Bundespatentgericht, Urteil vom 30.09.2010, Az. 2 Ni 12/08 (EU)

2. Senat | REWIS RS 2010, 2846

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Reifendemontiermaschine (europäisches Patent)" – zum Nichtigkeitsgrund des erweiterten Schutzbereichs


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 177 920

([X.])

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] sowie der Richter

Dr.-Ing. [X.], [X.] und Dipl.-Ing. Univ. Hubert

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 1 177 920 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des [X.] 920 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der Priorität einer [X.] Patentanmeldung vom 3. August 2000 am 28. Mai 2001 angemeldet worden ist. Das Streitpatent wurde mit 13 Ansprüchen in der [X.] mit der Bezeichnung

2

3

(„Automatische Radmontier- und Demontiervorrichtung und damit ausgestattetes Radmontagegerät“)

4

auch für das Hoheitsgebiet der [X.] erteilt; die Patenterteilung wurde in der Druckschrift [X.] veröffentlicht ([X.]). Die erteilten [X.] und 13 lauten in der [X.]:

5

6

7

8

Zum Wortlaut der auf Anspruch 1 rückbezogenen [X.] 2 bis 12 wird Bezug genommen auf die [X.].

9

Raddemontiermaschine“ übersetzt, während die [X.] Übersetzung denselben [X.] Ausdruck bei jeder anderen Verwendung in der [X.] mit „Reifendemontiermaschine“ übersetzt hat. Da die [X.] in herkömmlicher Weise zwischen den [X.] Begriffen „

„1. Automatische Vorrichtung zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen [X.] (5),

dadurch gekennzeichnet,

dass sie zum Halten der [X.] (5) zusammen mit dem Reifen (6) eine Rotationseinrichtung aufweist, welche mit einem Rahmen (7), welcher einen [X.] (16) trägt, verbunden ist, der in [X.] positionierbar und horizontal verfahrbar ist und mit wenigstens einem Demontierwerkzeug (25) versehen ist, welches um eine senkrecht zu der Hauptachse des [X.] (16) verlaufende Achse rotieren kann, um zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des Wulstes des Reifens (6), in welcher das Werkzeug (25) in Richtung des [X.] orientiert ist, und einer zweiten Position zum Herausziehen des Wulstes des Reifens (6) von der [X.] positionierbar ist, in welcher das Werkzeug (25) vertikal oder in der entgegengesetzten Richtung orientiert ist.“

„13. Reifendemontiermaschine,

dadurch gekennzeichnet,

dass sie eine Vorrichtung gemäß der Ansprüche 1 bis 12 aufweist.“

Zum Wortlaut der auf Anspruch 1 rückbezogenen [X.] 2 bis 12 wird Bezug genommen auf die [X.] Übersetzung.

Nach Erhebung der Nichtigkeitsklage hat die Klägerin vor dem [X.] ein Beschränkungsverfahren gem. Artikel 105a ff EPÜ betrieben. Darin hat das Streitpatent eine neue Fassung erhalte, die unter der ebenfalls neu gefassten Bezeichnung

(„Reifendemontiermaschine, ausgestattet mit einer automatischen Reifendemontier- und Montiervorrichtung“)

veröffentlicht worden ist mit der Druckschrift [X.] ([X.] 2). Danach hat der geltende Patentanspruch 1 folgende Fassung:

characterized by

Nach derselben Druckschrift lautet die [X.] Übersetzung des geltenden Patentanspruchs 1:

„1. Reifendemontiermaschine (1), beinhaltend eine automatische

Vorrichtung (9) zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen [X.] (5),

dadurch gekennzeichnet, dass

sie zum Halten der [X.] (5) zusammen mit dem Reifen (6) eine Rotationseinrichtung (3) aufweist, welche mit einem Rahmen (7), welcher einen [X.] (16) trägt, verbunden ist, der in [X.] positionierbar und horizontal verfahrbar ist und mit wenigstens einem Demontierwerkzeug (25) versehen ist, welches um eine perpendikular zu der Hauptachse des [X.] (16) verlaufende Achse rotieren kann, um mittels einer [X.] (17) zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des Wulstes des Reifens (6), in welcher das Werkzeug (25) in Richtung des [X.] ausgerichtet ist, und einer zweiten Position zum Herausziehen des Wulstes des Reifens (6) von der [X.] positionierbar ist, in welcher das Werkzeug (25) vertikal oder in der entgegengesetzten Richtung ausgerichtet ist, worin die Vorrichtung (9) ein hakenförmiges unteres Ende aufweist, das zwischen dem den Wulst haltenden Flansch der [X.] und dem Reifenwulst eingeführt werden kann, um den Rand des [X.] in der Such- und Greifposition zu greifen, wobei die Vorrichtung (9) betätigt werden kann, um von der Ausziehposition angehoben zu werden, um den ergriffenen Abschnitt des oberen [X.] bis oberhalb der [X.] herauszuziehen.“

Sowohl für die [X.] als auch für die [X.] Fassung der geltenden Patentansprüche 2 bis 12, die alle auf den geltenden Patentanspruch 1 zurückbezogen sind, wird Bezug genommen auf die [X.] 2.

Mit ihrer bei Eingang der Klage am 21. April 2008 noch gegen das unbeschränkte Patent gerichteten Klage hat die Klägerin zunächst geltend gemacht, daß der Gegenstand des Streitpatents in seiner erteilten Fassung nicht patentfähig sei. Gegenüber der geltenden Fassung, die das Streitpatent im Beschränkungsverfahren vor dem [X.] erhalten hat, hat die Klägerin eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs geltend gemacht. Im übrigen sei auch der Gegenstand des beschränkten Streitpatents nicht patentfähig. Er sei nicht neu, jedenfalls ergebe er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik.

Dazu beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:

D1 [X.] 24 16 668 A

D2 Betriebsanleitung „ [X.]“ März 1996

D3 Betriebsanleitung „ [X.]“, Oktober 1996

D4 [X.] 692 07 834 T2 (EP 0 524 651 B1)

D5 [X.] 196 26 607 A1

D6 [X.] 2 837 147 A

D7 Katalog „ monty “, November 1992

D8 EP 0 499 825 A1

D9 [X.] 3 267 983 A

D10 [X.] 44 15 064 A1

Die Klägerin stellt den Antrag,

das [X.] Patent EP 1 177 920 mit Wirkung für die [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise beantragt sie, dem Streitpatent eine der Fassungen der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge 1 bis 4 zu geben.

Diese Hilfsanträge lauten wie folgt:

Hilfsantrag 1:

„1. Automatische Vorrichtung zum Montieren und Demontieren

dadurch gekennzeichnet,

dass sie zum Halten der [X.] (5) zusammen mit dem Reifen (6) eine Rotationseinrichtung (3) aufweist, welche mit einem Rahmen (7), welcher einen [X.] (16) trägt, verbunden ist, der in [X.] positionierbar und horizontal verfahrbar ist und mit wenigstens einem Demontierwerkzeug (25) versehen ist, welches um eine perpendikular zu der Hauptachse des [X.] (16) verlaufende Achse rotieren kann, um mittels einer [X.] (17) zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des Wulstes des Reifens (6), in welcher das Werkzeug (25) in Richtung des [X.] ausgerichtet ist, und einer zweiten Position zum Herausziehen des Wulstes des Reifens (6) von der [X.] positionierbar ist, in welcher das Werkzeug (25) vertikal oder in der entgegengesetzten Richtung ausgerichtet ist, worin die Vorrichtung (9) ein hakenförmiges unteres Ende aufweist, das zwischen dem den Wulst haltenden Flansch der [X.] und dem Reifenwulst eingeführt werden kann, um den Rand des [X.] in der Such- und Greifposition zu greifen, wobei die Vorrichtung (9) betätigt werden kann, um von der Ausziehposition angehoben zu werden, um den ergriffenen Abschnitt des oberen [X.] bis oberhalb der [X.] herauszuziehen.“

Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 nach diesem Antrag wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Hilfsantrag 2:

„1. Reifendemontiermaschine (1), beinhaltend eine automatische

Vorrichtung (9) zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen [X.] (5),

dadurch gekennzeichnet,

dass sie zum Halten der [X.] (5) zusammen mit dem Reifen (6) eine Rotationseinrichtung (3) aufweist, welche mit einem Rahmen (7), welcher einen [X.] (16) trägt, verbunden ist, der in [X.] positionierbar und horizontal verfahrbar ist und mit wenigstens einem gelenkig am [X.] (16) angebrachten Demontierwerkzeug (25) versehen ist, welches um eine perpendikular zu der Hauptachse des [X.] (16) verlaufende Achse rotieren kann, um mittels einer [X.] (17) zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des Wulstes des Reifens (6), in welcher das Werkzeug (25) in Richtung des [X.] ausgerichtet ist, und einer zweiten Position zum Herausziehen des Wulstes des Reifens (6) von der [X.] positionierbar ist, in welcher das Werkzeug (25) vertikal oder in der entgegengesetzten Richtung ausgerichtet ist, worin das Demontierwerkzeug (25) einen hakenförmigen unteren Bereich zum Greifen des Wulstes des Reifens (6) aufweist, der vom [X.] (16) hervorsteht und der zwischen dem den Wulst haltenden Flansch der [X.] und dem Reifenwulst eingeführt werden kann, um den Rand des [X.] in der Such- und Greifposition zu greifen, wobei die Vorrichtung (9) betätigt werden kann, um von der Ausziehposition angehoben zu werden, um den ergriffenen Abschnitt des oberen [X.] bis oberhalb der [X.] herauszuziehen.“

Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 nach diesem Antrag wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Hilfsantrag 3:

„1. Reifendemontiermaschine (1), beinhaltend eine automatische

Vorrichtung (9) zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen [X.] (5),

dadurch gekennzeichnet,

dass sie zum Halten der [X.] (5) zusammen mit dem Reifen (6) eine Rotationseinrichtung (3) aufweist, welche mit einem Rahmen (7), welcher einen [X.] (16) trägt, verbunden ist, der in [X.] positionierbar und horizontal verfahrbar ist und mit wenigstens einem gelenkig am [X.] (16) angebrachten Demontierwerkzeug (25) versehen ist, welches um eine perpendikular zu der Hauptachse des [X.] (16) verlaufende Achse in Bezug auf den [X.] (16) rotieren kann, um mittels einer mit dem Demontierwerkzeug (25) verbundenen [X.] (17) zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des Wulstes des Reifens (6), in welcher das Werkzeug (25) in Richtung des [X.] ausgerichtet ist, und einer zweiten Position zum Herausziehen des Wulstes des Reifens (6) von der [X.] positionierbar ist, in welcher das Werkzeug (25) vertikal oder in der entgegengesetzten Richtung ausgerichtet ist, worin das Demontierwerkzeug (25) einen hakenförmigen unteren Bereich zum Greifen des Wulstes des Reifens (6) aufweist, der vom [X.] (16) hervorsteht und der zwischen dem den Wulst haltenden Flansch der [X.] und dem Reifenwulst eingeführt werden kann, um den Rand des [X.] in der Such- und Greifposition zu greifen, wobei die Vorrichtung (9) betätigt werden kann, um von der Ausziehposition angehoben zu werden, um den ergriffenen Abschnitt des oberen [X.] bis oberhalb der [X.] herauszuziehen.“

Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 nach diesem Antrag wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Hilfsantrag 4:

„1. Reifendemontiermaschine (1), beinhaltend eine automatische

Vorrichtung (9) zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen [X.] (5),

dadurch gekennzeichnet,

dass sie zum Halten der [X.] (5) zusammen mit dem Reifen (6) eine Rotationseinrichtung (3) aufweist, welche mit einem Rahmen (7), welcher einen [X.] (16) trägt, verbunden ist, der in [X.] positionierbar und horizontal verfahrbar ist und mit wenigstens einem gelenkig am [X.] (16) angebrachten Demontierwerkzeug (25) versehen ist, welches um eine perpendikular zu der Hauptachse des [X.] (16) verlaufende Achse in Bezug auf den [X.] (16) rotieren kann, um mittels einer mit dem Demontierwerkzeug (25) verbundenen [X.] (17) zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des Wulstes des Reifens (6), in welcher das Werkzeug (25) in Richtung des [X.] ausgerichtet ist, und einer zweiten Position zum Herausziehen des Wulstes des Reifens (6) von der [X.] positionierbar ist, in welcher das Werkzeug (25) vertikal oder in der entgegengesetzten Richtung ausgerichtet ist, worin das Demontierwerkzeug (25) einen hakenförmigen unteren Bereich zum Greifen des Wulstes des Reifens (6) aufweist, der vom [X.] (16) hervorsteht und der zwischen dem den Wulst haltenden Flansch der [X.] und dem Reifenwulst eingeführt werden kann, um den Rand des [X.] in der Such- und Greifposition zu greifen, wobei die Vorrichtung (9) betätigt werden kann, um von der Ausziehposition angehoben zu werden, um den ergriffenen Abschnitt des oberen [X.] bis oberhalb der [X.] herauszuziehen, wobei der [X.] (16) um seine Achse rotierbar ist, um wahlweise das Demontierwerkzeug (25) oder ein Montierwerkzeug (27) in der Nähe des Flansches der [X.] (5) zu positionieren und wobei der [X.] (16) und eine hohle Welle (14), mit welcher er starr verbunden ist, mittels eines Zahnstangengetriebes (21, 22) rotierbar sind.“

Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 nach diesem Antrag wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie hält den [X.] des erweiterten Schutzumfangs für unbegründet und meint, dass bereits der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 auf eine vollständige Reifendemontiermaschine gerichtet sei. Das ergäbe sich aus den Absätzen [0001] und [0020] der [X.]. Im übrigen hält die Patentinhaberin den Gegenstand des beschränkten Streitpatents für neu und erfinderisch, zumindest in den hilfsweise geltend gemachten Fassungen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die in der [X.] in Bezug genommene Druckschrift

[X.] [X.] 2 850 061 A

war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, mit der die in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 und 4 [X.], Artikel 138 Absatz 1 lit. a) und d) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2, Artikel 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe des erweiterten Schutzbereichs und der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht werden, ist begründet.

Soweit die Klage ursprünglich solche Gegenstände des erteilten Streitpatents betraf, die durch die Neufassung des Patents im Beschränkungsverfahren nach Art. 105 a EPÜ vor dem [X.] weggefallenen sein mögen, ist Erledigung eingetreten (vgl. zum [X.] Verfahren Schulte, [X.], 8. Aufl., § 81 Rdnr. 175).

In seiner geltenden Fassung ist das Streitpatent gem. Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ für nichtig zu erklären, weil der Schutzbereich des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, der zugleich auch der einzige selbstständige Anspruch des Streitpatents in seiner geltenden, aus dem Beschränkungsverfahren resultierenden Fassung ist, gegenüber dem Schutzbereich der nebengeordneten Ansprüche 1 und 13 des erteilten Patents i. S. v. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ erweitert ist.

Auch die hilfsweise Verteidigung des Streitpatents im Umfang der [X.] bis 4 ist erfolglos geblieben. Der Gegenstand des mit Hilfsantrag 1 beanspruchten Patentanspruchs 1 ist nicht i. S. v. Artikel 54, 56 EPÜ erfinderisch. Ihm steht daher der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 [X.] i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. a) EPÜ entgegen. Der Schutzbereich des mit den [X.] 2 bis 4 jeweils beanspruchten Patentanspruchs 1 ist - wie der des geltenden Patentanspruchs 1 - gegenüber dem Schutzbereich der erteilten Patentansprüche 1 und 13 erweitert. Einer solchen Fassung des Streitpatents steht daher der [X.] des erweiterten Schutzumfangs gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ entgegen.

I.

1. Das Streitpatent betrifft in der geltenden Fassung gemäß [X.] ([X.]), die es in dem Beschränkungsverfahren vor dem [X.] erhalten hat, eine Reifendemontiermaschine, ausgestattet mit einer automatischen Reifendemontier- und Montiervorrichtung (vgl. die Bezeichnung der [X.]).

D1 eine Maschine bekannt, welche im wesentlichen eine drehbare Plattform mit vertikaler Achse aufweise, die mit einer selbstzentrierenden Vorrichtung zum Verriegeln der Radfelge versehen sei, über welcher ein Trägerelement liege, welches in der Höhe und in der horizontalen Richtung verstellbar ein Werkzeug trage, welches dafür vorgesehen sei, mit dem Reifenrand oder -wulst zu interagieren, um es unter den Flansch der Radfelge zu drängen oder von demselben herauszuziehen (vgl. Absatz [0002] der [X.] Übersetzung).

Nach Absatz [0006] der [X.] Übersetzung lehre der Stand der Technik, dass die erste [X.], die die [X.] ausführen müsse, um im weiteren Verlauf einen Reifen von der Radfelge zu demontieren, das Lösen des [X.] von dem [X.] der Radfelge sei, und zwar unter Verwendung der Wulstlösevorrichtung, mit welcher [X.] üblicherweise ausgestattet seien. Die [X.] platziere dann [X.], welches die Radfelge und den Reifen aufweise, auf der selbstzentrierenden Vorrichtung und [X.] es in der Arbeitsposition.

Nach Absatz [0007] der [X.] Übersetzung positioniere anschließend die [X.] das Werkzeug in Kontakt mit dem Flansch der Radfelge, hebe unter Verwendung eines geeigneten Hebels den Reifenwulst über die Arbeitsfläche des Werkzeugs und rotiere dann die Radfelge, während die [X.] gleichzeitig mit einer Hand auf die derjenige Seite des Reifens drücke, die derjenigen, an welcher das Werkzeug positioniert sei, gegenüber liege. Auf diese Weise solle erreicht werden, dass sich der Wulst in dem Felgenbett der Radfelge positioniere. Zusätzlich müsse die [X.], während die Radfelge rotiere, das Austreten des [X.] unter Verwendung eines Hebels unterstützen, von welchem ein Ende zwischen den Reifenrand und den Flansch der Radfelge eingeführt sei. Nach Absatz [0009] der [X.] Übersetzung schmiere die [X.] üblicherweise des Rand des [X.], um die Demontage von der Radfelge zu erleichtern.

Nachteilig bei bekannten Vorrichtungen sei das benötigte Einschreiten der [X.] mit [X.], deren Größe von der Größe des Reifens und der Steifheit seines [X.] abhänge (vgl. Absatz [0010] der [X.] Übersetzung). Zusätzlich bedeute das manuelle Einschreiten der [X.], dass sie dem Risiko von Unfällen ausgesetzt sei, da sie mit beweglicher Ausrüstung und mit geschmierten Oberflächen arbeiten müsse, vgl. Absatz [0011] der [X.] Übersetzung.

2. Aufgabe des Streitpatents ist es, die Nachteile des bekannten Standes der Technik mit einer vernünftigen und zuverlässigen Lösung zu beseitigen, die es nicht erfordert, dass die [X.] während des Demontierens des Reifens von der Radfelge oder während der entgegengesetzten [X.] aktiv einschreitet (vgl. Absatz [0012] der [X.] Übersetzung).

3.1 Zur Lösung dieser Aufgabe wird nach Hauptantrag eine Reifendemontiermaschine mit den Merkmalen des (in der Fassung des beschränkten Patents verteidigten) geltenden Anspruchs 1 vorgeschlagen (hier wiedergegeben in einer vom Senat vorgenommenen Merkmalsgliederung):

a)_b)_c)_d)_e)_f)_g)_h)_i)_

3.2 Nach dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 1 wird zur Lösung der Aufgabe eine automatische Vorrichtung zum Montieren und Demontieren eines Reifens auf und von der zugehörigen Radfelge vorgeschlagen, die folgende Merkmale aufweist (hier wiedergegeben in einer vom Senat vorgenommenen Merkmalsgliederung):

a1)_b1)_c1)_d1)_e1)_f1)_[X.])_h1)_i1)_3.3. Mit den [X.] 2 bis 4 werden Patentansprüche 1 beansprucht, für die jeweils derselbe Oberbegriff gilt wie für den geltenden Patentanspruch 1, der gemäß Hauptantrag verteidigt wird.

4. Maßgebender Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fahrzeugtechnik mit Fachhochschul-Abschluss, der über eine mehrjähriger Erfahrung im Bereich der [X.] und Reifendemontagetechnik verfügt.

II.

In seiner geltenden Fassung ist das Streitpatent gem. Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ für nichtig zu erklären, weil der Schutzbereich des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, der zugleich auch der einzige selbstständige Anspruch des Streitpatents in seiner geltenden, aus dem Beschränkungsverfahren resultierenden Fassung ist, gegenüber dem Schutzbereich der nebengeordneten Ansprüche 1 und 13 des erteilten Patents i. S. v. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ erweitert ist.

1. Die Erhebung dieses neuen [X.]es des erweiterten Schutzbereichs durch die Klägerin nach Einreichung der Klageschrift ist gem. § 99 [X.] i. V. m. § 263 ZPO zulässig, denn die Beklagte hat sich [X.] darauf eingelassen und damit in die Klagerweiterung eingewilligt. Im Übrigen wäre die Zulassung des neuen [X.]es durch das Gericht auch sachdienlich gewesen, weil das Beschränkungsverfahren vor dem [X.] erst nach Klageerhebung abgeschlossen worden ist, und damit die Fassung, die das Streitpatent im Beschränkungsverfahren erhalten hat, erst nach Klageerhebung an die Stelle des Streitpatents in seiner erteilten Fassung getreten ist.

2. Vom erteilten Anspruch 1 unterscheidet sich der aus dem Beschränkungsverfahren vor dem [X.] resultierende geltende Anspruch 1 durch die folgenden Änderungen:

(1)Aufnahme der Formulierung "Reifendemontiermaschine (1) beinhaltend eine" am Beginn des Merkmals a)

(3)Hinzunahme des Bezugszeichens "(9)" zur Formulierung "automatische Vorrichtung" in Merkmal a)

(3)Ersatz des Wortes "senkrecht" durch das Wort "perpendikular" in Merkmal e)

(4)Hinzunahme der Formulierung "mittels einer [X.] (17)" in Merkmal f)

(5)Ersatz des Wortes "orientiert" durch das Wort "ausgerichtet" in den Merkmalen f) und g) sowie

(6)Hinzufügung der Merkmale h) und i).

Die Änderungen (1) und (2) betreffen den Oberbegriff, der in der erteilten Fassung wie folgt lautet:

„1. Automatische Vorrichtung zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen Radfelge (5)"

(„

Im Unterschied dazu hat der Oberbegriff im Beschränkungsverfahren vor dem [X.] folgende Fassung erhalten:

„1. Reifendemontiermaschine (1), beinhaltend eine automatische Vorrichtung (9) zum Montieren und Demontieren eines Reifens (6) auf und von der zugehörigen Radfelge (5)"

(„

3. Mit dieser Änderung ist der Schutzbereich des geltenden Patentanspruchs 1 sowohl gegenüber dem des erteilten selbstständigen Patentanspruchs 1 als auch gegenüber dem erteilten nebengeordneten Patentanspruch 13 i. S. v. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ erweitert worden.

Wie im [X.] Beschränkungsverfahren gemäß § 64 [X.] sind im Beschränkungsverfahren vor dem [X.] gemäß Artikel 105a und 105b EPÜ nur solche Änderungen zulässig, die den Schutzbereich des geltenden Patents verkleinern (vgl. Singer/[X.], [X.], Artikel 105b, Rdnr. 5). Unzulässig sind dagegen Änderungen, mit denen der Umfang der - in diesem Fall nur angeblich - beschränkten Patentansprüche tatsächlich über den Umfang der bis dahin geltenden Patentansprüche hinausgehen (s. Regel 92 Absatz 2 lit. d), Regel 94 der Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung [X.] Patente). So verhält es sich hier.

3.1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 12 gehen über den Schutzbereich des erteilten Patentanspruchs 13 hinaus. Von den erteilten Patentansprüchen bezeichnet nur der nebengeordnete Patentanspruch 13 seinen Gegenstand ausdrücklich als eine Reifendemontiermaschine (

3.2 Der Schutzbereich des geltenden Patentanspruchs 1 geht auch über den des erteilten Patentanspruchs 1 hinaus.

[X.] war auf eine Vorrichtung für eine Reifendemontiermaschine gerichtet und nicht auf die Gesamtheit einer solchen Maschine. Bei dieser Feststellung geht der Senat aus von Artikel 69 EPÜ. Danach wird der Schutzbereich des europäischen Patents durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Dabei dient die Auslegung nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen, sondern auch zur Klarstellung der in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der Erfindung ([X.], Urteil vom 2. März 1999 - [X.]; [X.], 909 - [X.]annschraube).

Die [X.] unterscheidet begrifflich eindeutig zwischen [X.] einerseits und andererseits den Vorrichtungen, die Teile solcher Maschinen sein können. Eine solche Vorrichtung - und nicht eine vollständige [X.]- war der Gegenstand der erteilten Patentansprüche 1 bis 12. Diese Ansprüche bezeichnen ihren jeweiligen Gegenstand ausdrücklich als „automatische Vorrichtung“. In klarer Abgrenzung dazu verwendet nur der einzige nebengeordnete erteilte Patentanspruch 13 für seinen Gegenstand den Ausdruck „Reifendemontiermaschine“. Diese Unterscheidung wird in der Beschreibung aufgegriffen und im einzelnen technisch erläutert.

[X.] war auf eine Vorrichtung für eine Reifendemontiermaschine gerichtet. Die erteilte "automatische Vorrichtung zum Montieren und Demontieren" weist gemäß seinen sinngemäß den Merkmalen c) bis g) des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag entsprechenden Merkmalen (vgl. die [X.] Übersetzung) einen Arbeitskopf mit einem Demontierwerkzeug auf, das in zwei Positionen positionierbar ist. Das Merkmal b) beansprucht zusätzlich eine Rotationseinrichtung sowie das Merkmal c) zusätzlich einen Rahmen. Somit ist erkennbar eine über die insbesondere in den [X.]. 3 bis 5 mit dem Bezugszeichen 9 versehene und in Absatz [0034] der [X.] Übersetzung so bezeichnete Vorrichtung hinausgehende übergeordnete (automatische) Vorrichtung beansprucht und geschützt. Diese weist neben der eigentlich funktional im Vordergrund stehenden Vorrichtung 9 die beiden zusätzlichen Elemente Rotationseinrichtung und Rahmen auf. Alle diese Komponenten, also die Vorrichtung 9, die Rotationseinrichtung und der Rahmen, werden in der [X.] als Bestandteile einer Maschine aufgefasst. So bezeichnet der einleitende Absatz [0001] die Erfindung als eine von „denjenigen Einrichtungen, die bei [X.] installiert sind und die es ermöglichen, dass der Reifen demontiert und/oder auf dieselbe montiert wird“. In seiner Beschreibung des Standes der Technik unterscheidet Absatz [0002] zwischen den [X.] einerseits und den Vorrichtungen andererseits, die diese Maschinen aufweisen.

Nach der Beschreibung der [X.] Übersetzung umfassen [X.] üblicherweise nicht nur eine Vorrichtung der Art, wie sie in den erteilten Patentansprüchen beansprucht wird, sondern darüber hinaus beispielsweise eine selbstzentrierende Vorrichtung zum Verriegeln der Radfelge, eine Wulstlöseeinrichtung und Einrichtungen für den koordinierten Betrieb der Rotationseinrichtung und des Trägers mit dem Werkzeug für die Arbeit an Reifen und Felge. Diese zusätzlichen Vorrichtungen gehören nicht zu den Gegenständen der erteilten Patentansprüche und werden auch in der Beschreibung in der [X.] nicht als Teil der Erfindung dargestellt. Beispielsweise ist die in Absatz [0002] der [X.] Übersetzung als herkömmlicher Bestandteil einer Reifendemontiermaschine genannte selbstzentrierende Vorrichtung zum Verriegeln der Radfelge in dem in der Beschreibung und in den [X.]uren dargestellten, gemäß Absatz [0022] bevorzugten und zugleich nicht beschränkenden Ausführungsbeispiel zwar vorgesehen (s. Verriegelungseinrichtung 4 in den [X.]uren 1 und 2), in Absatz [0032] wird jedoch herausgestellt, dass die Verriegelungseinrichtung 4 nicht detailliert beschrieben (und damit auch nicht beansprucht) werde, weil sie bereits Gegenstand einer weiteren Patentanmeldung der Patentinhaberin sei. Tatsächlich ist diese von der [X.] empfohlene und im übrigen als üblich beschriebene Vorrichtung kein Gegenstand der erteilten Patentansprüche. Weiter beispielsweise umfasst der Gegenstand der erteilten Patentansprüche keine Wulstlöseeinrichtung, „mit welcher“ - wie es in Absatz [0006] der [X.] Übersetzung heißt - „[X.] üblicherweise ausgestattet sind“. Wie sich schließlich Absatz [0051] entnehmen lässt, gehören zur [X.] und zum Gegenstand des erteilten Patents auch nicht die notwendigen Einrichtungen für den Betrieb der beanspruchten Vorrichtung, der - gemäß Absatz [0051] - automatisch über einen Prozessor gesteuert werden kann oder - dann direkt von der [X.] - über geeignete Steuereinrichtungen.

Somit waren die erteilten Patentansprüche 1 bis 12 auf eine Vorrichtung gerichtet, die im Vergleich mit dem in der Beschreibung der [X.] im übrigen verwandten und erläuterten Begriff der Reifendemontiermaschine einen technisch wesentlich geringeren Umfang hatte. Dagegen ist der Gegenstand der geltenden Patentansprüche 1 bis 12 nach ihrem gemeinsamen Oberbegriff eine „Reifendemontiermaschine“. Damit geht der Schutzbereich dieser Patentansprüche über den der erteilten Patentansprüche 1 bis 12 hinaus.

Demgegenüber hat die Patentinhaberin die Auffassung vertreten, die Streitpatentschrift offenbare und beanspruche als Gegenstand auch der erteilten Patentansprüche 1 bis 12 eine komplette Reifendemontiermaschine und nicht nur einen Teil davon. Dazu beruft sich die Patentinhaberin auf die Absätze [0001] und [0002] in der Beschreibung der [X.]. Der Senat ist dieser Auslegung nicht gefolgt. Absatz [0001] bezeichnet die Erfindung ausdrücklich als eine der „Einrichtungen, die bei [X.] installiert sind …“, und beschreibt damit den Patentgegenstand von vornherein, nämlich als erster Satz und allgemeine Einleitung der Beschreibung, als einen Teil einer Reifendemontiermaschine im Gegensatz zu deren Ganzem. Es trifft jedoch zu, dass Absatz [0020] in dem einen Satz, aus dem er besteht, die Behauptung aufstellt, dass aus der Kombination der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit der rotierenden [X.] für die Radfelge in einem Aufbau resultiere, „welcher eine komplette Reifendemontiermaschine repräsentiert, welche des weiteren in einfacher Weise mit einem Wulstlösewerkzeug von bekannter Bauart versehen werden kann“. Dieser Satz ist jedoch nicht dazu geeignet, den Gegenstand des erteilten Patents festzulegen. Denn er ist kein Bestandteil der Patentansprüche und enthält nur eine allgemeine Behauptung ohne technische Konkretisierung. Vor allen Dingen aber steht er im klaren und auch isolierten Gegensatz zum Gesamtinhalt der Streitpatentschrift im übrigen, der - wie bereits dargelegt - den Gegenstand des erteilten Patents als Teil einer Reifendemontiermaschine definiert im Unterschied zu deren technisch deutlich umfänglicheren Gesamtheit.

Nach den obigen Ausführungen kommt es somit nicht mehr darauf an, ob die weiteren im Beschränkungsverfahren vor dem [X.] vorgenommenen Änderungen (2) bis (5) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag zulässig sind.

4. Es mag sein, dass in den ursprünglichen Unterlagen für die Anmeldung des Streitpatents oder auch in der [X.] eine Reifendemontiermaschine als erfindungswesentlich offenbart worden ist, die über den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 13 hinausging. Darauf kommt es jedoch für die Prüfung des [X.]es der Erweiterung des Schutzbereiches nicht an. Denn ist ein [X.] Patent - wie hier - einmal bestandskräftig erteilt worden, kann ein Gegenstand, der durch die ursprüngliche Anmeldung oder durch eine der Patentschriften womöglich offenbart, von den ursprünglich erteilten Patentansprüchen aber nicht geschützt worden ist, in nachfolgenden Verfahren - sei es im Einspruchsverfahren, im Beschränkungsverfahren oder im nationalen Patentnichtigkeitsverfahren - nicht mehr in das Patent einbezogen und unter Schutz gestellt werden. Denn mit der Erteilung eines Patents wird dessen maximaler Schutzumfang endgültig festgelegt und dieser patentrechtliche Rahmen kann in späteren Verfahren nicht mehr überschritten werden (für das Patentnichtigkeitsverfahren s. [X.], Urteil vom 14. September 2004 - [X.]/01 - [X.], 145 - Elektronisches Modul).

5. Die auf Anspruch 1 des [X.] 2 bis 12 fallen zusammen mit Anspruch 1.

III.

1. Die Beklagte hat die beschränkten Fassungen der Patentansprüche nach [X.] 1 bis 4 in [X.]r [X.]rache eingereicht. Der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens steht im [X.] [X.] nicht entgegen, dass Anmeldung und Ursprungsoffenbarung auf [X.] erfolgt sind und das Streitpatent in der Verfahrenssprache [X.] erteilt worden ist (st. Rspr., u. a. [X.]Z 118, 221, 222 f - Linsenschleifmaschine; [X.]Z 133, 79, 81 Bogensegment; [X.] [X.] 2002, 16 Filtereinheit; [X.]Z 147, 306, 314 - [X.]). Denn [X.] ist wie [X.] Amts- und Verfahrenssprache des [X.]s, Artikel 14 Absatz 1 und 3 EPÜ. Für die Prüfung der [X.] Patentansprüche nach [X.] 1 bis 4 auf eine etwaige unzulässige Erweiterung ihres Gegenstandes gegenüber der Ursprungsoffenbarung und auf eine etwaige Erweiterung ihres Schutzbereichs gegenüber dem Schutzbereich des angegriffenen Patents sowohl in seiner erteilten Fassung als auch in der Fassung, die es im Beschränkungsverfahren vor dem [X.] erhalten hat, bleiben die [X.] Ursprungsoffenbarung und der [X.] Text der erteilten Ansprüche gemäß Streitpatentschrift maßgebend, Artikel 70 Absatz 1 EPÜ.

2. Ob der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 durch die Hinzunahme der Merkmale h1) und i1) erweitert wurde und damit der [X.] der Erweiterung des Schutzbereichs gem. Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ zutrifft, kann dahin gestellt bleiben. Jedenfalls kann die Patentinhaberin das geltende Patent mit dem ersten Hilfsantrag nicht erfolgreich verteidigen, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach diesem Hilfsantrag nicht patentfähig ist i. S. v. Artikel 54 und 56 EPÜ. Folglich gilt der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit i. S. v. Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 [X.] i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. a) EPÜ.

2.1 Der Gegenstand des mit Hilfsantrag 1 beanspruchten Patentanspruchs 1 ist neu.

D2 bis D7 , D9 und D11 fehlt jeweils die Anordnung einer [X.] gemäß einem Teil des Merkmals f1), den Gegenständen der Druckschriften D1 , D8 und [X.] fehlt jeweils das in zwei Positionen positionierbare Demontierwerkzeug gemäß den Merkmalen f1) und [X.]).

2.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht dagegen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

[X.] betrifft eine Vorrichtung zur Demontage eines Reifens von einer Felge, vgl. die Bezeichnung. Sie offenbart gemäß Merkmal a1) eine automatische Vorrichtung zum Demontieren eines [X.] von der zugehörigen Radfelge 5 (vgl. [X.]. 1, [X.]. 3, [X.] 17 bis 23 sowie den Oberbegriff des Anspruchs 1). Diese Vorrichtung kann deswegen als automatisch bezeichnet werden, weil entsprechend dem Streitpatent (vgl. Absatz [0014] der [X.] Übersetzung) kein Eingreifen einer [X.] beim Herausziehen des Reifens von der Radfelge erforderlich ist (vgl. [X.]. 4, [X.] 34 bis 55). Dass die automatische Vorrichtung der [X.] auch zum Montieren eines Reifens auf die zugehörige Felge mit Hilfe eines geeigneten Werkzeugs (wie auch diejenige des Streitpatents, vgl. Absatz [0060] der [X.] Übersetzung) verwendbar gemacht werden kann, wird vom Fachmann automatisch mitgelesen.

Merkmal b1) zum Halten der Radfelge 5 zusammen mit dem Reifen 6 eine Rotationseinrichtung ([X.]annvorrichtung 4 zusammen mit einem Antriebsmotor, vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 17 bis 23) auf. Diese Rotationseinrichtung ist gemäß Merkmal c1) (über das Bodenteil 2, vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 15 bis 23) mit einem Rahmen 1 (vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 16) verbunden, welcher einen Arbeitskopf (verstellbare Halterung 23, vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 55 bis 61) trägt.

Merkmal d1) in einer Ebene positionierbar und horizontal verfahrbar (vgl. [X.]. 1, insbesondere die Pfeilsymbole neben dem [X.] sowie [X.]. 4, [X.] 34 bis 41) und mit einem Demontierwerkzeug (Haken 21, vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 61 bis 64) versehen, welches gemäß Merkmal e1) um eine perpendikular (also senkrecht) zu der Hauptachse des [X.] 23 verlaufende Achse rotieren kann (vgl. den in [X.]. 1 dargestellten Rotationspfeil neben dem [X.] sowie [X.]. 3, [X.] 4 bis 9 und [X.]. 4, [X.] 34 bis 41).

Merkmals f1) zwischen einer ersten Position zum Suchen und Greifen des [X.] des [X.], und gemäß Merkmal [X.]) einer zweiten Position zum Herausziehen des [X.] des [X.] von der Radfelge 5 positionierbar, in welcher das Werkzeug 21 (aus [X.]. 1 ersichtlich) vertikal ausgerichtet ist (vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 4 bis 9, [X.]. 3, [X.] 57 bis 64 sowie [X.]. 4, [X.] 34 bis 41).

[X.] bzw. deren Demontierwerkzeug 21 weist gemäß Merkmal h1) ein hakenförmiges unteres Ende auf (vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 57 bis 64), das zwischen dem den Wulst haltenden Flansch der Radfelge 5 und dem Reifenwulst eingeführt werden kann, um den Rand des [X.] in der Such- und Greifposition zu greifen, wobei gemäß Merkmal i1) die Vorrichtung der [X.] bzw. deren Demontierwerkzeug 21 betätigt werden kann, um von der Ausziehposition angehoben zu werden, um den ergriffenen Abschnitt des oberen [X.] bis oberhalb der Radfelge 5 herauszuziehen (vgl. [X.]. 1 und [X.]. 3, [X.] 4 bis 9, [X.]. 3, [X.] 57 bis 64 sowie [X.]. 4, [X.] 34 bis 41).

[X.] unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass das Demontierwerkzeug gemäß Merkmal f1) mit einer [X.] positionierbar und in der ersten Position in Richtung des [X.] ausgerichtet ist.

[X.] betrachtet und den funktional wichtigen Vorgang des Suchens, Ergreifens und Herausziehens der Wulst noch detaillierter als in der [X.] angegeben betrachten will, wird er sich diesbezüglich im Stand der Technik (auch bei manuellen Vorrichtungen) umsehen. Dabei wird er auf die Vorrichtung der Druckschrift D9 stoßen.

D9 betrifft eine Vorrichtung zum Abziehen von Reifen von den Rändern von Fahrzeugreifen ( Merkmal f1) zwischen einer (in [X.]. 3 ausgezogen dargestellten) ersten Position zum Suchen und Greifen des [X.] 20 des [X.], in welcher das Werkzeug 15 in Richtung des [X.] 3 ausgerichtet ist, und gemäß Merkmal [X.]) einer zweiten (in [X.]. 3 gestrichelt dargestellten) Position zum Herausziehen des [X.] 20 des [X.] von der Radfelge 3 positionierbar, in welcher das Werkzeug 15 in der (der Richtung zum [X.]) entgegengesetzten Richtung ausgerichtet ist (vgl. [X.]. 1 bis 3 und [X.]. 2, [X.] 40 bis 59).

Merkmal f1) das Demontierwerkzeug mittels einer (beispielsweise aus [X.] an sich vorbekannten) [X.] positionierbar ist, entspringt üblicher fachgemäßer Vorgehensweise bei automatischen Vorrichtungen, die ja gerade die manuelle Arbeit entfallen lassen sollen. Ein Vorbild hierfür liefert bereits die automatische Vorrichtung der [X.] , bei der die [X.]en 7, 14 und 17 bereits bestimmte Vorgänge (Abdrücken der Reifenwülste bzw. Andrücken der Reifenwülste in das Tiefbett der Felge) durchführen (vgl. [X.]. 1 und 2 sowie [X.]. 3, [X.] 24 bis 57 und [X.]. 4, [X.] 8 bis 33).

D9 auf den Gegenstand der [X.] anwendet, gelangt er in nahe liegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1.

Die auf Anspruch 1 des [X.] bis 12 fallen zusammen mit dem nicht schutzfähigen Anspruch 1.

IV.

Auch in der Fassung der [X.] bis 4 kann das Streitpatent nicht erfolgreich verteidigt werden; denn für die mit diesen Anträgen jeweils beanspruchten Patentansprüche 1, die jeweils der einzige selbstständige Anspruch sind, gilt wie für den geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ebenfalls der [X.] des erweiterten [X.] S. v. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ.

Für die mit diesen Anträgen verteidigten Patentsprüche gilt durchgehend derselbe Oberbegriff wie für den geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag. Der [X.] des erweiterten Schutzumfangs besteht daher aus denselben Gründen wie im Fall des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Auf die entsprechenden Feststellungen zum geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag wird daher Bezug genommen.

Die auf die jeweiligen Ansprüche 1 rückbezogenen [X.] 2 bis 10 der [X.] und 3 bzw. 2 bis 8 des [X.] fallen zusammen mit den jeweiligen Ansprüchen 1.

V.

[X.] beruht auf § 84 Absatz 2 [X.] i. V. m. § 91 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Absatz 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

2 Ni 12/08 (EU)

30.09.2010

Bundespatentgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 30.09.2010, Az. 2 Ni 12/08 (EU) (REWIS RS 2010, 2846)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2846


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 Ni 12/08 (EU)

Bundespatentgericht, 2 Ni 12/08 (EU), 30.09.2010.


Az. X ZR 31/11

Bundesgerichtshof, X ZR 31/11, 01.04.2014.


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