Bundesverwaltungsgericht, Gerichtsbescheid vom 06.11.2019, Az. 4 A 2/19

4. Senat | REWIS RS 2019, 1891

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Gegenstand

Unzulässigkeit einer auf Vornahme einer unselbstständigen Verfahrenshandlung gerichteten Klage; Trassenplanung SuedLink; Bund-Länder-Streit (hier: verneint)


Gründe

I

1

[X.]er Kläger, der [X.], begehrt Rechtsschutz im Rahmen des Verfahrens der [X.]undesfachplanung der [X.] und 4 des [X.] (sogenannter SuedLink) in den Abschnitten [X.] ([X.] - [X.] und [X.] - [X.]) und [X.] ([X.] - [X.] und [X.] - Grafenrheinfeld).

2

[X.]ie beigeladenen Vorhabenträger beantragten am 17. und am 24. März 2017 die [X.]undesfachplanung für die Abschnitte [X.] und [X.] des [X.]. In der von der [X.] durchgeführten Antragskonferenz brachte der Kläger einen eigenen [X.] förmlich in das Verfahren ein. [X.]ie [X.] führte daraufhin eine erste Evidenzkontrolle dieses Vorschlags durch, forderte die Vorhabenträger auf, die Alternativtrassenvarianten einer Grobprüfung zu unterziehen und holte ein externes Gutachten der [X.] [X.] zur technischen Machbarkeit des Vorschlags ein. Auf der Grundlage der daraufhin erstatteten Gutachten und abgegebenen Stellungnahmen kam die [X.] in ihrem Prüfvermerk vom 18. Januar 2018 zu dem Ergebnis, dass der Vorschlag des [X.] keine ernsthaft in [X.]etracht kommende Alternative darstelle und daher für das weitere Verfahren der [X.]undesfachplanung abzuschichten sei. Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 setzte sie den Kläger hiervon in Kenntnis und führte das [X.] fort. [X.]anach haben die [X.]eigeladenen die Unterlagen nach § 8 [X.] vorgelegt und hat die [X.] deren Vollständigkeit festgestellt. Mit dem Abschluss des Verfahrens der [X.]undesfachplanung für die Abschnitte [X.] und [X.] des [X.] wird frühestens für Ende 2019/Anfang 2020 gerechnet.

3

Am 15. Januar 2019 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, den von ihm im Rahmen seines [X.]eteiligungsrechts in das Verfahren der [X.]undesfachplanung eingebrachten Alternativtrassenvorschlag, der von der [X.] aus dem Verfahren ausgeschieden worden ist, in das Verfahren zurückzuführen. Für die Klage sei das [X.] zuständig, denn es handle sich um einen [X.]und-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, hilfsweise ergebe sich die Zuständigkeit aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. [X.]a es sich um einen [X.]und-Länder-Streit handle, liege auch die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis vor. § 44a VwGO stehe der Klage nicht entgegen, denn die Norm sei im [X.]und-Länder-Streit nicht anwendbar. [X.]ie Klage sei auch begründet. [X.]ie von der [X.] getroffene Abschichtungsentscheidung genüge den zwingenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Sie sei sowohl formell als auch materiell-rechtlich zu beanstanden und verletzte in rechtswidriger Weise die Kompetenzen des [X.].

4

[X.]er Kläger beantragt,

die [X.]eklagte zu verurteilen, den abgeschichteten Alternativvorschlag des [X.] für einen Trassenkorridor zu Vorhaben Nummer 3 und Vorhaben Nummer 4 des [X.]undesbedarfsplans, in das Verfahren eingebracht durch Schreiben vom 16. Mai 2017 und 31. Mai 2017, im laufenden [X.] weiterzuverfolgen,

hilfsweise festzustellen, dass der Alternativvorschlag des [X.] für einen Trassenkorridor zu Vorhaben Nummer 3 und Vorhaben Nummer 4 des [X.]undesbedarfsplans, in das Verfahren eingebracht durch Schreiben vom 16. Mai 2017 und 31. Mai 2017, zu Unrecht abgeschichtet worden ist und im laufenden [X.] weiterverfolgt werden muss.

5

[X.]ie [X.]eklagte und die [X.]eigeladenen beantragen,

die Klage abzuweisen.

6

Sie halten die Klage für unzulässig und treten ihr auch in der Sache entgegen. Sie verteidigen die Abschichtung des Alternativtrassenvorschlags des [X.] als rechtmäßig.

7

[X.]en gleichzeitig mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO dahingehend, dass die [X.] verpflichtet wird, den vom Kläger eingebrachten Alternativtrassenvorschlag im [X.] sofort weiterzuverfolgen, d.h. diesen - entgegen der Mitteilung vom 26. Januar 2018 - sofort weiter zu berücksichtigen und sachlich zu prüfen, hat der [X.] mit [X.]eschluss vom 9. Mai 2019 - 4 VR 1.19 - (NVwZ 2019, 1357) abgelehnt.

II

8

[X.]er [X.] kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die erstinstanzliche Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). [X.]ie [X.]eteiligten wurden vorher gehört (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

9

1. [X.]as [X.] ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig; ein sogenannter [X.]und-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. Mai 2019 - 4 VR 1.19 - NVwZ 2019, 1357 Rn. 6 ff.).

2. [X.]ie Klage ist insgesamt unzulässig. Sie ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag auf eine Verpflichtung der [X.] gerichtet, den vom Kläger eingebrachten Alternativtrassenvorschlag im Verfahren der [X.]undesfachplanung zu berücksichtigen und sachlich zu prüfen, und betrifft damit eine nicht selbstständig anfechtbare Verfahrenshandlung (§ 44a VwGO).

Im [X.]eschluss vom 9. Mai 2019 - 4 VR 1.19 - (NVwZ 2019, 1357 Rn. 16 ff.) hat der [X.] Folgendes ausgeführt:

"Nach § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (Satz 1), es sei denn die behördlichen Verfahrenshandlungen können vollstreckt werden oder ergehen gegen einen Nichtbeteiligten (Satz 2); die Regelung gilt auch für Anträge nach § 123 VwGO ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. April 2006 - 2 VR 2.05 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 10).

Unter den [X.]egriff der Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO fallen behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren (vgl. § 9 VwVfG) stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen ([X.]VerwG, Urteile vom 1. September 2009 - 6 [X.] 4.09 - [X.]VerwGE 134, 368 Rn. 21, vom 22. September 2016 - 2 [X.] 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19 m.w.N. und vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2.14 - [X.]VerwGE 156, 193 Rn. 14; [X.]eschluss vom 14. Juli 2004 - 6 [X.] 30.04 - juris Rn. 7; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand September 2018, § 44a Rn. 8; [X.], in: [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 44a Rn. 40; [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 6; [X.]/[X.], VwGO, 24. Aufl. 2018, § 44a Rn. 3, 5 f.). Aus dem Gegensatz des [X.]egriffs der Verfahrenshandlung zu dem in § 44a Satz 1 VwGO gleichfalls verwendeten [X.]egriff der Sachentscheidung folgt, dass sich der Ausschluss selbstständiger Rechtsbehelfe grundsätzlich auf solche behördlichen Maßnahmen beschränkt, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein, ohne also ihrerseits in materielle Rechtspositionen einzugreifen ([X.]VerwG, Urteil vom 1. September 2009 - 6 [X.] 4.09 - [X.]VerwGE 134, 368 Rn. 21). Unerheblich für die Einordnung als Verfahrenshandlung ist dabei, welche Rechtsform der vorbereitende Akt hat. Neben [X.] können auch Verwaltungsakte Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO sein ([X.]VerwG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 [X.] 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19; [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 6 f.). Ebenso ist davon auszugehen, dass eine Verfahrenshandlung nicht nur eine anfechtbare Handlung ist, die in Rechte des [X.]eteiligten eingreift, sondern auch sogenannte Negativakte, also die behördliche Verweigerung der erstrebten Verfahrenshandlung, von der Norm erfasst werden ([X.]VerwG, Urteile vom 30. Januar 2002 - 9 A 20.01 - [X.]VerwGE 115, 373 <377> und vom 22. September 2016 - 2 [X.] 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19; [X.]eschluss vom 6. April 2006 - 2 VR 2.05 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 10).

[X.]er Antragsteller will vorliegend erreichen, dass die [X.] verpflichtet wird, den von ihm eingebrachten Alternativtrassenvorschlag im [X.] sofort weiterzuverfolgen, d.h. diesen - entgegen der Mitteilung vom 26. Januar 2018 - sofort weiter zu berücksichtigen und sachlich zu prüfen. Sein [X.]egehren ist auf die Vornahme einer Verfahrenshandlung im Rahmen des derzeit laufenden [X.]s gerichtet und unterfällt damit § 44a Satz 1 VwGO (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. September 2005 - 9 VR 21.05 - juris für eine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens). [X.]ie Voraussetzungen für die gesetzlichen Ausnahmetatbestände in § 44a Satz 2 VwGO sind nicht erfüllt. Weder handelt es sich bei der Entscheidung, den Alternativtrassenvorschlag des Antragstellers (derzeit) nicht weiter zu prüfen, um eine vollstreckbare Entscheidung, noch ist der Antragsteller [X.] im Sinne dieser Norm.

Steht aber bereits § 44a VwGO der Zulässigkeit des Antrages entgegen, kann offen bleiben, ob dasselbe Ergebnis auch aus einem Erst-recht-Schluss zu § 15 Abs. 3 Satz 2 [X.] folgt und ob diese Norm den vom Antragsteller angeführten unions- oder verfassungsrechtlichen [X.]edenken begegnet."

An diesen Ausführungen hält der [X.] auch für das Klageverfahren fest. Gründe, diese Auffassung zu hinterfragen, zeigen die [X.]eteiligten nicht auf; sie haben sich seit dem [X.]eschluss vom 9. Mai 2019 - 4 VR 1.19 - (NVwZ 2019, 1357) zur Sache nicht mehr geäußert.

[X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. [X.]ie Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Meta

4 A 2/19

06.11.2019

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Gerichtsbescheid

Sachgebiet: A

§ 44a VwGO, § 50 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 50 Abs 1 Nr 6 VwGO, § 15 Abs 3 S 2 NABEG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Gerichtsbescheid vom 06.11.2019, Az. 4 A 2/19 (REWIS RS 2019, 1891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1891

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