende Krankenkasse ([X.]) übernahm aufgrund der Rahmenvereinbarung vom 14.11.2003 [X.] für den hier betroffenen [X.]raum von Jan[X.]r 2004 bis Ende August 2005 die Krankenbehandlung für nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfänger des beklagten [X.] als dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger. Die Rahmenvereinbarung enthält keine Regelung einer Ausschlussfrist oder der Verjährung von Ansprüchen. Die Klägerin rechnete die Aufwendungen für die Arznei- und [X.]ilfsmittel über ein [X.] q[X.]rtalsweise ab. Sie stellte im Jahr 2004 bei der Übernahme der [X.] in das [X.] aufgrund eines Programmfehlers [X.] der tatsächlichen Aufwendungen für Arznei- und [X.]ilfsmittel in Rechnung. Deshalb machte sie [X.] für die nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfängerin [X.] ([X.]), für die der Beklagte zuständig ist, Aufwendungen für Arzneimittel in [X.]öhe von insgesamt 4474,12 Euro nicht geltend, die ihr in der [X.] vom 13.1. bis 27.12.2004 (2801,78 Euro) und vom 8.2. bis 18.8.2005 (1672,34 Euro) entstanden. Als die Klägerin den Fehler entdeckte und eine Nachberechnung von insgesamt ca 18 Millionen Euro für die betroffenen Sozialhilfeträger ankündigte (Schreiben vom [X.]), berief sich [X.] der [X.] darauf, Leistungen bis August 2005 seien wegen der verspäteten Meldung entsprechend § 111 [X.] von einer Erstattung ausgeschlossen. Der Beklagte lehnte deshalb die Bezahlung der in einer Liste spezifizierten Arzneimittelaufwendungen für [X.] ab ([X.]). Während das [X.] die Klage abgewiesen hat (Urteil vom 24.5.2012), hat das L[X.] den Beklagten zur Zahlung von 4474,12 Euro verurteilt: Der entstandene Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 264 Abs 7 [X.]B V sei nicht entsprechend § 111 [X.] ausgeschlossen (Urteil vom 19.12.2012).

3

Der Beklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung des § 111 [X.]B X. Es sei Sinn und Zweck der Ausschlussfrist, frühzeitig klare Verhältnisse über die Zahlungspflichten zu schaffen und mit einer Nachforderung einhergehende haushaltsrechtliche Probleme der Stadt- und Landkreise zu vermeiden.

4

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 24. Mai 2012 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des als örtlicher Träger der Sozialhilfe beklagten [[X.].] ist nicht begründet. Zu Recht hat das [[X.].] das Urteil des [[X.].] aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung verurteilt. Die von der klagenden [[X.].] erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden [[X.].] zulässig (vgl [X.] B[[X.].]E 102, 172 = [[X.].]-2500 § 109 [[X.].], Rd[X.] 9 mwN) und in vollem Umfang begründet. Denn der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 4474,12 Euro Aufwendungen für Arzneimittel für die nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfängerin [[X.].] in der [[X.].] von Januar 2004 bis August 2005 gemäß der Einzelaufstellung vom [[X.].] entstand wirksam (dazu 1.). Dieser Anspruch erlosch nicht, insbesondere nicht aufgrund des Ablaufs einer Ausschlussfrist (dazu 2.).

8

1. Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs der Klägerin ist, wie das [[X.].] zutreffend ausgeführt hat, § 264 Abs 7 S 1 [[X.].]B V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung durch Art 1 [[X.].] [[X.].] - [[X.].] - vom 14.11.2003, [[X.].] 2190; § 264 Abs 2 [[X.].]B V geändert mit Wirkung vom 1.1.2005 durch Art 4 [[X.].] zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [[X.].], [[X.].] 3022). Danach werden die Aufwendungen, die den [[X.].]n durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Abs 2 bis 6 entstehen, von den für die [[X.].]ilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe vierteljährlich erstattet. Als angemessene Verwaltungskosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach Abs 2 werden gemäß § 264 Abs 7 S 2 [[X.].]B V [[X.].] der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 264 Abs 7 S 3 [[X.].]B V von der jeweiligen [[X.].] verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzuweisen.

9

Die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von 4474,12 Euro waren erfüllt. Sie übernahm als [[X.].] entsprechend der auf § 264 Abs 1 [[X.].]B V gestützten Rahmenvereinbarung vom 14.11.2003 für den Beklagten als für [[X.].] zuständiger Träger der Sozialhilfe die Krankenbehandlung für nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfänger ab 2004. Ihr entstanden Aufwendungen durch die Übernahme der im Einzelnen aufgelisteten Arzneimittelversorgung in der geltend gemachten, konkret belegten [[X.].]öhe im genannten [[X.].]raum für die nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfängerin [[X.].]. Die Klägerin war nach § 264 Abs 2 und Abs 3 [[X.].]B V für die Krankenbehandlung der [[X.].] zuständig. Der Beklagte war für sie der örtlich zuständige Sozialhilfeträger. Der Beklagte zieht die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung an [[X.].] nicht in Zweifel. Die Erstattungspflicht war auch im Übrigen nicht nach § 91 Abs 1 S 3 [[X.].]B [X.] ausgeschlossen. Danach besteht eine Erstattungspflicht nicht, soweit Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden sind und den Beauftragten hierfür ein Verschulden trifft. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im genannten [[X.].]raum die Arzneimittelversorgung der [[X.].] zu Unrecht erbrachte und sie ein Verschulden trifft, liegen nicht vor. All dies hat das [[X.].] nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen für den Senat bindend festgestellt (§ 163 [[X.].]G).

2. Der Zahlungsanspruch erlosch weder aufgrund der Regelung des § 111 S 1 [[X.].]B [X.] noch aus anderem Grunde (dazu e). § 111 S 1 [[X.].]B [X.] bestimmt: Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der [[X.].] ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Die Norm ist weder nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen (dazu a) noch nach dem Sinn und Zweck des Regelungskonzepts (dazu b), dem Regelungssystem (dazu c) und der Entwicklungsgeschichte (dazu d) auf den Aufwendungsersatzanspruch im Auftragsverhältnis des § 264 [[X.].]B V zwischen [[X.].]n und [[X.].] anzuwenden (ebenso [[X.].] in [[X.].], Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand September 2013, § 264 [[X.].]B V Rd[X.] 97; [[X.].] in [[X.].], jurisPK-[[X.].]B [X.], 2013, § 93 Rd[X.] 27; [[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].]B I, [[X.].], [X.], 2012, § 91 [[X.].]B [X.] Rd[X.], auch zur Terminologie; Flint in [X.]/[X.], [[X.].]B [X.]II, 5. Aufl 2014, § 48 Rd[X.] 50; Roller in von [X.]/Schütze, [[X.].]B [X.], 8. Aufl 2014, § 111 Rd[X.] unter [[X.].]inweis auf die abgeschlossene Sonderregelung in § 91 Abs 1, § 93 [[X.].]B [X.]; [X.] in [[X.].]auck/[X.], [[X.].]B [X.], Stand August 2013, § 91 Rd[X.]2; [X.] in von [X.]/Schütze, [[X.].]B [X.], 8. Aufl 2014, § 91 Rd[X.]b; aA; [[X.].] in [X.], jurisPK-[[X.].]B [X.], 2013, § 111 Rd[X.]1 bei [X.], mwN). Für eine entsprechende Anwendung des § 111 S 1 [[X.].]B [X.] fehlt es schon an einer Regelungslücke.

a) § 264 [[X.].]B V bestimmt nach seinem dargelegten Wortlaut nicht, dass § 111 [[X.].]B [X.] Zahlungsansprüche der [[X.].]n wegen Übernahme der Krankenbehandlung nicht Versicherter begrenzt (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]0). Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erbringen die [[X.].]n die Krankenbehandlung von nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Sozialhilfeempfängern nach § 264 [[X.].]B V aufgrund gesetzlichen Auftrags iS des § 93 [[X.].]B [X.] (vgl ausführlich B[[X.].]E 101, 42 = [[X.].]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]0 ff mwN, auch zu aA; B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[[X.].]; zustimmend [X.], [X.] 21/2011 [X.] 1). [[X.].]andelt ein Leistungsträger aufgrund gesetzlichen Auftrags für einen anderen, gelten danach § 89 Abs 3 und 5 [[X.].]B [X.] sowie § 91 Abs 1 und 3 [[X.].]B [X.] entsprechend. Die Regelung verweist dagegen nach ihrem Wortlaut nicht auf § 111 [[X.].]B [X.] (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]0). Selbst wenn man ein gesetzliches Auftragsverhältnis verneinen und lediglich von einem auftragsähnlichen Verhältnis ausgehen wollte (B[[X.].] Urteil vom 27.5.2014 - [X.] [X.] 26/12 R - Rd[X.] 20, vorgesehen für B[[X.].]E und [[X.].]-2500 § 264 [X.] 5; B[[X.].]E 102, 10 = [[X.].]-2500 § 264 [X.] 2, Rd[X.] 23; Söhngen in jurisPK-[[X.].]B [X.]II, 2. Aufl 2014, § 48 [[X.].]B [X.]II Rd[X.] 25 mwN), änderte dies nichts. § 93 [[X.].]B [X.] fände dann entsprechende Anwendung. Ohnehin greift § 111 [[X.].]B [X.] nach seinem Wortlaut nicht zwingend ein (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]0).

b) Die Unanwendbarkeit des § 111 [[X.].]B [X.] auf Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach § 264 Abs 7 [[X.].]B V entspricht dem Zweck dieser Regelung. Sie stellt sicher, dass Kosten in [[X.].]öhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen erstattet werden und es weder auf Seiten der Sozialhilfeträger noch auf Seiten der [[X.].] eine Überforderung gibt. Damit werden auch die Vorgaben des § 264 Abs 1 [[X.].]B V erfüllt, ua für Ersatz der vollen Aufwendungen zu sorgen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen [X.], [X.] und [X.]/[X.] eines [[X.].], BT-Drucks 15/1525 [X.], linke Spalte letzter Absatz). Eine Übernahme der Krankenbehandlung nicht Versicherter ist der [[X.].] nach § 264 Abs 1 [[X.].]B V ausdrücklich nur gestattet, sofern ihr ua Ersatz der vollen Aufwendungen für den Einzelfall gewährleistet wird. Die Unanwendbarkeit des § 111 S 1 [[X.].]B [X.] sichert gerade den Ersatz der vollen Aufwendungen für den Einzelfall (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]1).

Im Rahmen des § 264 Abs 7 [[X.].]B V tritt demgegenüber der Zweck der Ausschlussfrist des § 111 S 1 [[X.].]B [X.] zurück, möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht (vgl BT-Drucks 9/95 S 26 zu § 117 des Entwurfs eines [[X.].]B; B[[X.].]E 65, 31, 39 = [X.] 1300 § 111 [X.] 6; B[[X.].] [X.] 2200 § 1504 [X.] 8 = Juris Rd[X.]5). Dieser Regelungszweck hat besonderes Gewicht in Rechtsverhältnissen, in denen der Gesetzgeber die Anwendung der Ausschlussfrist ausdrücklich vorsieht (vgl § 21 S 1 [X.] <[X.]> zur Erstattung nach § 18c Abs 5 [X.]) oder in denen aufgrund gegenseitiger Erwartung von [X.] der jeweils betroffenen Träger eine Pauschalierung der Abgeltung gegenseitiger Erstattungsansprüche möglich ist (vgl [X.] § 110 [[X.].]B [X.]). Nur solche Rechtsverhältnisse rechtfertigen eine zurückhaltende [[X.].]andhabung der Erstattungsansprüche, wie sie auch der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 111 S 2 [[X.].]B [X.] zugrunde liegt (keine den Fristenlauf hinausschiebende Kenntnisnahme von der "Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht", wenn der Erstattungsverpflichtete eine materiell-rechtliche Entscheidung über Leistungen, wie sie der [[X.].] bereits erbracht hat, überhaupt nicht mehr treffen kann und darf, vgl B[[X.].] [[X.].]-1300 § 111 [X.] LS 1 und Rd[X.]5 f; B[[X.].] Urteil vom 28.2.2008 - B 1 KR 13/07 R - USK 2008-6, Juris Rd[X.]5 ff; B[[X.].] [X.] 2200 § 1504 [X.] 8 = Juris Rd[X.] 20 mwN; ebenso B[[X.].]E 98, 238 = [[X.].]-1300 § 111 [X.], Rd[X.]6 f). Pauschalierende Regelungen von wechselseitig bestehenden [X.] kommen hingegen beim Aufwendungsersatzanspruch nach § 264 Abs 7 [[X.].]B V nicht in Betracht (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]2).

c) Es entspricht auch dem gesetzlichen Regelungssystem, § 111 S 1 [[X.].]B [X.] nicht auf Erstattungsansprüche der [[X.].]n aus § 264 Abs 7 [[X.].]B V anzuwenden. § 111 [[X.].]B [X.] bezieht sich in erster Linie auf die im Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels des [[X.].]B [X.] geregelten Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Ihm geht die spezielle Regelung des § 264 [[X.].]B V vor (vgl § 37 [[X.].]B I). In diesem Sinne greift auch [X.] das [X.] (vgl § 109 S 1 [[X.].]B [X.]) für das gesetzliche Auftragsverhältnis nach § 264 Abs 7 [[X.].]B V nicht ein (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[[X.].]).

d) Schließlich entspricht es auch der Entwicklungsgeschichte der Regelungen, von der Unanwendbarkeit des § 111 S 1 [[X.].]B [X.] auf das Auftragsverhältnis zwischen [[X.].]n und [[X.].] auszugehen. Sie legt einen Gleichlauf zwischen den Forderungen der [[X.].]n auf Beiträge und Aufwendungsersatz nahe. § 264 [[X.].]B V schafft Ersatz dafür, dass sich die ursprünglich in Art 28 Gesundheitsstrukturgesetz - G[[X.].] - (vom 21.12.1992, [[X.].] 2266) vorgesehene leistungsrechtliche Gleichstellung von einerseits Empfängern laufender [[X.].]ilfe zum Lebensunterhalt und von Empfängern von [[X.].]ilfen in besonderen Lebenslagen nach dem [X.], die nicht krankenversichert sind, mit gesetzlich Krankenversicherten andererseits wegen politischer Uneinigkeit über angemessene Beitragszahlungen nicht verwirklichen ließ (vgl BT-Drucks 15/1525 [X.], rechte Spalte zu Art 1 [[X.].] - § 264 -). An die Stelle der ursprünglich vorgesehenen Mitgliedschaft aufgrund eines Versicherungspflichttatbestandes (Art 28 G[[X.].]) setzt § 264 [[X.].]B V in den Absätzen 2 bis 7 nunmehr die leistungsrechtliche Gleichstellung der nicht versicherten Sozialhilfeempfänger nach § 264 Abs 2 [[X.].]B V ohne volle Mitgliedschaftsrechte, kombiniert mit der Kostenerstattung durch die Sozialhilfeträger (vgl zum Ganzen B[[X.].]E 101, 42 = [[X.].]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]6 f mwN). Dem intendierten Gleichlauf zwischen den Forderungen der [[X.].]n auf Beiträge und Aufwendungsersatz wi[X.]präche es, ohne ersichtlichen Sachgrund, Sozialhilfeträger im Regelungsbereich des § 264 [[X.].]B V durch die Anwendung der zwölfmonatigen Ausschlussfrist des § 111 S 1 [[X.].]B [X.] auf Aufwendungsersatzansprüche der [[X.].]n gegenüber den Mitgliedschaftsfällen zu privilegieren, in denen die Beiträge für krankenversicherte Sozialhilfeempfänger der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 S 1 [[X.].]B [[X.].] unterliegen (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]4).

e) Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin erlosch auch nicht aus einem anderen Grund. Insbesondere steht ihm nicht der Grundsatz der Verwirkung entgegen. Das [X.] passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht, die auch für Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach § 264 Abs 7 [[X.].]B V greift. Es ist als Ausprägung des Grundsatzes von [X.] und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren [[X.].]raums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete [X.] des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach [X.] und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat ([X.]), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (st[X.]; vgl B[[X.].]E 112, 141 = [[X.].]-2500 § 275 [X.] 8, Rd[X.]7 mwN; B[[X.].]E 109, 22 = [[X.].]-2400 § 7 [X.]4, Rd[X.]6; B[[X.].] [[X.].]-2400 § 24 [X.] 5 Rd[X.]1; B[[X.].] [[X.].]-2600 § 243 [X.] Rd[X.]6; B[[X.].] [[X.].]-4200 § 37 [X.] Rd[X.]7; B[[X.].] [X.] 3-2400 § 4 [X.] 5 S 13; B[[X.].] Urteil vom [X.] - Juris Rd[X.] 27; B[[X.].]E 80, 41, 43 = [X.] 3-2200 § 1303 [X.] 6 S 17 f; B[[X.].] Urteil vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - [X.] 44, 478, 483 = Juris Rd[X.] 23; B[[X.].] [X.] 2200 § 520 [X.] S 7; B[[X.].] Urteil vom [X.] - Juris Rd[X.]5; B[[X.].]E 47, 194, 196 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 15; B[[X.].] Urteil vom [X.] - 9 RV 238/71 - Juris Rd[X.]7; vgl auch [[X.].]auck, Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in [X.] <[[X.].]rsg>, Der [X.] des [X.], 2012, [X.] ff, 167 f). Soweit der erkennende Senat enge Ausnahmen von dem Grundsatz der Nichtanwendbarkeit von auf [X.] und Glauben gestützten Ausschlussfristen innerhalb der kurzen sozialrechtlichen Verjährung mit Blick auf ein besonderes Vertrauen begründendes Verhalten des Berechtigten anerkannt hat (vgl [X.] zur Nachforderung nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden [[X.].]aushaltsjahres der [[X.].] B[[X.].] [[X.].]-2500 § 109 [X.] 27 Rd[[X.].]; B[[X.].] [[X.].]-2500 § 109 [X.]9 Rd[X.]6; kritisch, aber diesen Ansatzpunkt in der [X.] nicht hinreichend beleuchtend [X.], NZS 2013, 685, 688 f), sind die Voraussetzungen hierfür mangels eines besonderen, Vertrauensschutz des Beklagten begründenden Verhaltens der Klägerin hier nicht erfüllt (B[[X.].] [[X.].]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]5).

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [[X.].]G iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 [[X.].]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 13/13 R

18.11.2014

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Stuttgart, 24. Mai 2012, Az: S 7 SO 3816/08, Urteil

§ 264 Abs 7 S 1 SGB 5, § 264 Abs 1 SGB 5, § 111 S 1 SGB 10, § 93 SGB 10, § 37 S 1 Halbs 1 SGB 1

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.2014, Az. B 1 KR 13/13 R (REWIS RS 2014, 1301)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1301

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