Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.03.2011, Az. 9 AZR 799/09

9. Senat | REWIS RS 2011, 8596

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Gegenstand

Urlaub - Schichtbetrieb - betriebliche Übung


Leitsatz

§ 26 Abs. 1 TVöD gewährleistet bei jährlich 30 Arbeitstagen Urlaub eine zusammenhängende Urlaubsdauer von sechs Wochen in der Fünf-Tage-Woche. Verteilt sich die Arbeitszeit auf mehr oder weniger Tage, ist die Anzahl der Urlaubstage mit dem Ziel einer gleichwertigen Urlaubsdauer durch "Umrechnung" zu ermitteln. Die Anzahl der Urlaubstage erhöht oder vermindert sich nach § 26 Abs. 1 Satz 4 TVöD entsprechend.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. Oktober 2009 - 11 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt zuletzt noch die Gewährung von weiteren acht Arbeitstagen tariflichen Erholungsurlaub aus dem Jahr 2008.

2

Der über 40 Jahre alte Kläger ist seit dem 1. Dezember 1986 bei der [X.] beschäftigt, zuletzt als Wachschichtführer in [X.] Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Dezember 1986 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des [X.] ([X.]) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.

3

Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistung im ständigen Schichtbetrieb. Schichtbeginn ist jeweils um 8:00 Uhr, Schichtende am folgenden Tag ebenfalls um 8:00 Uhr. Dann folgen 24 Stunden Ruhe. Die nächste Schicht beginnt dementsprechend wieder um 8:00 Uhr am Morgen des [X.] und dauert wieder 24 Stunden. Die Beklagte berechnet den dem Kläger zustehenden Erholungsurlaub in Schichten. Zumindest bis 2005 gewährte sie ihm jeweils 21 Schichten Erholungsurlaub im Jahr. Die jährlich 36 Freischichten des [X.] berücksichtigte sie für die Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs wie geleistete Schichten. Dabei folgte sie einem Erlass des [X.] vom 15. Dezember 1971 ([X.] 5 - [X.].: 18-20-50-01/02). Dort heißt es:

        

„Im Interesse einer Gleichbehandlung aller im 24-stündigen Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmer wird im Einvernehmen mit dem [X.] und dem [X.]minister für Wirtschaft und Finanzen zugestimmt, dass Freischichten im Sinne der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 5 und § 3 Nr. 5 des [X.] zur Änderung des [X.] vom 7. Febr[X.]r 1968 bzw. im Sinne der Protokollnotiz zu § 2 Nrn. 5, 7 und 10 und § 3 Nrn. 5, 7 und 10 des Ergänzungstarifvertrages Nr. 9 zum MTB II vom 7. Febr[X.]r 1968 mit Wirkung vom Beginn des Urlaubsjahres 1971 bei der Verminderung des Urlaubs nach § 48 Abs. 4 Unterabsatz 3 [X.] bzw. § 48 Abs. 8 Unterabsatz 3 MTB II außertariflich auch insoweit nicht berücksichtigt werden, als sie im Voraus dienstplanmäßig festgelegt werden. …“

4

In der zuletzt maßgeblichen Protokollnotiz zu Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 der [X.] zum [X.] für den Bereich des [X.] hieß es:

        

„... Die Arbeitszeitverkürzungen ab 1. Jan[X.]r 1969, 1. Jan[X.]r 1971, 1. Oktober 1974, 1. April 1989 und 1. April 1990 sollen im Jahresdurchschnitt durch entsprechende Schichteinteilung berücksichtigt werden. Nach der seit 1. April 1990 geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 1/2 Stunden (§ 15) stehen 36 Frei-schichten für ein Jahr zu.“

5

Zumindest seit dem Urlaubsjahr 2008 berücksichtigte die Beklagte diese 36 Freischichten bei der Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs nicht mehr wie geleistete Arbeitsschichten. Sie errechnete deshalb einen tariflichen Jahresurlaubsanspruch (Erholungsurlaub) des [X.] von 17 Schichten.

6

Die Beklagte gewährte dem Kläger 2008 17 Schichten Erholungsurlaub. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Mai 2008 beanstandete der Kläger die Urlaubsberechnung der [X.]. Er errechnete dort einen jährlichen Anspruch auf Erholungsurlaub von 42 Arbeitstagen.

7

Die maßgeblichen Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst ([X.]) lauten [X.].:

        

„§ 2   

        

Arbeitsvertrag, Nebenabreden, Probezeit

        

...     

        
        

(3)     

Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Sie können gesondert gekündigt werden, soweit dies einzelvertraglich vereinbart ist.

        

…       

        

§ 26   

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der [X.] beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

...     

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

… Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. …“

8

Für den Bereich des [X.] ist folgende Bestimmung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Verwaltung - (im Folgenden: [X.]-BT-V [Bund]) maßgebend:

        

„§ 46 

        

Sonderregelungen für die Beschäftigten im Bereich des [X.]

        

…       

        

Nr. 4 

zu §§ 7, 8 - Sonderformen der Arbeit und Ausgleich für Sonderformen der Arbeit

        

…       

        
        

(3)     

Die Arbeitszeitdauer des Feuerwehrpersonals und des [X.] beträgt, wenn in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst vorliegt, 24 Stunden pro Schicht, ...

        

…“    

        

9

In § 48 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter des [X.] und der Länder ([X.]) hieß es noch wie folgt:

        

„§ 48 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Der Arbeiter hat in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Zahlung des [X.]. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

        

...     

        
        

(8)     

Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen der Arbeiter dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte, mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage, für die kein Freizeitausgleich gewährt wird. Endet eine Arbeitsschicht nicht an dem Kalendertag, an dem sie begonnen hat, gilt als Arbeitstag der Kalendertag, an dem die Arbeitsschicht begonnen hat.

        

…“    

        

Der Kläger ist der Auffassung, er habe Anspruch auf 21 [X.] (42 Arbeitstage) Erholungsurlaub. Diese längere Urlaubsdauer ergebe sich zumindest aus betrieblicher Übung. Die Beklagte müsse wie bisher 36 Freischichten entsprechend der Protokollnotiz 2 als geleistete Arbeitsschichten für die Bemessung des jährlichen Urlaubsanspruchs berücksichtigen. Sie gewähre jedoch unter Außerachtlassung der 36 Freischichten nur noch 17 Schichten Erholungsurlaub.

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Urlaubsjahr 2008 weitere 18 Urlaubstage zu gewähren,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Urlaubsjahr 2009 35 Urlaubstage pro Jahr zu gewähren;

        

hilfsweise

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Urlaubsjahr 2008 weitere fünf Urlaubstage zu gewähren,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Urlaubsjahr 2009 weiterhin 24 Urlaubstage zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, für die Berechnung des jährlichen Erholungsurlaubs seien nur die tatsächlich zu leistenden 147 Arbeitsschichten zugrunde zu legen. Dies ergebe einen [X.] von 17 Schichten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nach teilweiser Rücknahme der Revision nur noch seinen Anspruch auf Nachgewährung des [X.] nicht gewährten Erholungsurlaubs von acht Arbeitstagen zuzüglich Zusatzurlaub weiter.

Hinsichtlich des weiteren Tags Zusatzurlaub für Schichtdienst aus 2008 haben die Parteien in der [X.] einen Teilvergleich geschlossen.

Entscheidungsgründe

A. Die Revision des [X.] ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere acht Arbeitstage tariflichen Erholungsurlaub aus dem [X.].

I. Als Anspruchsgrundlage für die verlangte Nachgewährung von Tarifurlaub aus 2008 kommen nur § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 280 Abs. 1, § 249 BGB in Betracht (vgl. [X.] 16. März 1999 - 9 [X.] - zu II 2 der Gründe mwN, [X.] [X.] § 7 Übertragung Nr. 25 = EzA [X.] § 7 Nr. 107). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 2 ihres Arbeitsvertrags der [X.] als der den [X.] ersetzender Tarifvertrag Anwendung. Ein möglicher Erfüllungsanspruch ist mit dem 31. Dezember 2008, spätestens jedoch zum Ende des [X.] gemäß § 26 Abs. 2 Buch[X.]a [X.] am 31. Mai 2009 infolge Verfalls erloschen.

II. Die Beklagte befand sich vor Ablauf der [X.] mit den geforderten [X.]stagen nicht in Verzug; denn der Kläger hatte über die im [X.] gewährten 17 [X.]sschichten (34 Arbeitstage) Erholungsurlaub keinen Anspruch auf weiteren Erholungsurlaub.

1. Grundsätzlich standen dem Kläger nach § 26 Abs. 1 [X.] für das [X.] 30 Arbeitstage tariflicher Erholungsurlaub zu, da er das 40. Lebensjahr vollendet hatte. Für Arbeitnehmer in Schichtarbeit sind die [X.]stage in Arbeitstage umzurechnen. Daraus errechnen sich für den Kläger jährlich 34 Arbeitstage Erholungsurlaub.

a) Die Notwendigkeit der Umrechnung folgt schon aus dem Wortlaut der Tarifvorschrift. Nach § 26 Abs. 1 [X.] beträgt die [X.]sdauer für Arbeitnehmer, die wie der Kläger älter als 40 Jahre sind 30 „Arbeitstage“. Da dies der längste tarifliche [X.]sanspruch ist, muss der [X.] nicht prüfen, ob diese tarifliche Staffelung der [X.]sdauer nach Lebensalter jüngere Arbeitnehmer gemäß § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG benachteiligt (vgl. [X.] 11. August 2010 - 6 [X.] 736/10 - zu I 2 b der Gründe).

Arbeitstage sind alle Tage, an denen der Arbeitnehmer zu arbeiten hat. Diese Festlegung entspricht der Rechtsprechung des [X.] zum Inhalt des [X.]sanspruchs als einen Anspruch auf Befreiung von der vertraglichen Arbeitspflicht, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts berührt wird. [X.] kann nur für solche Tage erteilt werden, an denen der Arbeitnehmer aufgrund der Verteilung seiner Arbeitszeit eigentlich hätte arbeiten müssen (für die [X.]Rspr. [X.] 30. Oktober 2001 -  9 [X.]/00  - zu II 1 der Gründe). Denn [X.]sgewährung ist die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten künftigen Zeitraum ([X.] 24. März 2009 9 [X.] - Rn. 33, [X.]E 130, 119).

b) Hierfür spricht auch, dass der [X.] keine der Vorgängervorschrift § 48 Abs. 8 Satz 2 [X.] entsprechende Regelung enthält. Danach galt für eine Arbeitsschicht, die nicht an dem Kalendertag endete, an dem sie begonnen hatte, als Arbeitstag der Kalendertag, an dem sie begonnen hatte. Demgegenüber stellt der nun maßgebliche § 26 [X.] für alle Formen der Arbeitszeitverteilung ausschließlich auf Arbeitstage ab.

2. Im [X.] bestand nur ein Anspruch auf 34 Arbeitstage tariflichen Erholungsurlaub.

a) Die in § 26 Abs. 1 [X.] für die [X.]sdauer bestimmte Zahl von „30 Arbeitstagen“ ist umzurechnen. Sie ist auf die Arbeitnehmer bezogen, die in der [X.] arbeiten. Nach der ständigen [X.]srechtsprechung ist dann, wenn die Arbeit abweichend auf weniger oder auf mehr Wochentage verteilt ist, gesondert je nach unterschiedlicher Arbeitspflicht und deren Verteilung die Anzahl der [X.]stage zu ermitteln, die zur gleichen Dauer eines zusammenhängenden gleichwertigen [X.]s nötig ist (sog. Umrechnung, vgl. [X.] 30. Oktober 2001 - 9 [X.]/00 - zu II 2 der Gründe). Den Tarifvertragsparteien kann nämlich nicht ohne Weiteres der Wille unterstellt werden, eine Regelung zu treffen, nach der die [X.]sdauer ohne sachlichen Grund für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedlich lang sein soll. Davon geht auch § 26 Abs. 1 Satz 4 [X.] aus. Nach dieser Bestimmung erhöht oder vermindert sich ausdrücklich der [X.]sanspruch entsprechend, soweit die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr oder weniger als auf fünf Tage verteilt ist.

b) Die hier anzuwendende Tarifvorschrift trifft keine besondere Umrechnungsbestimmung für Schichtarbeit. Deshalb ist nach allgemeinen Grundsätzen umzurechnen. Ist die regelmäßige Arbeitszeit nicht auf eine Kalenderwoche verteilt, muss für die Umrechnung eines nach Arbeitstagen bemessenen [X.]s auf den längeren Zeitabschnitt abgestellt werden, in dem im Durchschnitt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit erreicht ist (so schon [X.] 6. Dezember 1994 - 9 [X.] - zu [X.] 2 b aa der Gründe).

c) Für die Umrechnung ist grundsätzlich auf Arbeitstage abzustellen. Die Anzahl der Arbeitstage mit Arbeitspflicht ist mit der Anzahl der [X.]stage ins Verhältnis zu setzen. Die Arbeitszeit des [X.] ist nicht regelmäßig auf jeweils eine Woche bezogen, sondern durch den Schichtrhythmus (24 Stunden Arbeit/24 Stunden Freizeit) anders verteilt. Dieser Schichtrhythmus ist nicht auf eine Woche beschränkt. Für die Berechnung ist deshalb der repräsentative Zeitabschnitt heranzuziehen, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird (vgl. [X.] 5. November 2002 -  9 [X.]  - zu [X.] 3 b [X.] (1) der Gründe, [X.] [X.] § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 15 = EzA [X.] § 4 Chemische Industrie Nr. 4). Dabei muss die Berechnungsmethode eine Gleichwertigkeit insbesondere der [X.]sdauer sicherstellen. Das wird erreicht, wenn [X.] die für den Arbeitnehmer mit abweichender Arbeitszeit maßgebliche Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht mit der Anzahl der in der [X.] geltenden Anzahl der Arbeitstage zueinander ins Verhältnis gesetzt wird. Vorliegend ist vom Kalenderjahr auszugehen, weil das [X.] nur Feststellungen über die Gesamtzahl der vom Kläger jährlich zu leistenden Schichten getroffen hat. Bei Zugrundelegung des Kalenderjahres ist der [X.] bei Anwendung zwar grundsätzlich von 52 Wochen und damit 364 Kalender- und 260 Soll-Arbeitstagen ausgegangen (14. Januar 1992 - 9 [X.] - [X.] [X.] § 3 Nr. 5 = EzA [X.] § 13 Nr. 52), weil die Berechnungsvorschrift für das [X.]sentgelt in § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf 13 Wochen für ein Vierteljahr abstellt (vgl. [X.] 20. August 2002 - 9 [X.] - [X.]E 102, 251; [X.]/[X.] [X.]srecht 2. Aufl. § 3 [X.] Rn. 42). Hier ist jedoch das Jahr nach § 191 BGB mit 365 Kalendertagen und für die in der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer mit 261 Arbeitstagen anzusetzen; denn die Tarifvertragsparteien haben in § 21 [X.] für die Bemessung der Entgeltfortzahlung auf einen anderen Referenzeitraum als auf die letzten 13 Wochen abgestellt (hierzu vgl. [X.] 5. November 2002 -  9 [X.] 470/01 - zu [X.] 3 b [X.] (2) der Gründe, aaO; 20. August 2002 - 9 [X.] - zu I 2 a [X.] der Gründe, aaO).

Die danach maßgebliche Umrechnungsformel lautet:

        

[X.]stage x Arbeitstage bei abweichender Verteilung

        

Arbeitstage in der Fünf-Tage-Woche

d) In diese Formel sind folgende Werte einzusetzen:

aa) Als Dividend: Die „nominell“ im Tarifvertrag festgelegte Anzahl von 30 [X.]stagen. Diese sind mit der vom Kläger im Schichtsystem zu leistenden Anzahl von 294 Arbeitstagen zu multiplizieren. Denn nach den Feststellungen des [X.]s hatte der Kläger nach den Schichtplänen jährlich 147 Arbeitsschichten zu leisten. Das sind bei den kalendertagübergreifenden Schichten 294 Arbeitstage im Jahr.

[X.]) Als Divisor sind die in der [X.] möglichen 261 Arbeitstage einzusetzen.

cc) Daraus errechnet sich für den Kläger wegen dessen im Vergleich zur [X.] erhöhter Anzahl von möglichen [X.]stagen eine größere Anzahl von erforderlichen [X.]stagen, um eine gleichwertige sechswöchige [X.]sdauer zu erreichen. Ihm sind dazu 33,79 Arbeitstage, aufgerundet 34 Arbeitstage (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 5 [X.]), zu gewähren.

3. Entgegen der Auffassung des [X.] sind die im Erlass von 1971 angesprochenen und in der Protokollnotiz zum beendeten [X.] angeführten 36 Freischichten nicht zur weiteren Erhöhung der Anzahl der [X.]stage zu berücksichtigen.

a) Freischichttage sind keine Arbeitstage, sondern Wochentage, an denen der Arbeitnehmer wegen der Verteilung der Arbeitszeit auf Arbeitsschichten nicht zur Arbeit verpflichtet ist. Sie verringern rechnerisch die Anzahl der in einem Jahr möglichen Tage mit Arbeitspflicht ([X.] 9. September 2003 -  9 [X.]  - zu II 3 b der Gründe, EzA [X.] § 4 Chemische Industrie Nr. 6) und damit auch den [X.]sanspruch.

b) Der Kläger beruft sich auch ohne Erfolg auf betriebliche Übung. Zwar berechnete die Beklagte auf der Grundlage des Erlasses des [X.] vom 15. Dezember 1971 (- [X.] 5 - [X.].: 18-20-50-01/02) die [X.]sansprüche unter Einbeziehung der 36 Freischichttage als Arbeitstage. Es kann insoweit dahinstehen, ob das [X.] zutreffend angenommen hat, die vorliegenden Umstände seien nicht geeignet gewesen, einen Vertrauenstatbestand beim Kläger zu begründen, die Beklagte werde ihr Verhalten auch zukünftig beibehalten. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung stand schon das Schriftformerfordernis für [X.]n nach § 4 Abs. 2 Satz 1 [X.] (jetzt § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.]) entgegen. Danach sind [X.]n nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Die Nichtbeachtung der Schriftform führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit.

aa) Nach diesen tariflichen Vorschriften sind [X.]n nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart wurden. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Schriftform iSd. § 126 BGB. Ihre Missachtung hat die Unwirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts zur Folge. Deshalb kann die wiederholte Gewährung einer Vergünstigung eine bindende Wirkung grundsätzlich nur dann entfalten, wenn der tariflichen Formvorschrift genügt wird (vgl. [X.] 18. September 2002 - 1 [X.] - zu I 3 a der Gründe, [X.]E 102, 351 ).

[X.]) Eine vertragliche Abrede über eine übertarifliche, dem Arbeitnehmer günstigere Berechnung der [X.]sdauer würde als [X.] in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 [X.] und des § 2 Abs. 3 [X.] fallen. [X.]n im Sinne dieser Tarifvorschriften sind Vereinbarungen der Parteien des Arbeitsvertrags, die weder die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers noch die Gegenleistung des Arbeitgebers unmittelbar betreffen (vgl. [X.] 9. Dezember 1981 - 4 [X.] - [X.]E 37, 228). Der gesetzliche [X.]sanspruch ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistungen, sondern eine gesetzlich bedingte Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, den Arbeitnehmer für die Dauer des [X.]s von der Arbeitspflicht zu befreien ([X.] 13. Oktober 2009 - 9 [X.] 763/08 - Rn. 15; 24. März 2009 -  9 [X.] - Rn. 21, [X.]E 130, 119; 7. November 1985 - 6 [X.] 62/84 - zu 3 a und b der Gründe, [X.]E 50, 112 ). Das gilt auch für den tariflichen Mehrurlaub. Nach § 48 Abs. 1 [X.] hatte der Arbeiter in jedem [X.]sjahr Anspruch auf Erholungsurlaub. Gemäß § 26 Abs. 1 [X.] haben Beschäftigte denselben Anspruch. Eine tatsächliche Arbeitsleistung für den Erwerb des tariflichen [X.]sanspruchs verlangen diese Tarifvorschriften nicht.

cc) Das tarifliche Schriftformgebot ist entgegen der Auffassung der Revision nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Es findet weder eine Inhaltskontrolle noch eine Transparenzkontrolle statt. Denn nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden die §§ 305 bis 310 BGB auf Tarifverträge keine Anwendung. Auch wenn der betreffende Tarifvertrag kraft einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, hat eine Inhaltskontrolle nicht zu erfolgen, weil sie gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften stattfindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall die uneingeschränkte Anwendung eines einschlägigen Tarifvertrags vereinbart wurde. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB gebietet auch keine Transparenzkontrolle, wenn - wie hier - der Arbeitgeber tarifgebunden ist und mittels arbeitsvertraglicher Verweisung der Tarifvertrag Anwendung findet, der für den Arbeitgeber im Übrigen kraft Tarifbindung gilt (vgl. [X.] 13. Juli 2010 - 9 [X.] 264/09 - Rn. 50).

dd) Die Schriftform des § 126 BGB ist nicht gewahrt. Dazu hätten die Parteien die [X.] gemäß § 126 Abs. 2 BGB auf derselben Vertragsurkunde unterzeichnen müssen (vgl. [X.] 10. Februar 2004 - 9 [X.] 183/03 - zu [X.] der Gründe, [X.] [X.] § 1 Vorruhestand Nr. 31). Hieran fehlt es.

ee) Der Kläger macht nicht geltend, dass die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) verstößt und eine unzulässige Rechtsausübung darstellt.

c) Der Anspruch folgt auch nicht aus dem Erlass vom 15. Dezember 1971 (- [X.] 5 - [X.].: 18-20-50-01/02) in Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

aa) Ein Anspruch auf Fortführung der sich aus einem Erlass ergebenden [X.]sberechnung könnte aus dem arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz folgen. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu stellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er findet nach der Rechtsprechung des [X.] uneingeschränkt Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt. Das ist auch dann der Fall, wenn er ansonsten unverbindliche interne Richtlinien oder Erlasse allgemein anwendet ([X.] 20. März 1997 - 8 [X.] 659/95 - zu II 2 c der Gründe).

[X.]) Eine solche Gleichbehandlung macht der Kläger nicht geltend. Er behauptet nicht, dass die Beklagte ohne sachliche Gründe ab 2008 für andere Gruppen von Arbeitnehmern auf der Grundlage des Erlasses die von ihm verlangte günstigere [X.]sberechnung beibehalten habe.

B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Faltyn    

        

    [X.]    

                 

Meta

9 AZR 799/09

15.03.2011

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Emden, 19. Februar 2009, Az: 2 Ca 475/08, Urteil

§ 125 BGB, § 126 BGB, § 249 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 286 Abs 1 BGB, § 287 BGB, § 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 3 BGB, § 310 Abs 4 BGB, § 2 TVöD, § 26 Abs 1 S 4 TVöD, § 46 Nr 4 TVöD BT-V, § 48 MTArb, § 2 MTArb, ProtNot zu Nr 7 Abs 3 S 1 SR 2a MTArb

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.03.2011, Az. 9 AZR 799/09 (REWIS RS 2011, 8596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8596

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Anzahl der Urlaubstage bei Schichtarbeit


Referenzen
Wird zitiert von

10 Sa 748/20

10 Sa 440/20

9 Sa 261/20

7 Ca 30/15

12 Sa 104/17

14 Sa 543/11

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