Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.04.2015, Az. 29 W (pat) 13/12

29. Senat | REWIS RS 2015, 12661

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "BiM-Markt" – keine bösgläubige Markenanmeldung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 53 608

(hier: Löschungsverfahren [X.]/10)

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen [X.] und Akintche

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Zurückweisung ihres Löschungsantrags gegen die Marke 306 53 608 durch die Markenabteilung 3.4 des [X.] ([X.]).

2

Die am 1. September 2006 angemeldete Wortmarke

3

[X.]

4

ist am 6. Juni 2007 unter der Nummer 306 53 608 für Dienstleistungen der Klasse 35 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden, nämlich für:

5

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen mit Lebensmitteln aller Art.

6

Die Beschwerdeführerin hat am 26. November 2010 beim [X.] die vollständige Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse nach §§ 50 Abs. 1, 8 [X.] beantragt. Mit [X.] vom 11. April 2011 hat sie ihren Löschungsantrag begründet und eine Bösgläubigkeit des [X.] geltend gemacht.

7

Bei der Antragstellerin handele es sich um ein [X.] Unternehmen, das im Jahr 1995 gegründet worden sei. Sie betreibe in der [X.] und in anderen Ländern eine Supermarktkette unter der Bezeichnung [X.]. „[X.]“ sei auch ihr Firmenschlagwort, da es sich bei den übrigen Bestandteilen des Firmennamens lediglich um beschreibende Zusätze handele. Ihr Name werde mit „[X.] United Stores Inc.“ übersetzt. Ihre [X.]-Märkte verfolgten ein ähnliches Konzept wie [X.] und würden auch als das [X.] Gegenstück hierzu beschrieben. [X.] der angegriffenen Marke 2006 habe die Löschungsantragstellerin 1.454 Filialen in der [X.] betrieben, derzeit betreibe sie bereits 3035 Filialen, vorwiegend in der [X.]. Mittlerweile expandiere sie auch in Länder außerhalb der [X.]. [X.] habe sie einen Umsatz von umgerechnet … Mio. Euro erzielt und 2010 hochgerechnet auf ein volles Jahr einen Umsatz von … Mio. Euro.

8

9

Aufgrund der Bekanntheit der Marke [X.] in der [X.] sei dem [X.], bei dem davon auszugehen sei, dass er einen [X.]n Migrationshintergrund habe, diese Marke bekannt gewesen. Dies werde auch dadurch deutlich, dass er sogar das konkrete rote [X.]-Logo der Antragstellerin auf dem von ihm betriebenen Supermarkt in [X.] verwende. Der Bestandteil „Markt“ der streitgegenständlichen Marke trage nicht zur Unterscheidungskraft bei, da es sich um eine beschreibende Angabe handele. Es sei offensichtlich, dass die Anmeldung der Marke [X.] erfolgt sei. Sie sei mit dem Ziel vorgenommen worden, den erkannten schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin zu stören, ihr den Gebrauch der vorbenutzten Bezeichnung zu sperren und die Marke als zweckfremdes Mittel des [X.] einzusetzen. Die Absicht des Antragsgegners sei es, die Antragstellerin zu behindern und deren guten Ruf auf unlautere Weise auszunutzen. Es sei anerkannt, dass eine ausländische Vorbenutzung einen schutzwürdigen Besitzstand begründen könne, wenn die im Ausland erfolgte Benutzung zu einer überragenden Verkehrsgeltung geführt habe, was vorliegend der Fall sei. Es liege zudem nahe, dass der [X.] Markt für [X.] Unternehmen interessant sei, da in [X.] die größte Anzahl von [X.] bzw. Einwohnern [X.]n Ursprungs außerhalb der [X.] lebe. Deshalb habe es sich, auch aufgrund der rasanten Expansion der Antragstellerin, dem Antragsgegner aufdrängen müssen, dass die Antragstellerin in absehbarer Zeit die Marke [X.] in [X.] benutzen wolle. Selbst wenn ein markenrechtlich zweckfremder Einsatz sich erst aus einer Ausübung des damit erworbenen Monopolrechts zu einem späteren Zeitpunkt ergebe, stehe in solchen Fällen zu vermuten, dass der Anmelder bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung [X.] gehandelt habe. Dass der Anmelder die betreffende Marke selbst benutze, stehe der Annahme der Unlauterkeit nicht entgegen, wenn zumindest das Motiv die Absicht sei, die Marke zweckfremd als Mittel des [X.] einzusetzen. Durch die verfahrensgegenständliche Marke hindere der Antragsgegner die Antragstellerin daran, selbst ein rechtsbeständiges Markenrecht in [X.] an der Marke „[X.]“ zu erwerben. Die Antragstellerin habe ein Interesse am [X.]n Markt, was schon die [X.] Nr. 938 106 „[X.]“ der Antragstellerin, welche am 7. Juli 2007 registriert und auf [X.] erstreckt worden sei, belege.

Dass die Antragstellerin die Benutzung der angegriffenen Marke – wie es der Antragsgegner einwende - fünf aufeinander folgende Jahre in Kenntnis der Benutzung geduldet und daher den Löschungsanspruch nach § 51 Abs. 2 [X.] verwirkt habe, treffe nicht zu. Denn es gehe hier um eine Löschung wegen Bösgläubigkeit nach §§ 50, 54 [X.]. Ohnehin habe die Antragstellerin nach Kenntnis der Benutzung der Marke durch den Antragsgegner diesen mit [X.] vom 20. Oktober 2010 im Wege einer [X.] anschreiben lassen und auch das vorliegende Löschungsverfahren eingeleitet. Das Löschungsverfahren verfolge nicht unmittelbar den Zweck der Beseitigung des Logos. Die Verwendung des Logos zeige allerdings, dass dem Antragsgegner die Antragstellerin und deren Marke bei seiner Anmeldung bekannt gewesen und er daher bei der Anmeldung [X.] gewesen sei.

Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag, der ihm mit am 13. Dezember 2010 zur Post abgesandten Einschreiben zugestellt worden war, mit [X.] vom 3. Januar 2011, eingegangen beim [X.] am 7. Januar 2011, widersprochen.

Er ist der Auffassung, dass die [X.] Marke „[X.]“ in [X.] nicht bekannt sei. Zudem verwende er die Bezeichnung „[X.]-Markt“, während die Antragstellerin mit „[X.] United Stores Inc.“ übersetzt werde, wie sie selbst angebe. Durch den Zusatz „Markt“ bestehe ein Unterschied zwischen den Marken. Eine Priorität der älteren Marke könne nur bei Identität der Marken angenommen werden. Weiterhin sei vorliegend die Löschung gemäß § 51 Abs. 2 [X.] wegen Verwirkung ausgeschlossen, weil  der Inhaber der prioritätsälteren Marke die Benutzung der jüngeren Marke während eines Zeitraums von fünf aufeinander [X.]n in Kenntnis der Benutzung geduldet habe. Es existiere keine einzige Filiale in [X.], obwohl die Antragstellerin seit 1995 in der [X.] in diesem Bereich arbeite. Wenn ihr der [X.] Markt so wichtig gewesen wäre, hätte sie von 1995 bis 2006 die Möglichkeit gehabt, die Marke eintragen zu lassen. Die Antragstellerin hätte schon früher nach [X.] expandieren können, habe aber stattdessen den Antragsgegner gewähren lassen. Die Ausführungen über die Werbung in der [X.] seien irrelevant, da der Antragsgegner sich in [X.] befinde und daraus keinen Nutzen ziehe. Bezüglich des am Supermarkt angebrachten Logos hätte die Antragstellerin dessen Beseitigung verlangen können, nicht jedoch die Löschung der Marke. Das Schild mit dem Logo sei auch erst nach Eintragung der Marke angebracht worden.

[X.] 3.4 des [X.] hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 15. November 2011 zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine zum Anmeldezeitpunkt bestehende Bösgläubigkeit des Antragsgegners nicht festgestellt werden könne. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass bisher eine Geschäftstätigkeit der Löschungsantragstellerin in [X.] auf dem Gebiet der vom Antragsgegner beanspruchten Dienstleistungen nicht stattgefunden habe. Selbst wenn dem Antragsgegner bekannt gewesen wäre, dass die von der Antragstellerin betriebenen Supermärkte in der [X.] existierten und den in [X.] lebenden [X.] oder türkischstämmigen Bewohnern bekannt seien, habe er nicht davon ausgehen müssen, dass die Antragstellerin, die seit 1995 die betreffenden Supermärkte in der [X.] betreibe, diese auch in [X.] eröffnen wolle. Eine auf die Benutzung der Marke im Ausland bezogene Bösgläubigkeit bei der Anmeldung in [X.] komme aber nur in Betracht, wenn besondere Umstände hinzuträten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen ließen. Voraussetzung sei, dass die im Ausland erfolgte Benutzung dort zu einer überragenden Verkehrsgeltung geführt habe und der inländische Anmelder wisse, dass das ausländische Unternehmen die Absicht habe, in absehbarer Zeit die Marke auch im Inland einzusetzen. Dafür gebe es hier keine Anhaltspunkte und es habe sich dem [X.] aufgrund des langen Zeitablaufs zwischen der Einführung der Supermärkte 1995 in der [X.] und seiner Markenanmeldung in [X.] 2006 auch nicht die Vermutung aufdrängen müssen, dass sich die Antragstellerin auf dem [X.]n Markt etablieren wolle. Die Antragstellerin habe von 1995 bis 2006 soweit bekannt keine Aktivitäten hinsichtlich eines Auftritts auf dem [X.]n Markt unternommen und den Antragsgegner erst am 20. Oktober 2010, mehr als vier Jahre nach der Anmeldung der Marke, auf die Verwendung des Logos an seinem Supermarkt hin angeschrieben und ihn lediglich gebeten mitzuteilen, weshalb er sich berechtigt fühle, Einzelhandelsdienstleistungen unter der Bezeichnung „[X.]“ in [X.] anzubieten. Das Logo sei hier aber nicht Gegenstand des Verfahrens, da lediglich eine Wortmarke angemeldet worden sei.

Der Vortrag der Antragstellerin liefere keine schlüssigen Belege für das Vorliegen einer Bösgläubigkeit des Antragsgegners. Dass dem Antragsgegner die Supermärkte des Namens „[X.]“ in der [X.] bekannt wären und er sich möglicherweise von deren Berühmtheit eine positive Ausstrahlung auf die in [X.] lebenden [X.] und Bewohnern [X.]r Herkunft versprochen habe, stelle noch keine Bösgläubigkeit oder Rufausbeutung dar. Die erforderliche Zielrichtung bei einer Rufausbeutung sei, vom Ruf z. B. einer sehr bekannten Marke in anstößiger Weise zu profitieren, eine Anlehnung an eine solche Marke reiche noch nicht aus. Hier liege aber schon gar keine bekannte Marke in [X.] vor und da der Antragsgegner offensichtlich nur einen Supermarkt in [X.] betreibe, also eher regional tätig sei, könne er auch kaum von einer großen Zahl [X.]r oder türkischstämmiger Mitbewohner in [X.], die die Supermärkte der Antragstellerin in der [X.] kennen würden, profitieren. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Markeninhaber seine Marke nicht nutze und diese nur angemeldet habe, um die Antragstellerin von der Nutzung der Bezeichnung [X.] am Markt auszuschließen. Diese habe bisher auch nichts über konkrete Planungen für die Unternehmenserweiterung nach [X.] vorgetragen. Auch dass die Antragstellerin Inhaberin einer [X.] mit Schutzerstreckung auf [X.] sei, belege eine solche Absicht nicht. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 1. September 2006 habe der Antragsgegner nicht wissen können, ob die Antragstellerin beabsichtigte, auch auf dem [X.]n Markt aufzutreten, denn deren [X.] mit Schutzerstreckung auf [X.] sei erst im Juni 2007 registriert worden. In Würdigung der gesamten Umstände könne das Verhalten des Antragsgegners daher nicht als [X.] angesehen werden; in erster Linie sei das Verhalten auf seine eigene Tätigkeit am Markt und nicht auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Mitbewerberin gerichtet.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Im Wesentlichen wiederholt sie ihren Vortrag aus dem Amtsverfahren, wobei sie insbesondere Zahlen aktualisiert, z. B. bezogen auf die Anzahl der mittlerweile betriebenen Filialen, den Umsatz und die Aufwendungen für Werbung. Sie expandiere mittlerweile auch in Länder außerhalb der [X.] und habe beispielsweise im Jahr 2010 19 Filialen in [X.] eröffnet. Gegenstand der an den Antragsgegner gerichteten [X.] sei das Anbieten von Einzelhandelsdienstleistungen unter der Bezeichnung [X.], nicht lediglich die Verwendung des Logos gewesen. Nachdem sie anschließend von der verfahrensgegenständlichen Marke Kenntnis erlangt habe, habe sie Löschungsantrag gestellt. Insoweit seien die Ausführungen der Markenabteilung unzutreffend, die suggerierten, sie habe sich gegenüber dem Beschwerdegegner untätig verhalten. Die Beschwerdeführerin legt zwei Entscheidungen des [X.] vor, denen zu entnehmen sei, dass jedenfalls in der [X.] in [X.] bekannte Marken geschützt würden; so sei dort festgestellt worden, dass die Marke [X.] wegen ihrer Bekanntheit auch für solche Waren Schutz genieße, welche ansonsten als unähnlich zu den Waren der [X.]-Marken angesehen würden. Wegen der rasanten Expansion der Beschwerdeführerin und des für [X.] Unternehmen wichtigen [X.]n Marktes habe es sich dem Beschwerdegegner zumindest aufdrängen müssen, dass die Beschwerdeführerin in absehbarer Zeit die Marke [X.] auch in [X.] benutzen wolle. Dass eine Expansion nach [X.] nicht gleich nach der Gründung des Unternehmens in der [X.] erfolgt sei, sei nachvollziehbar und entspreche der auf dem Gebiet des Einzelhandels üblichen Praxis, wie die Beispiele [X.] und [X.] zeigten. Denn der Eintritt einer Einzelhandelskette in einen ausländischen Markt sei ungleich aufwändiger als der Markteintritt mit einem bestimmten Produkt, bei dem zum Vertrieb auf bestehende Infrastrukturen zurückgegriffen werden könne, wohingegen diese bei einer Einzelhandelskette erst aufgebaut werden müssten. Im Hinblick auf die streitgegenständliche Marke sei es der Beschwerdeführerin nicht zuzumuten, derzeit Filialen in [X.] zu eröffnen, bevor nicht eine Löschung der Marke erfolgt sei. Den Ausführungen der Markenabteilung folgend, wäre die Beschwerdeführerin rechtlos gestellt: Einerseits hindere die Sperrwirkung der Marke die Beschwerdeführerin an der Benutzung von [X.] in [X.], andererseits werde ihr die Nichtbenutzung und Nichtexpansion nach [X.] vorgeworfen. Danach bliebe kein Raum mehr für die vom [X.] entwickelten und bestätigten Grundsätze betreffend die Löschung [X.] angemeldeter Marken mit überragender Verkehrsgeltung im Ausland. Die angegriffene Marke entfalte Sperrwirkung für die ganze [X.]. [X.], die darauf hingewiesen habe, dass der Beschwerdegegner nur einen Supermarkt in [X.] betreibe, also nur regional tätig sei, verkenne die Relevanz des vorliegenden Löschungsverfahrens.

Die Tatsache, dass der Beschwerdegegner die Marke selbst benutze, führe nicht zu einem Ausschluss der Bösgläubigkeit. Die Benutzung - insbesondere des konkreten Logos der Beschwerdeführerin - zeige vielmehr, dass es dem Beschwerdegegner gerade darum gehe, die Bekanntheit und Wertschätzung des Zeichens auszubeuten und daraus Vorteile zu ziehen. Das Gericht der [X.] ([X.]) spreche hier in einem vergleichbaren Fall von „parasitärer“ Ausbeutung der Wertschätzung. Es stelle einen Wertungswiderspruch dar, wenn der Beschwerdegegner für die Benutzung des Logos dadurch belohnt werden solle, dass gerade diese Ausbeutung der Wertschätzung des Zeichens der Beschwerdeführerin zu einer Verneinung der Bösgläubigkeit führe. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin keine Filialen in [X.] betreibe, werde dadurch aufgewogen, dass es sich bei dem Zeichen um ein in der [X.] wertvolles Zeichen handle, welches in der [X.] eine bekannte Marke sei. Die Beschwerdeführerin ist schließlich der Auffassung, dass eine Bekanntheit der Marke bei einem großen und klar definierten Teil der Bevölkerung im Inland auch zur Begründung eines schutzwürdigen Besitzstandes im Inland führe. Dies gelte insbesondere dann, wenn durch die Marke gerade diese Bevölkerungsgruppe angesprochen werde und diese daher als maßgeblicher Verkehrskreis angesehen werden müsse. Falls der Senat diese Auffassung nicht teile, werde angeregt, die Rechtsbeschwerde zum [X.] ([X.]) zuzulassen.

Die Beschwerdeführerin beantragt:

Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 15. November 2011 wird aufgehoben und die Löschung der Marke 306 53 608 angeordnet.

Der Beschwerdegegner beantragt zuletzt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Er verteidigt die Entscheidung der Markenabteilung, der dortigen Begründung werde vollumfänglich zugestimmt und sie werde zum eigenen Vortrag gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

1. Die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Marke wegen [X.]er Anmeldung nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] sind nicht gegeben. [X.] hat den zulässigen Löschungsantrag deshalb zu Recht zurückgewiesen.

a) Dass die Antragstellerin ihren Löschungsantrag erst im November 2010, also knapp dreieinhalb Jahre nach Eintragung der verfahrensgegenständlichen Marke beim [X.] eingereicht hat, kann ihr nicht entgegengehalten werden. Der Löschungsantrag nach § 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] wegen [X.]er Anmeldung ist nicht fristgebunden, was sich aus einem Umkehrschluss aus der Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] ergibt (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage, § 50 Rn. 18). Ungeachtet des Umstands, dass im Hinblick auf diese Spezialregelung eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verwirkung kennzeichenrechtlicher Ansprüche in der Regel ausgeschlossen ist, wäre für eine Verwirkung des Löschungsanspruchs aber ohnehin nichts ersichtlich. Denn nach ihrem unbestrittenen Vortrag hat die Antragstellerin erst kurz vor ihrer [X.] vom Oktober 2010 von der Eintragung der angegriffenen Marke Kenntnis erlangt und dann zeitnah im November 2010 Löschungsantrag gestellt.

b) Für sämtliche absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Eintragungshindernissen in den maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht ([X.] GRUR 2014, 565, Rn. 18 - smartbook). Mithin muss im Falle der beantragten Löschung wegen Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] diese für den insoweit allein maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (vgl. [X.]H GRUR 2009, 763 – [X.]/[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage, § 8 Rn. 847 m. w. N.) mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden können. Ist dies nach der erforderlichen gründlichen Prüfung sämtlicher von den Beteiligten eingereichten oder von Amts wegen zusätzlich ermittelter Unterlagen nicht möglich, z. B. weil der Sachverhalt nicht (mehr) weiter aufgeklärt werden kann oder hinreichend sichere Rückschlüsse auf die subjektiven Absichten des Anmelders zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr möglich sind, so muss es aufgrund der Feststellungslast der Antragstellerin für die Umstände einer [X.]en Anmeldung bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben ([X.] GRUR 2010, 138 Rn. 48 – [X.]; GRUR 2009, 669 Rn. 32 – [X.]; [X.], Beschluss vom 13.03.2014, 30 W (pat) 16/12 – [X.]; Beschluss vom 08.07.2011, 29 W (pat) 30/10 Kaupmann). So verhält es sich aus den nachfolgend dargestellten Gründen im vorliegenden Fall.

c) Nach §§ 50 Abs. 1 i. V. m. 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] wird eine Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie [X.] angemeldet worden ist. Von einer Bösgläubigkeit ist dann auszugehen, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber des Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (vgl. [X.] GRUR 2009, 780 – [X.]).

Ein Anmelder handelt nicht allein deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. [X.]H GRUR Int 2013, 792, Rn. 37 - [X.]); ein Vorbenutzungsrecht in diesem Sinne ist dem Markenrecht fremd. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Derartige Umstände können darin liegen, dass die Markenanmeldung in der Absicht vorgenommen wird, die Marke nicht selbst zu benutzen, sondern (nur) andere an ihrer Benutzung zu hindern (vgl. [X.] GRUR 2009, 780 Rn. 16 ff. – [X.]; GRUR 2001, 242 Rn. 35 - Classe E). Eine [X.]e Markenanmeldung kommt auch dann in Betracht, wenn der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel, den Besitzstand des Vorbenutzers zu stören, oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch des Zeichens zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass er die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt ([X.] GRUR 2010, 1034 Rn. 13 – [X.]; GRUR 2009, 780 Rn. 13 – [X.]). Auch wenn auf Seiten des Vorbenutzers ein schutzwürdiger Besitzstand im Inland noch nicht besteht, kann sich die Bösgläubigkeit der Markenanmeldung daraus ergeben, dass der Anmelder das Zeichen ohne eigene Benutzungsabsicht als Marke hat eintragen lassen, um den Marktzutritt eines Dritten – insbesondere des Vorbenutzers - zu verhindern (vgl. [X.] GRUR 2012, 429 Nr. 10 - [X.]). Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des [X.] einzusetzen, braucht dabei nicht der einzige Beweggrund für die Anmeldung zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht das wesentliche Motiv war ([X.] [X.], 621 Rn. 32 - [X.]; [X.], 917 Rn. 23 - [X.]). Daher wird die Annahme der Bösgläubigkeit nicht schon durch die Behauptung oder den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens ausgeschlossen.

Die Feststellung, ob der Anmelder die Eintragung der Marke [X.] beantragt hat, erfordert eine Beurteilung aller sich aus den relevanten Umständen des Einzelfalls ergebenden Anhaltspunkte ([X.]H GRUR 2009, 763 Rn. 37, 51-53 - [X.] / [X.]). Soweit der einheitliche nationale und gemeinschaftsrechtliche Begriff der Bösgläubigkeit der Anmeldung eine subjektive Einstellung des Anmelders im Sinne einer unredlichen oder sonstigen unlauteren Motivs voraussetzt, ist darauf aus den relevanten objektiven Umständen zu schließen ([X.] a. a. [X.] Rn 18 – [X.]).

d) Bei Anwendung vorgenannter Grundsätze kann die Markenanmeldung nicht als [X.] eingestuft werden.

Der Beschwerdegegner hat am 1. September 2006 das Wortzeichen „[X.]“ angemeldet. Dieses ist mit der ausländischen Marke bzw. dem Unternehmensschlagwort der Beschwerdeführerin „[X.]“ verwechselbar ähnlich, denn der weitere Wortbestandteil „Markt“ ist – jedenfalls für die Einzelhandelsdienstleistungen - unmittelbar beschreibend. Die angemeldeten und für die angegriffene Marke geschützten Einzelhandelsdienstleistungen mit Lebensmitteln sind identisch zu den Dienstleistungen, für die die Beschwerdeführerin – eine [X.] Einzelhandelskette im Bereich [X.] - in der [X.] ihr Kennzeichen [X.] nutzt und nutzte. Die streitgegenständliche Marke vermag daher eine Sperrwirkung zu entfalten. Die übrigen angegriffenen Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Büroarbeiten“ liegen allerdings schon nicht im Ähnlichkeitsbereich zu dem vorbenutzten Zeichen (vgl. [X.], Beschluss vom 16.04.2014, 29 W (pat) 547/13 – [X.]). Zwar ist das Zeichen „[X.]“ in der [X.] wie auch die [X.] 938 106 für [X.] geschützt. Es ist aber weder von der Beschwerdeführerin vorgetragen worden noch ansonsten erkennbar, dass das Zeichen [X.] in der [X.] für diese weiteren Dienstleistungen der Klasse 35 tatsächlich in relevantem Umfang zum hier maßgeblichen Anmeldezeitpunkt vorbenutzt worden wäre.

Der Senat geht davon aus, dass der Beschwerdegegner das - unstreitig bisher nur in der [X.] benutzte - Kennzeichen für die Einzelhandelskette bei Markenanmeldung auch kannte. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass er auf seinem Ladengeschäft sogar das farbige Logo des [X.]n Zeichens verwendete. Zudem hat der Antragsgegner zwar geltend gemacht, dass das Zeichen in [X.] – auch in der [X.] Bevölkerung - keine Bekanntheit besitze, die eigene Kenntnis von der Vorbenutzung durch die Beschwerdeführerin hat er jedoch nicht bestritten.

Diese Umstände allein können - wie oben ausgeführt - eine Bösgläubigkeit nicht begründen. Denn besondere Schutzregelungen für ausländische Kennzeichen, die allein auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen einer ausländischen Marke abstellen, sind nicht zulässig ([X.]H [X.]. 2013, 792 Rn. 29 und Rn. 41 ff. – [X.]; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 884 a. E.). Als besondere Umstände, die zur Kenntnis von der Benutzung im Ausland hinzutreten und das Verhalten des Anmelders als [X.] erscheinen lassen können, kommen wegen des markenrechtlichen Territorialitätsgrundsatzes nur solche Sachverhalte in Betracht, die einen hinreichenden Inlandsbezug haben. An solchen weiteren Voraussetzungen fehlt es vorliegend.

aa) Von einer Ausnutzung oder Störung eines inländischen Besitzstandes der Beschwerdeführerin kann nicht ausgegangen werden. Denn zum Anmeldezeitpunkt am 1. September 2006 bestand kein solch schutzwürdiger Besitzstand der Beschwerdeführerin als Vorbenutzerin.

Die Annahme eines schutzwürdigen Besitzstandes setzt eine durch hinreichende Marktpräsenz folgende Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland voraus ([X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.] § 8 Rn. 877; [X.]/[X.], [X.], 3. Auflage, § 8 Rn. 308). Wer einen (eigenen) Besitzstand geltend macht, hat dessen Voraussetzungen spezifiziert darzulegen und – jedenfalls wenn dies wie vorliegend bestritten wird – auch zu beweisen.

Eine Benutzung im Inland ist, was unstreitig ist, bisher nicht erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin verfügte sie nicht schon allein deshalb über einen Besitzstand im Inland, weil es sich in der [X.] bei „[X.]“ um ein sehr bekanntes, wertvolles Zeichen handelte. Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass eine Bekanntheit der Marke bei einem großen und klar definierten Teil der Bevölkerung im Inland zur Begründung eines schutzwürdigen Besitzstandes im Inland führe, was insbesondere dann gelte, wenn durch die Marke gerade diese Bevölkerungsgruppe angesprochen werde und diese Bevölkerungsgruppe daher als maßgeblicher Verkehrskreis angesehen werden müsse. Selbst wenn man der Auffassung folgt, dass ein schutzwürdiger Besitzstand ohne Benutzung bzw. Marktpräsenz im Inland auch dadurch entstehen kann, dass das Zeichen im Hinblick auf eine überragende Verkehrsbekanntheit im Ausland auch im Inland eine gewisse Bekanntheit erreicht hat bzw. einen Werbewert besitzt (so z. [X.] in Büscher, [X.], [X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Auflage, Teil 1 Kapitel 3 Rn. 94; Fezer, Markenrecht 4. Auflage, § 8 Rn. 669; [X.] in [X.], 3. Auflage, § 50 Rn. ), kann eine solche Fallgestaltung vorliegend nicht bejaht werden.

Der Senat geht zwar davon aus, dass es sich bereits zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt bei dem Kennzeichen „[X.]“ der Beschwerdeführerin um ein in der [X.] wertvolles Kennzeichen handelte. Eine Marke mit Weltgeltung oder eine Notorietätsmarke liegt im Übrigen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat aber ausreichend belegt, dass der Bezeichnung „[X.]“ angesichts der genannten [X.] (1.454 im Jahr 2006, [X.]. 17 d. A.), der Umsatzzahlen (ca. 1.180 Mio. Euro in 2006, [X.]. 17 d. A.) und der Werbeausgaben (ca. 3,5 Mio. Euro, [X.]. 18 d. A.) schon 2006 eine hohe Verkehrsbekanntheit auf dem [X.]n Markt zukam. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin einen Bescheid bzw. Beschluss des [X.], Amt für Marken, vorgelegt, in dem festgestellt wurde, dass die Marke „[X.]“ in der [X.] für Einzelhandelsdienstleistungen sehr bekannt ist. Der Beschluss datiert auf den 16. Mai 2008, er lässt aber durchaus Rückschlüsse auf eine hohe Verkehrsgeltung schon im [X.] zu.

Die Beschwerdeführerin meint, dass eine sehr hohe Bekanntheit unter der [X.]n/türkischstämmigen Bevölkerung in [X.] rein rechnerisch auch zu einer gewissen Bekanntheit innerhalb der Gesamtbevölkerung und daher zur Bejahung eines schutzwürdigen inländischen [X.] führe. Davon kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Es liegt zwar durchaus nahe, dass die hohe Bekanntheit des Zeichens [X.] in der [X.] zumindest auf Teile der [X.]n/türkischstämmigen Bevölkerung in [X.] ausstrahlt, was aber schon nicht zwangsläufig die Annahme einer „sehr hohen Bekanntheit in dieser Bevölkerungsgruppe“ – wie es die Beschwerdeführerin pauschal behauptet – rechtfertigt; eine solche Schlussfolgerung wäre zu weitgehend. Überdies hat der Beschwerdegegner eine entsprechende Bekanntheit in [X.] auch in diesem Bevölkerungsanteil ausdrücklich bestritten. Nachweise, denen zu entnehmen ist, ob und in welchem Umfang das Zeichen [X.] tatsächlich im Inland bei diesen Verkehrskreisen bekannt ist, hat die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht vorgelegt.

Schließlich sind entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin als maßgebliche - potentielle - inländische Verkehrskreise für Einzelhandelsdienstleistungen mit Lebensmitteln nicht nur die in [X.] lebenden [X.]n bzw. [X.] Abnehmer anzusehen - ca. … Mio. [X.] Staatsbürger bzw. ca. … Mio. türkeistämmige Menschen im [X.] in [X.] bei

Der Bekanntheitsgrad und damit Werbewert des ausländischen Kennzeichens in [X.] wären daher nach alledem zur Bejahung eines inländischen [X.] ohnehin zu gering.

bb) Auch ein wettbewerbsrechtlich zu beanstandender Eingriff in einen wertvollen ausländischen Besitzstand ist nicht zu bejahen. Dies setzte voraus, dass die im Ausland erfolgte Benutzung dort zu einer überragenden Verkehrsgeltung und damit zu einem wertvollen ausländischen Zeichen geführt hat. Außerdem ist erforderlich, dass einerseits der inländische Anmelder weiß oder wissen muss, dass das Zeichen im Ausland benutzt wird, und dass andererseits der ausländische Nutzer die Absicht hat, es in absehbarer Zeit auch im Inland einzusetzen. Diese Absicht muss dem inländischen Anmelder bekannt sein oder sich ihm zumindest aufdrängen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 884 m. w. N.).

Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im September 2006 eine Auslandsexpansion in den [X.]n Markt in absehbarer Zeit konkret beabsichtigte oder in einer für die Entscheidung des Rechtsstreits beachtlichen Weise hierfür entsprechende Vorkehrungen getroffen bzw. ernsthafte Schritte unternommen hat. Entsprechendes hat die Beschwerdeführerin im Übrigen noch nicht einmal behauptet. Jedenfalls fehlt es an einem substantiierten, aussagekräftigen Vortrag hierzu.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin mittlerweile – also nach dem hier relevanten Zeitpunkt – ins Ausland, nämlich im Jahr 2010 mit 19 Filialen nach [X.] expandiert hat und im Jahr 2013 [X.] offenbar auch für [X.] vorlagen (vgl. den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Artikel vom 16.03.2013: „Aufbruchsstimmung: [X.] Kette [X.] will sich in [X.] etablieren“), lässt keine Rückschlüsse auf eine entsprechende Expansionsabsicht auch für den – mit Discountern gesättigten – [X.]n Markt für das [X.] oder konkret für die [X.] zu. [X.], in denen eine Expansionsabsicht nach [X.] vor oder auch zum Anmeldezeitpunkt thematisiert wurden oder auf eine solche hindeuten würden, wurden weder vorgelegt noch konnten solche ermittelt werden. Auch die internationale Schutzerstreckung der [X.]n Basismarke „[X.]“ unter anderem auf [X.] ([X.]) – gegen die der Antragsgegner im Übrigen keinen Widerspruch eingelegt hatte – ist unbehelflich, weil diese Registrierung erst am 7. Juni 2007, also nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der streitgegenständlichen Markenanmeldung, erfolgte.

Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des [X.] in Sachen „Akademiks“ ([X.], 621) beruft, ist diese Fallgestaltung mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbar. Der [X.] hatte ausgeführt, dass es der Lebenserfahrung entspricht, dass gerade im Modebereich auf dem [X.] Markt erfolgreiche Produkte auch in [X.] vermarktet werden.

Zwar entspricht es den üblichen Gepflogenheiten im Geschäftsverkehr, sich zunächst im Heimatmarkt zu etablieren, ehe weitere Märkte erschlossen werden. In der hier betroffenen [X.] lässt sich jedoch nicht die Feststellung treffen, dass ausländische [X.] ab einer bestimmten Bekanntheit im Heimatmarkt üblicherweise nach [X.] expandieren. Erst recht kann nicht generell unterstellt werden, dass jederzeit mit einer Auslandsexpansion von erfolgreichen Supermarktketten zu rechnen ist; vielmehr sprechen gerade die hohen Kosten des Aufbaus von eigenen Infra- und Vertriebsstrukturen und die Sättigung des [X.]n Marktes im [X.] gegen eine solche Annahme. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Beispiele von [X.], [X.] und [X.] sind hier wenig hilfreich, weil es sich um Einzelfälle handelt, die Rückschlüsse auf ein typisches Marktverhalten und eine Branchenüblichkeit nicht zulassen. Lediglich [X.] hat zudem aus dem [X.] Heimatmarkt in den [X.]n Markt expandiert und dabei im [X.] auch zehn Jahre nach seinem Markteintritt fast keine Rolle gespielt. Anders als in der Modebranche waren die Erfolgschancen für die erfolgreiche Etablierung ausländischer Discounter nach diesem Misserfolg deutlich geringer einzuschätzen.

Auch die Tatsache, dass in [X.] viele [X.]/türkischstämmige Mitbürger leben und erfolgreiche [X.] Lebensmittelprodukte regelmäßig nach [X.] importiert und dort über [X.] Lebensmittelläden vertrieben werden, lässt nicht den Schluss zu, allein deshalb müsste mit einer entsprechenden Absicht von erfolgreichen [X.]n Einzelhändlern stets gerechnet werden mit der Folge, dass sich dies dann auch den Marktteilnehmern aufdrängen müsse; soweit dies die Beschwerdeführerin pauschal behauptet, ist dem nicht zu folgen.

Ausgehend hiervon lag für den Anmelder und Antragsgegner zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht die Annahme nahe, dass die schon seit 1995 auf dem [X.]n Markt tätige Antragstellerin ihr Dienstleistungsangebot alsbald auch nach [X.] ausweiten würde.

cc) Gegen eine [X.]e Anmeldung spricht zudem die eigene Benutzung des Zeichens durch den Beschwerdegegner. Es ist nichts dafür erkennbar, dass diesem von vornherein ein ernsthafter Benutzungswille gefehlt hätte. Vielmehr betreibt er nach unbestrittenem Vortrag nach wie vor einen eigenen Lebensmittelmarkt in [X.] und hat damit seinen ernsthaften Benutzungswillen dokumentiert.

älteren türkischen und dort sehr bekannten Marken Widerspruch eingelegt, die streitgegenständliche Fallgestaltung ist hiermit nicht vergleichbar.

Dass es dem Markeninhaber zum Anmeldezeitpunkt in subjektiver Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend um die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung oder Störung der Antragstellerin ging, steht daher nach der erforderlichen Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände nicht fest. Es liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine [X.] erfolgte Anmeldung vor.

Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen.

2. Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht kein Anlass.

Grundsätzlich hat jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen. Eine Kostenauferlegung auf einen der Beteiligten kommt nur dann in Betracht, wenn dies aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles der Billigkeit entspricht. Solche besonderen Umstände können nicht in der Tatsache des Unterliegens oder Obsiegens gesehen werden. Vielmehr müssen darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die eine Kostenauferlegung nach billigem Ermessen als angebracht erscheinen lassen, z. B. dann, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Da eine [X.]e Markenanmeldung nicht festgestellt werden kann, bestand keine Veranlassung, dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragstellerin und Beschwerdeführerin waren gleichfalls die Kosten nicht aufzuerlegen, weil nicht von vornherein erkennbar war, dass der Löschungsantrag nicht zum Erfolg führen konnte. Ein grob sorgfaltswidriges Einschätzen der Rechtssituation kann der Antragstellerin nicht vorgeworfen werden.

3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung steht nicht im Raum (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Auch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht als erforderlich zu erachten (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Die der Entscheidung zugrundeliegenden [X.] entsprechen der im Eingang zitierten langjährigen Rechtsprechung des [X.]. Die Fragen einer [X.]en Anmeldung im Zusammenhang mit ausländischen Kennzeichen bzw. der Behinderung ausländischer Konkurrenz sind im Grundsatz geklärt. Vorliegend handelt es sich um die Gesamtwürdigung aller Umstände im konkreten Einzelfall.

Meta

29 W (pat) 13/12

15.04.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.04.2015, Az. 29 W (pat) 13/12 (REWIS RS 2015, 12661)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12661

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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