Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 315/17

9. Senat | REWIS RS 2019, 9210

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Gegenstand

Erholungsurlaub bei unbezahltem Sonderurlaub


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2017 - 11 [X.] 2068/16 - teilweise abgeändert.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 26. Oktober 2016 - 2 Ca 1516/15 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Gewährung von 20 Arbeitstagen ([X.] für das [X.].

2

Die Klägerin ist bei der beklagten [X.] seit dem 1. Juli 1991 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ([X.]) vom 13. September 2005 Anwendung. In der für den streitigen [X.]raum maßgeblichen Fassung heißt es ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

1Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). 2Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der [X.] beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage. 3Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. 4Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. 5Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

(2)     

Im Übrigen gilt das [X.] mit folgenden Maßgaben:

                 

…       

        
                 

c)    

[X.] das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.

                 

…       

        
        

§ 28   

        

Sonderurlaub

        

Beschäftigte können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts Sonderurlaub erhalten.“

3

Die Beklagte gewährte der Klägerin auf deren Antrag in der [X.] vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2014 unbezahlten Sonderurlaub, der auf Wunsch der Klägerin bis zum 31. August 2015 verlängert wurde. Mit Schreiben vom 12. November 2015 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, ihr ua. den gesetzlichen Mindesturlaub für das [X.] zu gewähren.

4

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auch während des [X.] seien Urlaubsansprüche entstanden.

5

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihr für das Kalenderjahr 2014 [X.] im Umfang von 20 Tagen zu gewähren.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, für das [X.] sei wegen des [X.] allenfalls der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub entstanden, der jedoch spätestens am 31. März 2015 wieder verfallen sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und - soweit für die Revision von Bedeutung - der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.]eklagten ist begründet. Die auf die Gewährung von Urlaub gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des [X.]s unbegründet.

9

A. Die Klage ist zulässig.

I. Der Klageantrag, mit dem die Klägerin die Gewährung eines Urlaubsanspruchs aus einem in der Vergangenheit liegenden Urlaubsjahr begehrt, erfasst sowohl den [X.] auf [X.]ewilligung von Urlaub als auch gegebenenfalls einen entsprechenden Schadensersatzanspruch (vgl. [X.] 5. August 2014 - 9 [X.] - Rn. 12).

II. Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Klagen, mit denen der Arbeitgeber dazu verurteilt werden soll, eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen ab einem in der Zukunft liegenden, nicht näher genannten Zeitraum zu gewähren, genügen den [X.]estimmtheitsanforderungen für die nach § 888 ZPO vorzunehmende Zwangsvollstreckung (vgl. [X.] 27. April 2017 - 6 [X.] - Rn. 18, [X.]E 159, 92; 18. März 2014 - 9 [X.] 877/13 - Rn. 11).

[X.]. Die Klägerin hat gegen die [X.]eklagte keinen Anspruch auf die Gewährung eines bezahlten Erholungsurlaubs im Umfang von 20 Arbeitstagen für das [X.].

I. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD. Dem tariflichen Urlaubsanspruch der Klägerin für das Kalenderjahr 2014 steht § 26 Abs. 2 [X.]uch[X.][X.] entgegen. Danach vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis ruht, um ein Zwölftel. Die mit der [X.]vereinbarung bewirkte Suspendierung der wechselseitigen Hauptleistungspflichten führte zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses für das gesamte Kalenderjahr 2014 und damit zu einer Verminderung des tariflichen Urlaubsanspruchs auf „Null“.

II. Der Klägerin steht für das Kalenderjahr 2014 auch nicht der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] zu.

1. Ohne Rechtsfehler hat das [X.] zunächst angenommen, dass der der Klägerin nach dem [X.] zustehende Urlaubsanspruch am 1. Januar 2014 entstanden ist. Nach Ablauf der Wartezeit (§ 4 [X.]) entsteht der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Erholungsurlaub am 1. Januar eines jeden Kalenderjahres (vgl. [X.] 23. Januar 2018 - 9 [X.] 200/17 - Rn. 16, [X.]E 161, 347). Der Urlaubsanspruch setzt - dem Grunde nach - allein das [X.]estehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Er steht nicht unter der [X.]edingung, dass der Arbeitnehmer im [X.]ezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat. Weder enthält § 1 [X.], nach dem ein Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat, eine Ausnahmeregelung für den [X.]all des Ruhens des Arbeitsverhältnisses noch nimmt § 2 Satz 1 [X.] Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis kraft Abrede der Arbeitsvertragsparteien oder aufgrund tariflicher Anordnung ruht, vom Geltungsbereich des [X.]es aus ([X.]Rspr., vgl. zuletzt [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] 10/17 - Rn. 28 mwN).

2. Entgegen der Auffassung des [X.]s ist der unbezahlte Sonderurlaub jedoch bei der [X.]erechnung der Arbeitstage, für die die Klägerin im Wege der Urlaubsgewährung von der Arbeitspflicht freizustellen ist, zu berücksichtigen.

a) Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub ist nicht nach der zum Zeitpunkt der Urlaubsgewährung geltenden Arbeitszeitregelung zu bemessen (so noch [X.] 14. März 2017 - 9 [X.] 7/16 - Rn. 17), sondern grundsätzlich bezogen auf das gesamte Urlaubsjahr - dh. das Kalenderjahr seiner Entstehung - anhand der arbeitsvertraglichen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage zu berechnen. [X.]efindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der [X.]erechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führt dazu, dass einem Arbeitnehmer, der sich im gesamten Kalenderjahr im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht. Ist die Arbeitspflicht nicht im gesamten Kalenderjahr suspendiert, weil sich der Sonderurlaub nur auf einen Teil des Kalenderjahres erstreckt, muss der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten berechnet werden. Soweit der [X.] demgegenüber bisher angenommen hat, dass der auf Zeiträume eines unbezahlten [X.] entfallende Urlaubsanspruch nach Maßgabe der ausgesetzten Arbeitszeit zu berechnen sei ([X.] 6. Mai 2014 - 9 [X.] 678/12 - Rn. 14, [X.]E 148, 115) und im [X.]alle eines unterjährigen Wechsels der Arbeitszeitverteilung der kalenderjährig bestimmte Urlaubsanspruch nicht in Zeitabschnitte unterteilt werden könne ([X.] 14. März 2017 - 9 [X.] 7/16 - Rn. 14), wird daran nicht festgehalten.

b) Die Höhe des gesetzlichen Urlaubsanspruchs ist nach § 3 Abs. 1 [X.] zu berechnen. Danach beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 24 Werktage im Kalenderjahr. Die Vorschrift unterstellt eine an sechs Tagen der [X.] bestehende Arbeitspflicht und gewährleistet unter dieser Voraussetzung einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen im Kalenderjahr. Ist die Arbeitszeit auf weniger oder mehr als sechs Tage in der [X.] verteilt, vermindert oder erhöht sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige [X.] zu sichern, ist die Anzahl der Urlaubstage unter [X.]erücksichtigung der für das Urlaubsjahr maßgeblichen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage zu ermitteln (sog. Umrechnung; vgl. zuletzt [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] 10/17 - Rn. 29 mwN). § 3 Abs. 1 [X.] regelt diese Verknüpfung von Arbeitspflicht und Urlaubstagen nicht ausdrücklich. Sie folgt jedoch aus einer insbesondere an Sinn und Zweck des Urlaubsanspruchs ausgerichteten Auslegung der [X.]estimmung.

aa) [X.]ereits der Wortlaut von § 1 und § 3 Abs. 1 [X.] bietet Anhaltspunkte für eine Verknüpfung der Anzahl der Urlaubstage mit der Anzahl der Tage, an denen eine Arbeitspflicht besteht. Die Verwendung des [X.]egriffs „Erholungsurlaub“ in § 1 [X.] legt ein solches Verständnis nahe. Zudem spricht das Abstellen auf „Werktage“ und nicht auf „Kalendertage“ in § 3 Abs. 1 [X.] dafür, dass der Gesetzgeber bei der [X.]emessung der dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubstage entsprechend dem Regelfall bei Inkrafttreten des [X.]es von einer an sechs Tagen der Woche bestehenden Arbeitspflicht ausging (vgl. [X.]/[X.] 4. Aufl. § 86 Rn. 33). Die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt zudem voraus, dass der Arbeitnehmer durch eine [X.]reistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (vgl. [X.] 16. Juli 2013 - 9 [X.] 50/12 - Rn. 15; 19. Januar 2010 - 9 [X.] 426/09 - Rn. 15).

[X.]) Entscheidend für die Abhängigkeit der Anzahl der Urlaubstage von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht spricht der Erholungszweck des gesetzlichen Anspruchs auf Mindesturlaub, der in den Gesetzesmaterialien und § 8 [X.] seinen Ausdruck gefunden hat. Der [X.] des [X.] führte zur [X.]egründung des von ihm vorgeschlagenen, später verabschiedeten Entwurfs des [X.]es in seinem schriftlichen [X.]ericht vom 29. November 1962 aus, der Mindesturlaub diene „der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft“. Mit der in § 3 Abs. 1 [X.] vorgesehenen Mindestanzahl von Urlaubstagen solle angesichts einer gestiegenen „Arbeitsbelastung der Menschen in der modernen Wirtschaft“ dem „Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer … Rechnung getragen“ werden ([X.]. IV/785 S. 1 f.). Das Ziel, es dem Arbeitnehmer durch Urlaubsgewährung zu ermöglichen, sich zu erholen, setzt voraus, dass der Arbeitnehmer verpflichtet war, eine Tätigkeit auszuüben. Dementsprechend verpflichtet § 8 [X.] den Arbeitnehmer, während des Urlaubs keine dem [X.] widersprechende Erwerbstätigkeit zu leisten.

cc) Das gesetzgeberische Grundverständnis von § 3 Abs. 1 [X.], den Urlaubsanspruch anhand der arbeitsvertraglich zu leistenden Arbeit zu berechnen, wird durch § 208 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SG[X.]X (früher in § 125 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SG[X.]X bzw. zuvor in § 47 Satz 1 Halbs. 2 [X.]) bestätigt. Danach vermindert oder erhöht sich der schwerbehinderten Menschen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SG[X.]X zustehende gesetzliche Urlaubsanspruch entsprechend, wenn deren Arbeitszeit auf weniger oder mehr als fünf Tage in der Woche verteilt ist (vgl. hierzu [X.] 19. Januar 2010 - 9 [X.] 426/09 - Rn. 31; 20. August 2002 - 9 [X.] 261/01 - zu I 2 a aa der Gründe, [X.]E 102, 251; 30. Oktober 2001 - 9 [X.] 315/00 - zu II 2 der Gründe; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 86 Rn. 35).

c) Der [X.]erechnung der Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 3 Abs. 1 [X.] muss deshalb stets die Klärung vorausgehen, an wie vielen Tagen der Woche eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung besteht (vgl. [X.]/[X.] 8. Aufl. § 3 [X.] Rn. 9). Dabei ist grundsätzlich von der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage auszugehen. Änderungen der Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Kalenderjahres sind zu berücksichtigen. [X.]ei einem unterjährigen Wechsel der Anzahl der Arbeitstage ist der [X.] für das betreffende Kalenderjahr unter [X.]erücksichtigung der einzelnen Zeiträume der [X.]eschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht umzurechnen (vgl. [X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 3 Rn. 15; [X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 611 Rn. 926). Unter Umständen muss die [X.] mehrfach berechnet werden (vgl. [X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 244/01 - zu [X.] 1 b aa der Gründe, [X.]E 102, 321 ).

aa) Ist die Arbeitszeit im gesamten Kalenderjahr gleichmäßig auf weniger oder mehr als sechs Wochentage verteilt, erfolgt die Umrechnung, indem die in § 3 Abs. 1 [X.] genannten 24 Werktage durch die Zahl 6 geteilt und mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage einer Woche multipliziert werden ([X.], vgl. [X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 244/01 - zu [X.] 1 b aa der Gründe, [X.]E 102, 321; [X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 3 Rn. 8; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 86 Rn. 34; [X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 611 Rn. 926; [X.] ArbR-Hd[X.]/[X.] 17. Aufl. § 104 Rn. 48).

[X.]) Ist die Arbeitszeit nicht das gesamte Kalenderjahr über gleichmäßig auf weniger oder mehr als sechs Wochentage verteilt, ist für die Umrechnung der Zeitabschnitt heranzuziehen, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird (vgl. [X.] 19. Januar 2010 - 9 [X.] 426/09 - Rn. 36 f.). Eine kalender[X.]e [X.]erechnung ist vorzunehmen, wenn sich nur so eine Gleichwertigkeit der [X.] sicherstellen lässt. Dementsprechend wird bei einer über das Kalenderjahr ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit [X.] die für den Arbeitnehmer maßgebliche Anzahl der Arbeitstage mit der Anzahl der Werktage ins Verhältnis gesetzt (vgl. [X.] 21. Juli 2015 - 9 [X.] 145/14 - Rn. 17; 15. März 2011 - 9 [X.] 799/09 - Rn. 25, [X.]E 137, 221). Auch bei einer unterjährigen Änderung der Arbeitszeitregelung ist eine [X.]e [X.]etrachtung anzustellen, die die Anzahl der in den einzelnen Zeitabschnitten vorgesehenen Arbeitstage berücksichtigt.

(1) Dabei geht das [X.] für die Sechstagewoche von 312 und für die [X.]ünftagewoche von 260 möglichen Arbeitstagen im Jahr aus ([X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 244/01 - zu [X.] 1 b aa der Gründe, [X.]E 102, 321). Das beruht darauf, dass sich bei sechs Werktagen in 52 Wochen eine Zahl von 312 Werktagen ergibt. Diese [X.]ormel vernachlässigt bewusst, dass das Kalenderjahr nicht nur 364 Tage - ausgehend von 52 Wochen zu je sieben Tagen - hat, sondern nach § 191 [X.]G[X.] mit 365 Tagen zu rechnen ist. Der 365. Tag bleibt außer [X.]etracht, weil die [X.]erechnungsvorschrift in § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf 13 Wochen für ein Vierteljahr abstellt (vgl. [X.] 15. März 2011 - 9 [X.] 799/09 - Rn. 25, [X.]E 137, 221). Die Umrechnung erfolgt, indem die in § 3 Abs. 1 [X.] genannten 24 Werktage durch die Anzahl der Arbeitstage im Jahr bei einer Sechstagewoche geteilt und mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage im Jahr multipliziert werden.

Die danach maßgebliche Umrechnungsformel lautet:

        

24 Werktage Urlaub x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht

        

312 Werktage

(2) [X.]ei der Ausfüllung der [X.]ormel zählen gesetzliche [X.]eiertage als Tage mit Arbeitspflicht. Das ergibt sich daraus, dass die rechtliche [X.]ehandlung der [X.]eiertage gesondert in den §§ 9 bis 13 [X.] und in § 2 E[X.]ZG geregelt ist. An [X.]eiertagen, an denen der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, kann die Arbeitspflicht nicht nochmals suspendiert werden. [X.]eiertage stehen damit für die Urlaubsgewährung nicht mehr zur Verfügung und haben deshalb nicht für die [X.]erechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern lediglich für dessen Erfüllung [X.]edeutung ([X.]Rspr., vgl. bereits [X.] 5. November 2002 - 9 [X.] 470/01 - zu [X.] 3 b [X.] (2) der Gründe; [X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 3 Rn. 5; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 3 [X.] Rn. 25). Gleiches gilt für sonstigen Arbeitsausfall im Verlauf des Kalenderjahres z[X.] durch [X.]reistellungen für [X.]ildungsveranstaltungen, vorübergehende Verhinderung nach § 616 [X.]G[X.], krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nach § 1 E[X.]ZG oder Suspendierungen nach §§ 2, 3 [X.]. Dies folgt zudem unmittelbar aus § 3 Abs. 1 [X.]. Die [X.]estimmung gewährt den gesetzlichen Mindesturlaub bei einer Sechstagewoche unabhängig vom Arbeitsausfall im Verlauf eines Kalenderjahres.

d) Die [X.]erechnung des Urlaubsanspruchs nach § 3 Abs. 1 [X.] anhand der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage innerhalb eines repräsentativen Zeitabschnitts verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften (§ 4 Abs. 1 Tz[X.]fG). Durch sie wird nicht zwischen voll- und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschieden. Eine Verminderung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage ist nicht zwingend mit einer Verminderung der wöchentlichen Arbeitszeit verbunden. Ausgehend von dem § 3 Abs. 1 [X.] zugrunde liegenden [X.] ([X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 3 Rn. 2) knüpft die [X.]erechnung ausschließlich an die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage an und nicht an die wöchentlich zu leistende Arbeitszeit. [X.]ei einem Wechsel von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung wird durch diese [X.]erechnung der während der Vollzeittätigkeit erworbene Urlaubsanspruch nicht gekürzt (vgl. hierzu [X.] 10. [X.]ebruar 2015 - 9 [X.] 53/14 ([X.]) - Rn. 15, [X.]E 150, 345).

e) Der [X.] hat diese Umrechnung in [X.]ällen des [X.] in der Vergangenheit nicht vorgenommen. Dem lag im Wesentlichen die Annahme zugrunde, während des [X.] bestehe die Arbeitspflicht „an sich“ fort, müsse aber nicht erfüllt werden (vgl. [X.] 6. Mai 2014 - 9 [X.] 678/12 - Rn. 14, [X.]E 148, 115). Daran hält der [X.] nicht fest.

aa) Die Umrechnung des nach § 3 Abs. 1 [X.] in Werktagen bemessenen Urlaubs in Arbeitstage ist grundsätzlich auch dann vorzunehmen, wenn die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub suspendieren (vgl. [X.]ieberg [X.] 2013, 258, 264; Wicht [X.][X.] 2012, 1349, 1352; [X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 1 Rn. 35; im Ergebnis ebenso [X.] 2016, 27, 29; [X.]. AP [X.] § 7 Nr. 61). Die Arbeitsvertragsparteien setzen die Hauptleistungspflichten für die Zeit des [X.] aus und heben damit die bisherige Arbeitszeitregelung vorübergehend auf. Durch die [X.]reistellung wird der durch das [X.] bezweckten Unterbrechung der Arbeitspflicht die Grundlage entzogen (vgl. [X.]ieberg Anm. AP [X.] § 1 Nr. 24; [X.]/[X.] aaO). Der Zeitraum des [X.] ist bei der [X.]erechnung des Urlaubsanspruchs mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Ein Urlaubsanspruch für die Zeit des [X.] besteht deshalb regelmäßig nicht.

[X.]) Diese [X.]erechnung des Urlaubsanspruchs steht mit Unionsrecht grundsätzlich im Einklang. Weder Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] noch Art. 31 Abs. 2 GRC verlangen es im [X.]all eines allein auf Wunsch des Arbeitnehmers vereinbarten unbezahlten [X.], den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub für die Zeiten unbezahlten [X.] nach der suspendierten Arbeitspflicht zu berechnen und damit den Sonderurlaub einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung gleichzustellen (vgl. [X.] 4. Oktober 2018 - [X.]/17 - [[X.]] Rn. 28). Der [X.] hat mit der Entscheidung vom 13. Dezember 2018 (- C-385/17 - [[X.]]) unter [X.]estätigung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. [X.] 8. November 2012 - [X.]/11 und [X.]/11 - [[X.] und [X.]] Rn. 32 ff.) erkannt, dass der Zweck des in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] jedem Arbeitnehmer gewährleisteten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub darin besteht, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und [X.]reizeit zu verfügen ([X.] 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [[X.]] Rn. 26). Er hat weiter festgestellt, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auf der Prämisse beruht, dass der Arbeitnehmer im Laufe des [X.] tatsächlich gearbeitet hat. Der unionsrechtlich gewährleistete Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ist grundsätzlich anhand der Zeiträume der auf der Grundlage des Arbeitsvertrags tatsächlich geleisteten Arbeit zu berechnen ([X.] 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [[X.]] Rn. 27; 4. Oktober 2018 - [X.]/17 - [[X.]] Rn. 28). Ein Arbeitnehmer kann danach einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] nur für die Zeiträume erwerben, in denen er tatsächlich gearbeitet hat (vgl. [X.] 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [[X.]] Rn. 27, 29).

cc) Diese Grundsätze zur [X.]erechnung des Urlaubsanspruchs bei [X.] Arbeitspflicht gelten jedoch nicht ohne Einschränkungen. Eine andere [X.]erechnung kann durch entgegenstehende gesetzliche [X.]estimmungen, unionsrechtliche Vorgaben sowie nach § 13 [X.] zulässige kollektivrechtliche oder vertragliche Vereinbarungen veranlasst sein. So ist § 3 Abs. 1 [X.] z[X.] richtlinienkonform dahin auszulegen, dass Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, weil sie wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während des [X.]ezugszeitraums ihrer Arbeitspflicht nicht nachkommen können, Arbeitnehmern gleichzustellen sind, die während dieses Zeitraums tatsächlich arbeiten ([X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] 10/17 - Rn. 30). Entsprechendes gilt für Arbeitnehmerinnen, die wegen Mutterschaftsurlaubs ihre Aufgaben im Rahmen ihrer Arbeitsverhältnisse nicht erfüllen können (vgl. [X.] 4. Oktober 2018 - [X.]/17 - [[X.]] Rn. 30 mwN). [X.]ür die Ausfallzeiten wegen eines [X.]eschäftigungsverbots hat der [X.] Gesetzgeber dies positivgesetzlich in § 24 Satz 1 MuSchG geregelt. Danach gelten diese Zeiten für die [X.]erechnung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub als [X.]eschäftigungszeiten. Darüber hinaus gelten [X.]esonderheiten für Urlaubsansprüche, die von Kürzungsregelungen wie in § 4 ArbPlSchG, § 17 Abs. 1 [X.]E[X.] oder § 4 Abs. 4 [X.] erfasst werden (vgl. zu § 17 Abs. 1 [X.]E[X.] [X.] 19. März 2019 - 9 [X.] 362/18 - und - 9 [X.] 495/17 -).

3. [X.]ei Anwendung dieser Grundsätze beläuft sich der gesetzliche Anspruch der Klägerin auf bezahlten Jahresurlaub für das [X.] auf „null“ Arbeitstage. Durch die [X.]vereinbarung haben die Parteien die Arbeitspflicht der Klägerin für das gesamte Kalenderjahr 2014 vollständig ausgesetzt. Setzt man den gesetzlichen Urlaubsanspruch der Klägerin von 24 Werktagen hierzu ins Verhältnis, ist sie für das [X.] nicht im Wege eines bezahlten Jahresurlaubs von ihrer Arbeitspflicht zu befreien.

III. Die Klägerin hat gegen die [X.]eklagte auch keinen Anspruch gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 [X.]G[X.], §§ 1, 3 [X.] auf Gewährung von [X.] im Umfang von 20 Arbeitstagen für das [X.]. Die [X.]eklagte war - wie unter [X.] ausgeführt - nicht verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum ihres [X.] Erholungsurlaub zu gewähren, sodass Ansprüche aus Verzug ausscheiden.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    [X.]    

        

        

        

    Jacob     

        

    Anthonisen    

                 

Meta

9 AZR 315/17

19.03.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Cottbus, 26. Oktober 2016, Az: 2 Ca 1516/15, Urteil

Art 7 Abs 1 EGRL 88/2003, § 13 BUrlG, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, § 28 TVöD, § 26 Abs 1 S 1 TVöD, § 26 Abs 2 Buchst c TVöD, Art 31 Abs 2 EUGrdRCh, § 4 Abs 1 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 315/17 (REWIS RS 2019, 9210)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9210

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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