Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 13.10.2021, Az. 1 BvR 1750/21

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2021, 1913

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Kammerbeschluss: Verwerfung eines Widerspruchs gegen eine einstweilige Anordnung (§ 32 Abs 3 BVerfGG) im Verfassungsbeschwerdeverfahren


Tenor

Der Widerspruch wird verworfen.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen eine in einem das Sorgerecht für ihren [X.] betreffenden familiengerichtlichen Verfahren vom [X.] als Beschwerdegericht erlassene einstweilige Anordnung. Mit Beschluss vom 6. September 2021 hat die Kammer die Wirksamkeit der angegriffenen Entscheidung vom 28. Juni 2021 durch eine einstweilige Anordnung vorläufig ausgesetzt. Hiergegen hat der Widerspruchsführer ‒ der Vater des betroffenen Kindes ‒ mit Schriftsatz vom 16. September 2021 Widerspruch eingelegt.

2

Der Widerspruch gegen die von der Kammer erlassene einstweilige Anordnung ist zu verwerfen, weil er unzulässig ist.

3

1. Die Verwerfung des Widerspruchs kann auf der Grundlage von § 93d Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 3 [X.] ohne mündliche Verhandlung durch die Kammer erfolgen.

4

Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 32 Abs. 3 Satz 3 [X.]) einen zulässigen Widerspruch voraus (vgl. [X.] 99, 49 <50>; stRspr). Fehlt dem Widerspruchsführer die Berechtigung dazu, ist auch die Kammer befugt, den Widerspruch zu verwerfen (vgl. [X.] 99, 49 <50 f.>; siehe auch [X.], Beschlüsse der [X.] des [X.] vom 26. Januar 2017 - 1 BvQ 4/17 -, juris, Rn. 2 und vom 26. Februar 2018 - 1 BvQ 72/17 u.a. -, juris, Rn. 2). Die Zuständigkeit des Senats, in solchen Konstellationen entscheiden zu können, bleibt davon unberührt (vgl. [X.] 139, 378 <380 Rn. 5>).

5

2. Die Voraussetzungen für eine Verwerfung durch die Kammer liegen vor. Der Widerspruch ist unzulässig, weil dem Widerspruchsführer die Widerspruchsberechtigung fehlt.

6

Widerspruchsberechtigt ist lediglich, wer am verfassungsgerichtlichen Verfahren beteiligt ist. Der Begünstigte des einer Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden Ausgangsverfahrens ist zwar äußerungsberechtigt (§ 94 Abs. 3 [X.]). Ihm fehlt aber als einem nicht am Verfahren Beteiligten die Befugnis zum Widerspruch (vgl. [X.] 89, 119 <120>; 99, 49 <50>; 139, 378 <380 Rn. 6>; stRspr). Eine Beteiligtenstellung können im Verfassungsbeschwerdeverfahren außer dem Beschwerdeführer selbst, der allerdings nach § 32 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht widerspruchsberechtigt ist, lediglich die in § 94 Abs. 1, 2 und 4 [X.] genannten Verfassungsorgane erlangen, § 94 Abs. 5 [X.] (vgl. [X.] 99, 49 <50>; 139, 378 <380 Rn. 6> m.w.N.).

III.

7

Die Begründung des Widerspruchs gibt keinen Anlass, die einstweilige Anordnung von Amts wegen abzuändern oder vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist weiterhin offensichtlich begründet, weil eine hinreichend zuverlässige Grundlage für die Entscheidung des [X.]s, das Kind entgegen dem [X.] im Haushalt des [X.] zu belassen, nach wie vor nicht erkennbar ist. Auf den Vortrag des [X.] und die von ihm vorgelegten Unterlagen stützt das [X.] die angegriffene Entscheidung nicht.

8

Diese sind im Übrigen auch nicht geeignet, die Verwertbarkeit der Gutachten derart in Zweifel zu ziehen, dass eine Auseinandersetzung des [X.]s hiermit entbehrlich sein könnte. Mit wesentlichen Teilen des Vortrags hat sich die Kammer bereits in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde gegen die vorangegangene Beschwerdeentscheidung des [X.]s auseinandergesetzt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. April 2021 - 1 BvR 1839/20 -, Rn. 28 ff.). Soweit der Widerspruchsführer nunmehr bestreitet, die von der Kammer dem Gutachten entnommenen Aussagen gegenüber dem Sachverständigen geäußert zu haben, substantiiert er dieses Bestreiten nicht. Aus den vorgelegten Stellungnahmen anderer Personen über ihre Aussagen gegenüber dem Sachverständigen wird nicht ersichtlich, dass der Sachverständige die Angaben dieser Personen objektiv falsch im Gutachten wiedergegeben hat.

Meta

1 BvR 1750/21

13.10.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Rostock, 20. Juli 2021, Az: 10 UF 68/20, Beschluss

§ 32 Abs 3 S 1 BVerfGG, § 32 Abs 3 S 3 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 13.10.2021, Az. 1 BvR 1750/21 (REWIS RS 2021, 1913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1913

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