Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.06.2021, Az. 5 B 22/20 D

5. Senat | REWIS RS 2021, 5295

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Gegenstand

Auslegung von Kritik an der Dauer des gerichtlichen Verfahrens als Verzögerungsrüge nach bereits ausdrücklich erhobener Verzögerungsrüge


Leitsatz

Nach einer bereits ausdrücklich erhobenen Verzögerungsrüge vorgebrachte Kritik an der Dauer des gerichtlichen Verfahrens, die selbst nicht als Verzögerungsrüge bezeichnet ist, ist grundsätzlich nicht als erneute Verzögerungsrüge aufzufassen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 19. August 2020 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1

[X.]ie [X.]eschwerde des [X.] hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise darlegt, dass ein Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 VwGO gegeben ist.

2

1. [X.]ie [X.]eschwerde legt zunächst den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in genügender Weise dar.

3

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. [X.]amit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 4. Februar 2015 - 5 [X.] - juris Rn. 8 m.w.[X.] und vom 17. November 2015 - 5 [X.] 17.15 - [X.] 2016, 160 Rn. 3). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. März 2014 - 5 [X.] 48.13 - [X.] 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.[X.]). [X.]iese Anforderungen erfüllt die [X.]eschwerdebegründung weder hinsichtlich der [X.]esetzungs- (a) noch hinsichtlich der [X.] (b).

4

a) Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird nicht ausreichend bezeichnet im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sich die [X.]eschwerde auf den absoluten Revisionsgrund des § 138 Nr. 1 VwGO beruft und dazu vorträgt, dass der gegen die berufsrichterlichen Mitglieder des [X.]s des Verwaltungsgerichtshofs gerichtete [X.]efangenheitsantrag des [X.] durch die abgelehnten [X.] selbst aus objektiv nicht vertretbaren Gründen verworfen worden sei.

5

[X.]ie Ablehnung eines [X.] durch die Vorinstanz stellt eine unanfechtbare Vorentscheidung (§ 146 Abs. 2 VwGO) dar, die gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 557 Abs. 2 ZPO nicht der [X.]eurteilung des [X.] unterliegt, sodass die Zurückweisung eines [X.] grundsätzlich auch nicht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden kann. [X.]ie Rüge der unrichtigen Ablehnung eines [X.] ist im Rahmen der [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur ausnahmsweise in dem Maße beachtlich, als mit ihr - wie hier - die vorschriftswidrige [X.]esetzung des Gerichts im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht wird. [X.]as setzt objektive Anhaltspunkte dafür voraus, dass die Entscheidung über die [X.]efangenheitsanträge auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen [X.]esetzung des Gerichts rechtfertigt (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 25. Juni 2019 - 2 [X.] 17.19 - juris Rn. 4 m.w.[X.]). [X.]ieser Maßstab gilt auch für die Ablehnung eines [X.] unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] als rechtsmissbräuchlich (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 26. Februar 2019 - 4 [X.] - juris Rn. 4 m.w.[X.]). [X.]ie Rüge der vorschriftswidrigen [X.]esetzung eines Spruchkörpers ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] nur dann zulässig vorgebracht, wenn die [X.]eschwerde die nach ihrer Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren [X.]eurteilung ermöglichen (vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 22. [X.]ezember 2011 - 2 [X.] 71.10 - juris Rn. 8, vom 25. April 2014 - 8 [X.] 87.13 - juris Rn. 26 und vom 24. Januar 2017 - 2 [X.] 91.15 - [X.] 235.1 § 46 [X.][X.]G Nr. 1 Rn. 4, jeweils m.w.[X.]). Allein die verbale [X.]ehauptung der Willkür genügt nicht ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. Juni 1991 - 5 ER 614.90 - [X.] 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 28 S. 2).

6

[X.]iesen Anforderungen wird die [X.]eschwerde in [X.]ezug auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2020 nicht gerecht. [X.]ie [X.]eschwerde macht unter dem Gliederungspunkt [X.]. geltend, das ergangene Urteil bestätige die [X.]erechtigung der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit gegenüber der Vorsitzenden [X.]in sowie des [X.]s am Verwaltungsgerichtshof [X.]. und macht weiter geltend, es sei objektiv nicht vertretbar gewesen, dass zu den begründeten Ablehnungsgesuchen im Wege des [X.] eine Herabwürdigung der Ablehnungen als missbräuchlich erfolgt sei angesichts der [X.] Verweigerung einer Teilnahme per Videokonferenz und auch einer Verlegung des Termins. [X.]amit wird das Vorliegen von Willkür lediglich behauptet, ohne dafür substantiiert und in für das [X.]eschwerdegericht nachprüfbarer Weise konkrete Umstände aufzuzeigen, aufgrund derer dieser Vorwurf gerechtfertigt sein soll. [X.]ies gilt umso mehr, als die Ablehnung einer Terminsverlegung und der Gestattung der Teilnahme des [X.] an der mündlichen Verhandlung von einem anderen Ort (§ 102a Abs. 1 VwGO) nicht zu beanstanden sind. [X.]arüber hinaus legt die [X.]eschwerde keine Gründe für die geltend gemachte [X.]esorgnis der [X.]efangenheit dar.

7

b) Eine Verletzung des Anspruchs des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht in einer den [X.] genügenden Weise dargetan, soweit die [X.]eschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof hätte wegen eines beachtlichen Terminsverlegungsantrags nicht aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung entscheiden dürfen (aa) bzw. er hätte dem Kläger die Teilnahme an der Verhandlung von einem anderen Ort gemäß § 102a Abs. 1 VwGO gestatten müssen ([X.]). Ebenso wenig legt die [X.]eschwerde in ausreichender Weise dar, der Verwaltungsgerichtshof habe entscheidungserhebliches Vorbringen zur Erhebung einer [X.] nicht berücksichtigt (cc).

8

aa) Eine Gehörsverletzung ist zunächst nicht hinreichend dargelegt, soweit die [X.]eschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe trotz Ausbleibens des sich selbst vertretenden [X.] nicht entscheiden dürfen, weil dieser "vertieft begründete" [X.] und Vertagungsanträge gestellt habe.

9

Zwar kommt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in [X.]etracht, wenn das Gericht einem [X.] oder Vertagungsantrag eines Prozessbevollmächtigten nicht entspricht, obwohl dieser auf im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO erhebliche Gründe gestützt worden ist (vgl. den dem Kläger bekannten [X.]sbeschluss vom 7. April 2020 - 5 [X.] 30.19 [X.] - juris Rn. 29). Unter erheblichen Gründen sind solche Umstände zu verstehen, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des im Falle der Aufhebung bzw. Verlegung des bereits anberaumten Termins berührten [X.]eschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern, weil sich der [X.]eteiligte trotz aller zumutbaren eigenen [X.]emühungen nicht in hinreichender Weise rechtliches Gehör verschaffen konnte ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 23. Januar 1995 - 9 [X.] 1.95 - NJW 1995, 1231 und vom 18. Juli 2007 - 5 [X.] 95.06 - juris Rn. 4 m.w.[X.]). Ein erheblicher Grund ist aber unter anderem nur anzuerkennen, wenn die Abwesenheit des [X.]eteiligten nicht verschuldet oder durch die Absicht der Prozessverschleppung getragen war ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 22. Mai 2001 - 8 [X.] 69.01 - NJW 2001, 2735 f. m.w.[X.]). Ferner müssen diese Gründe dem Gericht von dem an der [X.] verhinderten [X.]eteiligten dargetan werden (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 26. April 1999 - 5 [X.] 49.99 - juris Rn. 3 m.w.[X.]).

[X.]ie [X.]eschwerde legt jedoch nicht dar, dass der vom Kläger vor dem Termin gestellte [X.] auf erhebliche Gründe im genannten Sinne gestützt war. Sie zeigt nicht auf, dass der sich als Rechtsanwalt selbst vertretende Kläger gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof in hinreichender Weise dargetan hat, aus unzumutbaren und von ihm nicht verschuldeten Umständen heraus an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert gewesen zu sein. [X.]ie [X.]eschwerde macht insoweit sinngemäß geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof die im angefochtenen Urteil für die Terminsverlegung wiedergegebenen Gründe (die hochbetagte und pflegebedürftige Mutter des [X.] habe aus einem Alten- und Pflegeheim in eine Privatpflege verbracht werden müssen, was eine erhebliche Reduzierung der Kapazität des [X.] zur Folge gehabt habe; der Kläger gehöre mit 63 Jahren zu den durch [X.] überdurchschnittlich gefährdeten Personengruppen und es bestehe gegenüber der bald 92jährigen Mutter eine Pflicht, weitestgehend Infektionsrisiken zu vermeiden) nicht zutreffend gewürdigt habe. [X.]amit ist nicht substantiiert geltend gemacht, dass eine Anreise zum Termin bzw. dessen Wahrnehmung aus hinreichenden subjektiven Gründen - etwa wegen konkreter gesundheitlicher [X.]eeinträchtigungen - unmöglich bzw. unzumutbar gewesen ist. Ob eine in der konkreten Situation des [X.] bestehende allgemeine Gesundheitsgefahr im Zusammenhang mit der [X.] eine Terminsverlegung rechtfertigen oder gar gebieten würde, braucht der [X.] nicht zu entscheiden. Auf der Grundlage seines Vorbringens im [X.]eschwerdeverfahren war für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, dass dem Kläger eine Anreise von [X.] zum [X.] (etwa unter [X.]enutzung eines PKW) und eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, für die die Gerichtsverwaltung nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil umfangreiche Vorsorgemaßnahmen getroffen hatte, überhaupt unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre.

[X.]arüber hinaus hat die [X.]eschwerde mit der vorgenannten Kritik eine Gehörsverletzung auch aus anderen Gründen nicht hinreichend dargelegt. [X.]a eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur erfolgreich sein kann, wenn der [X.]etroffene alle ihm gegebenen prozessualen Möglichkeiten ergriffen hat, sich Gehör zu verschaffen, muss in der [X.]eschwerdebegründung gegebenenfalls auch substantiiert und nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass diesem Gebot Rechnung getragen wurde bzw. dass insoweit keine zumutbare Möglichkeit bestand ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 25. Juni 2015 - 5 P[X.] 9.14 - juris Rn. 3 m.w.[X.]). [X.]as [X.]eschwerdevorbringen lässt jedoch nicht erkennen, dass der Kläger alle ihm möglichen und zumutbaren verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gleichwohl rechtliches Gehör zu verschaffen. So legt der sich im Verfahren selbst vertretende Kläger nicht dar, warum es ihm - wenn er sich schon selbst an der Teilnahme der mündlichen Verhandlung gehindert sah - zur Verschaffung rechtlichen Gehörs nicht zumutbar gewesen wäre, einen anwaltlichen [X.]evollmächtigten mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zu betrauen (vgl. dazu [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 27. November 2018 - 1 [X.]vR 957/18 - NJW 2019, 291 Rn. 7 f.).

[X.]) [X.] ist des Weiteren nicht schlüssig dargelegt, soweit die [X.]eschwerde beanstandet, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger nicht antragsgemäß gestattet habe, gemäß § 102a Abs. 1 VwGO an der mündlichen Verhandlung im Wege der [X.]ild- und Tonübertragung teilzunehmen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht den [X.]eteiligten, ihren [X.]evollmächtigten und [X.]eiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen, während die Verhandlung zeitgleich in [X.]ild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen wird. [X.]ie Vorschrift ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers als [X.]efugnisnorm für das Gericht zu verstehen, in dessen Ermessen es steht, [X.] im konkreten Fall einzusetzen. Einen Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf eine entsprechende technische Ausstattung der Gerichte begründet sie grundsätzlich nicht (vgl. [X.]T-[X.]rs. 17/1224 S. 12 und 17/12418 S. 17). Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass das Vorhandensein der erforderlichen Technik bei dem Gericht und an dem anderen Ort eine nicht ausdrücklich genannte, aber für den Regelfall der Teilnahme der [X.]eteiligten selbst naturgemäße und vom Gesetzgeber mitgedachte Voraussetzung für den Einsatz von [X.] ist. [X.]ies entspricht auch der nahezu einhelligen Ansicht im Fachschrifttum (vgl. etwa [X.], in: [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 102a Rn. 4; [X.]/[X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.], HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 102a Rn. 2; [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 102a Rn. 6; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 102a Rn. 27 m.w.[X.]).

Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof von der durch § 102a Abs. 1 VwGO eingeräumten Möglichkeit "grundsätzlich" keinen Gebrauch macht, solange das Gericht nicht über die zur [X.]urchführung einer Videoverhandlung erforderliche technische Ausstattung verfügt. [X.]avon abgesehen legt die [X.]eschwerde einen Gehörsverstoß auch deshalb nicht dar, weil sie nicht aufzeigt, dass der Kläger alle ihm möglichen und zumutbaren verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gleichwohl rechtliches Gehör zu verschaffen, wozu auch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am Gerichtsort zählt. [X.]ass der Kläger in eigener Person oder jedenfalls durch einen [X.]evollmächtigten hieran gehindert gewesen wäre, ist - wie bereits dargelegt - nicht dargetan.

cc) Schließlich legt die [X.]eschwerde einen Gehörsverstoß auch insoweit nicht dar, als sie geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe im Einzelnen bezeichnete Erklärungen aus dem Ausgangsverfahren zu Unrecht nicht als [X.] qualifiziert bzw. er habe den Schriftsatz vom 4. [X.]ezember 2012 überhaupt nicht gewürdigt.

Soweit der Verwaltungsgerichtshof einzelne Schriftsätze des [X.] aus dem Ausgangsverfahren daraufhin geprüft hat, ob sie als [X.] aufgefasst werden können, hat er sich mit dieser Frage sowie dem diesbezüglichen Vorbringen des [X.] befasst und ist zu einer von der Ansicht des [X.] abweichenden Rechtsauffassung gelangt. Insoweit beanstandet die [X.]eschwerde im Ergebnis lediglich die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs als inhaltlich unrichtig. Eine vom [X.] abweichende Rechtsansicht des Gerichts vermag jedoch einen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährleistung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. [X.]er verfassungsrechtliche [X.] schützt weder davor, dass das Gericht dem Vortrag einer Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht die aus deren Sicht richtige [X.]edeutung beimisst noch davor, dass das Gericht einzelne Tatsachen oder Erkenntnisse und bestimmtes Vorbringen von [X.]eteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts bei seiner Entscheidung unberücksichtigt lässt oder sich nicht näher damit auseinandersetzt (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 5. Februar 1999 - 9 [X.] 797.98 - [X.] 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 und vom 25. Mai 2016 - 5 P[X.] 21.15 - juris Rn. 7 m.w.[X.]). Im Übrigen verpflichtet der verfassungsrechtliche [X.] die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.[X.]. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 [X.] (5 C 10.15 [X.]) - juris Rn. 9 m.w.[X.] und vom 15. August 2019 - 5 [X.] 11.19 - juris Rn. 1).

Hinsichtlich des Schriftsatzes vom 4. [X.]ezember 2012 bemerkt die [X.]eschwerde zwar, dass dieser im angefochtenen Urteil nicht erwähnt und gewürdigt wird. Einen Gehörsverstoß zeigt sie gleichwohl nicht auf. Abgesehen davon, dass die [X.]eschwerde schon nicht darlegt, der Kläger habe im Entschädigungsverfahren vorgetragen, der Schriftsatz vom 4. [X.]ezember 2012 sei als [X.] zu verstehen oder beinhalte eine solche, liegt ein Gehörsverstoß auch deshalb nicht vor, weil ein solcher, soweit einzelnes Vorbringen übergangen worden sein soll, nur anzunehmen ist, wenn die Entscheidung auf der Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens beruht. [X.]as ist hier nicht der Fall. [X.]ie [X.]eschwerde macht geltend, das angefochtene Urteil hätte in Erwägung ziehen müssen, ob es sich bei dem Schriftsatz vom 4. [X.]ezember 2012, in dem der Kläger auch die [X.]auer des gerichtlichen Verfahrens angesprochen hat ("Somit fragt sich noch dringlicher als zuvor, wie viele weitere Etappen einer durch die [X.]eklagte inszenierten 'Schnitzeljagd' durch [X.] das Gericht vor Festlegung einer 'Schlussetappe' mit zeitlicher [X.]egrenzung für substantiierte [X.]arlegungen noch zulassen möchte?"), um eine wirksame "Anhörungsrüge" (gemeint: [X.]) handele ([X.]eschwerdebegründung S. 3). Soweit damit nur die Möglichkeit der Erhebung einer [X.] angesprochen ist, zeigt die [X.]eschwerde schon von vornherein die Entscheidungserheblichkeit der fraglichen Äußerungen des [X.] im Ausgangsverfahren nicht auf. Nichts anderes gilt, geht man zugunsten der [X.]eschwerde davon aus, dass diese in dem Schriftsatz vom 4. [X.]ezember 2012 eine [X.] enthalten wissen will. [X.]iese Einschätzung trifft nicht zu:

[X.]ei der [X.] nach § 198 Abs. 3 Satz 1 [X.] handelt es sich um eine der Auslegung zugängliche und gegebenenfalls bedürftige Prozesshandlung (eigener Art), die wie sonstige prozessuale Anträge zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes wohlwollend im Sinne des am [X.] erkennbaren Rechtsschutzanliegens auszulegen ist ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. [X.]ezember 2015 - 1 [X.]vR 3164/13 - NJW 2016, 2018 Rn. 31 f.; [X.]SG, Urteil vom 27. März 2020 - [X.] 10 ÜG 4/19 R - NZS 2020, 546 Rn. 28 ff. und Rn. 32 f. zum Maßstab des objektiven Empfängerhorizonts). Weil die Vorschrift keine besonderen Anforderungen an die Form oder den Mindestinhalt einer [X.] stellt, sondern lediglich verlangt, dass die "[X.]auer des Verfahrens gerügt" wird, folgt daraus, dass auch eine nicht ausdrücklich als "[X.]" bezeichnete Äußerung eines Verfahrensbeteiligten im Wege der Auslegung als [X.] anzusehen ist, wenn sich ihr in hinreichender Weise entnehmen lässt, dass der [X.]eteiligte die [X.]auer des Verfahrens beanstandet oder in sonstiger Weise zum Ausdruck bringt, mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden zu sein ([X.]GH, Urteil vom 26. November 2020 - [X.]/20 - NJW 2021, 859 Rn. 18). Ist dies dem Inhalt einer Erklärung in Verbindung mit den Umständen, die für das Gericht offensichtlich sind, zu entnehmen, so wäre es eine bloße [X.], diese Erklärung allein deshalb nicht als [X.] anzusehen, weil sie nicht als solche ausdrücklich bezeichnet oder - insbesondere von nicht rechtskundig vertretenen [X.]eteiligten - unzulänglich formuliert ist ([X.]SG, Urteil vom 27. März 2020 - [X.] 10 ÜG 4/19 R - NZS 2020, 546 Rn. 28 m.w.[X.]).

Hat allerdings ein [X.]eteiligter - wie hier der rechtskundige Kläger - in einem bestimmten Verfahren zuvor bereits schriftsätzlich und ausdrücklich eine [X.] erhoben, so ergibt sich daraus regelmäßig nicht nur, dass der betreffende Verfahrensbeteiligte diesen Rechtsbehelf kennt, sondern auch, dass er ihn bewusst und gezielt einsetzt. [X.]ies gilt auch dann, wenn eine [X.] deshalb noch nicht wirksam erhoben werden konnte, weil kein Anlass zu der [X.]esorgnis bestand, dass das Verfahren nicht in angemessener [X.] abgeschlossen werde. Anders als die [X.]eschwerde meint, sind in einem solchen Fall nachfolgende Äußerungen eines Verfahrensbeteiligten, mit denen er - ohne dies als [X.] zu bezeichnen - die [X.]auer des Verfahrens kritisiert, regelmäßig nicht als (erneute) [X.] auszulegen. Vielmehr bringen solche Äußerungen - wie im vorliegenden Fall in Anbetracht der Gesamtumstände - gerade nicht zweifelsfrei den Willen des Verfahrensbeteiligten zur Erhebung einer (weiteren oder erneuten) [X.] zum Ausdruck und sind deshalb grundsätzlich nicht als [X.] im Rechtssinne aufzufassen. Ein solches Verständnis ist mit [X.]lick auf die Interessenlage des jeweiligen Verfahrensbeteiligten auch deshalb angezeigt, weil die [X.] nach § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 [X.] regelhaft frühestens nach sechs Monaten in wirksamer Weise wiederholt werden kann.

[X.]ementsprechend zeigt die [X.]eschwerde nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt hätte, dass er dessen Schriftsatz vom 4. [X.]ezember 2012 nicht dahingehend gewürdigt hat, ob dieser eine [X.] beinhaltet. [X.]ie [X.]eschwerde verweist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf, dass der Inhalt dieses Schriftsatzes insbesondere im Lichte der mit Schriftsatz vom 15. November 2011 ausdrücklich erhobenen [X.] ausgelegt werden müsse, die der Verwaltungsgerichtshof mangels eines Anlasses zur [X.]esorgnis nicht angemessener Verfahrensdauer als nicht wirksam erhoben angesehen hat. Vielmehr streitet die ausdrückliche Erhebung einer [X.] dafür, die in dem Schriftsatz vom 4. [X.]ezember 2012 enthaltenen Äußerungen zur Verfahrensdauer nicht als weitere oder erneute [X.] aufzufassen. Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Einschätzung ergeben sich nach dem Vorstehenden insbesondere auch nicht daraus, dass - wie die [X.]eschwerde geltend macht ([X.]eschwerdebegründung S. 3) - der Verwaltungsgerichtshof offengelassen hat, ob der weitere Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 als [X.] angesehen werden kann.

2. Sofern die [X.]eschwerde sich auch auf eine [X.]ivergenzrüge stützen sollte, legt sie auch eine die Zulassung der Revision begründende [X.]ivergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht in genügender Weise dar.

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende [X.]ivergenz liegt nur vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des [X.], des Gemeinsamen [X.]s der obersten Gerichtshöfe des [X.]undes oder des [X.]undesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. [X.]ie [X.]eschwerdebegründung muss im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 10. September 2018 - 5 [X.] 20.18 [X.] - juris Rn. 3 und vom 29. März 2019 - 5 [X.] 1.18 - juris Rn. 2 jeweils m.w.[X.]). [X.]aran fehlt es hier.

[X.]ie [X.]eschwerde behauptet (unter [X.]) lediglich, dass Ausführungen auf S. 14/15 des angefochtenen Urteils zur Unerheblichkeit oder einem grundsätzlich bestehenden Verbot einer Gesamtschau des [X.] zur Auslegung einer Prozesserklärung gemäß § 198 [X.] von einer eindeutigen Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts abwichen, wonach gerade auch in [X.]ezug zu Entschädigungsverfahren gemäß §§ 198 ff. [X.] das Erfordernis einer wohlwollenden Auslegung von [X.] auch unter [X.]erücksichtigung vorangegangenen Vortrags zu im Sachzusammenhang stehenden Verfahren mehrfach hervorgehoben worden sei. [X.]as genügt den dargestellten Anforderungen an die [X.]arlegung einer [X.]ivergenzrüge schon deshalb nicht, weil die [X.]eschwerde weder einander widerstreitende Rechtssätze gegenüberstellt, noch (weder im Kontext der [X.]ivergenzrüge noch im Übrigen) die Entscheidung(en) des [X.]undesverfassungsgerichts benennt, die sie für sich in Anspruch nimmt.

3. Von einer weiteren [X.]egründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. [X.]ie Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

5 B 22/20 D

04.06.2021

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 19. August 2020, Az: 29 F 2121/18.EK, Urteil

§ 198 Abs 3 S 1 GVG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.06.2021, Az. 5 B 22/20 D (REWIS RS 2021, 5295)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5295

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1 BvR 957/18

1 BvR 3164/13

III ZR 61/20

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