Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.09.2021, Az. 2 BvR 1144/21

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2021, 2418

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Unzulässige Verfassungsbeschwerde bzgl Versagung von Rechtsschutz im Abstimmungsprüfungsverfahren nach Durchführung von Bürgerentscheiden - Vertretungsberechtigte eines Bürgerbegehrens fallen nicht in den Schutzbereich des Art 19 Abs 4 GG - Keine Verletzung des Willkürverbots aufgrund fachgerichtlicher Verneinung subjektiver öffentlicher Rechte aus § 40 Abs 1 iVm § 54 Nr 1 und Nr 2 GKWG SH (juris: KomWG SH 1997) und § 10 Abs 3 GKAVO SH (juris: GemKrAmtsoDV SH 2018)


Tenor

1.Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer, Vertretungsberechtigte zweier kommunaler Bürgerbegehren im Sinne von § 16g Abs. 3 Satz 3 Gemeindeordnung für [X.] ([X.]), wenden sich gegen die Versagung von Rechtsschutz im [X.] nach Durchführung der Bürgerentscheide.

2

1. Den Bürgerbegehren liegen die Planungen der [X.] (…) über die Nutzung der gemeindlichen Flächen "(01)" und "(02)" zugrunde. Am 15. Juni 2020 reichten die Beschwerdeführer als Vertretungsberechtigte der Bürgerbegehren diese samt Antragslisten bei dem Amt (…) und dem Landrat des [X.] (…) als [X.]sbehörde ein. Am 18. Juni 2020 beschloss die Vertretung der Gemeinde (…), eigene Bürgerentscheide in diesen Angelegenheiten durchzuführen, um die Gelände einer anderweitigen Nutzung zuzuführen. Mit Schreiben vom 13. Juli 2020 erklärte der Landrat des [X.] (…) die beiden von den Beschwerdeführern initiierten Bürgerbegehren für zulässig.

3

Am 27. September 2020 fand die Abstimmung über die insgesamt vier Bürgerentscheide statt. Die Bürgerentscheide 1 und 3 entsprachen jeweils den Bürgerbegehren, die Bürgerentscheide 2 und 4 den Begehren der Gemeindevertretung. Zudem war auf den Stimmzetteln jeweils eine Stichfrage für den Fall nicht miteinander zu vereinbarender Abstimmungsergebnisse enthalten. Der Bürgerentscheid 1 erhielt wie der Bürgerentscheid 2 eine Mehrheit, die zugehörige Stichfrage ging zugunsten des [X.] aus. Der Bürgerentscheid 3 fand keine Zustimmung, der Bürgerentscheid 4 erhielt eine Mehrheit.

4

Mit Schriftsatz vom 3. November 2020 legten die Beschwerdeführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Abstimmung zu den Bürgerentscheiden ein, den die Gemeinde (…) als unbegründet zurückwies. Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer Klage, die beim [X.]ischen Verwaltungsgericht anhängig ist. Die Beschwerdeführer beantragten darüber hinaus in verschiedenen Stadien der Abstimmungsprüfung einstweiligen Rechtsschutz.

5

Nach Abschluss der kommunalen Abstimmungsprüfung beantragten die Beschwerdeführer erneut die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, die das [X.]ische Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Januar 2021 ablehnte. Die hiergegen gerichtete Beschwerde vom 8. Februar 2021 wies das [X.]ische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Juni 2021 zurück.

6

2. Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde.

7

Zudem beantragen die Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.], mit der der Gemeinde (…) auferlegt werden soll, den Bürgerentscheid 2 sowie den Bürgerentscheid 4 vom 27. September 2020 nicht zu vollziehen und den beiden Begehren der Bürgerentscheide 1 und 3 entgegenstehende Entscheidungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zu treffen und mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht zu beginnen.

8

Die Beschwerdeführer machen eine Verletzung ihrer Rechte als Vertretungsberechtigte des Bürgerbegehrens, als abstimmungsberechtigte Bürger und als Beteiligte im [X.] geltend; sie sehen sich durch die Versagung der begehrten einstweiligen Anordnung in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 [X.] verletzt.

9

Nach § 7 und § 16g Abs. 3 Satz 5 [X.] stünden die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens nicht in einer Art organschaftlichem, sondern in einem Außenrechtsverhältnis zur Gemeinde, sodass sie sich auf Art. 19 Abs. 4 [X.] berufen könnten. Zudem stünden ihnen nach der [X.]ischen Gemeindeordnung subjektive Rechte als abstimmungsberechtigte Bürger zu. Dies gelte nach § 16g Abs. 3 Satz 1 [X.] sowohl für ein für zulässig erklärtes, noch nicht durchgeführtes Bürgerbegehren als auch nach § 16a Abs. 8 Satz 2 [X.] für einen erfolgreichen Bürgerentscheid. Schließlich stünden ihnen auch subjektive Rechte als Beteiligte im [X.] nach § 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Gemeinde- und Kreiswahlgesetz [X.] ([X.]) zu.

Das [X.]ische Oberverwaltungsgericht habe die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 [X.] verletzt, indem es den Beschwerdeführern als Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens eine Stellung als Organ der Gemeinde zugewiesen und eine Berufung auf Art. 19 Abs. 4 [X.] damit verwehrt habe. Zudem verneine es zu Unrecht die - an Art. 41 [X.] angelehnte - Doppelfunktion des [X.]s, das auch dem Schutz des subjektiven aktiven und passiven Wahlrechts diene. Gleiches gelte, soweit es den Beschwerdeführern als abstimmungsberechtigten Bürgern ein subjektives Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Bürgerbegehrens abspreche. Schließlich prüfe das [X.]ische Oberverwaltungsgericht in Verkennung des Art. 19 Abs. 4 [X.] die Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO nicht hinreichend.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen (§ 93a Abs. 2 [X.]) nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte angezeigt (vgl. [X.] 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Soweit sich die Beschwerdeführer als Vertretungsberechtigte der streitgegenständlichen Bürgerbegehren gegen den Beschluss des [X.]ischen Oberverwaltungsgerichts wenden, können sie sich nicht auf Art. 19 Abs. 4 [X.] berufen (1.); soweit sie als natürliche Personen gegen den Beschluss vorgehen, fehlt es an einem entsprechenden subjektiven öffentlichen Recht (2.).

1. Soweit die Beschwerdeführer als Vertretungsberechtigte der streitgegenständlichen Bürgerbegehren sich gegen den Beschluss des [X.]ischen Oberverwaltungsgerichts wenden, kommt eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 [X.] nicht in Betracht, weil sie in einer Art organschaftlichem Verhältnis zur betreffenden Gemeinde stehen und insoweit auch deren "Amtswalter" sind.

a) Art. 19 Abs. 4 [X.] garantiert dem Einzelnen bei Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt effektiven Rechtsschutz als Grundrecht (vgl. [X.] 129, 1 <20>; [X.]K 18, 74 <80>) und damit einen Anspruch auf eine auch tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. [X.] 35, 263 <274>; 40, 272 <275>; 84, 34 <49>), ohne den gerichtlichen Kontrollauftrag zu verabsolutieren (vgl. [X.] 116, 1 <18 ff.>).

Als Grundrecht findet Art. 19 Abs. 4 [X.] auf Gebietskörperschaften und deren Organe jedoch grundsätzlich keine Anwendung (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. Mai 2007 - 2 BvR 695/07 -, Rn. 22 f.; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 19).

Zwar gelten die Grundrechte nach Art. 19 Abs. 3 [X.] auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Dies gilt jedoch grundsätzlich nicht für inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts (vgl. [X.] 21, 362 <368 f.>; 68, 193 <205 ff.>; 85, 360 <385>; [X.]K 13, 276 <276>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Januar 2007 - 1 BvR 1949/05 -, Rn. 15; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 20), weil es mit dem Wesen der Grundrechte nicht vereinbar wäre, wenn der Staat über Art. 19 Abs. 3 [X.] selbst zum Teilhaber oder Nutznießer der Grundrechte würde (sog. Konfusionsargument; vgl. [X.] 39, 302 <314>; [X.]K 13, 276 <277>). Sein Handeln dient der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und vollzieht sich nicht in Wahrnehmung unabgeleiteter ursprünglicher Freiheit, sondern aufgrund von Kompetenzen, die vom positiven Recht zugeordnet und inhaltlich bemessen und begrenzt werden. Kompetenzzuweisungen und die Entscheidung aus ihnen resultierender Konflikte sind nicht Gegenstand der Grundrechte. Sie fallen daher auch nicht in den Schutzbereich der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 [X.] (vgl. [X.] 39, 302 <312 ff.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 8. Februar 2006 - 2 BvR 575/05 -, Rn. 12; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 20).

Das gilt auch für Gemeinden und ihre Organe (vgl. [X.] 129, 108 <118>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. September 2016 - 1 BvR 1305/13 -, Rn. 20; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 21). Sie sind lediglich besondere Erscheinungsformen einer einheitlich verstandenen Staatsgewalt. Soweit sie eine Verletzung ihnen zugewiesener Rechte geltend machen, handelt es sich um Streitigkeiten über die funktionale Zuständigkeitsordnung, denen es an dem notwendigen Bezug zur individuellen - in der Regel grundrechtlich radizierten - Selbstbestimmung fehlt (vgl. [X.] 21, 362 <370 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 21).

b) Das gilt auch für die Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens. Die ihnen durch das jeweilige Kommunalrecht zugewiesenen Rechte sind Teil des kommunalen [X.]. Sie betreffen die politische Willensbildung in der Gemeinde und begrenzen zugleich die Rechte der Gemeindevertretung. Ein zugelassenes Bürgerbegehren ist Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde, mit dem die [X.] an der politischen Willensbildung in der Gemeinde teilhat. Seine Vertretungsberechtigten nehmen insoweit eine organschaftliche Funktion wahr (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 22 m.w.[X.]). Als - wenn auch nur temporäres und in seiner funktionalen Zuständigkeit begrenztes - "Organ" der Gemeinde fallen sie nicht in den Schutzbereich von Art. 19 Abs. 4 [X.]. Insoweit handelt es sich um eine kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, Rn. 24).

2. Soweit die Beschwerdeführer (auch) eine Beeinträchtigung der ihnen als natürliche Personen oder als Beteiligte des [X.]s zustehenden Rechte geltend machen, kommt eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 [X.] nicht in Betracht, weil ihnen das [X.] Kommunalrecht keine subjektiven öffentlichen Rechte einräumt, die im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemacht werden könnten.

a) Soweit sich aus dem Grundgesetz oder Vorgaben des Unionsrechts nichts anderes ergibt, befindet der Gesetzgeber darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen er dem Einzelnen ein subjektives öffentliches Recht zuweist und welchen Inhalt dieses haben soll (vgl. [X.] 78, 214 <226>; 83, 182 <195>; [X.]K 18, 74 <80>). Existenz und Umfang eines subjektiven öffentlichen Rechts sind daher grundsätzlich Fragen der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts, dessen Auslegung zuvörderst den Fachgerichten obliegt. Das [X.] überprüft Entscheidungen der Fachgerichte lediglich daraufhin, ob sie bei der Auslegung des einfachen Rechts Bedeutung und Tragweite der berührten Grundrechte verkannt oder die Grenzen des Willkürverbots überschritten haben.

b) Das ist hier nicht der Fall. Das [X.]ische Oberverwaltungsgericht ist in seinem Beschluss vom 7. Juni 2021 aufgrund einer umfassenden und detaillierten Auslegung zu dem Ergebnis gelangt, dass § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 54 Nr. 1 und Nr. 2 [X.], der wegen § 10 Abs. 3 Landesverordnung zur Durchführung der Gemeinde-, der Kreis- und der Amtsordnung [X.] ([X.]) entsprechend auch für die Durchführung von Bürgerentscheiden gelte, die Klagemöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger insoweit speziell und abschließend regele und dass es ihnen danach an der Antragsbefugnis für eine einstweilige Anordnung fehle. Nach Durchführung eines Bürgerentscheids bestehe regelmäßig kein Bedürfnis für ein Fortwirken des Suspensiveffekts (vgl. § 16g Abs. 5 Satz 2 [X.]) beziehungsweise für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes. Wie bei der Wahlprüfung gehe es auch bei der gerichtlichen Überprüfung der Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte der Bürgerinnen und Bürger; die ordnungsgemäße Durchführung eines Bürgerentscheids sei vielmehr im öffentlichen Interesse gewährleistet und müsse notfalls im Wege der [X.] durchgesetzt werden (vgl. § 16g Abs. 8 Satz 1 i.V.m. §§ 120 ff. [X.]). Bürgerentscheide stünden als Instrumente unmittelbarer Demokratie neben den repräsentativen Entscheidungsformen der Gemeinde. Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger erschöpften sich vor diesem Hintergrund in der unmittelbaren Mitwirkung und Abstimmung. Auf das Sicherungsrecht des § 16g Abs. 8 Satz 2 [X.] könnten sie sich vorliegend nicht mehr berufen, da die von den Bürgerinnen und Bürgern initiierten Bürgerentscheide 1 und 3 erfolglos geblieben seien.

Diese Erwägungen hielten sich auch innerhalb der verfassungsgerichtlichen Maßstäbe, die zu Art. 41 [X.] und nachfolgend zu Abstimmungsverfahren im Rahmen von Volksentscheiden beziehungsweise Volksbegehren entwickelt worden seien. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s könnten unmittelbar sich auf das Wahlverfahren beziehende Entscheidungen und Maßnahmen nur mit den in den Wahlvorschriften vorgesehenen [X.] und im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Sei Rechtsschutz im Wahlverfahren nach der gesetzlichen Konzeption erst nach der Durchführung der Wahl zu erlangen, schließe dies auch eine in das einstweilige Anordnungsverfahren vorverlegte Wahlprüfungsbeschwerde aus, die sich gegen Entscheidungen und Maßnahmen im Wahlverfahren richte. Bei Volksbegehren und Volksentscheid sei darüber hinaus die Gesamtheit der Abstimmungsvorgänge Prüfungsgegenstand und entscheidend, ob bei dem Volksentscheid das objektive Recht eingehalten worden sei oder im Falle seiner Verletzung nicht ausgeschlossen werden könne, dass es ohne die "[X.]" zu einem (anderen) Abstimmungsergebnis gekommen wäre. Sei das nicht der Fall, könne es nach Durchführung des Volksentscheids keine derart unzumutbaren Nachteile geben, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten erscheinen ließen.

In der Verwaltungsgerichtsordnung gebe es ferner keine dem § 32 [X.] vergleichbare Regelung, sondern nur die dem subjektiven Rechtsschutz dienenden Regelungen der § 123, § 80 Abs. 5 und § 47 Abs. 6 VwGO. Auch existiere keine Vorschrift, nach der einstweiliger Rechtsschutz im Wahlprüfungsverfahren vorgesehen wäre. Da es vorliegend nicht um die Gewährung subjektiven Rechtsschutzes, sondern um eine objektive Rechtsprüfung gehe, sei es auch vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 [X.] nicht zu beanstanden, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber [X.]s neben der Klagemöglichkeit in § 40 [X.] beziehungsweise § 10 Abs. 3 [X.] nicht auch die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes vorgesehen habe. Zudem sei es den Beschwerdeführern zumutbar, das Ergebnis einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem beabsichtigten Vollzug der den Bürgerentscheiden 1 und 3 widersprechenden Bürgerentscheide 2 und 4.

Das [X.]ische Oberverwaltungsgericht hat somit ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 54 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] und § 10 Abs. 3 [X.] seiner Ansicht nach subjektive öffentliche Rechte einzelner Bürgerinnen und Bürger beziehungsweise von am [X.] Beteiligten ausschließen. Es hat dabei Art. 19 Abs. 4 [X.] ausführlich behandelt. Dass seine Auslegung willkürlich wäre, ist nicht ersichtlich.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1144/21

23.09.2021

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 7. Juni 2021, Az: 3 MB 6/21, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 93d Abs 1 S 3 BVerfGG, § 10 Abs 3 GemKrAmtsoDV SH 2018, § 16g Abs 5 S 2 GemO SH 2003, § 16g Abs 8 S 1 GemO SH 2003, § 16g Abs 8 S 2 GemO SH 2003, § 120 GemO SH 2003, § 40 Abs 1 KomWG SH 1997, § 54 Nr 1 KomWG SH 1997, § 54 Nr 2 KomWG SH 1997

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.09.2021, Az. 2 BvR 1144/21 (REWIS RS 2021, 2418)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2418

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 BvR 1576/13 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Zur Teilnahme von Unionsbürgern an kommunalen Abstimmungen (Bürgerbegehren und -entscheiden) in Bayern - Zweifel …


2 BvR 2203/18 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens können als "Organ" der Gemeinde weder Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 …


B 9 E 23.10 (VG Bayreuth)

vorläufiger Rechtsschutz gegen ein konkurrierendes Ratsbegehren, hinreichende Bestimmtheit des Ratsbegehrens, Sachlichkeitsgebot


2 BvK 1/07 (Bundesverfassungsgericht)

Organstreit über die Vereinbarkeit der Fünf-Prozent-Sperrklausel im Kommunal-Wahlgesetz von Schleswig-Holstein it Art. 3 Abs. 1 …


Vf. 14-VII-13 (VerfGH München)

Vereinbarkeit der Vorschriften über Stichentscheid bei Bürgerentscheiden mit Bayerischer Verfassung vereinbar


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.