Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.05.2019, Az. 4 VR 1/19, 4 VR 1/19 (4 A 2/19)

4. Senat | REWIS RS 2019, 7452

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Gegenstand

Eilantrag auf weitere Berücksichtigung eines abgeschichteten Alternativtrassenvorschlags im Verfahren der Bundesfachplanung


Leitsatz

1. Ein Bund-Länder-Streit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor, wenn ein Bundesland sich dagegen wendet, dass ein von ihm in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachter Alternativtrassenvorschlag von der Bundesnetzagentur abgeschichtet wurde, und erreichen möchte, dass dieser Vorschlag bis zur abschließenden Entscheidung nach § 12 NABEG im Verfahren verbleibt und dort wie die Trassenvorschläge der Vorhabenträger geprüft wird.

2. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, einen von einem Bundesland in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachten Alternativtrassenvorschlag abzuschichten, kann als Verfahrenshandlung gemäß § 44a VwGO nur zusammen mit der Sachentscheidung angegriffen werden.

Gründe

I

1

[X.]er Antragsteller, der [X.], begehrt Eilrechtsschutz im Rahmen des Verfahrens der [X.]esfachplanung der [X.] und 4 des [X.] (sogenannter SuedLink) in den Abschnitten [X.] ([X.] - [X.] und [X.] - [X.]) und [X.] ([X.] - [X.] und [X.] - [X.]).

2

[X.]ie beigeladenen Vorhabenträger beantragten am 17. und am 24. März 2017 die [X.]esfachplanung für die Abschnitte [X.] und [X.] des [X.]. In der von der [X.] durchgeführten Antragskonferenz brachte der Antragsteller einen eigenen [X.] förmlich in das Verfahren ein. [X.]ie [X.] führte daraufhin eine erste Evidenzkontrolle dieses Vorschlags durch, forderte die Vorhabenträger auf, die Alternativtrassenvarianten einer Grobprüfung zu unterziehen und holte ein externes Gutachten der [X.] [X.] zur technischen Machbarkeit des Vorschlags ein. Auf der Grundlage der daraufhin erstatteten Gutachten und abgegebenen Stellungnahmen kam die [X.] in ihrem Prüfvermerk vom 18. Januar 2018 zu dem Ergebnis, dass der Vorschlag des Antragstellers keine ernsthaft in [X.]etracht kommende Alternative darstelle und daher für das weitere Verfahren der [X.]esfachplanung abzuschichten sei. Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 setzte sie den Antragsteller hiervon in Kenntnis und führte das [X.]esfachplanungsverfahren fort. [X.]anach haben die [X.]eigeladenen die Unterlagen nach § 8 [X.] vorgelegt und hat die [X.] deren Vollständigkeit festgestellt. Mit dem Abschluss des Verfahrens der [X.]esfachplanung für die Abschnitte [X.] und [X.] des [X.] wird frühestens für Ende 2019 gerechnet.

3

Mit dem am 15. Januar 2019 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsteller Klage mit dem Ziel erhoben, den von ihm im Rahmen seines [X.]eteiligungsrechts in das Verfahren der [X.]esfachplanung eingebrachten [X.], der von der [X.] aus dem Verfahren ausgeschieden worden sei, in das Verfahren zurückzuführen. Gleichzeitig hat er den Erlass einer auf dieses Ziel gerichteten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO beantragt. Für den Eilantrag sei das [X.] zuständig, denn es handle sich um einen [X.]-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. [X.]er Antragsteller setze sich zur Wehr gegen einen Eingriff in seine landesplanerische Gestaltungskompetenz, der darin liege, dass die [X.] ihre Kompetenzen durch die unzulässige Abschichtungsentscheidung überschritten habe. Hilfsweise sei das [X.] gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO zuständig. [X.]a es sich um einen [X.]-Länder-Streit handle, läge auch die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis vor. § 44a VwGO stehe dem Eilantrag nicht entgegen, denn die Norm sei im [X.]-Länder-Streit nicht anwendbar. [X.]er Eilantrag sei auch begründet. [X.]ie von der [X.] getroffene Abschichtungsentscheidung genüge den zwingenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Sie sei sowohl formell als auch materiell-rechtlich zu beanstanden und verletzte in rechtswidriger Weise die Kompetenzen des Antragstellers.

4

[X.]er Antragsgegner und die [X.]eigeladenen halten den Antrag für unzulässig und treten ihm auch in der Sache entgegen. Sie verteidigen die Abschichtung des [X.] als rechtmäßig.

II

5

[X.]er Antrag hat keinen Erfolg.

6

A. [X.]as [X.] ist als Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zuständig. [X.]as folgt zwar nicht aus § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (dazu unter 1.), jedoch aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO (dazu unter 2.).

7

1. Es liegt kein [X.]-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vor.

8

Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das [X.] in erster und letzter Instanz über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem [X.] und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern. Eine solche Streitigkeit ist nicht schon dann anzunehmen, wenn sich der [X.] und ein Land als [X.]eteiligte gegenüberstehen. [X.]ie Sonderregelung des § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist eng auszulegen und schließt von den sonst geltenden Zuständigkeitsbestimmungen nur diejenigen Verfahren aus, deren Gegenstände durch die Eigenart der [X.]-Länder-[X.]eziehung geprägt sind ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Mai 1980 - 7 A 2.79 - [X.]VerwGE 60, 162 <173 f.>; [X.]eschlüsse vom 12. [X.]ezember 2002 - 3 A 1.02 - [X.]VerwGE 117, 244 f. und vom 10. August 2011 - 6 A 1.11 - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 305 Rn. 12). [X.]ie erstinstanzliche Zuständigkeit des [X.]s ist demgemäß nur bei Streitigkeiten begründet, die sich in ihrem Gegenstand einem Vergleich mit den landläufigen Verwaltungsstreitigkeiten entziehen ([X.]VerwG, Urteile vom 30. Juli 1976 - 4 A 1.75 - [X.] 310 § 50 VwGO Nr. 6, vom 27. März 1980 - 4 A 1.77 - [X.] 11 Art. 104a GG Nr. 4 = juris Rn. 9, vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - [X.]VerwGE 128, 99 Rn. 18 und vom 25. August 2011 - 3 A 2.10 - [X.] 11 Art. 104a GG Nr. 25 Rn. 16; [X.]eschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 - [X.]VerwGE 109, 258 <260 f.>), weil es nur dann gerechtfertigt ist, sie einem Sonderrecht zu unterwerfen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. [X.]ezember 2002 - 3 A 1.02 - [X.]VerwGE 117, 244 = juris Rn. 2). Um Fälle dieser Art handelt es sich namentlich dann, wenn die Abgrenzung von [X.] oder die vertragliche Rechtsstellung von [X.] und Land im Streit steht ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 1. Juli 2004 - 7 VR 1.04 - NVwZ 2004, 1124 = juris Rn. 5 und vom 10. August 2011 - 6 A 1.11 - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 305 Rn. 12). [X.]emgemäß hat das [X.] seine sachliche Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für eine Streitigkeit angenommen, die das Verhältnis zwischen der Ordnungshoheit des [X.] und der Verteidigungshoheit des [X.]es betraf, nämlich die Frage, ob ein Land bei einer der Verteidigungshoheit zugeordneten baulichen Anlage aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach der [X.]bauordnung Änderungen verlangen kann ([X.]VerwG, Urteil vom 30. Juli 1976 - 4 A 1.75 - [X.] 310 § 50 VwGO Nr. 6). Ebenso hat es seine Zuständigkeit für eine Streitigkeit über die Frage angenommen, ob ein Planfeststellungsbeschluss der [X.]eswasserstraßenverwaltung gemäß § 14 Abs. 3 [X.] des Einvernehmens der zuständigen [X.]behörde bedurfte, weil das Vorhaben [X.]elange der [X.]kultur berührte ([X.]VerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 A 24.01 - NVwZ 2002, 1239 <1240>), und für den Fall der Auslegung von Normen, die - wie § 7 Abs. 4 und § 48 [X.] - Hoheitsbefugnisse des [X.]es gegenüber Vollzugsbehörden der Länder abgrenzen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. März 2008 - 7 A 4.07 - NVwZ 2008, 696).

9

Ein damit vergleichbarer Fall ist hier nicht gegeben. [X.]er Antragsteller wendet sich gegen die ihm mit Schreiben des Präsidenten der [X.] vom 26. Januar 2018 mitgeteilte Absicht der [X.]ehörde, den von ihm eingebrachten Alternativtrassenkorridor im Verfahren der [X.]esfachplanung (derzeit) nicht weiter zu berücksichtigen und zu prüfen. Er sieht in dieser Entscheidung einen Eingriff in seine landesplanerische Gestaltungskompetenz, wirft der [X.] vor, hierdurch ihre Kompetenzen überschritten zu haben, und möchte erreichen, dass sein Vorschlag weiter im Verfahren geprüft wird. [X.] ist damit, ob der Antragsteller einen Anspruch darauf hat, dass sein in das Verfahren der [X.]esfachplanung eingebrachter [X.] bis zur abschließenden Entscheidung nach § 12 [X.] im Verfahren verbleiben und dort wie die Trassenvorschläge der Vorhabenträger geprüft werden muss. Ein auf ein solches Ziel gerichtetes Verfahren ist nicht durch die Eigenart der [X.]-Länder-[X.]eziehung geprägt. Vielmehr wird der Antragsteller nur in seiner Stellung als [X.]eteiligter des [X.]esfachplanungsverfahrens betroffen. [X.]er von ihm geltend gemachte Anspruch unterscheidet sich nicht von einem Anspruch, den beispielsweise eine Gemeinde unter [X.]erufung auf ihr Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) oder ein privater Grundstückseigentümer auf sein Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) typischerweise gegen die Trassenführung einer Höchstspannungsleitung ins Feld führt, um zu erreichen, dass das Gemeindegebiet oder das Privatgrundstück nicht von der Leitung in Anspruch genommen wird. [X.]ie Frage, ob die [X.] nach den §§ 4 ff. [X.] berechtigt ist, eine Abschichtungsentscheidung zu treffen, und - sollte dies nicht der Fall sein - welche Auswirkungen dies auf die Weiterführung des Verfahrens bzw. die nachfolgende Entscheidung über die [X.]esfachplanung hat, hat im Übrigen nichts mit einer Streitigkeit über die Abgrenzung von [X.] des [X.]es einerseits und des [X.] andererseits zu tun.

Zu Unrecht hält der Antragsteller die Streitigkeit mit dem Argument für einen [X.]-Länder-Streit, dass die [X.] auf [X.]gebiet zugreife und ihn dazu zwinge, seine gesamte [X.]planung an dem Vorhaben auszurichten. [X.]ie Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.], nach der [X.]esfachplanungen grundsätzlich Vorrang vor [X.]planungen haben, wirft nicht die Frage auf, welche Kompetenzen [X.] und Ländern im Rahmen der Planung und Realisierung von Höchstspannungsleitungen zustehen, aus welchen Kompetenztiteln sich diese ableiten lassen und wie sie voneinander abzugrenzen sind.

2. [X.]ie Zuständigkeit des [X.]s ergibt sich aber aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO.

Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO entscheidet das [X.] im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem [X.]esbedarfsplangesetz ([X.]) bezeichnet sind. [X.]ie Höchstspannungsleitungen [X.] - [X.] und [X.] - [X.] sind in § 1 Abs. 1 [X.] vom 23. Juli 2013 ([X.] I S. 2543), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 ([X.] I S. 1786), [X.]. der Anlage zu § 1 Abs. 1 des [X.]esbedarfsplans unter Nr. 3 und 4 genannt. [X.]ie Zuständigkeit des [X.]s erstreckt sich auch auf Abschnitte dieser Vorhaben (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 14. Juni 2017 - 4 A 11.16 u.a. - [X.]VerwGE 159, 121 Rn. 10 und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - NVwZ 2018, 1322 Rn. 12 ; [X.]eschlüsse vom 26. September 2013 - 4 VR 1.13 - [X.], 800 Rn. 9 und vom 12. September 2018 - 4 A 13.17 - UPR 2019, 154 Rn. 3).

[X.]er vorliegende Rechtsstreit betrifft auch im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO das Planfeststellungsverfahren für diese Vorhaben. Im Hinblick auf den Zweck der Zuständigkeitsregelung in § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, die Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen und divergierende Entscheidungen zu vermeiden, werden von dieser Vorschrift alle Verfahren erfasst, die einen unmittelbaren [X.]ezug zu konkreten Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO haben ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. Oktober 2012 - 7 VR 10.12 - NVwZ 2013, 78 = juris Rn. 5 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s betrifft eine Streitigkeit das Planfeststellungsverfahren, wenn sie Teil der genehmigungsrechtlichen [X.]ewältigung des Vorhabens ist. [X.]as ist etwa dann der Fall, wenn um Maßnahmen gestritten wird, die zeitlich und sachlich der späteren Planfeststellung oder Plangenehmigung vorausgehen, indem sie der Vorbereitung eines solchen Verfahrens dienen oder einen Ausschnitt der Probleme darstellen, die in einem laufenden Planfeststellungsverfahren zu lösen sind ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 12. Juni 2007 - 7 VR 1.07 - [X.] 310 § 50 VwGO Nr. 25 Rn. 8, vom 15. Juni 2011 - 7 VR 8.11 - [X.] 407.3 § 5 [X.] Nr. 20 Rn. 5 und vom 9. Oktober 2012 - 7 VR 10.12 - NVwZ 2013, 78 = juris Rn. 5 m.w.N.). [X.]as ist hier der Fall. [X.]er Gesetzgeber sieht für die unter das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz fallenden Höchstspannungsleitungen ein zweistufiges Verfahren vor. Auf der ersten Stufe erfolgt die sogenannte [X.]esfachplanung (§§ 4 ff. [X.]). Sie bezweckt die [X.]estimmung der Trassenkorridore (§ 4 Satz 1 [X.]) und endet mit einer Entscheidung der [X.] (§ 12 [X.]), die auf der zweiten Stufe für das nachfolgende Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff. [X.] verbindlich ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 [X.] hat sie keine unmittelbare Außenwirkung und kann nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden (§ 15 Abs. 3 Satz 2 [X.]). [X.]ie [X.]esfachplanung geht somit der Planfeststellung voraus und nimmt einen Teil des Planfeststellungsverfahrens vorweg (vgl. § 12 Abs. 2 [X.]). [X.]amit ist es gerechtfertigt, nicht nur Verfahren, die sich - gegebenenfalls in unzulässiger Weise - gegen die [X.]esfachplanungsentscheidung wenden, sondern auch Verfahren, die sich - wie hier - gegen Maßnahmen im Rahmen der Vorbereitung der [X.]esfachplanungsentscheidung richten, der Zuständigkeitsregelung des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO zu unterstellen.

[X.]. [X.]er Antrag ist unzulässig, weil er eine nicht selbstständig anfechtbare Verfahrenshandlung (§ 44a VwGO) betrifft.

[X.]er Antrag ist in der Form der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zwar statthaft, da in der Hauptsache eine allgemeine Leistungsklage die einschlägige Klageart ist. Ihm steht aber § 44a VwGO entgegen.

Nach § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (Satz 1), es sei denn die behördlichen Verfahrenshandlungen können vollstreckt werden oder ergehen gegen einen Nichtbeteiligten (Satz 2); die Regelung gilt auch für Anträge nach § 123 VwGO ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. April 2006 - 2 VR 2.05 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 10).

Unter den [X.]egriff der Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO fallen behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren (vgl. § 9 VwVfG) stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen ([X.]VerwG, Urteile vom 1. September 2009 - 6 [X.] 4.09 - [X.]VerwGE 134, 368 Rn. 21, vom 22. September 2016 - 2 [X.] 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19 m.w.N. und vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2.14 - [X.]VerwGE 156, 193 Rn. 14; [X.]eschluss vom 14. Juli 2004 - 6 [X.] 30.04 - juris Rn. 7; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand September 2018, § 44a Rn. 8; [X.], in: [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 44a Rn. 40; [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 6; [X.]/[X.], VwGO, 24. Aufl. 2018, § 44a Rn. 3, 5 f.). Aus dem Gegensatz des [X.]egriffs der Verfahrenshandlung zu dem in § 44a Satz 1 VwGO gleichfalls verwendeten [X.]egriff der Sachentscheidung folgt, dass sich der Ausschluss selbstständiger Rechtsbehelfe grundsätzlich auf solche behördlichen Maßnahmen beschränkt, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein, ohne also ihrerseits in materielle Rechtspositionen einzugreifen ([X.]VerwG, Urteil vom 1. September 2009 - 6 [X.] 4.09 - [X.]VerwGE 134, 368 Rn. 21). Unerheblich für die Einordnung als Verfahrenshandlung ist dabei, welche Rechtsform der vorbereitende Akt hat. Neben [X.] können auch Verwaltungsakte Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO sein ([X.]VerwG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 [X.] 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19; [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 6 f.). Ebenso ist davon auszugehen, dass eine Verfahrenshandlung nicht nur eine anfechtbare Handlung ist, die in Rechte des [X.]eteiligten eingreift, sondern auch sogenannte Negativakte, also die behördliche Verweigerung der erstrebten Verfahrenshandlung, von der Norm erfasst werden ([X.]VerwG, Urteile vom 30. Januar 2002 - 9 A 20.01 - [X.]VerwGE 115, 373 <377> und vom 22. September 2016 - 2 [X.] 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19; [X.]eschluss vom 6. April 2006 - 2 VR 2.05 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 10).

[X.]er Antragsteller will vorliegend erreichen, dass die [X.] verpflichtet wird, den von ihm eingebrachten [X.] im [X.]esfachplanungsverfahren sofort weiterzuverfolgen, d.h. diesen - entgegen der Mitteilung vom 26. Januar 2018 - sofort weiter zu berücksichtigen und sachlich zu prüfen. Sein [X.]egehren ist auf die Vornahme einer Verfahrenshandlung im Rahmen des derzeit laufenden [X.]esfachplanungsverfahrens gerichtet und unterfällt damit § 44a Satz 1 VwGO (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. September 2005 - 9 VR 21.05 - juris für eine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens). [X.]ie Voraussetzungen für die gesetzlichen Ausnahmetatbestände in § 44a Satz 2 VwGO sind nicht erfüllt. Weder handelt es sich bei der Entscheidung, den [X.] des Antragstellers (derzeit) nicht weiter zu prüfen, um eine vollstreckbare Entscheidung, noch ist der Antragsteller [X.] im Sinne dieser Norm.

Steht aber bereits § 44a VwGO der Zulässigkeit des Antrages entgegen, kann offen bleiben, ob dasselbe Ergebnis auch aus einem Erst-recht-Schluss zu § 15 Abs. 3 Satz 2 [X.] folgt und ob diese Norm den vom Antragsteller angeführten unions- oder verfassungsrechtlichen [X.]edenken begegnet.

[X.]. [X.]er Antrag ist zudem unbegründet, weil dem Antragsteller weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.

1. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile ist es nicht nötig, der Antragsgegnerin aufzugeben, den abgeschichteten Alternativvorschlag des Antragstellers im [X.]esfachplanungsverfahren sofort weiterzuverfolgen.

[X.]ie Antragsgegnerin hat - insofern vom Antragsteller unwidersprochen - vorgetragen, dass sich die [X.] in der Entscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch mit dem Alternativvorschlag des Antragstellers auseinandersetzen werde. Sie hat darauf hingewiesen, dass es sich bei der unter dem 26. Januar 2018 mitgeteilten Entscheidung allenfalls um eine (vorläufige) Abschichtungsentscheidung handle. [X.]ie Antragsgegnerin sei nach sorgfältiger Prüfung (lediglich) zu dem Ergebnis gekommen, dass der alternative Vorschlag des Antragstellers derzeit nicht als ernsthaft in [X.]etracht kommende Alternative zu qualifizieren sei und somit im Verfahren zunächst nicht weiter berücksichtigt werden müsse. [X.]as führe dazu, dass keine vertieften Unterlagen nach § 8 [X.] für den Vorschlag erstellt werden müssten. Gleichwohl sei es nicht ausgeschlossen, dass die abgeschichtete Alternative wieder als ernsthaft in [X.]etracht kommende Alternative auflebe. So sei es vorstellbar, dass neue Umstände bekannt würden, die dazu führten, die Alternative wieder in das Verfahren einzubeziehen. Hierüber werde jedoch erst im Rahmen der [X.]esfachplanungsentscheidung verbindlich entschieden (vgl. Klage- und [X.] der Antragsgegnerin vom 11. März 2019, [X.]). [X.]a die von den Ländern und den [X.] gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] eingebrachten Trassenvorschläge für die [X.] nicht bindend seien (§ 7 Abs. 3 Satz 2 [X.]), könnten bis zur Entscheidung nach § 12 [X.] Vorschläge und Anträge wieder aufgegriffen oder zurückgestellt werden (a.a.[X.]). Mit der Entscheidung vom 26. Januar 2018 würden keine vollendeten Tatsachen geschaffen (a.a.[X.]). [X.]urch die Abschichtung seines Alternativvorschlags drohen dem Antragsteller somit keine Nachteile, denen durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung vorgebeugt werden müsste.

2. [X.]er Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass der von ihm in das Verfahren eingebrachte Alternativvorschlag sofort, d.h. in gleicher Weise und mit gleicher Intensität geprüft wird wie die von den [X.]eigeladenen als [X.] eingebrachten Trassen.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.]. [X.]anach können Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, Vorschläge zu einem alternativen Trassenverlauf im Sinne von § 6 Satz 6 Nr. 1 [X.] machen. [X.]ie [X.] ist zudem verpflichtet, etwaige ernsthaft in [X.]etracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren zu prüfen (§ 5 Abs. 1 Satz 4 [X.]), ist dabei aber weder an den Antrag des [X.] noch an die Vorschläge der Länder gebunden (§ 7 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Hieraus folgt, dass sich die [X.] mit einem von einem Land oder einem Vorhabenträger in das Verfahren der [X.]esfachplanung eingebrachten Alternativvorschlag inhaltlich auseinanderzusetzen hat, sie aber einen solchen Vorschlag keiner vertieften Prüfung unterziehen muss, wenn sie im Rahmen einer Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es sich um keine ernsthaft in [X.]etracht kommende Alternative handelt. Aus der Konzeption des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, wie sie insbesondere in § 7 Abs. 3 Satz 2 und § 5 Abs. 1 Satz 4 [X.] zum Ausdruck kommt, ergibt sich nicht, dass die [X.] jeden von einem Land oder einem Vorhabenträger in das Verfahren eingebrachten Trassenvorschlag mit gleicher Intensität bis zur [X.]esfachplanungsentscheidung prüfen müsste.

Soweit sich der Antragsteller zur Stützung seiner Auffassung (auch) auf das Raumordnungsgesetz und die [X.]gesetzgebung beruft, sind seine Ausführungen unsubstantiiert. Es ist insbesondere nicht dargelegt, inwiefern sich aus den - zudem nicht näher bezeichneten - Regelungen ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf [X.]erücksichtigung und Prüfung eines von dem Antragsteller eingebrachten [X.]s bis zum Ergehen der [X.]esfachplanungsentscheidung ergeben soll.

[X.]. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 [X.]. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Meta

4 VR 1/19, 4 VR 1/19 (4 A 2/19)

09.05.2019

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: A

§ 4 NABEG, § 5 Abs 1 S 4 NABEG, § 6 S 6 Nr 1 NABEG, § 7 Abs 3 S 1 NABEG, § 7 Abs 3 S 2 NABEG, § 8 NABEG, § 12 Abs 2 NABEG, § 15 Abs 3 S 1 NABEG, § 15 Abs 3 S 2 NABEG, § 18 NABEG, §§ 18ff NABEG, § 44a VwGO, § 50 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 50 Abs 1 Nr 6 VwGO, § 123 Abs 1 S 2 VwGO, § 123 Abs 2 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.05.2019, Az. 4 VR 1/19, 4 VR 1/19 (4 A 2/19) (REWIS RS 2019, 7452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7452

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