Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.03.2015, Az. 29 W (pat) 532/12

29. Senat | REWIS RS 2015, 13470

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „Mevida/MELVITA“ –  teilweise Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 014 701

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterinnen [X.] und Akintche

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 17. Februar 2012 aufgehoben, soweit der Widerspruch bezüglich der Waren und Dienstleistungen

Verbandmaterial; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klasse 3 und 5; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere

zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der vorgenannten Waren und Dienstleistungen wird die Löschung der Marke 30 2009 014 701 angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Der Antrag der Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]ie Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 12. März 2009 ange[X.]det und am 5. August 2009 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren und [X.]ienstleistungen aus den Klassen 3, 5, 10, 35 und 44 eingetragen worden. Nach einem vor dem [X.] erklärten [X.] lautet das Waren- und [X.]ienstleistungsverzeichnis wie folgt:

4

Klasse 05: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial;

5

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 3, 5 und 10;

6

[X.]: medizinische und veterinärmedizinische [X.]ienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; [X.]ienstleistungen im Bereich Land-, Garten- oder Forstwirtschaft.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 4. September 2009 veröffentlicht wurde, hat die ursprüngliche Beschwerdeführerin und frühere Inhaberin der älteren mit Schutzerstreckung auf die [X.] international registrierten Marke 881 365

8

MEL[X.]

9

die geschützt ist für folgende Waren der

Klasse 03: [X.]; [X.], [X.], [X.]; [X.]; parfumerie; [X.] essentielles, cosmétiques, lotions pour les cheveux; dentifrices;

(

Klasse 05: [X.] pharmaceutiques, vétérinaires et hygiéniques; substances diététiques à usage médical; aliments pour bébés;

(

Klasse 30: [X.], tapioca, sagou; farines et préparations faites de céréales, [X.], pâtisserie et confiserie, [X.]; miel, [X.]; levure, poudre pour faire lever; sel, glace à rafraîchir;

(

Widerspruch eingelegt.

[X.]ie Markenstelle für Klasse 35 des [X.] hat mit Beschluss vom 17. Februar 2012 auf den Widerspruch die angegriffene Marke teilweise gelöscht, nämlich für die Waren „pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster“, und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. In Bezug auf die von der Löschung umfassten Waren liege [X.] bzw. enge Ähnlichkeit vor. Hinsichtlich der [X.]ienstleistungen der Klasse 35 „Werbung; Geschäftsführung; Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 10“ sowie der „[X.]ienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft“ der [X.] bestehe schon eine die [X.] ausschließende Unähnlichkeit der Waren und [X.]ienstleistungen; im Übrigen lägen die angegriffenen Waren und [X.]ienstleistungen nur im entfernten Ähnlichkeitsbereich. [X.]er Widerspruchsmarke sei noch eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen, auch wenn der häufig in Marken verwendete Wortbestandteil „[X.](L)“ einen beschreibenden Anklang besitze und für sich gesehen [X.] sei. Im Bereich identischer und eng ähnlicher Waren reichten im Hinblick auf die Übereinstimmungen bzw. Annäherungen in der Buchstabenfolge [X.], der [X.], der Silbengliederung und im Sprech- und Klangrhythmus die Unterschiede der Klangbilder der Vergleichsmarken nicht aus, um eine [X.] ausreichend sicher auszuschließen, so dass insoweit der Widerspruch Erfolg habe. Im Übrigen sei aber ein ausreichender Abstand der jüngeren Marke zur Widerspruchsmarke gewahrt.

Gegen die Teilzurückweisung ihres Widerspruchs richtet sich die Beschwerde der ursprünglich Widersprechenden und Rechtsvorgängerin der jetzigen Beschwerdeführerin vom 15. März 2012.

Sie trägt vor, die Markenstelle sei zutreffend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. [X.]ie Übereinstimmungen der Vergleichsmarken würden bei weitem die zu vernachlässigenden Abweichungen überwiegen, so dass von einer deutlichen Markenähnlichkeit auszugehen sei; vor allem in klanglicher Hinsicht habe der angesprochene Verbraucher kaum die Möglichkeit zu einer Unterscheidung. Gerade auf dem Gebiet der Kosmetika und medizinischen Produkte sei aber auch mit mündlichen Bestellungen zu rechnen. Eine [X.] sei über die von der Markenstelle zutreffend gelöschten Waren hinaus daher auch für die übrigen Waren und [X.]ienstleistungen zu bejahen, selbst wenn diese im entfernteren Ähnlichkeitsbereich lägen. [X.]a sich die angegriffenen [X.]ienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft ausreichend von den Waren der Widerspruchsmarke unterschieden, werde insoweit der Widerspruch zurückgenommen. Im Übrigen liege aber [X.] vor. [X.]ie Beschwerdeführerin hält mit näherer Begründung die noch verfahrensgegenständlichen Waren und [X.]ienstleistungen für ähnlich zu den [X.].

Nach Übertragung der Widerspruchsmarke auf die jetzige Beschwerdeführerin ist diese im Februar 2013 als neue Markeninhaberin in das bei der [X.] geführte internationale Markenregister eingetragen worden und hat das Beschwerdeverfahren mit Erklärung vom 16. März 2015 übernommen.

[X.]ie Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.]es vom 17. Februar 2012 aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen wurde und die Eintragung der Marke 30 2009 014 701 auch für die übrigen noch angegriffenen Waren und [X.]ienstleistungen zu löschen.

[X.]er Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

[X.]er Beschwerdegegner ist der Auffassung, die Widerspruchsmarke sei [X.]. [X.]iese Kennzeichnungsschwäche sei auch nicht durch Benutzung überwunden. Soweit die Beschwerdeführerin behaupte, dass sie nicht nur die Waren selbst mit ihrer Marke kennzeichne, sondern auch ihren Internetshop, werde das mit Nichtwissen bestritten. Zum einen zeige dieser Internetauftritt nicht die fokussierten Waren der Klasse 5, sondern allenfalls Kosmetika der Klasse 3. Zum anderen sei nicht erkennbar, was der Internetauftritt unter „de.[X.]vita.com“ mit der Widersprechenden und/oder der jetzigen Inhaberin der Widerspruchsmarke zu tun haben solle. [X.]enn im [X.] sei als [X.]ienstleistungsanbieter eine dritte Firma, die „L… GmbH“ angegeben. Ferner sei eine rechtlich relevante Zeichenähnlichkeit nicht festzustellen, weil die Kollisionslage auf dem medizinischen Fachgebiet liege und daher besonders große Aufmerksamkeit beim Endverbraucher und dem Fachpublikum herrsche. Im Register seien zahlreiche „vi-da“ und „[X.]“ – Marken zu recherchieren, so dass davon auszugehen sei, dass die unterschiedlichen Konsonanten „T“ und „[X.]“ weder übersehen noch überhört würden. Hinzu komme für den stärker beachteten Wortanfang, dass die dortigen Unterschiede zwischen den verschieden langen Anfangssilben „me“ und „[X.]“ schon für sich betrachtet aus einer Zeichenähnlichkeit herausführten. Wegen der allenfalls geringen Unterscheidungskraft der Widerspruchsmarke und ihres damit einhergehenden geringen – letztlich auf [X.]oppelidentität zu beschränkenden – Schutzumfangs sowie andererseits wegen der für den maßgeblichen [X.]urchschnittsverbraucher ohne weiteres erkennbaren Zeichenunterschiede scheide aus Rechtsgründen eine [X.] selbst insoweit aus, als identische Waren betroffen sein könnten, worauf es aber hier nicht mehr ankomme. Eine Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und [X.]ienstleistungen bestehe nicht. [X.]ies gelte insbesondere für die Einzelhandelsdienstleistungen. [X.]em stehe auch die [X.]-Entscheidung zu „[X.]“ nicht entgegen, da dieser eine andere Kollisionslage zu Grunde lag; denn dort sei – anders als im hiesigen Streitfall – in den beanstandeten Bezeichnungen die ältere Wortmarke identisch enthalten. Nach alledem seien die Beschwerde und der noch zu Grunde liegende Widerspruch zurückzuweisen, wobei der Widersprechenden zugleich die Verfahrenskosten aufzuerlegen seien. Andernfalls sei die Rechtsbeschwerde zuzulassen, um dem [X.] die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob aus seiner Sicht die [X.], dass für eine Einzelhandelsdienstleistung nicht auch eine (nahezu) identische Marke benutzt werde, sondern – was hier nicht einmal der Fall sei – eine „nur“ im klanglichen, schriftbildlichen und/oder begrifflichen Ähnlichkeitsbereich liegende andere Marke.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.

Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das angesprochene Publikum insoweit eine klangliche [X.], Art. 151 Abs. 1 und 2 GMV i. V. m. §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Im Übrigen ist aber eine markenrechtlich relevante [X.] nicht zu bejahen und daher die Beschwerde zurückzuweisen.

Nachdem die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren ihren Widerspruch bezüglich der „

[X.]ie Frage der [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder [X.]ienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/ [X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.], 237 Rn. 18 – PICARO/[X.]; [X.] [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 235 Rn. 15 – [X.]/AI[X.]U; [X.], 484 Rn. 23 – [X.]; [X.], 905 Rn. 12 – [X.]; [X.], 258 Rn. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 859 Rn. 16 – [X.]; [X.], 60 Rn. 12 – [X.]). Allerdings kann eine absolute Waren-/[X.]ienstleistungsunähnlichkeit selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (st. Rspr.; vgl. [X.] [X.]. 2009, 911 Rn. 34 - [X.]/[X.] [WATERFOR[X.] [X.]]; [X.] GRUR 2014, 488 Rn. 9 - [X.]ESPERA[X.]OS/[X.]ESPERA[X.]O; [X.], 1145 Rn. 34 - [X.]; [X.], 484 Rn. 25 - [X.]).

1. Ausgehend von der hier maßgeblichen [X.] besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und [X.]ienstleistungen teilweise eine Ähnlichkeit, ein Teil der angegriffenen [X.]ienstleistungen der Klasse 35 liegt dagegen außerhalb des [X.] zu den Waren der älteren Marke.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder [X.]ienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und [X.]ienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder [X.]ienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder [X.]ienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen ([X.] GRUR 1998, 922 Rn. 15 – [X.]; [X.] GRUR 2014, 488 Rn. 12 – [X.]ESPERA[X.]OS/[X.]ESPERA[X.]O). Soweit sich [X.]ienstleistungen und Waren gegenüberstehen, ist anerkannt, dass trotz der grundlegenden Abweichung zwischen der Erbringung einer unkörperlichen [X.]ienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware grundsätzlich eine Ähnlichkeit in Betracht kommen kann (vgl. [X.] GRUR 2004, 241 –Ge[X.]IOS; GRUR 1999, 731 – [X.]). [X.]azu muss bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen, dass Ware und [X.]ienstleistung der Kontrolle desselben Unternehmens unterliegen, sei es, dass das [X.]ienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden [X.]ienstleistungsgebiet betätigt (vgl. [X.] GRUR 1989, 347 – MICROTRONIC).

Von einer Unähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer [X.] wegen des Abstandes der Waren oder [X.]ienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. [X.] a. a. O. – [X.]ESPERA[X.]OS/[X.]ESPERA[X.]O).

a) [X.]ie Waren der Klasse 5 „

„Verbandmittel sind Produkte, die dazu bestimmt sind, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken oder deren Körperflüssigkeit aufzusaugen. [X.]ies sind z. B. Wund- und Heftpflaster (Pflasterverbände), [X.], Mittel zur feuchten Wundversorgung, [X.] und [X.], [X.], [X.], [X.], Stütz-, [X.], Steif- oder Kompressionsverbände sowie Verbandmittel zum Fixieren oder zum Schutz von Verbänden. Zu den [X.] zählt auch das Trägermaterial, das arzneilich wirkende Stoffe für oberflächengeschädigte Körperteile enthält. Insbesondere können sie Blutungen stillen, Exsudate aufsaugen, Wunden reinigen, vor äußeren Einflüssen schützen, Granulation fördern, heilungsförderndes Mikroklima schaffen, bewahren und/oder wiederherstellen, Körperteile stützen, verbinden, umhüllen, komprimieren, Arzneimittel applizieren, Schmerzen verhindern oder lindern. Beispiele für Verbandmittel sind z. B. moderne Wundversorgungsprodukte: z. B. Alginate, [X.], [X.], Schäume, antimikrobielle Wundauflagen (z. B. mit Silber, Polyhexanid oder physikalischen Wirkprinzipien), aktive Wundtherapeutika, Kollagen-Wundauflagen, [X.], [X.], Wundauflagen mit Elektrodeneigenschaften, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und -pflaster, Wundpflaster, Wundschnell- und Heftpflaster, Kompressions-, Stütz-, [X.] und Steifverbände, [X.], Zinkleimbinden.“.

[X.]ies zeigt, dass es sich bei der Ware „Pflaster“ um Verbandmaterial handeln kann, dieses mithin von dem Oberbegriff „Verbandmaterial“ umfasst wird. [X.]ie von der Markenstelle vorgenommene unterschiedliche Behandlung von „[X.]“ einerseits - enge Ähnlichkeit zu „pharmazeutischen Produkten“ - und „Verbandmaterial“ andererseits - nur entfernte Ähnlichkeit zu den [X.] - ist daher nicht (mehr) gerechtfertigt.

Zwar sind Verbandmittel (und Pflaster) Medizinprodukte und keine Arzneimittel. [X.]ie oben aufgeführte Erläuterung des [X.] zeigt aber, dass sich die beiden Produktgruppen Arzneimittel einerseits und Pflaster/Verbandmaterial andererseits immer mehr verzahnen. Insbesondere im Bereich der Hautpflege können sich Überschneidungen bei der Anwendung der jeweiligen Produkte ergeben, z. B. bei Präparaten mit dermatologischem Einschlag. „Verbandmaterial“ kann dazu dienen, auf die Haut aufgebrachte oder über die Haut abzugebende Wirkstoffe abzudecken bzw. zu fixieren, um den Heilungsprozess zu fördern, so dass sich die Waren dadurch ergänzen können. Außerdem besteht eine Entwicklung zu - von den Warenoberbegriffen der Widerspruchsmarke umfassten - [X.] und Verbandmaterial mit darauf bzw. darin angebrachten Wirkstoffen (vgl. [X.], Beschluss vom 24.11.2008, 25 W (pat) 37/07). [X.]aher kann der Verkehr bei (vermeintlich) identischer Kennzeichnung leicht annehmen, dass die Produkte aus dem gleichen Betrieb stammen.

Es liegt deshalb eine jedenfalls mittlere Ähnlichkeit zwischen „Verbandmaterial“ und dem weiten Oberbegriff „pharmazeutische Produkte“ der Widerspruchsmarke vor.

b) [X.]ie [X.]ienstleistungen der Klasse 35 „

c) Zwischen den „

[X.]er [X.] (GRUR 2014, 378 Rn. 39 – [X.]) hat zur Frage der Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung zur Branchenähnlichkeit nach § 15 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.], 635 Rdnr. 16 – [X.]/ROLLER’s Metro) festgestellt, dass es für die Annahme einer Ähnlichkeit ausreicht, wenn sich die [X.]ienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise auf Grund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und [X.]ienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen. [X.]avon ist für das Verhältnis zwischen Waren und den hierauf bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen u. a. dann auszugehen, wenn große Handelshäuser in dem betreffenden Warensektor neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten. [X.]iese Voraussetzungen sind auch beim Einzelhandel mit Waren der Klasse 3 und 5 gegeben.

Soweit der Beschwerdegegner in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die [X.]- Entscheidung zu „[X.]“ nicht einschlägig sei, weil sich im vorliegenden Fall keine (nahezu) identischen Marken gegenüberstünden, greift dieser Einwand nicht; denn er vermengt hier die Frage der Waren-/[X.]ienstleistungsähnlichkeit, die – wie oben ausgeführt - unter Zugrundelegung identischer Zeichen geprüft wird, mit der des Grades der tatsächlichen Markenähnlichkeit.

Im Bereich des Einzelhandels von Waren der Klasse 3, also u. a. von Kosmetika und Parfümerieartikeln - Anbieter sind u. a. auch [X.]rogeriemärkte wie [X.], [X.], [X.] sowie Kosmetikketten wie [X.]…, [X.], [X.] - sind vielfach Eigenmarken etabliert. Hier ist daher von durchschnittlicher Waren-/[X.]ienstleistungsähnlichkeit auszugehen.

Bei den [X.] der Klasse 5 „Préparations hygiéniques/sanitary preparations/Hygieneartikel“ kann es sich um Baby- und Inkontinenzwindeln handeln; auch in diesem Bereich bieten Einzelhändler [X.] an. Entsprechendes gilt auch für „aliments pour bébés/food for babies/Babynahrung“ (z. B. [X.]-Marke „[X.]“ für Babybrei). Auch zwischen den Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klasse 5 und den [X.] aus dieser Klasse besteht daher mittlere Ähnlichkeit.

In Bezug auf die „

d) [X.]ie „

[X.]asselbe gilt für „veterinärmedizinische [X.]ienstleistungen“. Im Bereich der Tiermedizin und ist das Selbstzubereiten oft schon deshalb erforderlich, weil keine speziellen Medikamente im Handel erhältlich sind. Insoweit besteht ohne Weiteres Ähnlichkeit dieser [X.]ienstleistungen zu den Waren „produits vétérinaires“ ([X.], Beschluss vom 31.01.2013, 30 W (pat) 528/11).

e) [X.]ie „

Im Umfang der angegriffenen [X.]ienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klasse 10“ muss schon mangels Waren-/[X.]ienstleistungsähnlichkeit der Widerspruch und mithin die Beschwerde erfolglos bleiben.

Im Übrigen ist jedenfalls ein mittlerer Ähnlichkeitsgrad zu bejahen.

2. [X.]ie Widerspruchsmarke „MEL[X.]“ verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwar handelt es sich bei der Schlusssilbe „-vita“ um ein auf medizinischem Gebiet und im Gesundheitssektor häufig verwendetes Markenelement. [X.]er aus der [X.] stammende Begriff im Sinne von „Leben“ ist in den [X.] Sprachgebrauch eingegangen (vgl. [X.]U[X.]EN online, www.duden.de). Im hier betroffenen Warenbereich kommt ihm zudem die Bedeutung „Lebensfunktion, Lebenskraft“ wie auch „Vitalität“ (vgl. [X.], Beschluss vom 1.12.2003, 30 W (pat) 219/02) zu und hat er damit bezüglich der [X.] beschreibende Anklänge. Gleichwohl ist der Widerspruchsmarke von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen. [X.]enn die Anfangssilbe „[X.]“ weist keine konkrete Bedeutung auf, so dass die Gesamtmarke als [X.] aufgefasst wird.

Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch benutzte [X.]rittmarken liegen nicht vor (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage, § 9 Rn. 174 ff.).

3. Angesprochener Verkehrskreis ist hier in Bezug auf die Waren und [X.]ienstleistungen, die im Ähnlichkeitsbereich zu den [X.] liegen, neben den jeweiligen Fachverkehrskreisen auch die Allgemeinheit der Verbraucher. Erfahrungsgemäß begegnen die allgemeinen Verbraucher allem, was mit Schönheit und Gesundheit zu tun hat - auch der ihrer Haustiere (vgl. [X.], Beschluss vom 11.03.2014, 29 W (pat) 533/13 - [X.]CUR/Verticur) - mit etwas erhöhter Aufmerksamkeit, so dass insgesamt eine solche zugrunde zu legen ist.

4. Bei dieser Ausgangslage – jeweils mindestens mittlere Ähnlichkeit der im Tenor genannten Waren bzw. [X.]ienstleistungen, durchschnittliche Kennzeichnungskraft sowie etwas erhöhte Aufmerksamkeit – sind an den zum sicheren Ausschluss einer markenrechtlich relevanten [X.] erforderlichen Markenabstand nicht zu strenge Anforderungen zu stellen. [X.]ie angegriffene Marke wird diesen Anforderungen in klanglicher Hinsicht im tenorierten Umfang nicht mehr gerecht.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] GRUR 2013, 922 Rn. 35 – [X.]; [X.] GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/ [X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 909 Rn. 13 – Pantogast; [X.], 905 Rn. 12 – [X.]). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen [X.]urchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. [X.] [X.]. 2014, 459 Rn. 42 – [X.]; [X.]. 2012, 754 Rn. 63 – [X.] Marken GmbH/[X.] [Linea Natura Natur hat immer Stil]; [X.]. 2010, 129., Rn. 60 – [[X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/ [X.]). [X.]er Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im [X.] zu ermitteln. Für die Annahme einer [X.] reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus ([X.] GRUR 2014, 382 Rn. 25 – [X.]; [X.], 1055 Rn. 26 – airdsl; [X.]Z 139, 340, 347 - [X.]; [X.] MarkenR 2008, 393, Rn. 21 - HEITEC).

Nach Auffassung des Senats sind die Vergleichsmarken „[X.]“ und „MEL[X.]“ im klanglichen Gesamteindruck so deutlich angenähert, dass eine hinreichend sichere Unterscheidung nicht mehr gewährleistet ist. [X.]ie Marken werden einerseits „me-wi-da“ und andererseits „[X.]-wi-ta“ ausgesprochen. [X.]ie [X.] stimmen in [X.], [X.] ([X.]) sowie in der Betonung und im Sprechrhythmus überein. [X.]iese Gemeinsamkeiten erzeugen ein sehr ähnliches Gesamtklangbild. [X.]ie bestehenden Abweichungen sind demgegenüber gering.

[X.]ieser Grad an klanglicher Zeichenähnlichkeit wird nicht durch einen erkennbaren abweichenden Sinngehalt beider Marken neutralisiert. [X.]enn sowohl der Markenteil „-vita“ als auch der Markenteil „-vida“ bedeuten im [X.]eutschen „Leben“. Wenn schließlich noch berücksichtigt wird, dass die Marken im Verkehr nicht nebeneinander aufzutreten pflegen und ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt, kann eine klangliche [X.] nicht mehr verneint werden.

[X.]er Umstand, dass die Beschwerdegegnerin mittlerweile ihre angegriffene Marke in einer grafischen Ausgestaltung benutzt, die von der benutzten grafischen Ausgestaltung der Widerspruchsmarke abweicht, spielt keine entscheidungserhebliche Rolle, da es im vorliegenden Verfahren auf die tatsächliche Benutzung der Marken nicht ankommt.

Auf die Beschwerde der Widersprechenden waren der Beschluss der Markenstelle daher aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang anzuordnen. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Für die von Seiten des Beschwerdegegners beantragte Auferlegung der Kosten auf die Beschwerdeführerin ist bei dem dargestellten Ergebnis kein Raum. Auch im Übrigen besteht keine Veranlassung, von dem in § 71 Abs. 1 S. 2 [X.] für das markenrechtliche Widerspruchsverfahren normierten Grundsatz, wonach jeder Beteiligte die ihm erwachsenden Kosten selbst trägt, abzuweichen.

Schließlich bestand auch für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 [X.] keine Veranlassung. Über die Frage der Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den darauf bezogenen Waren hat der [X.] bereits entschieden.

Meta

29 W (pat) 532/12

25.03.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.03.2015, Az. 29 W (pat) 532/12 (REWIS RS 2015, 13470)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13470

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Referenzen
Wird zitiert von

29 W (pat) 567/19

26 W (pat) 592/20

29 W (pat) 37/17

29 W (pat) 581/19

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