Bundessozialgericht, Urteil vom 25.08.2011, Az. B 11 AL 33/10 R

11. Senat | REWIS RS 2011, 3750

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 26. September 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt noch höheres Arbeitslosengeld [X.]) für die [X.] vom 14.11.2005 bis zum 30.6.2006.

2

Die 1970 geborene Klägerin war nach ihrer Berufsausbildung zur Bürokauffrau seit [X.] als Bankangestellte in Vollzeit beschäftigt. Nach der Geburt ihres ersten Kindes am [X.] bezog sie Mutterschafts- und Erziehungsgeld und nahm zunächst drei Jahre Elternzeit in Anspruch, die sie dann aufgrund eines tarifvertraglichen Anspruchs noch bis 5.10.2005 verlängerte.

3

Mit Aufhebungsvereinbarung vom 6.10.2005 einigten sich die Klägerin und ihr Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Elternzeit am 5.10.2005 und begründeten das damit, dass der Klägerin keine Teilzeitbeschäftigung angeboten werden könne. Zugleich vereinbarten sie die Zahlung einer einmaligen Abfindung.

4

Die Klägerin meldete sich am 10.10.2005 arbeitslos. Die Beklagte bewilligte [X.] ab 14.11.2005 in Höhe von 15,41 Euro täglich (Bescheid vom 28.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.11.2005). Dabei legte sie ein fiktives tägliches Bemessungsentgelt von 64,40 Euro, bemessen nach einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (Qualifikationsgruppe 3) - aufgrund der zeitlichen Einschränkung der Verfügbarkeit der Klägerin auf 25 Wochenstunden auf 41,82 Euro vermindert - sowie die [X.] und den erhöhten [X.] von 67 vH zugrunde.

5

Die [X.] bis 13.11.2005, während der ein Anspruch auf [X.] wegen Ruhens abgelehnt worden war, ist nicht mehr im Streit. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 22.7.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von [X.] ab 1.7.2006 durch bestandskräftigen Bescheid vom [X.] wegen des Ruhens des [X.]-Anspruchs aufgrund Anspruchs auf Mutterschaftsgeld ab 1.7.2006 auf.

6

Klage und Berufung gegen den Bescheid vom 28.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.11.2005 sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.] vom 5.6.2007; Urteil des [X.] <[X.]> vom 26.9.2008). Das [X.] hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe kein höheres [X.] für die [X.] vom 14.11.2005 bis 30.6.2006 zu; die Beklagte sei von einem zutreffenden Bemessungsentgelt ausgegangen. Da es bei der Klägerin auch im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen, der nicht darüber hinaus um die Dauer der Elternzeit erweitert werden könne, an abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen fehle, sei als Bemessungsentgelt nach § 132 Abs [X.] ([X.]) ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Hierbei habe die Beklagte die Klägerin zu Recht der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet und unter Berücksichtigung ihrer Teilzeitverfügbarkeit den [X.] von 15,41 Euro täglich errechnet. Die Anknüpfung an ein fiktives Arbeitsentgelt nach längerer Unterbrechung der Berufstätigkeit wegen Kindererziehung verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht.

7

Mit der - vom [X.] zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Bemessung des [X.] nach einem fiktiven Arbeitsentgelt anstelle des zuletzt tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts. Sie vertritt die Auffassung, der Bemessungsrahmen müsse um die Dauer der Elternzeit erweitert werden. Dies sei jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung des Bemessungsrechts geboten. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin im Wesentlichen auf das Urteil des [X.] vom [X.] 961/06 - (erstinstanzliche Entscheidung in der [X.] AL 19/10 R).

8

Die Klägerin beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen zufolge,
das Urteil des [X.] vom 26.9.2008 und das Urteil des [X.] abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheids vom 28.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.11.2005 ab 14.11.2005 höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des zuletzt erzielten Arbeitsentgelts zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Das [X.] hat zu Recht das klageabweisende Urteil des [X.] bestätigt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres [X.] in der [X.] vom 14.11.2005 bis 30.6.2006.

1. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf [X.] dem Grunde nach (§ 117 Abs 1 [X.], § 118 [X.]B III), ohne deren Vorliegen eine Klage auf höhere Leistungen keinen Erfolg haben kann, sind gegeben.

Den bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) ist zu entnehmen, dass sich die Klägerin am 10.10.2005 arbeitslos gemeldet hat (§ 118 Abs 1 [X.] und [X.], § 122 Abs 1 [X.]B III) und sie ab 10.10.2005 arbeitslos iS der § 118 Abs 1 [X.], §§ 119 bis 121 [X.]B III gewesen ist (mit Ruhen des Anspruchs auf [X.] bis 13.11.2005 wegen Erhalts einer Entlassungsentschädigung).

Die Klägerin hat auch, wovon das [X.] zutreffend ausgegangen ist, die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs 1 [X.] [X.]B III). Maßgebend sind insoweit die §§ 123, 124 [X.]B III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (aF), die nach der durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 ([X.] 2848) eingefügten Übergangsregelung in § 434j Abs 3 [X.]B III weiter anzuwenden ist, wenn der Anspruch auf [X.] bis zum [X.] entstanden ist. Danach hat die Anwartschaftszeit - soweit hier von Bedeutung - erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 [X.] [X.]B III aF). Nach § 124 Abs 1 [X.]B III aF beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf [X.].

Da sich die Klägerin am 10.10.2005 arbeitslos gemeldet hat und sie jedenfalls seit dem 10.10.2005 arbeitslos gewesen ist, beginnt die reguläre Rahmenfrist von drei Jahren am 9.10.2005 und reicht bis zum 10.10.2002 zurück. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall von einer verlängerten Rahmenfrist auszugehen ist (vgl dazu Urteile des [X.]s vom 19.1.2005 - [X.]/11 [X.] 35/04 R - [X.] 4-4300 § 147 [X.], Rd[X.]9 und vom [X.] - [X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 100, 295 = [X.] 4-4300 § 132 [X.], Rd[X.]3 ff), hat die Klägerin innerhalb der regulären Rahmenfrist in der [X.] bis 5.4.2005, dem [X.] des dritten Lebensjahrs ihres ersten Kindes, während der Erziehung des Kindes in einem Versicherungsverhältnis aus sonstigen Gründen gestanden (§ 24 Abs 1 [X.]B III iVm § 26 [X.]a [X.]B III, eingeführt mit Wirkung ab 1.1.2003 durch das [X.] vom 10.12.2001, [X.] 3443). Die Klägerin hat somit durch ab 1.1.2003 bis 5.4.2005 vorliegende [X.]en der Kindererziehung die Anwartschaftszeit gemäß § 123 Satz 1 [X.] [X.]B III aF erfüllt (vgl auch Urteil des [X.]s vom [X.], aaO, Rd[X.]6).

Ohne die [X.]en der Versicherungspflicht gemäß § 26 [X.]a [X.]B III hätte die Klägerin die Anwartschaftszeit allerdings nicht erfüllt. Soweit vor dem 1.1.2003 liegende [X.]en der Kindererziehung gemäß § 124 Abs 3 Satz 1 [X.] [X.]B III in der bis 31.12.2002 geltenden Fassung - anwendbar über § 434d [X.] [X.]B III - nicht in die Rahmenfrist einzurechnen sind, erstreckt sich die Rahmenfrist für die Klägerin, deren erstes Kind am [X.] geboren ist, allenfalls zurück bis April 2002 mit der Folge, dass die davor vorliegenden Beschäftigungszeiten unberücksichtigt bleiben müssen. Nicht ausreichend für die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit erforderlichen zwölf Monate der Versicherungspflicht sind auch die [X.]en, in denen die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen hat, soweit diese gemäß § 427a [X.]B III iVm § 107 Satz 1 [X.] 5 Buchst b des Arbeitsförderungsgesetzes in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung einbezogen werden können (vgl [X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 100, 295 = [X.] 4-4300 § 132 [X.], Rd[X.]3, 16).

2. Zur Höhe des Anspruchs hat das [X.] zu Recht entschieden, dass der Klägerin [X.] ab 14.11.2005 nach einem Bemessungsentgelt von 41,82 Euro zusteht.

a) Die Bemessung des der Klägerin zustehenden [X.] richtet sich nach § 129 [X.]B III in der seit [X.] geltenden Fassung durch das Gesetz vom 16.2.2001 ([X.] 266) sowie nach §§ 130 bis 132 [X.]B III, die durch das [X.] ([X.] 2848) mit Wirkung ab 1.1.2005 neu gefasst worden sind. Eine Übergangsregelung im Hinblick auf die Leistungsbemessung hat der Gesetzgeber nur getroffen, soweit es um die Neufestsetzung des [X.] bei vor dem 1.1.2005 entstandenen Ansprüchen auf [X.] geht (§ 434j Abs 5 [X.]B III). Für den am 14.11.2005 entstandenen Anspruch der Klägerin auf [X.] spielt diese Übergangsregelung keine Rolle.

Nach § 129 [X.] [X.]B III beträgt das [X.] für Arbeitslose, die - wie die Klägerin - mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 Satz 1 [X.]B III in der seit dem 1.1.2005 geltenden Fassung umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 [X.] [X.]B III bleiben bei der Ermittlung des [X.] bestimmte [X.]en außer Betracht.

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten [X.] vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 [X.]B III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn (ua) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 [X.] [X.]B III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten [X.] (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs 1 [X.]B III in der seit 1.1.2005 geltenden Fassung).

b) In Anwendung der genannten Bestimmungen ist das [X.] zu Recht von einem zugrunde zu legenden zweijährigen Bemessungsrahmen ausgegangen. Das Ende des [X.] bildet der letzte Tag des letzten [X.] vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 [X.]B III). Für die Klägerin maßgebend ist deshalb der 5.10.2005, weil ihre versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III) an diesem Tag durch Aufhebungsvereinbarung endete. Hieraus ergibt sich ein regulärer Bemessungsrahmen vom 6.10.2004 bis 5.10.2005 bzw ein gemäß § 130 Abs 3 Satz 1 [X.] [X.]B III erweiterter Bemessungsrahmen vom 6.10.2003 bis 5.10.2005. Auch unter Zugrundelegung des erweiterten [X.] liegen die Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin vor der Geburt ihres ersten Kindes am [X.] außerhalb des [X.]. Wie sich aus § 130 Abs 3, § 132 Abs 1 [X.]B III ergibt, sieht das Gesetz eine Erweiterung des [X.] über zwei Jahre hinaus nicht vor.

Eine Veränderung des [X.] kann nicht deswegen angenommen werden, weil nach § 130 [X.] Satz 1 [X.] [X.]B III bei der Ermittlung "des [X.]" [X.]en der Betreuung und Erziehung eines Kindes außer Betracht bleiben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Diese Regelung soll - wie der [X.] bereits entschieden hat (ua Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 100, 295 = [X.] 4-4300 § 132 [X.], Rd[X.]3 ff) - nur davor schützen, dass in die Ermittlung des [X.] [X.] Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs 1 iVm § 130 Abs 1 [X.]B III eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war (vgl B[X.] Urteil vom 16.12.2009 - [X.] [X.] 39/08 R - [X.] Rd[X.]6; Behrend in [X.], [X.]B III, § 130 Rd[X.] 60 f und 67 ff). Dagegen trifft § 130 [X.] [X.] [X.]B III keine Sonderregelung zu den Voraussetzungen, von denen es nach § 130 Abs 1 und Abs 3 iVm § 132 Abs 1 [X.]B III abhängt, inwieweit das vor dem Beginn der Kindererziehung erzielte Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt herangezogen werden kann (vgl Urteil vom [X.], aaO, Rd[X.]3).

c) Da innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten [X.] nicht mindestens 150 Kalendertage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden können, ist das [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist (§ 132 Abs 1 [X.]B III). Das von der Beklagten im Bescheid vom 28.10.2005 angesetzte Bemessungsentgelt von 41,82 Euro täglich ist zutreffend berechnet. Die Klägerin war aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen; der Betrag von 41,82 ergibt sich aus der Bezugsgröße für 2005 von 28 980 Euro (vgl § 2 Abs 1 der Verordnung vom 29.11.2004, [X.] 3098) geteilt durch 450 (§ 132 [X.] Satz 2 [X.] [X.]B III); aufgrund der [X.] der Klägerin für 25 Stunden pro Woche vermindert sich der hieraus rechnerisch zu ermittelnde Betrag von 64,40 Euro auf 41,82 Euro (64,40 Euro : 38,5 Stunden x 25 Stunden). Auch die weiteren Berechnungen der Beklagten zur Höhe des täglichen Leistungssatzes von 15,41 Euro entsprechen den Bestimmungen des § 133 [X.]B III in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung, wonach zur Ermittlung des [X.] iS des § 129 [X.]B III eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von [X.] des [X.], die [X.]teuer nach der [X.]teuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der [X.]teuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war, und der Solidaritätszuschlag vom Bemessungsentgelt abzuziehen sind. Insoweit erhebt auch die Revision keine Einwände.

3. Es verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin länger als drei Jahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalls erzielt hat, nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden kann. Der [X.] hält nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (ua Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 100, 295 = [X.] 4-4300 § 132 [X.]; vgl auch Urteil des 7. [X.]s vom 21.7.2008 - [X.] [X.] 23/08 R - [X.] 4-4300 § 132 [X.]). Er weist ergänzend darauf hin, dass das [X.] die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des [X.]s vom [X.] (aaO) nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom [X.] - 1 BvR 2909/08) und darüber hinaus zur streitgegenständlichen Problematik Vorlagen des [X.] Dresden und des [X.] Aachen als unzulässig angesehen hat (Beschlüsse vom [X.] - 1 BvL 11/07 - und vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07).

Der [X.] sieht weiterhin keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art 6 Abs 1 [X.], bei Eltern bzw Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den [X.] durch das [X.] nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Art 6 Abs 1 [X.] folgt nicht, dass der Staat jegliche die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern muss (vgl auch Beschluss des [X.] vom [X.] - 1 BvL 11/07 - Rd[X.] 45 mwN). Aus Art 6 Abs 4 [X.] kann die Klägerin nach der Überzeugung des [X.]s ebenfalls nicht die Verfassungswidrigkeit des geltenden [X.]-Bemessungsrechts ableiten, weil aus Art 6 Abs 4 [X.] für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl auch Beschluss des [X.] vom [X.] - 1 BvR 2909/08 - [X.] Rd[X.] 6, mit Hinweisen auf [X.]E 87, 1, 42 und [X.]E 94, 241, 259 = [X.] 3-2200 § 1255a [X.] 5; vgl ferner Beschluss vom [X.] - 1 BvR 2712/09 - [X.] Rd[X.] 9, zur Berechnung der Höhe des [X.]). Der Gesetzgeber ist aufgrund von Art 6 Abs 4 [X.] auch nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl hierzu ua Beschluss des [X.] vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 - [X.] Rd[X.] 64 mwN). Der [X.] hält auch weiter daran fest, dass sich die Auffassung der Klägerin nicht auf Art 3 Abs 1 [X.] stützen lässt, weil es nicht als sachwidrig angesehen werden kann, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten [X.] als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu beachten, dass - wie bereits unter 1. dargestellt - die Klägerin ohne die mit Wirkung ab 1.1.2003 eingeführte Versicherungspflicht für Erziehende gemäß § 26 [X.]a [X.]B III bereits dem Grunde nach mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit keinen Anspruch auf [X.] gehabt hätte und dass für den Personenkreis der Erziehenden der Versicherungsschutz nicht mit eigenen finanziellen Aufwendungen verbunden ist (vgl § 347 [X.] 9 [X.]B III in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung; BT-Drucks 16/7263 S 5 ff). Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern es verfassungsrechtlich geboten sein könnte, den von der Klägerin vor der Kindererziehung erzielten Lohn zur Bemessungsgrundlage zu machen. Denn unabhängig davon, dass das [X.] nicht in voller Äquivalenz zu geleisteten Beiträgen festgesetzt werden und dem Arbeitslosen nicht die volle Aufrechterhaltung eines früheren Lebensstandards ermöglichen muss (vgl [X.]E 90, 226 = [X.] 3-4100 § 111 [X.] 6, [X.] Rd[X.] 55 mwN), können Anwartschaften auf Sozialleistungen Eigentumsschutz nur genießen, wenn sie (auch) auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen (vgl ua [X.]E 53, 257, 290 f = [X.] 7610 § 1587 [X.]; [X.], Beschluss vom 7.11.2007 - 1 BvR 1840/07, [X.] 2008, 530; vgl auch Urteil des [X.]s vom 21.3.2007 - [X.] [X.] 43/06 R, [X.] Rd[X.]5). Es kann deshalb nicht als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen werden, wenn der Gesetzgeber für die Personen, die durch die Einführung der Versicherungspflicht gemäß § 26 [X.]a [X.]B III die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf [X.] auch ohne Erwerbstätigkeit und ohne eigene Beiträge erfüllen, eine fiktive Bemessung wie für sonstige Versicherte vorsieht (vgl hierzu Urteil des [X.]s vom [X.] - [X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 100, 295 = [X.] 4-4300 § 132 [X.], Rd[X.] 46).

4. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist der [X.] weiterhin davon überzeugt, dass die streitgegenständlichen Bemessungsvorschriften und ihre Anwendung im vorliegenden Fall nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen. Es besteht deshalb kein Anlass, eine diesbezügliche Frage dem [X.] ([X.]) nach Art 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) vorzulegen.

Der [X.] hält daran fest, dass das im vorliegenden Fall einschlägige [X.] Recht insbesondere nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG des Rats vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ([X.]) und auch nicht gegen sonstige [X.] Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung (vgl [X.] NZA-Beilage 2008, 94 ff) verstößt. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, dass die Regelungen zur fiktiven Bemessung des [X.], die wegen ihrer Geltung für alle Versicherten jedenfalls keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beinhalten, in der Praxis vorwiegend bei Frauen zur Anwendung kommen. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] ist der Anschein einer Diskriminierung widerlegt, wenn die in Rede stehenden Regelungen durch Faktoren sachlich gerechtfertigt sind, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betreffenden Mitgliedstaats dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind (vgl ua [X.]E I 1995, 4741 = [X.] 3-6083 Art 4 [X.]2 mwN; [X.]E I 1995, 4625 = [X.] 3-6083 Art 4 [X.]1; [X.]E I 1996, 179 = [X.] 3-6083 Art 4 [X.]3; [X.] NJW 2008, 499, 501 mwN). Von einer solchen sachlichen Rechtfertigung bzw der Geeignetheit und Erforderlichkeit der gewählten Mittel im Sinne der Rechtsprechung des [X.] ist auszugehen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin unter den gegebenen Umständen einen Anspruch auf [X.] dem Grunde nach nur durch die sie begünstigende Einführung einer Versicherungspflicht für Erziehende erworben hat; dann kann es nicht als sachwidrig angesehen werden, sie bei der Bemessung unter Heranziehung eines fiktiven Arbeitsentgelts genau so zu behandeln wie andere Versicherte ohne hinreichend zeitnah erzieltes Arbeitsentgelt.

5. Der [X.] hält schließlich ebenfalls an seiner Rechtsprechung fest, wonach auch die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung durch § 132 [X.] [X.]B III nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil vom [X.] ([X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 100, 295 = [X.] 4-4300 § 132 [X.], Rd[X.] 49 ff), Bezug genommen. Die von der Revision als unbillig empfundene Abkehr von der individuellen Ermittlung des tariflich erzielbaren Arbeitsentgelts begegnet weder als solche durchgreifenden Bedenken noch führt sie im Fall der Klägerin - auch unter Berücksichtigung der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt und dem fiktiven Bemessungsentgelt - zu einem sachlich unvertretbaren Ergebnis.

6. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 11 AL 33/10 R

25.08.2011

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Koblenz, 5. Juni 2007, Az: S 10 AL 479/05, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 25.08.2011, Az. B 11 AL 33/10 R (REWIS RS 2011, 3750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3750

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