Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.07.2011, Az. 29 W (pat) 30/10

29. Senat | REWIS RS 2011, 4948

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Kaupmann" – räumlich beschränktes Recht – keine Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes - Störungs- und Behinderungsabsicht kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden – vertraglich fortbestehendes Namensrecht – Anmelder ging nicht widerlegbar von seiner Berechtigung zur Markenanmeldung aus - Rechtsirrtum schließt Bösgläubigkeit aus - Anmeldung der Marke lässt generellen Benutzungswillen des Markeninhabers grundsätzlich vermuten - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung – Zulassung der Rechtsbeschwerde


Tenor

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 21 364

(Löschungsverfahren [X.])

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 8. Juli 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] und der Richterinnen [X.] und Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] die Löschung der am 29. März 2007 angemeldeten Wortmarke 307 21 364

2

[X.].

3

Diese wurde am 6. Juli 2007 eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 30: Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren;

5

Klasse 35: Werbung, organisatorische Beratung von Unternehmen im Bereich der Geschäftsführung bezüglich Herstellung und Vertrieb von Backwaren aller Art;

6

Klasse 42: technische Beratung von Unternehmen im Bereich der Geschäftsführung bezüglich Herstellung und Vertrieb von Backwaren aller Art.

[X.]

7

Der Markeninhaber und Beschwerdegegner betrieb als Einzelkaufmann unter dem Namen „[X.]“ eine Bäckerei. Es handelte sich um ein im Jahr 1929 von seinem Vorfahr Kaspar [X.] gegründetes Familienunternehmen. Eine Marke dieses Namens wurde seinerzeit nicht eingetragen. Am 1. Oktober 2004 wurde über das Vermögen dieses Einzelkaufmanns Christoph [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet. Anlässlich der Insolvenz wurden die Franchiseverträge zwischen ihm und seinen damaligen Franchisenehmern gekündigt. Der Insolvenzverwalter führte den Betrieb unter der Bezeichnung „[X.]“ fort, bis mit Kaufvertrag vom 28. Februar 2005 im Rahmen eines sog. „Asset Deals“ die Betriebsteile Bäckerei, Logistik, Kommissionierung und Verwaltung und das gesamte Anlagevermögen des Unternehmens an die Antragstellerin, die [X.] GmbH, verkauft und übertragen wurden. Der Betriebsteil Verkauf wurde von der Antragstellerin nicht übernommen und die Filialen geschlossen.

8

Bei Gründung der [X.] mit Gesellschaftsvertrag ebenfalls datierend vom 28. Februar 2005 war die Mutter des Markeninhabers, Frau Anna [X.], mit einem Geschäftsanteil von … Euro beteiligt

9

worden, den sie jedoch bereits am 17. Juni 2005 an die Hauptgesellschafterin der Antragstellerin, die [X.], abtrat.

In dem zwischen den Parteien geschlossenen o. g. Kaufvertrag vom 28. Februar 2005 (vgl. Anlage [X.] zum Schriftsatz der [X.] vom 30. Oktober 2007, [X.]. 11 - 17 VA) heißt es u. a.:

§ 13 des Kaufvertrages enthält eine qualifizierte Schriftformklausel.Der Markeninhaber hatte seine schriftliche Zustimmung zur Übertragung des Namensrechts auf die Antragstellerin unstreitig nicht erteilt[X.] gleichzeitigem Anstellungsvertrag vom 28. Februar 2005 (vgl. Anlage [X.] zum o. g. Schriftsatz, [X.]. 22 - 25 VA) wurde der Markeninhaber zum Geschäftsführer der Antragstellerin bestellt. In dieser Eigenschaft führt er die Geschäfte der Antragstellerin fort.

Die Antragstellerin nutzt die Bezeichnung „[X.]“ seitdem zum Betrieb einer Großbäckerei, ferner beliefert sie unter dieser Bezeichnung zahlreiche Filialen mit Backwaren.Am 29. März 2007 meldete der [X.] im eigenen Namen die Wortmarke „[X.]“ zur Eintragung in das Markenregister für die o. g. Waren und Dienstleistungen der Klassen 30, 35 und 42 an. Nachdem die Antragstellerin hiervon erfahren hatte, forderte sie den Markeninhaber mit Schreiben ihrer anwaltlichen Vertreter vom 27. Juni 2007 (vgl. Anlage [X.] zum o. g. Schriftsatz, [X.]. 26 - 28 VA) auf, entweder die Anmeldung zurückzunehmen oder die Markenrechte auf die Antragstellerin zu übertragen. Mit Schreiben vom 10. Juli 2007 (vgl. Anlage [X.] zum o. g. Schriftsatz, [X.]. 29 VA) teilte der Markeninhaber mit, dass er zur Überzeugung gelangt sei, die Eintragung der Namensrechte weiter zu verfolgen. Es liege ihm fern, die Eintragung in irgendeiner Weise gegen die Interessen der [X.] GmbH zu verwenden. Ziel und Zweck der Eintragung werde er der [X.] mitteilen. Im weiteren Schriftverkehr stritten die Beteiligten über die Entstehung und das Erlöschen von [X.] im Zusammenhang mit der Übertragung der Betriebsteile durch den Kaufvertrag vom 28. Februar 2005. Der Markeninhaber betonte mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreter vom 22. August 2007 (vgl. Anlage [X.] zum o. g. Schriftsatz, [X.]. 36 - 38 VA), dass er „weder eine Genehmigung für die Aufnahme einer neuen gewerblichen Tätigkeit beim Insolvenzverwalter Herrn S… beantragt hat, noch dass er dies beabsichtigt.“ Ferner bot er der Antragstellerin die Erteilung einer kostenlosen Lizenz an den Markenrechten an.Zur Begründung ihres Löschungsantrags gemäß §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] vom 30. Oktober 2007, der am 31. Oktober 2007 beim [X.] ([X.]) eingegangen ist, hat die Antragstellerin im Amtsverfahren u. a. ausgeführt, dass der Markeninhaber schon aus seinem Anstellungsvertrag mit ihr nicht berechtigt gewesen sei, die angegriffene Marke für sich persönlich anzumelden. Da der Markeninhaber insolvent sei und seine Wohlverhaltensperiode im Rahmen des Insolvenzverfahrens noch nicht einmal begonnen habe, habe er bei Markenanmeldung keinerlei Benutzungsabsicht gehabt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Antragstellerin die Bezeichnung „[X.]" weiterführe. Mit Aufgabe seines Geschäftsbetriebes stünden ihm insoweit keinerlei Kennzeichenrechte mehr zu. Vielmehr seien Kennzeichenrechte für die Antragstellerin durch Benutzung der Bezeichnung „[X.]" entstanden. Mit der Anmeldung der Marke „[X.]" habe der Markeninhaber gegen seine arbeitsvertraglichen [X.] verstoßen, weshalb seine Markenanmeldung als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Dies ergebe sich insbesondere auch daraus, dass der Markeninhaber in einem Telefonat mit dem anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin, Rechtsanwalt Dr. K…, am 29. Juni 2007 auf die Frage nachdem Grund für die Markenanmeldung erklärt habe, dass er befürchte, in naher Zukunft von der Antragstellerin gekündigt zu werden und er sich im Hinblick darauf „absichern" wolle. Im Übrigen habe er nicht vor, sich unter der Bezeichnung „[X.]“ im [X.] selbständig zu machen.Der Markeninhaber hat dem ihm am 27. Dezember 2007 zugestellten Löschungsantrag mit am 29. Januar 2008 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag widersprochen und u. a. vorgetragen, dass er aus der Insolvenz die Namensrechte behalten habe, da lediglich das Inventar des Unternehmens im Rahmen des [X.] verkauft worden sei. Bewusst habe er der Übertragung des Rechts, den Namen „Bäckerei [X.]" zu führen, nicht schriftlich zugestimmt, weil er die Namensrechte nicht habe übertragen wollen. Er habe der Antragstellerin die kostenlose Namensführung gestattet, da es ihm allein darauf angekommen sei, den Betrieb „[X.]" in irgendeiner Form zu erhalten. Er habe seinerzeit durch seine geschäftliche Betätigung eine Benutzungsmarke im Sinne von § 4 Abs. 2 [X.], ein Recht an einer geschäftlichen Bezeichnung gem. § 5 [X.] sowie Namensrechte nach dem [X.] erworben. Für die Erhaltung seiner Rechte sei ausreichend, dass (frühere) Franchiseunternehmen und die Antragstellerin das Zeichen benutzten. Aus den gesamten Umständen ergebe sich, dass die Namensführung durch die Antragstellerin unter der Bedingung stehe, dass er, der Markeninhaber, Geschäftsführer der Antragstellerin sei. Die Antragstellerin habe bewusst an einer Vertragskonstruktion mitgewirkt, die ihm den Erhalt seiner Kennzeichenrechte sichern sollte. Durch die Anmeldung der angegriffenen Marke habe er lediglich für die Verfestigung der ihm ohnehin zustehenden Rechte gesorgt, was weder unter dem Gesichtspunkt des Wohlverhaltens im Insolvenzverfahren noch unter dem Gesichtspunkt seiner Anstellung bei der Antragstellerin zu beanstanden sei.[X.] 3.4 des [X.] hat den Löschungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 5. September 2008 zurückgewiesen. Eine zum Anmeldezeitpunkt bestehende Bösgläubigkeit des Markeninhabers lasse sich nicht feststellen. Fraglich sei bereits, ob die Antragstellerin an der Bezeichnung „[X.]“ in Bezug auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen einen schutzwürdigen Besitzstand erworben habe, da ihr aufgrund der vertraglichen Regelung in § 10 des Kaufvertrags vom 28. Februar 2005 ja bewusst gewesen sei, dass sie das Recht zur Führung des Namens „Bäckerei [X.]“ mangels schriftlicher Zustimmung des Markeninhabers ausdrücklich nicht erworben habe. Vor diesem Hintergrund habe der Markeninhaber darauf vertrauen dürfen, dass ihm auch nach Weiterführung der Geschäfte durch die Antragstellerin das Recht an der Bezeichnung „Bäckerei [X.]“ zugestanden habe. Die Markenanmeldung habe sich für ihn daher lediglich als Verfestigung seines ohnehin noch vorhandenen Namensrechts dargestellt und sei damit nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Da der Kaufvertrag zeitgleich und im Zusammenhang mit seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer der Antragstellerin geschlossen worden sei, erscheine die Anmeldung auch vor dem Hintergrund der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Markeninhabers zumindest nicht als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig. Die Tatsache, dass der Markeninhaber derzeit über keinen Geschäftsbetrieb verfüge, lasse für sich allein noch nicht den Schluss auf eine Bösgläubigkeit zu. Dem Markeninhaber gehe es unstreitig um die Erhaltung des Namens „[X.]“ im Bäckereigeschäft, was für eine beabsichtigte Benutzung der Marke, sei es auch durch Dritte, spreche[X.] ihrer gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Löschungsbegehren weiter.Im Laufe des Beschwerdeverfahrens kam es im Dezember 2008 zu Verhandlungen zwischen den Parteien, die in einer am 19. Januar 2009 geschlossenen schriftlichen Vereinbarung mündeten, wonach der Markeninhaber mit Zustimmung des Insolvenzverwalters im Wege eines so genannten „Management Buy out“ die Kapitalanteile der Antragstellerin unter bestimmten Voraussetzungen zum 1. April 2011 übernehmen sollte (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Beschwerdegegnervertreter vom 30. Januar 2009, [X.]. 60 - 65 GA). Vor dem Hintergrund dieser Übernahmeverhandlungen sprach der Markeninhaber am 31. Dezember 2008 gegenüber der Antragstellerin die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2009 aus. Zu der geplanten Übernahme der Kapitalanteile kam es jedoch - angeblich wegen für den Markeninhaber nicht tragbarer Rahmenbedingungen und unrealistischer Forderungen der Verkäuferin - nicht. In der Folgezeit kam es immer wieder wegen verschiedener Umstände zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien.Am 28. April 2009 gab der Markeninhaber bei der [X.] Wirtschaftsberatung die Erarbeitung eines Businessplans für die Gründung eines unter dem Namen „Bäckerei Christoph [X.]“ zu führenden eigenen Unternehmens in Auftrag. In dem Businessplan vom 20. Mai 2009 (vgl. Anlage [X.]3 zum Schriftsatz der [X.] vom 27. Juli 2009, [X.]. 99 - 117 GA), der mit ausdrücklicher Billigung des Insolvenzverwalters erstellt wurde, heißt es auf Seite 9, 2. Absatz: „Das Unternehmen „Bäckerei Christoph [X.]“ wird die ertragsstarken Kunden von der Bäckerei [X.] GmbH abwerben, welches aufgrund der guten und persönlichen Beziehungen zwischen den Kunden und Herrn Christoph [X.] unproblematisch sein wird. Im Übrigen wird diesseits erwartet, dass mit dem Ausscheiden des Herrn [X.] als Geschäftsführer aus der Bäckerei [X.] GmbH ein dann mehr oder weniger führungsloses Unternehmen sich ohnehin nicht lange am Markt wird halten können. …“[X.] Schreiben vom 30. April 2009 erklärte der Markeninhaber gegenüber der Antragstellerin unter Berufung auf „völlig überzogene Rohstoffpreise, eine fehlende Buchhaltung seit Februar und [X.]“ (erneut) die Kündigung seines Anstellungsvertrages, diesmal zum 31. Oktober 2009 (vgl. Anlage [X.]0 zum Schriftsatz der [X.] vom 6. Juli 2009, [X.]. 81 GA). Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 24. Juni 2009 die Kündigung des Markeninhabers an und stellte ihn zugleich von seiner Tätigkeit frei (vgl. Anlage [X.]1 zum o. g. Schriftsatz, [X.]. 82 GA)[X.] Schreiben vom 27. Mai 2009 übersandte der Markeninhaber den o. g. Businessplan vom 20. Mai 2009 der [X.], der Muttergesellschaft der Antragstellerin, unter Hinweis darauf, dass er sich auch nach der [X.] bei der [X.] GmbH um eine angemessene Erwerbsquelle bemühen müsse und den Businessplan nun bei der [X.] vorstellen werde (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Beschwerdegegnervertreter vom 14. August 2009, [X.]. 124 GA).Die [X.], deren Geschäftsführer auch der Geschäftsführer der Antragstellerin ist, hatte ihrerseits am 4. November 2008 die Wort-/Bildmarke 30 2008 069 659 „[X.]“ für identische Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 und 35 angemeldet, die am 12. Dezember 2008 in das Markenregister eingetragen wurde. Als der Markeninhaber Christoph [X.] hiervon ca. Ende Juni 2009 über Dritte Kenntnis erlangte, mahnte er die Antragstellerin mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreter vom 25. Juni 2009 unter Berufung auf seine streitgegenständliche Marke 307 21 364 ab und forderte sie unter gleichzeitiger Kündigung der Lizenzvereinbarung zur Unterlassung der weiteren Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ auf (vgl. Anlage [X.]2 zum Schriftsatz der [X.] vom 6. Juli 2009, [X.]. 83 - 85 GA). Die Wort-/Bildmarke 30 2008 069 659 „[X.]“ wurde am 4. August 2009 antragsgemäß von der [X.] auf die Antragstellerin übertragen[X.] Gesellschaftsvertrag vom 27. Juli 2009 wurde die „[X.]. [X.] GmbH“ gegründet, deren Geschäftsführer u. a. der Markeninhaber Christoph [X.] ist. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Backwaren aller Art. Die Firma wurde am 21. August 2009 unter HRB 39698 in das Handelsregister des [X.] eingetragen. Die angegriffene Wortmarke „[X.]“ wird nach dem Vortrag des Markeninhabers seither von dieser Gesellschaft genutzt.Die Antragstellerin vertritt im Beschwerdeverfahren die Auffassung, aus dem oben dargestellten Verhalten des Markeninhabers ergebe sich, dass dieser bereits zum [X.]punkt der - hinter ihrem Rücken erfolgten - Anmeldung der angegriffenen Marke den Plan verfolgt habe, sich zu einem von ihm selbst zu bestimmenden [X.]punkt selbständig zu machen und unter der Bezeichnung „[X.]“ in Konkurrenz zu ihr - der Antragstellerin - zu treten, um dieser dann unter Verweis auf seine treuwidrig erlangte Markeneintragung die weitere Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ zu untersagen, was sich ja durch sein Schreiben vom 25. Juni 2009 (s. o.) bestätigt habe. Vor dem Hintergrund, dass der Markeninhaber Jahre lang in einer vertraglichen Beziehung zu ihr gestanden habe, die ihn verpflichtet habe, seine Arbeitskraft ausschließlich in ihren Dienst zu stellen, könne es keinem Zweifel unterliegen, dass er die angegriffene Marke zu Unrecht erlangt habe. Auch aus dem vertraglich vereinbarten [X.]verbot ergebe sich, dass er zum damaligen [X.]punkt nicht berechtigt gewesen sein könne, die Marke „[X.]“ auf sich persönlich anzumelden. Abgesehen davon befinde er sich nach wie vor im Insolvenzverfahren, so dass überhaupt nicht ersichtlich sei, in welcher Art und Weise er seine Marke überhaupt für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen nutzen könnte. Die Antragstellerin beruft sich in diesem Zusammenhang nochmals auf die angebliche Erklärung des Markeninhabers in dem Telefonat mit Rechtsanwalt Dr. K… vom 29. Juni 2007 zu dem Grund für die gegenständliche Markenanmeldung (s. o.). Die Markenanmeldung sei daher rechtsmissbräuchlich erfolgt. Hieran vermöge auch die aus ihrer Sicht überflüssige Regelung in § 10 des Kaufvertrages vom 28. Februar 2005 nichts zu ändern, da diese sich nur auf den bürgerlichen Namen „[X.]“ im Sinne des § 12 [X.] beziehe, der ohnehin nicht übertragen werden könne. Die vom Markeninhaber erworbene geschäftliche Bezeichnung im Sinne des § 5 [X.] sei, wenn nicht ohnehin durch [X.] erloschen, so jedenfalls durch Übernahme und Fortführung des Unternehmens unter der entsprechenden Bezeichnung auf sie, die Antragstellerin, übergegangen. Durch Eintragung der Firma [X.] GmbH im Handelsregister und Aufnahme eines Geschäftsbetriebes unter dieser Bezeichnung habe sie im Übrigen eigene Namens- und Kennzeichenrechte erworben.

Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Beschlusses des [X.] vom 5. September 2008 die Marke 307 21 364.1 zu löschen.

Der Markeninhaber und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Beschwerdeverfahren bestreitet er nunmehr, gegenüber dem anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin in dem Telefonat vom 29. Juni 2007 erklärt zu haben, dass er nicht beabsichtige, die Marke zu nutzen, sondern sich nur für den Fall seiner Kündigung als Geschäftsführer der Antragstellerin habe absichern wollen. Vielmehr habe er erklärt, dass er nicht vorhabe, der Antragstellerin in Zukunft die Nutzung der Marken- und Namensrechte zu entziehen bzw. hierfür eine Gebühr zu verlangen. Er habe stets darauf hingewiesen, dass er die Marke bzw. seine Namens- und Kennzeichenrechte dadurch nutze, dass die Antragstellerin unter der Bezeichnung „[X.]“ ein Bäckereiunternehmen führe, in welchem er Geschäftsführer (gewesen) sei, und dass die Franchisenehmer seines früheren Unternehmens die Marke mit seiner Einwilligung weiterführten. Er habe gegenüber der Antragstellerin niemals einen Hehl daraus gemacht, dass es sein erklärtes Ziel für sich und seine Familie sei, die 75-jährige Tradition, unter der Bezeichnung „[X.]“ einen Familienbäckereibetrieb zu führen, trotz der Insolvenz nach der Wohlverhaltensphase weiterzuführen.Die Antragstellerin hat zum Beweis für die von ihr behauptete Erklärung des Markeninhabers in dem fraglichen Telefonat vom 29. Juni 2007 die Einvernahme des Rechtsanwalts Dr. K… als Zeuge angeboten.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

I[X.]

Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 [X.] zulässig, aber unbegründet.

[X.] 3.4 des [X.] hat zu Recht die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke abgelehnt.

1. a) Für sämtliche absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Eintragungshindernissen in den maßgeblichen [X.]punkten zweifelsfrei feststeht. Mithin muss im Falle der beantragten Löschung wegen Bösgläubigkeit des Anmelders i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] diese für den insoweit allein maßgeblichen [X.]punkt der Anmeldung mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden können. Ist dies nach der erforderlichen gründlichen Prüfung sämtlicher eingereichter und ggf. vom Senat ermittelter Unterlagen nicht möglich, z. B. weil der Sachverhalt nicht (mehr) weiter aufgeklärt werden kann oder hinreichend sichere Rückschlüsse auf die subjektiven Absichten des Anmelders zum damaligen [X.]punkt nicht mehr möglich sind, so muss es aufgrund der Feststellungslast des Antragstellers für die Umstände einer [X.]en Anmeldung ([X.] 1965, 146, 151 - [X.]; 2009, 669 Rdnr. 32 - [X.]; [X.], 833, 835 - digital; BPatG 26 W (pat) 188/09 - [X.] Verbund System shuttle) bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben, selbst wenn deren Anmeldung als rechtlich nicht unbedenklich erscheint (vgl. [X.] (pat) 13/04 - [X.]). So verhält es sich hier. Über die Frage, ob den Beteiligten des vorliegenden [X.] sonstige zivilrechtliche Ansprüche zustehen, ist nicht zu entscheiden.

b) Gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] in der ab 1. Juni 2004 geltenden Fassung wird die Eintragung einer Marke gelöscht, die [X.] angemeldet worden ist. Zur Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit knüpft die Rechtsprechung an ihre zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach § 1 UWG und § 826 [X.] entwickelten Grundsätze an. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung [X.] i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.], wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will ([X.], 278 Rdnr. 41 - [X.]; [X.] 2005, 581, 582 - [X.]; [X.] 2009, 312, 313 - Ivadal).

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anmelder [X.] ist, sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum [X.]punkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens vorliegen, insbesondere

- die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein gleiches oder verwechselbar ähnliches Zeichen für gleiche oder

- die Absicht des Anmelders, diesen [X.] an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie

- der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des [X.] und das angemeldete Zeichen genießen ([X.] GRUR 2009, 763, 765, Rdnr. 38 - [X.]/Franz Hauswirth).

Wie sich dabei aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ ergibt, handelt es sich bei den vom [X.] genannten Faktoren um keine abschließende Aufzählung der Fallumstände, die in die rechtliche Prüfung und Würdigung einzubeziehen sind. Ein [X.]er Markenerwerb kann nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] insbesondere darin liegen, dass

- der Anmelder in Kenntnis eines im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers

- ohne rechtfertigenden Grund

- die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke

- für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen

- mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers

- oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren,

anmeldet ([X.] 1998, 1034 - [X.]; [X.], 1032, 1034 - [X.] 2000; [X.], 621, 623, Rdnr. 21 - [X.]; a. a. [X.] - Ivadal; [X.]. 2010, 31 ff. - Käse in [X.]ütenform III). Darüber hinaus kann der Erwerb eines formalen Markenrechts, unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen inländischen Besitzstandes eines [X.], aber auch dann [X.] i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein [X.] die mit der Eintragung der Marke verbundene - an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (BGH a. a. [X.] - [X.]; a. a. O - [X.]). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des [X.]s bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist (BGH a. a. [X.] - [X.]). Daher wird die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht schon durch die Behauptung oder den Nachweis eines eigenen [X.]ns ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei sich im Einzelfall bereits die Markenanmeldung als erster Teilakt eines zweckwidrigen Einsatzes darstellen, sich ein markenrechtlich zweckfremder Einsatz aber auch erst aus der späteren Ausübung des Monopolrechts ergeben kann ([X.] 2001, 242, 243 f. - Classe E; [X.], 510 ff. - [X.]; [X.], 744, 746 f. - [X.]).

2. Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Anmeldung der Wortmarke 307 21 364 durch den Markeninhaber nicht mit hinreichender Sicherheit als [X.] i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] eingestuft werden.

a) Es kann nicht festgestellt werden, dass der Markeninhaber einen schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin ohne sachlichen Grund mit Störungs- oder Behinderungsabsicht verletzt hat.

aa) Es fehlt schon an einem Eingriff in einen im Inland bestehenden schützwürdigen Besitzstand der Antragstellerin. Der Besitzstand muss durch eine hinreichende Marktpräsenz und daraus folgende Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland belegt sein ([X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 308 [X.]). Dabei vermag ein räumlich beschränktes inländisches älteres Recht die Löschung einer jüngeren Marke, die Schutz in der ganzen [X.] genießt, nicht zu rechtfertigen ([X.] 2004, 790 Rdnr. 51 ff. - Gegenabmahnung; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rdnr. 552). So liegt der Fall hier.

Unstreitig benutzte die Antragstellerin die - bereits vom Markeninhaber und seinen Vorfahren über Jahrzehnte im [X.] verwendete - Bezeichnung „[X.]“ seit der Übernahme wesentlicher Betriebsteile des früheren Unternehmens des Markeninhabers im Februar 2005 weiter, und zwar für den Betrieb einer Großbäckerei in [X.]. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob vom Markeninhaber erworbene Kennzeichenrechte damals auf die Antragstellerin übertragen oder an diese lizenziert wurden. Denn die Antragstellerin, die seit ihrer Gründung im Februar 2005 selbst unter „[X.] GmbH“ firmiert (vgl. Auszug aus dem [X.] des [X.] HRB 38384 vom 26. Mai 2011, [X.]. 137 GA) und diese Bezeichnung unstreitig seither im geschäftlichen Verkehr (auch) namensmäßig benutzt (vgl. z. B. Franchisevertrag zwischen der Firma [X.] GmbH und Frau G…-S1… vom 28. Januar 2008, Anlage [X.]0 zum Schriftsatz der [X.] vom 30. Dezember 2008, [X.]. 47 - 50 GA), hat insoweit ein eigenes Kennzeichenrecht i. S. v. § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] erworben. Der für dieses Unternehmenskennzeichen bestehende Schutz erstreckt sich jedoch lediglich auf die Stadt [X.] und allenfalls noch auf deren Umland, nicht aber auf das Gebiet der [X.] ([X.] 2005, 262, 263 - soco.de). Denn Anhaltspunkte für ein überörtliches Wirkungsgebiet des Unternehmens der Antragstellerin zum [X.]punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im März 2007 liegen nicht vor. Ein überörtlicher Schutz (für das gesamte [X.]) ist nur dann zuzubilligen, wenn das Unternehmen zum maßgeblichen [X.]punkt darauf angelegt ist, beispielsweise nach Art eines Filialbetriebs weitere Betriebsstätten an verschiedenen, verstreut liegenden Plätzen zu betreiben und den Umständen nach mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Unternehmen diese Absicht verwirklichen kann und wird ([X.] 1993, 923, 924 - [X.]; 1985, 72 - Consilia). Die Annahme einer erkennbaren Ausdehnungstendenz erfordert dabei regelmäßig, dass das Unternehmen bereits mehrere Geschäftsbetriebe eröffnet hat (BGH a. a. [X.] - [X.]). Die bloße Absicht der Geschäftsausweitung reicht insoweit also nicht aus. Aus dem Vorbringen der Parteien und den vorgelegten Unterlagen ergibt sich lediglich ein regionaler Einsatz der fraglichen geschäftlichen Bezeichnung im Raum [X.]. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte für eine erkennbare Ausdehnungstendenz des Geschäftsbetriebs der Antragstellerin zum Anmeldezeitpunkt ersichtlich. Die Antragstellerin geht im Übrigen selbst davon aus, dass die von ihr erworbene geschäftliche Bezeichnung zum damaligen [X.]punkt nur regional wirkte (vgl. Schriftsatz der [X.] vom 17. Oktober 2008, [X.]. 25 - 30 GA, Seite 4 unten). Aus ihrem weiteren Vorbringen, dass sie befürchte, der Markeninhaber wolle die angegriffene Marke „als Druckmittel gegen die Antragstellerin einsetzen …, zum Beispiel um eine Expansion des Geschäftsbetriebes der Antragstellerin in Regionen, in denen sie bislang noch keine Kennzeichenrechte erworben hat, zu verhindern“ (vgl. Seite 4 unten des o. g. Schriftsatzes), lässt sich eine erkennbare Ausdehnungstendenz im obigen Sinne nicht herleiten.

Die Antragstellerin kann daher unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes aufgrund ihres nur räumlich beschränkten Rechts nicht die Löschung der Marke des Markeninhabers beanspruchen, die Schutz im gesamten Inland genießt.

bb) Aber selbst wenn ein schutzwürdiger inländischer Besitzstand der Antragstellerin bestanden hätte, kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass der Markeninhaber ungerechtfertigt mit Störungs- oder Behinderungsabsicht in diesen eingegriffen hätte.

Die Anmeldung einer Marke ohne sachlichen Grund liegt vor, wenn der [X.] kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der fraglichen Marke hat. Ein solches Interesse besteht jedoch, wenn der Anmelder die Kennzeichnung in beachtlichem Umfang selbst benutzt hat und deren markenrechtliche Absicherung gegenüber [X.] für erforderlich hält (BGH a. a. [X.] 582 - [X.]; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 667; [X.], a. a. [X.], § 8 Rdnr. 556). Das gilt vor allem, wenn der Vorbenutzer eine entsprechende „Markenpflege“ unterlassen hat.

Nach der Regelung in § 10 des Kaufvertrages zwischen den Parteien vom 28. Februar 2005 sollte das Recht zur Führung des Namens „Bäckerei [X.]“ mangels schriftlicher Zustimmung des Markeninhabers ausdrücklich nicht auf die Antragstellerin übergehen. Da eine Marke mit dieser Bezeichnung zum damaligen [X.]punkt nicht eingetragen war, bezog sich diese Regelung ihrem Wortlaut und Zweck nach offenbar auf das vom Markeninhaber erworbene Namensrecht nach § 12 [X.], welches auch die Firma nach § 17 HGB umfasst, oder sein - im geschäftlichen Verkehr vorrangiges - Kennzeichenrecht an einer geschäftlichen Bezeichnung i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] (Unternehmenskennzeichen). Zwischen den jeweiligen Schutzrechten (Name, Unternehmenskennzeichen, Marke) ist dabei streng zu unterscheiden, da sie ggf. einen unterschiedlichen [X.]rang genießen und auch im Übrigen ausschließlich den für das jeweilige Schutzrecht geltenden Regeln folgen.

Auf die Frage, ob und in welchem Umfang Namens- bzw. Kennzeichenrechte für den Markeninhaber entstanden bzw. wieder erloschen sind, kommt es hier für die Beurteilung der Bösgläubigkeit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] jedoch nicht an. Denn für den Senat hat es nach Würdigung der Gesamtumstände den Anschein, dass der Markeninhaber die Rechtslage in mehr als einer Hinsicht im Anmeldezeitpunkt unrichtig bewertet hat. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass er bei Markenanmeldung aufgrund der o. g. - rechtlich nicht ganz eindeutigen - Regelung in § 10 des Kaufvertrages in dem guten Glauben war, ihm stehe auch nach der Veräußerung wesentlicher Betriebsteile seines früheren Unternehmens und Fortführung der Geschäfte durch die Antragstellerin das Recht an der Bezeichnung „Bäckerei [X.]“ bzw. ihrem wesentlichen unterscheidungskräftigen Bestandteil „[X.]“ zu, weshalb er zur Markenanmeldung im eigenen Namen befugt sei. Der Markeninhaber ist anscheinend überfordert gewesen, die verschiedenen rechtlichen Ebenen (Name/Firma, Unternehmenskennzeichen, Marke) auseinander zu halten und unterlag zum Anmeldezeitpunkt einem Rechtsirrtum.

Auch der Umstand, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Markeninhaber zu einem [X.]punkt erfolgte, als dieser noch als Geschäftsführer bei der Antragstellerin angestellt war und einem vertraglichen [X.]verbot unterlag, rechtfertigt nicht die Annahme eines [X.]en Verhaltens. Zwar verstieß der Markeninhaber dadurch, dass er die Marke (nur) für sich persönlich und ohne vorherige Absprache mit den beiden weiteren Geschäftsführern bzw. den Gesellschaftern der Antragstellerin angemeldet hat, objektiv gegen die Interessen seiner Arbeitgeberin, die die Bezeichnung „[X.]“ mit seinem Wissen seit Februar 2005 im [X.] nutzte. Da der Kaufvertrag vom 28. Februar 2005 mit der o. g. Regelung zum Namensrecht jedoch zeitgleich und im Zusammenhang mit seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer der Antragstellerin geschlossen wurde, erscheint die Anmeldung auch vor dem Hintergrund der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Markeninhabers zumindest nicht als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig.

Dass es dem Markeninhaber zum Anmeldezeitpunkt in subjektiver Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend um die rechtsmissbräuchliche Behinderung oder Störung der Antragstellerin ging, steht daher nicht eindeutig fest.

cc) Sein späteres Verhalten erlaubt ebenfalls keine sicheren Rückschlüsse auf eine Behinderungsabsicht bei Anmeldung der Marke. Dabei kann der nunmehr bestrittene Vortrag der Antragstellerin, der Markeninhaber habe in dem Telefonat mit dem anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin am 29. Juni 2007 zu der Frage nach dem Grund für die Markenanmeldung angegeben, sich für den Fall der Kündigung (seines Anstellungsvertrages) „absichern“ zu wollen, als richtig unterstellt werden. Denn aus dieser Äußerung lassen sich vor dem oben dargestellten Hintergrund keine unlauteren Beweggründe des Markeninhabers herleiten, da er - jedenfalls nicht widerlegbar - davon ausging, dass sein fortbestehendes Namensrecht an der Bezeichnung „[X.]“ ihn auch zur Markenanmeldung berechtige. Dieser Rechtsirrtum schließt eine Bösgläubigkeit aus. Denn nach Ansicht des Senats erfordert die Bösgläubigkeit auf der Tatbestandsseite das Wissen und Wollen der sittenwidrigen Behinderung oder Störung eines [X.], was einem vorsätzlichen Handeln entspricht.

Eine Beweisaufnahme zu dem Inhalt des Telefonats vom 29. Juni 2007 ist daher nicht veranlasst. Gegen eine Bösgläubigkeit des Markeninhabers spricht außerdem, dass er der Antragstellerin mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreter vom 22. August 2007 die Erteilung einer kostenlosen Lizenz an den Markenrechten angeboten hat.

dd) Die Tatsache, dass der Markeninhaber im [X.]punkt der Anmeldung - und auch in den folgenden Jahren - über keinen Geschäftsbetrieb verfügte und sich im Insolvenzverfahren befand, lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eine Bösgläubigkeit zu. Denn die Anmeldung der Marke lässt einen generellen [X.]n des Markeninhabers grundsätzlich vermuten. Diese wird auch nicht durch das Verhalten des Markeninhabers widerlegt. Zwar ließ er u. a. in dem Schreiben seiner anwaltlichen Vertreter vom 22. August 2007 (Anlage [X.] zum Schriftsatz der [X.] vom 30. Oktober 2007, [X.]. 36 - 38 VA) mitteilen, dass er weder die Genehmigung für die Aufnahme einer neuen gewerblichen Tätigkeit beim Insolvenzverwalter beantragt habe, noch dass er dies beabsichtige. Der generelle [X.] muss sich aber nicht auf eine Verwendung der Marke durch den Markeninhaber selbst beziehen; vielmehr reicht auch die Absicht aus, die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen ([X.] 2001, 242, 244 - Classe E). Eine solche Absicht des Markeninhabers zum [X.]punkt der Markenanmeldung lässt sich zumindest nicht widerlegen. Ihm ging es offenbar - wie die Regelung in § 10 des Kaufvertrags zeigt - um die Erhaltung des Namens „[X.]“ im Bäckereigeschäft, was für eine beabsichtigte Benutzung der Marke, sei es auch durch Dritte, spricht. Hierfür spricht ferner der Umstand, dass er der Antragstellerin in dem o. g. Schreiben die Erteilung einer kostenlosen Lizenz an der gegenständlichen Marke angeboten hat.

Abgesehen davon würde das Fehlen eines generellen [X.]ns für sich gesehen noch nicht zwangsläufig den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] erfüllen. Vielmehr müssen die konkreten Unlauterkeitsmerkmale, insbesondere die Behinderungsabsicht des Anmelders, hinzutreten, die bei einem fehlenden [X.]n die Anmeldung als [X.] erscheinen lassen ([X.] a. a. [X.], § 8 Rdnr. 543). Eine Behinderungsabsicht lässt sich jedoch aus o. g. Gründen gerade nicht feststellen.

ee) Soweit sich die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nunmehr darauf beruft, dass die zwischenzeitlich erfolgte Kündigung des Markeninhabers vom 30. April 2009 und der von ihm in Auftrag gegebene Businessplan vom 20. Mai 2009 belegen würden, dass er von Anfang an geplant habe, sich zu einem späteren [X.]punkt selbständig zu machen und unter der Marke „[X.]“ in Konkurrenz zur Antragstellerin zu treten, um dieser dann - wie mit Schreiben vom 25. Juni 2009 erfolgt - unter Verweis auf seine angegriffene Marke die weitere Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ zu untersagen, vermag dies ebenfalls die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Markeninhabers zum Anmeldezeitpunkt nicht zu rechtfertigen. Denn seine Kündigung des [X.] bei der Antragstellerin und die Beauftragung eines Businessplans für die Gründung eines eigenen Unternehmens sind vor dem Hintergrund der nach längeren Verhandlungen getroffenen vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien vom 19. Januar 2009 betreffend die Übernahme der Kapitalanteile der Antragstellerin durch den Markeninhaber, dem späteren Scheitern dieser geplanten Übernahme sowie der weiteren unstreitigen Umstände, die in der Folgezeit immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien führten und die die Beweggründe des Markeninhabers für seine zweite Kündigung vom 30. April 2009 waren („überzogene Rohstoffpreise, eine fehlende Buchhaltung seit Februar und [X.]“), zu sehen. Diese „überholenden“ Ereignisse im ersten Halbjahr 2009 waren zum [X.]punkt der Markenanmeldung im März 2007 noch gar nicht absehbar, so dass das o. g. Verhalten des Markeninhabers - wie auch die behauptete Benutzung der angegriffenen Marke durch die [X.]. [X.] GmbH seit Mitte 2009 - wiederum keine sicheren Rückschlüsse auf seine Beweggründe bei Markenanmeldung zulassen. Abgesehen davon unterlag er, wie oben ausgeführt, zum maßgeblichen [X.]punkt einem die Bösgläubigkeit ausschließenden Rechtsirrtum.

ff) Die mit Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Markeninhabers vom 25. Juni 2009 (Anlage [X.]2 zum Schriftsatz der [X.] vom 6. Juli 2009, [X.]. 83 - 85 GA) erfolgte Abmahnung der Antragstellerin unter Verweis auf die gegenständliche Markeneintragung unter gleichzeitiger Kündigung des [X.] hat für den Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls keinen Beweiswert. Denn sie ist bei objektiver Würdigung als Reaktion auf die am 12. Dezember 2008 erfolgte Eintragung der am 4. November 2008 von der [X.] angemeldeten [X.] 30 2008 069 659 „[X.]“, von der der Markeninhaber über Dritte Ende Juni 2009 erfahren hatte, zu sehen. Sie lässt daher ebenfalls keine sicheren Rückschlüsse auf die Absichten und Beweggründe des Markeninhabers bei Markenanmeldung zu.

3. Eine Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin gemäß § 71 Abs. 1 [X.] ist nicht veranlasst. Zwar entspricht es regelmäßig der Billigkeit, im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Markenanmeldung dem Markeninhaber und Gegner des [X.] die Verfahrenskosten aufzuerlegen. [X.]eibt dagegen ein Löschungsantrag - wie hier - ohne Erfolg, besagt das für sich gesehen nichts für eine rechtlich zu missbilligende Antragstellung. Diese Beurteilung muss gerade in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in welchem sich die Markenanmeldung als objektiv rechtlich fragwürdig darstellt.

4. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, da der Senat über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entschieden hat. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein - jedenfalls nicht widerlegbarer - Rechtsirrtum des Anmelders zum [X.]punkt der Markenanmeldung die Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] ausschließt, insbesondere inwieweit in diesen Fällen ein vorsätzliches Handeln erforderlich ist, kann noch nicht als abschließend höchstrichterlich geklärt angesehen werden.

Meta

29 W (pat) 30/10

08.07.2011

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.07.2011, Az. 29 W (pat) 30/10 (REWIS RS 2011, 4948)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4948

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