Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.01.2019, Az. B 14 AS 72/18 B

14. Senat | REWIS RS 2019, 11746

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Gebot des gesetzlichen Richters - Vorlage an das BVerfG oder ein anderes Gericht


Tenor

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 23. Februar 2018 - L 9 AS 6/15 - wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des [X.], ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt J, S, beizuordnen, wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 [X.]G).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.]). Keinen der in § 160 Abs 2 [X.]G abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

3

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl [X.] vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - [X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen zu können ([X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. [X.], Rd[X.]81). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl [X.]/[X.], aaO, IX. [X.], Rd[X.] 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl [X.] vom 16.12.1993 - 7 [X.]/93 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]6). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160 [X.] 8).

4

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als von grundsätzlicher Bedeutung erachtet sie, ohne insoweit jeweils bestimmte abstrakte Rechtsfragen klar zu formulieren, Fragen nach der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe und hierbei insbesondere unter Berücksichtigung der Bedarfe von Menschen mit Behinderungen sowie Fragen nach der Vereinbarkeit des [X.] insgesamt mit dem Verfassungs- und Völkerrecht und hierbei insbesondere die Vereinbarkeit mit dem Zitiergebot des Art 19 Abs 1 Satz 2 GG. Hierzu unterbleibt eine zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit gebotene Auseinandersetzung mit der bereits vorliegenden Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des [X.] zur Deckung existenznotwendiger Bedarfe durch Regelbedarfe und Mehrbedarfe ebenso wie die Darlegung der Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Fragen in einem Revisionsverfahren (vgl insgesamt [X.] vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - [X.]E 137, 34 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]0; vgl zum Völkerrecht [X.] vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua - [X.]E 132, 134, Rd[X.] 68). Für die Darlegung von deren Klärungsbedürftigkeit genügt es insbesondere nicht, die einschlägige Rechtsprechung des [X.] anzuzweifeln oder für unrichtig zu halten.

5

Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des [X.] oder [X.] abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das [X.] oder [X.] aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das [X.] diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das [X.] dem [X.] oder [X.] widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des [X.] oder [X.] abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]4, [X.] 3-1500 § 160 [X.]6; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. [X.], Rd[X.]96 mwN).

6

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil sich aus ihr nicht ergibt, dass das [X.] dem [X.] oder [X.] widersprochen und von deren rechtlichen Aussagen abweichende, dh mit diesen unvereinbare rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Schon konkrete Rechtssätze der jeweiligen Gerichte werden nicht bezeichnet und einander gegenübergestellt.

7

Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 1 [X.]G die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann. Soweit als ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) gerügt wird, das [X.] habe eine Vorlage des Rechtsstreits an das [X.] oder an ein [X.] bzw internationales Gericht unterlassen, setzt diese Rüge voraus, dass das [X.] die vom Kläger als von grundsätzlicher Bedeutung erachteten verfassungs- und völkerrechtlichen Fragen in bestimmter Weise beantwortet hat oder hätte beantworten müssen, es insbesondere von der Verfassungswidrigkeit des [X.] hätte überzeugt sein müssen. Dies lässt sich der Beschwerdebegründung indes nicht entnehmen.

8

Soweit als Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G) gerügt wird, das [X.] habe seine Entscheidung nicht begründet, ist der Beschwerdebegründung nur zu entnehmen, dass den Kläger die Begründung des [X.] nicht überzeugt; hieraus folgt jedoch keine Gehörsverletzung. Soweit als Gehörsverletzung eine unzureichende Auseinandersetzung des [X.] mit dem Vorbringen des [X.] gerügt wird, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, dass und inwieweit diese ausgehend vom Rechtsstandpunkt des [X.] erforderlich war. Soweit eine unzureichende Amtsermittlung (§ 103 [X.]G) des [X.] gerügt wird, kann hierauf ein Verfahrensmangel nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G); dies lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen, die weder einen konkreten Beweisantrag des im Berufungsverfahren anwaltlich vertretenen [X.] bezeichnet noch sonst erkennen lässt, zu welchen Ermittlungen sich das [X.] ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hätte gedrängt sehen müssen. Soweit auch Verfahrensmängel des [X.] gerügt werden, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass und warum diese bei ihrem Vorliegen im Berufungsverfahren fortwirkten; dies ist indes erforderlich, weil der Verfahrensrüge grundsätzlich nur Verfahrensfehler der Berufungsinstanz und allenfalls ausnahmsweise fortwirkende Fehler des [X.] unterliegen (vgl nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 160 Rd[X.]6a mwN).

9

Soweit der Kläger zudem rügt, im Verfahren beim [X.] hätten wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Richter mitgewirkt, werden in der Beschwerdebegründung die den gerügten Verfahrensfehler begründenden Tatsachen nicht ausreichend konkret bezeichnet. So ist dem Beschwerdevorbringen schon nicht zu entnehmen, [X.] zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Grund vom Kläger abgelehnt worden sind und wann das [X.] hierüber entschieden hat.

PKH ist dem Kläger nicht zu bewilligen, da seine Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 114 ZPO). Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 121 ZPO).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.]G ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 72/18 B

09.01.2019

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 26. Februar 2015, Az: S 26 AS 134/13

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.01.2019, Az. B 14 AS 72/18 B (REWIS RS 2019, 11746)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 11746

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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