Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 12.07.2023, Az. 2 BvR 482/14

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2023, 4494

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Echte Rückwirkung der Regelung des § 20 Abs 1 Nr 7 S 3 EStG 2010 (F: 08.12.2010) zur Einkommensbesteuerung von Erstattungszinsen (§ 233a AO) gerechtfertigt - kein schutzwürdiges Vertrauen vor BFH-Urteil vom 15.06.2010 (VIII R 33/07)


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Entscheidungsgründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Einkommenbesteuerung von Zinsen, die vom Finanzamt an die Beschwerdeführer aufgrund von [X.] im Jahr 2001 gezahlt wurden.

2

Die endgültige Festsetzung der Einkommensteuer kann insbesondere aufgrund zuvor festgesetzter Vorauszahlungen und im Wege des [X.] erhobener Beträge zu einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen führen. Dieser Erstattungsbetrag ist nach § 233a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 und 3 der Abgabenordnung ([X.]) nach Ablauf einer Karenzzeit von 15 Monaten zu verzinsen (sog. Erstattungszinsen).

3

Die an den Steuerpflichtigen gezahlten Erstattungszinsen zählen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen damit der Einkommenbesteuerung. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG wurde mit dem Jahressteuergesetz 2010 ([X.] 2010) vom 8. Dezember 2010 ([X.]) eingefügt und ist nach § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG (i.d.[X.] des [X.] 2010) auf alle Fälle anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden war. Der Hintergrund dieser Neuregelung stellt sich wie folgt dar:

4

1. Der [X.] hatte zunächst in jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung den Zufluss von Erstattungszinsen den (steuerbaren) Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet (vgl. [X.], Urteile vom 18. Februar 1975 - [X.]/70 -, [X.] 1975 [X.] 568; vom 8. April 1986 - [X.]/82 -, [X.] 1986 [X.] 557; vom 8. November 2005 - [X.]/03 -, [X.]/NV 2006 [X.] 527). Finanzverwaltung und Literatur folgten dem einhellig (vgl. die Nachweise im [X.]-Urteil [X.]/03 unter [X.]). Mit Urteil vom 15. Juni 2010 ([X.], [X.] 2011 [X.] 503) änderte der [X.] jedoch seine Rechtsprechung und urteilte, dass Zinsen auf [X.] nicht der Besteuerung unterlägen, weil sie durch § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen seien. Nachdem überdies der Gesetzgeber im Jahr 1999 (durch das [X.], [X.] 1999 [X.] 402) spiegelbildlich die Abziehbarkeit von Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abgeschafft habe, werde durch die Rechtsprechungsänderung nunmehr wieder ein sachlicher Gleichlauf zwischen Erstattungs- und Nachzahlungszinsen gewährleistet.

5

2. Das Urteil des [X.]s wurde am 8. September 2010 veröffentlicht (vgl. Pressemitteilung des [X.] Nr. 78/2010). Zu diesem Zeitpunkt lief bereits das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2010. Mit Beschlussempfehlung vom 27. Oktober 2010 schlug der Finanzausschuss des [X.] die Einführung der mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffenen Regelungen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 und § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG (BTDrucks 17/3449, [X.] und 27) vor. Er begründete dies damit, dass durch die Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG die Steuerbarkeit für vom Finanzamt auf [X.] geleistete Zinsen "klargestellt" werde. Diese "Klarstellung" sei nach dem Urteil des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) notwendig geworden, weil der [X.] seine Rechtsprechung zur Steuerbarkeit von Erstattungszinsen zur Einkommensteuer geändert habe. Ohne die Steuerbarkeit der Erstattungszinsen würden Steuerpflichtige, die zum Ausgleich für eine späte Einkommensteuererstattung Zinsen vom Finanzamt erhielten, steuerlich bessergestellt als Steuerpflichtige, die - bereits vor Beginn des [X.] - erhaltene [X.] zinsbringend bei einer Bank anlegten und diese Zinsen versteuern müssten.

6

Unter [X.] sei für die Steuerbarkeit von Erstattungszinsen auch ohne Bedeutung, dass Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar seien. Vielmehr habe der frühere Sonderausgabenabzug innerhalb des Einkommensteuerrechts zu Systembrüchen geführt, da die Privilegierung der Nachzahlungszinsen durch den Sonderausgabenabzug gegenüber Steuerpflichtigen, die Zinsen für die Aufnahme eines privaten Darlehens zur Tilgung der [X.] nicht abziehen könnten, nicht zu rechtfertigen sei.

7

Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Nachzahlungszinsen (keine Abziehbarkeit) und Erstattungszinsen zur Einkommensteuer (Steuerbarkeit) führe regelmäßig nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit. Es handle sich vielmehr um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, dass private Schuldzinsen nicht abzugsfähig, Guthabenzinsen aber steuerbar seien. Anderenfalls sei mit [X.] in Höhe von rund 400 Millionen Euro pro Jahr zu rechnen (vgl. BTDrucks 17/3549, [X.] und [X.] 17 f.). Mit der Anwendungsregelung des § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG werde kein Vertrauen der Steuerpflichtigen in bestehende Regelungen verletzt, da die Steuerbarkeit von Erstattungszinsen bis zur Entscheidung des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) nicht umstritten gewesen sei (vgl. BTDrucks 17/3549, [X.] 23).

8

Das Jahressteuergesetz 2010 trat am 14. Dezember 2010 in [X.]. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 und § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG erhielten die vom Finanzausschuss vorgeschlagene Fassung.

9

1. Die Beschwerdeführer sind verheiratet und wurden im Jahr 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In diesem Jahr flossen ihnen aufgrund von [X.] für die Jahre 1993, 1995, 1998 und 1999 Erstattungszinsen in Höhe von insgesamt 3.614 DM zu. Diese Zinsen erfasste das Finanzamt im angegriffenen Einkommensteuerbescheid vom 10. Februar 2003 als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Den daneben von den Beschwerdeführern begehrten Abzug von Nachzahlungszinsen in Höhe von 4.850 DM als Sonderausgaben nahm das Finanzamt nicht vor.

2. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Beschwerdeführer Klage vor dem [X.]. Während sich die Beschwerdeführer ursprünglich gegen die Versagung des Abzugs der Nachzahlungszinsen gewendet hatten, machten sie im Klageverfahren vorrangig die Verfassungswidrigkeit der die Steuerbarkeit von Erstattungszinsen betreffenden Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG geltend. Mit angegriffenem Urteil vom 16. Dezember 2010 - 5 K 3626/03 E - wies das [X.] die Klage ab und ließ die Revision zu.

3. Die dagegen von den Beschwerdeführern eingelegte Revision, mit welcher die Beschwerdeführer nur noch die Nichtsteuerbarkeit der Erstattungszinsen geltend machten, wies der [X.] mit angegriffenem Urteil vom 12. November 2013 - [X.] - als unbegründet zurück. Die von den Beschwerdeführern im Streitjahr 2001 erzielten Erstattungszinsen zur Einkommensteuer gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG n.[X.]; diese Regelungen seien auch auf den Streitfall der Beschwerdeführer anzuwenden. Dem stehe § 12 Nr. 3 EStG nicht (mehr) entgegen, denn die Auffassung des [X.]s im Urteil vom 15. Juni 2010 ([X.]) könne der Entscheidung des Streitfalls angesichts der durch das Jahressteuergesetz 2010 neu getroffenen Regelung nicht mehr zugrunde gelegt werden. Der Gesetzgeber habe dadurch seinen Willen, die Erstattungszinsen der Besteuerung zu unterwerfen, klar zum Ausdruck gebracht, ohne dass es hierzu einer Änderung von § 12 EStG bedurft habe, zumal § 12 Nr. 3 EStG nach Wortlaut und systematischer Stellung nur den Abzug von Ausgaben regele und Erstattungszinsen nicht anspreche.

Die sachliche Anordnung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.[X.] verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil der Gesetzgeber zwar die Erstattungszinsen zur Einkommensteuer als Einkünfte erfasse, etwaige Nachzahlungszinsen hingegen nicht zum Abzug zulasse. Es fehle bereits an einer Ungleichbehandlung, weil der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen unterschiedliche Sachverhalte - nämlich eine zu geringe Vorleistung beziehungsweise eine Überzahlung - zugrunde lägen, die weder in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung noch in ihrer steuerrechtlich maßgeblichen Veranlassung vergleichbar seien. Es fehle daher an den Voraussetzungen zur Anwendung des Folgerichtigkeitsgebots; vielmehr bestehe keine Korrespondenz zwischen der Behandlung des [X.] in § 12 Nr. 3 EStG und des Einnahmetatbestands in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG.

Die Regelung des § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG n.[X.] zum zeitlichen Anwendungsbereich sei nach abschließender Prüfung nicht verfassungsrechtlich unzulässig und verstoße nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Dies gelte auch dann, wenn man in der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.[X.] keine "Klarstellung" sehe, sondern von einer echten Rückwirkung für bereits abgeschlossene Erhebungszeiträume ausgehe. Das Rückwirkungsverbot trete im Falle einer echten Rückwirkung zurück, wenn sich - wie im Streitfall - kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts habe bilden können. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber die Rechtslage so geregelt, wie sie bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Urteil vom 15. Juni 2010 ([X.]) der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis entsprochen habe. Vor der Rechtsprechungsänderung Mitte 2010 habe deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdeführer auf die Nichtsteuerbarkeit der Erstattungszinsen zur Einkommensteuer entstehen können.

Ein Vertrauenstatbestand habe sich deshalb allenfalls ab der Veröffentlichung der Rechtsprechungsänderung entwickeln können. Angesichts des kurzen Zeitraums zwischen der Veröffentlichung (am 8. September 2010) und dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 (am 14. Dezember 2010) fehle es an der Schutzbedürftigkeit eines Vertrauens in den Fortbestand der Rechtsprechungsänderung, zumal in diesen Zeitraum keine schutzwürdigen Vermögensdispositionen der Beschwerdeführer gefallen seien.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3 GG sowie einen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Folgerichtigkeitsgebot. Ergänzend haben sie ein siebzigseitiges Rechtsgutachten eines Universitätsprofessors übersandt.

1. § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 verstoße gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Rückwirkungsverbot und sei daher nichtig.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] (Hinweis insbesondere auf Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, [X.] 135, 1, und vom 15. Oktober 2008 - 1 BvR 1138/06 -, [X.], 338) sei eine echte Rückwirkung grundsätzlich unzulässig. Eine solche habe hier unzweifelhaft vorgelegen. Mithin komme es darauf an, ob eine der vom [X.] anerkannten Fallgruppen vorliege, die einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot ausnahmsweise rechtfertigten.

b) Soweit die angegriffenen Gerichtsentscheidungen davon ausgingen, dass die durch das Jahressteuergesetz 2010 erfolgte Neuregelung nur die bis zum Urteil des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) geltende Rechtslage wiedergäbe, übersähen die Entscheidungen, dass durch die Abschaffung der [X.] die bis dahin bestehende Korrelation zwischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen aufgehoben worden sei, sodass offen gewesen sei, ob Erstattungszinsen weiterhin steuerpflichtig seien. Die Entscheidung des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) sei seitdem die erste höchstrichterliche Entscheidung über die Besteuerung der Erstattungszinsen gewesen; bis dahin sei die Frage der Steuerpflicht umstritten gewesen.

c) Die Auslegung durch den [X.] im Urteil vom 15. Juni 2010 ([X.]) mache zudem deutlich, dass die vorherige Auslegung des Gesetzes - wie sie auch der Einkommensteuerfestsetzung für 2001 zugrunde gelegen habe - unzutreffend gewesen sei. Ein aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteter Vertrauensschutz könne sich jedoch nur auf eine zutreffende Gesetzesauslegung beziehen. Deshalb sei das Vertrauen des Steuerpflichtigen in das zuletzt als richtig erkannte Recht schützenswert.

d) Vertrauensschutz bestehe auch deshalb, weil die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Urteil des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) wegen der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch die Abschaffung der [X.] und der daraus resultierenden systematischen Widersprüchlichkeit zu erwarten gewesen sei.

e) Auch das vorgelegte Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die rückwirkende Anordnung der Steuerpflicht von Erstattungszinsen für die Zeiträume vor dem [X.] eine unzulässige echte Rückwirkung darstelle. Das [X.] habe für die unechte Rückwirkung eine strenge Orientierung am Verhältnismäßigkeitsprinzip hervorgehoben, was für die echte Rückwirkung erst recht gelten müsse. Insoweit habe der Gesetzgeber aber bereits keinen legitimen Rückwirkungszweck benannt und ein solcher sei auch nicht ersichtlich.

Es liege darüber hinaus auch keine der vom [X.] anerkannten Fallgruppen vor, in denen eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig sei. So sei die Rechtslage weder unklar noch verworren, vielmehr sei sie durch das Urteil des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) geklärt gewesen. Die durch dieses Urteil bewirkte Rechtslage sei auch nicht systemwidrig oder unbillig gewesen. Des Weiteren hätten die Betroffenen auch nicht mit einer gesetzlichen Neuregelung rechnen müssen. Mit der Rechtsprechungsänderung durch das Urteil vom 15. Juni 2010 ([X.]) liege eine hinreichende Vertrauensgrundlage vor, da damit nur ausgesprochen worden sei, was immer schon gegolten habe. Sofern man generell eine konkrete schutzwürdige Disposition des Betroffenen fordere, könne es darauf jedenfalls im konkreten Fall nicht ankommen, da die Entstehung von Erstattungszinsen zum größten Teil der Einflussnahme des Steuerpflichtigen entzogen sei und vielmehr im Einflussbereich des Finanzamts liege. Schließlich sei die echte Rückwirkung auch nicht ausnahmsweise aufgrund zwingender Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.

2. Überdies verstoße die Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen und die demgegenüber bestehende Steuerbarkeit von Erstattungszinsen gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Gebots der Folgerichtigkeit.

Durch die Anordnung ihrer Nichtabzugsfähigkeit habe der Gesetzgeber die Nachzahlungszinsen der nichtsteuerbaren Sphäre zugewiesen und damit eine Grundentscheidung im Sinne der Belastungsgleichheit getroffen. Diese habe er jedoch nicht folgerichtig umgesetzt, wenn er die Erstattungszinsen als steuerpflichtig behandele. Rechtfertigende Gründe hierfür seien nicht ersichtlich. Der Steuerpflichtige, der eine Einkommensteuererstattung erhalte, sei insbesondere nicht vergleichbar mit einem privaten Darlehensgeber, der ebenfalls seine Zinseinnahmen versteuern müsse, da der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt nicht wie ein Vertragspartner auftreten könne, der die Vertragskonditionen aushandele.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil Gründe für ihre Annahme zur Entscheidung nach § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist überdies nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte angezeigt, da die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist unzulässig, soweit sie die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG rügt, und offensichtlich unbegründet, soweit eine Verletzung des [X.] geltend gemacht wird.

Im Hinblick auf die Rüge der Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig, weil sie nicht den Darlegungs- und Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügt. Die Beschwerdeführer haben die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht schlüssig dargetan.

1. Eine Begründung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. [X.] 89, 155 <171>; 98, 169 <196>). Soweit das [X.] für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>). Bei [X.] ist zudem in der Regel eine ins Einzelne gehende argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung erforderlich. Es bedarf demnach einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage (vgl. [X.] 140, 229 <232>).

2. Die Beschwerdeführer rügen im Wesentlichen eine angeblich dadurch bewirkte Ungleichbehandlung, dass Erstattungszinsen steuerbar, Nachzahlungszinsen aber nicht abziehbar seien. Sie setzen sich jedoch nicht hinreichend mit der Gesetzesbegründung des Jahressteuergesetzes 2010 auseinander, an die maßgeblich auch der [X.] in seiner von der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung angeknüpft hat. Der Gesetzgeber hatte nämlich darauf abgestellt (vgl. BTDrucks 17/3549, [X.] 17 f.), dass mit der von ihm durch das Jahressteuergesetz 2010 und zuvor durch das [X.] verfolgten Neukonzeption eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts in zweierlei Richtung gewährleistet werde: zum einen im Hinblick auf die Gleichstellung von Steuerpflichtigen, welche [X.] und damit zusammenhängend Erstattungszinsen erhalten, mit Steuerpflichtigen, die ihre vor Ablauf der Karenzzeit erhaltenen Erstattungen zinsbringend bei einer Bank anlegen (in beiden Fällen Besteuerung der Zinsen), und zum anderen im Hinblick auf die Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die Nachzahlungszinsen zu zahlen haben, mit solchen, welche die Nachzahlung durch Kredit finanzieren (in beiden Fällen Versagung des Abzugs der Zinsen). Mit diesen gesetzgeberischen Erwägungen setzen sich die Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinander. Sie wenden dagegen vielmehr nur ein, dass ein Steuerpflichtiger im Gegensatz zu einem privaten Darlehensgeber keinen Einfluss auf die Entstehung von Erstattungszinsen habe. Diesbezüglich legen sie nicht dar, inwieweit eine solche Einflussmöglichkeit dem gesetzgeberischen Grundkonzept der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zugrunde liegen soll (auch der [X.] erachtet die Freiwilligkeit der Kapitalüberlassung im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für unerheblich, vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2011 - [X.]/09 -, [X.] 2012 [X.] 254).

Im Hinblick auf die Rüge der Verletzung des [X.] ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, aber offensichtlich unbegründet.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig. Insbesondere genügt sie - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausführungen in dem vorgelegten Rechtsgutachten - den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.].

2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Rechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG durch eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung der zeitlichen Anwendungsregelung des § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 rügen, stellt die Regelung zwar für das verfahrensgegenständliche Streitjahr 2001 sowohl in formaler als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine sogenannte echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar (a). Diese ist jedoch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer verfassungsrechtlich gerechtfertigt (b).

a) Die Regelung des § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG ist unter Anwendung der verfassungsrechtlich geklärten Maßstäbe (aa) sowohl in formaler Hinsicht (bb) als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ([X.]) als Anwendungsfall einer echten Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen anzusehen.

aa) Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung beziehungsweise eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. [X.] 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>; 132, 302 <319>; 135, 1 <13 Rn. 39>). Umgekehrt bedeutet dies für den Bereich des Einkommensteuerrechts, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum jedenfalls in formaler Hinsicht der Kategorie der unechten Rückwirkung beziehungsweise der tatbestandlichen Rückanknüpfung zuzuordnen ist; denn nach § 38 [X.] in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. [X.] 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; 132, 302 <319>; 135, 1 <13 f. Rn. 39>).

Die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Verbots von Gesetzen mit echter Rückwirkung beanspruchen Geltung, wenn eine Regelung - anders als in ihrer Begründung angenommen - aus verfassungsrechtlicher Sicht gegenüber der alten Rechtslage als konstitutive Änderung zu behandeln ist. Ob eine rückwirkende Gesetzesänderung gegenüber dem alten Recht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hängt vom Inhalt des alten und des neuen Rechts ab, der - abgesehen von eindeutigen Gesetzesformulierungen - zumeist erst durch Auslegung ermittelt werden muss. Die in der Begründung eines Gesetzentwurfs vertretene Auffassung, die Vorschrift habe lediglich klarstellenden [X.]harakter, ist für die Gerichte nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des [X.] ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. [X.] 135, 1 <14 f. Rn. 41 ff.>).

[X.], eine Rechtslage rückwirkend klarzustellen, verdient grundsätzlich nur in den durch das Rückwirkungsverbot vorgegebenen Grenzen verfassungsrechtliche Anerkennung. Andernfalls könnte der Gesetzgeber auch jenseits dieser verfassungsrechtlichen Bindung einer Rechtslage unter Berufung auf ihre Klärungsbedürftigkeit ohne Weiteres die von ihm für richtig gehaltene Deutung geben, ohne dass von den dafür letztlich zuständigen Gerichten geklärt wäre, ob dies der tatsächlichen Rechtslage entsprochen hat. Eine von Vertrauensschutzerfordernissen weitgehend freigestellte Befugnis zur rückwirkenden Klarstellung des geltenden Rechts eröffnete dem Gesetzgeber den weit reichenden Zugriff auf zeitlich abgeschlossene Rechtslagen, ließe im Nachhinein politischen [X.] Raum, die das einfache Recht zum Zeitpunkt der später als korrekturbedürftig empfundenen Auslegung nicht prägten, und beeinträchtigte so das Vertrauen in die Stabilität des Rechts erheblich (vgl. [X.] 135, 1 <17 Rn. 50>).

Eine rückwirkende Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist daher in jedem Fall als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn der Gesetzgeber damit nachträglich einer höchstrichterlich geklärten Auslegung des Gesetzes den Boden zu entziehen sucht. Der Gesetzgeber hat es für die Vergangenheit grundsätzlich hinzunehmen, dass die Gerichte das damals geltende Gesetzesrecht in den verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung verbindlich auslegen. Entspricht diese Auslegung nicht oder nicht mehr dem politischen Willen des Gesetzgebers, kann er das [X.] ändern. Für die Feststellung einer konstitutiven rückwirkenden Gesetzesänderung genügt es, wenn das vorlegende Gericht vertretbar einen Standpunkt zur Auslegung des alten Rechts einnimmt, den der Gesetzgeber mit der rückwirkenden Neuregelung ausschließen will. Eine gefestigte oder gar höchstrichterlich bestätigte Rechtsprechungslinie verlangt dieser Rechtsstandpunkt nicht. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber ihn korrigieren und ausschließen will ([X.] 135, 1 <18 f. Rn. 52, 54>).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Regelung des § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG als Anwendungsfall einer echten Rückwirkung beziehungsweise einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen (im Ergebnis ebenso: [X.]/[X.], in: [X.], EStG, § 20 Rn. 289 ; [X.], [X.] 2010, [X.] 4109 <4114>; Rublack, [X.] 2011, [X.] 173 <174>; Panzer/ [X.], DStR 2011, [X.] 741 <744>; Momen, BB 2011, [X.] 2781 <2782>; [X.], [X.] 2011, [X.] 706 <709 f.>; Balliet, [X.], [X.] 436 <440>; [X.], H[X.] 2012, [X.] 636 <640>; [X.], BB 2014, [X.] 992 <996>; [X.], [X.] 2014, [X.] 429 <433>; [X.], [X.] 2014, [X.] 747 <749>; offen lassend: [X.], Urteil vom 12. November 2013 - [X.]6/10 -, [X.] 2014 [X.] 168, Rn. 29; [X.], [X.] 2012, [X.] 673 <682>).

Dies folgt bereits in formaler Hinsicht daraus, dass die erst zum 14. Dezember 2010 in [X.] getretene Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG nach § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG für alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht bestandskräftigen Veranlagungszeiträume Anwendung finden sollte. Die Regelung entfaltete damit für alle zuvor abgeschlossenen Veranlagungszeiträume bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2009 Wirkung, wobei der verfahrensgegenständliche Veranlagungszeitraum 2001 in diese Zeitspanne fällt. Nur soweit die Regelungswirkung sich auch auf den Veranlagungszeitraum 2010 erstreckt, ist § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG als Regelung mit unechter Rückwirkung einzuordnen.

[X.]) Zudem liegt auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ein Anwendungsfall der echten Rückwirkung vor, da § 52a Abs. 8 Satz 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG gegenüber der alten Rechtslage als konstitutive Änderung anzusehen ist.

Zwar bezeichnete der Gesetzgeber die Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG im Bericht des Finanzausschusses vom 28. Oktober 2010 ausdrücklich als "Klarstellung" (BTDrucks 17/3549, [X.] 17).

Bei materiell-rechtlicher Betrachtung versuchte der Gesetzgeber allerdings, nachträglich der durch das Urteil des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) geänderten, aber höchstrichterlich geklärten Auslegung des Verhältnisses von § 12 Nr. 3 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG den Boden zu entziehen. Denn der Gesetzgeber machte deutlich, dass diese "Klarstellung" notwendig geworden sei, nachdem der [X.] durch Urteil vom 15. Juni 2010 ([X.]) seine Rechtsprechung zur Steuerpflicht von Erstattungszinsen teilweise geändert habe. Die Steuerbarkeit der Erstattungszinsen sei sachlich zutreffend, da ohne eine derartige Regelung ein Steuerpflichtiger, der zum Ausgleich für verspätete [X.] Zinsen vom Finanzamt erhalte, steuerlich günstiger gestellt werde als ein Steuerpflichtiger, der seine vor Beginn des [X.] nach § 233a [X.] erhaltenen [X.] zinsbringend bei seiner Bank anlege (BTDrucks 17/3549, [X.] 17).

b) Die in den Regelungen gemäß § 52a Abs. 8 Satz 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG liegende echte Rückwirkung ist unter Anwendung der verfassungsrechtlich geklärten Maßstäbe (aa) jedoch gerechtfertigt und daher nicht verfassungswidrig (bb).

aa) Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. [X.] 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393>; 135, 1 <21 Rn. 61>). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. [X.] 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>; 135, 1 <21 f. Rn. 61>) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl. [X.] 13, 261 <271>; 50, 177 <193>; 135, 1 <22 Rn. 61>). Bei den in der Rechtsprechung des [X.] anerkannten, nicht abschließend definierten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. [X.] 72, 200 <258>; 97, 67 <80>; 135, 1 <22 Rn. 61>). Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. [X.] 32, 111 <123>; 135, 1 <22 Rn. 61>).

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl. [X.] 13, 261 <272>; 30, 367 <387>; 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>; 135, 1 <22 Rn. 62>). Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl. [X.] 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 30, 367 <388>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393 f.>; 135, 1 <22 Rn. 62>), oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden (vgl. [X.] 13, 215 <224>; 30, 367 <388>; 135, 1 <22 Rn. 62>). Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. [X.] 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 88, 384 <404>; 95, 64 <87>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>; 135, 1 <22 Rn. 62>), wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte (vgl. [X.] 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 50, 177 <193 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>; 135, 1 <22 Rn. 62>) oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (sog. Bagatellvorbehalt, vgl. [X.] 30, 367 <389>; 72, 200 <258>; 135, 1 <22 f. Rn. 62>).

Bei einer Rechtsprechungsänderung kann sich ein berechtigtes Vertrauen auf eine von höchstrichterlicher Rechtsprechung und damit allgemeiner Rechtsanwendungspraxis abweichende Rechtslage jedenfalls vor dieser Änderung nicht bilden (vgl. [X.], 338 <343 f.>), insbesondere wenn mit einer gesetzlichen Regelung keine Verschlechterung gegenüber dem Rechtszustand vor der Rechtsprechungsänderung verbunden war (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. Juli 2009 - 1 BvR 1416/06 -, juris, Rn. 15 ff.).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die durch § 52a Abs. 8 Satz 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG begründete echte Rückwirkung verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da Steuerpflichtige bis zum Urteil des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) nicht auf die Nichtbesteuerung von Erstattungszinsen vertrauen konnten beziehungsweise weil ein mögliches Vertrauen auf eine derartige Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (im Ergebnis ebenso: [X.], Urteil vom 12. November 2013 - [X.] -, [X.]/NV 2014, [X.]30, Rn. 31 ff. ; Urteil vom 12. November 2013 - [X.]6/10 -, [X.] 2014 [X.] 168, Rn. 29 ff. m.w.N.; Urteil vom 24. Juni 2014 - [X.]/12 -, juris, Rn. 15 ; Urteil vom 24. Juni 2014 - [X.]/12 -, [X.] 2014 [X.] 998, Rn. 14 f. ; Urteil vom 15. April 2015 - [X.]0/13 -, juris, Rn. 34 ff. ; [X.], in: [X.]/[X.], Ertragsteuerrecht, § 20 EStG Rn. 322 ; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], EStG/[X.], § 20 EStG Rn. 308 m.w.N. ; [X.], in: Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl. 2023, § 20 Rn. 114a; [X.], [X.] 2011, [X.] 706 <709 f.>; Balliet, [X.], [X.] 436 <440>; [X.], [X.] 2012, [X.] 673 <682>; [X.], [X.] 15/2012 [X.]. 4; [X.], H[X.] 2012, [X.] 636 <640>; [X.], [X.]-StB 2014, [X.] 367 <368>; [X.], [X.] 13/2014 [X.]. 3; a.[X.], in: [X.] [X.], EStG, § 20 Rn. [X.]/7 37a ; Treiber, in: [X.]/[X.], Ertragsteuerrecht, § 52a EStG Rn. 18 ; [X.]/[X.], in: [X.], EStG, § 20 Rn. 289 ; [X.], [X.] 2010, [X.] 4109 <4114>; [X.], [X.] 2014, [X.] 747 <751 ff. und 757>).

So hatte der [X.] bis zu seiner Entscheidung vom 15. Juni 2010 ([X.]) entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführer auch unter Zugrundelegung der geänderten Rechtslage durch das [X.] an seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten, wonach die nach § 233a [X.] gezahlten Erstattungszinsen als steuerbare Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG anzusehen seien (für das Streitjahr 1999: [X.], Urteil vom 8. November 2005 - [X.]/03 -, [X.]/NV 2006, [X.] 527; für das Streitjahr 2003: [X.], Beschluss vom 30. Juni 2009 - [X.]/09 -, [X.]/NV 2009, [X.] 1977). Auch die Finanzverwaltung teilte diese Rechtsauffassung (vgl. [X.], Schreiben vom 5. Oktober 2000 - IV [X.] 1-S 2252-231/00 -, BStBl I 2000 [X.] 1508).

Ein Vertrauen von Steuerpflichtigen, dass Erstattungszinsen im Sinne des § 233a [X.] vom [X.] als nicht steuerbar angesehen würden, konnte sich vielmehr erstmals bilden, als die Entscheidung des [X.]s vom 15. Juni 2010 ([X.]) mit Pressemitteilung des [X.]s Nr. 78/2010 vom 8. September 2010 veröffentlicht wurde, und konnte längstens bis zum Inkrafttreten des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 zum 14. Dezember 2010 Bestand haben.

Während dieses Zeitraums konnten jedoch Steuerpflichtige, die sich in einer Lage wie die Beschwerdeführer befanden, keine wirtschaftlichen Dispositionen mehr im Hinblick auf einen früheren Veranlagungszeitraum treffen. Vielmehr war der im Streitjahr 2001 durch den Zufluss der Erstattungszinsen verwirklichte Besteuerungssachverhalt bei Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 zum 14. Dezember 2010 bereits lange abgeschlossen. Sofern man in einer zwangsweisen Kapitalüberlassung eines Steuerpflichtigen an die Finanzverwaltung in Form einer überhöhten Steuererhebung überhaupt eine Vermögensdisposition sehen könnte, wäre diese ebenfalls weit vor dem [X.] erfolgt. In allen [X.] bis zum [X.] mussten Steuerpflichtige entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung und somit der allgemeinen Rechtsanwendungspraxis davon ausgehen, dass Erstattungszinsen als steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG anzusehen waren. Angesichts dessen wäre es sachlich nicht gerechtfertigt und folglich nicht schutzwürdig, wenn ein Steuerpflichtiger im Einzelfall von einer anderen Rechtslage ausgegangen wäre.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 482/14

12.07.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BFH, 12. November 2013, Az: VIII R 1/11, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 233a Abs 1 S 1 AO 1977, § 233a Abs 2 S 1 AO 1977, § 233a Abs 3 S 1 AO 1977, § 233a Abs 3 S 3 AO 1977, § 20 Abs 1 Nr 7 S 3 EStG vom 08.12.2010, § 52a Abs 8 S 2 EStG vom 08.12.2010, JStG 2010

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 12.07.2023, Az. 2 BvR 482/14 (REWIS RS 2023, 4494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4494


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII R 1/11

Bundesfinanzhof, VIII R 1/11, 12.11.2013.


Az. 2 BvR 482/14

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 482/14, 12.07.2023.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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