Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.09.2020, Az. B 3 KR 8/20 B

3. Senat | REWIS RS 2020, 2483

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Darlegung - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) - Gehörsrüge


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21. November 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] auf die Berufung der beklagten Krankenkasse das stattgebende Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen, mit der die Klägerin einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine in 2016 selbst beschaffte [X.] ([X.]) iHv 1312,24 [X.] geltend gemacht hat.

2

Das [X.] hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 [X.]B V für einen Kostenerstattungsanspruch seien nicht erfüllt, weil der Klägerin kein Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel nach § 33 Abs 1 Satz 1 Var 1 [X.]B V zustehe. Dieser scheitere daran, dass es sich bei der zahnärztlichen Therapie einer mittelgradigen Schlafapnoe mit einer [X.] um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode ([X.]) iS des § 135 Abs 1 [X.]B V handele, für die eine erforderliche positive Bewertung des [X.] ([X.]) bisher nicht vorliege. Ein Bewertungsverfahren werde zwar derzeit durchgeführt, sei aber noch nicht abgeschlossen. Die Voraussetzungen für einen ausnahmsweisen Leistungsanspruch trotz fehlender [X.]-Empfehlung lägen nicht vor.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das [X.] im vorgenannten Urteil hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Abweichung des [X.] vom B[X.] sowie einen Verfahrensmangel des [X.] 160 Abs 2 [X.] bis 3 [X.]G).

4

II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 [X.]G).

5

Nach § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des B[X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das [X.] in der Sache "richtig" entschieden hat, erfolgt im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Keinen der in § 160 Abs 2 [X.]G abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

6

1. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl B[X.] vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - B[X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G prüfen zu können ([X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. [X.], Rd[X.]81). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet worden sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl [X.]/[X.], aaO, IX. [X.], Rd[X.] 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl B[X.] vom 16.12.1993 - 7 [X.]/93 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]6). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160 [X.] 8).

7

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage, "ob eine Protrusionsschiene durch eine Krankenkasse erstattungsfähig ist oder nicht" und formuliert hierzu als [X.]:

        

"a.     

Ist eine [X.] eine 'neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne von § 135 I [X.]B V?

        

 b.     

Ist bei einer [X.] eine Empfehlung nach § 135 I [X.]B V erforderlich?".

8

Eigenständige Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfragen lassen sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Sie beschränkt sich insoweit im Wesentlichen unter Hinweis auf das stattgebende Urteil des [X.] auf die Darlegung der vom [X.] abweichenden Rechtsauffassung der Klägerin. Insbesondere fehlt eine Darstellung der und Auseinandersetzung mit der bereits vorliegenden Rechtsprechung des B[X.] zur Frage des Anspruchs auf ein Hilfsmittel, dessen Anwendung eine [X.] darstellt, und zur Erforderlichkeit einer Empfehlung des [X.], auf die sich das [X.] zudem gestützt hat (B[X.] Urteil vom [X.] KR 5/14 R - [X.] 4-2500 § 33 [X.] 47; s dazu auch B[X.] Urteil vom 11.5.2017 - B 3 KR 6/16 R - [X.] 4-2500 § 33 [X.] 51).

9

2. Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welchem genau bezeichneten entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz die angefochtene Entscheidung des [X.] von welchem ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz des B[X.] im Grundsätzlichen abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das B[X.] aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das [X.] diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das [X.] dem B[X.] im Grundsätzlichen widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des B[X.] abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl zB B[X.] vom [X.] - B 7 [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] 34; [X.]/[X.], aaO, IX. [X.], Rd[X.]96 mwN).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil weder Rechtssätze des B[X.] noch Rechtssätze des [X.], mit denen es eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat, in ihr bezeichnet werden. Vielmehr beschränkt sich die Begründung insoweit darauf, dass das [X.] auf eine Entscheidung des B[X.] (Urteil vom [X.] KR 28/05 R - B[X.]E 97, 133 = [X.] 4-2500 § 139 [X.]) Bezug genommen und das [X.] sich hiermit nicht auseinandergesetzt habe und deshalb vom B[X.] abgewichen sei. Diesem Vorbringen lassen sich indes widerstreitende Rechtssätze des B[X.] und des [X.] nicht entnehmen.

3. Auch die Geltendmachung eines [X.], auf dem iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.]G die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Soweit die Klägerin geltend macht, das [X.] habe in seiner Terminmitteilung auf die Beiziehung ua einer Akte der Beklagten hingewiesen und es sei ihr unbekannt geblieben, um was es sich dabei handele, kann dem zwar noch die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entnommen werden. Doch es ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf einer Gehörsverletzung beruhen könnte. Zu Ausführungen hierzu bestand insbesondere deshalb Anlass, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] teilgenommen hat, sich dem Protokoll über diese aber nicht entnehmen lässt, dass er auf eine Klärung der Frage hingewirkt hat. Mit einer Gehörsrüge ist jedoch darzulegen, dass vom [X.] selbst alle zumutbaren Möglichkeiten genutzt worden seien, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl dazu nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 160a Rd[X.]6d).

4. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.]G ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

6. [X.] beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 [X.]G.

Meta

B 3 KR 8/20 B

01.09.2020

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG München, 2. Oktober 2018, Az: S 7 KR 322/17, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.09.2020, Az. B 3 KR 8/20 B (REWIS RS 2020, 2483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2483

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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