Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.06.2020, Az. 2 WD 17/19

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2020, 4084

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

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Gegenstand

Bagatellisierung des Nationalsozialismus und Bedeutung einer entsprechenden Gesinnung


Leitsatz

1. Verhaltensweisen, die auf eine Bagatellisierung des Nationalsozialismus abzielen, begründen als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Entfernung aus dem Dienstverhältnis, wenn sie tatsächlich eine nationalsozialistische Gesinnung zum Ausdruck bringen.

2. Wird der "Hitlergruß" erwiesen, ohne dass damit eine entsprechende Gesinnung einhergeht, bildet Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Herabsetzung im Dienstgrad, während für niedrigschwelligere bagatellisierende Verhaltensweisen grundsätzlich ein Beförderungsverbot den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet.

Tenor

Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 14. Mai 2019 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme aufgehoben.

Die Dienstbezüge des Soldaten werden für die Dauer von 18 Monaten um 1/20 gekürzt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der dem Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem [X.] auferlegt.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft den disziplinarischen Vorwurf rechtsradikalen und diskriminierenden Verhaltens.

2

1. Der ... geborene Soldat absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Lehre als Maler und Lackierer und arbeitete in diesem Beruf, bis er 2012 zur [X.] eingezogen und in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen wurde. Seine Dienstzeit endet mit Ablauf des 30. Juni ... Er wurde zuletzt im Juli 2016 zum Oberstabsgefreiten befördert. Aktuell ist er bei der ... in ... als Sicherungssoldat und Hilfsausbilder eingesetzt.

3

[X.] wurde zwar bisher nicht planmäßig beurteilt, zu seiner Persönlichkeit und seinem Leistungsbild liegen jedoch Stellungnahmen und Aussagen von [X.] vor. Der Zentralregisterauszug des Soldaten und sein Disziplinarbuchauszug enthalten keine Einträge. Er ist unter anderem berechtigt, die [X.] (2013) sowie das [X.] in Gold zu tragen.

4

Der bei seinen Eltern lebende, kinderlose und unverheiratete Soldat wird nach Ablauf seiner Dienstzeit bis Juli 2023 Übergangsgebührnisse von etwa 2 570 € brutto und gut 2 160 € netto sowie eine Übergangsbeihilfe von ca. 15 660 € erhalten. Er bedient einen Kredit zur Anschaffung eines Kraftfahrzeuges mit monatlich etwa 200 €. Nach dem [X.] hat er eine Stelle als Verwaltungsangestellter in Aussicht.

5

2. Nach der am 3. Mai 2017 ordnungsgemäß erfolgten Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens hat die [X.] den Soldaten unter dem 14. September 2017 angeschuldigt:

"1. [X.] kommentierte als Mitglied der [X.]' am 25. September 2016 um 10:35 Uhr über sein Smartphone mit der Nummer ... von einem nicht näher bekannten Ort den von einem Gruppenmitglied gesendeten Beitrag, welcher den Kontakt zur [X.] [X.] eines festgenommenen 16-jährigen Flüchtlings thematisierte, mit der Textnachricht: 'Alle an die wand stellen', obwohl er wusste, zumindest hätte wissen können, dass er sich mit dem unkommentierten Versenden dieser Äußerung nicht von totalitären, menschenverachtenden oder ausländerfeindlichen Ideologien distanzierte beziehungsweise den Eindruck erweckte, solchen Ideologien und Anschauungen nicht ablehnend gegenüberzustehen.

2. [X.] antwortete als Mitglied der [X.]' am 3. November 2016 um 15:00 Uhr über sein Smartphone mit der Nummer ... von einem nicht näher bekannten Ort dem Zeugen [X.], nachdem dieser das von einem anderen Gruppenmitglied eingestellte Bild [X.] mit Down-Syndrom in der Uniform der [X.] und der Überschrift 'SIG HAIL DI OSTFRONT [X.] DOWN') mit der Textnachricht: 'Sowas muss echt nicht in die Gruppe!' kommentiert hatte, mit der Nachricht: 'Du fotze. Klar total lustig''.

3. [X.] entgegnete als Mitglied der [X.]' über sein Smartphone mit der Nummer ... von einem nicht näher bekannten Ort

- am 13. November 2016 um 23:43 Uhr auf die Nachrichten von zwei Gruppenmitgliedern ('Mit VollGAS zum [X.]... ähh [X.]' und 'Jawohl Herr sturmbandführer') mit der Textnachricht: 'Sehr gerne Sturmtruppführer H.',

- am 24. Dezember 2016 um 20:45 Uhr auf die von einem Gruppenmitglied gesendeten Fotos von einem Stahlhelm mit Hakenkreuz, einem Brustanstecker mit dem Emblem der [X.] (Adler mit Hakenkreuz in den Fängen) sowie von einer Porträtaufnahme des [X.] [X.], mit der Textnachricht: 'Oh da wird der Herr ...) 1x im leben sehr stolz auf dich sein. Genauso wie ich',

obwohl er jeweils wusste, zumindest hätte wissen können und müssen, dass er sich mit seinen Äußerungen nicht von dem Unrechtsregime des [X.], das andere in ihrer Menschenwürde beeinträchtigte, sie verunglimpfte und in ihrem Ansehen herabsetzte, und den dort begangenen Verbrechen distanzierte beziehungsweise den Eindruck erweckte, diesem Unrechtsregime und dessen Ideologie und Handeln nicht ablehnend gegenüberzustehen.

4. [X.] rief am 17. November 2016 zwischen 22:00 Uhr und 01:00 Uhr im Raum ... im Gebäude ... der ...-Kaserne in ... während eines Trinkspiels mit Kameraden mindestens einmal 'Heil Hitler!' und zeigte dabei den Hitlergruß."

6

3. [X.] hat gegen den Soldaten mit Urteil vom 14. Mai 2019 ein Beförderungsverbot für 48 Monate verbunden mit einer Kürzung seiner Dienstbezüge um 1/20 für 18 Monate verhängt.

7

Dass sich der Soldat vorsätzlich wie unter den [X.]en 1 bis 3 beschrieben verhalten habe, stehe aufgrund seiner geständigen Einlassungen fest. Eine Überprüfung der in das Geschehen involvierten Mannschaftsdienste durch den [X.] habe ergeben, dass sie wie auch der Soldat nicht an extremistischen Bestrebungen beteiligt seien. Vom [X.] 4 sei der Soldat nach dem Rechtsgrundsatz "in dubio pro reo" freizustellen. Zwar sei es wahrscheinlich, dass er den Hitlergruß erwiesen habe. Denkbar sei aber auch, dass er anwesend gewesen sei, ohne am Trinkspiel teilzunehmen, oder dass er beim Trinkspiel entsprechend den Spielregeln keinen Hitlergruß gezeigt habe, weil er keinen Buben gezogen habe.

8

Durch das zulasten des Soldaten festgestellte Verhalten habe dieser vorsätzlich gegen §§ 8, 12 Satz 2 und § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] verstoßen. Auch wenn er das [X.] oder die rechtsradikale Szene nicht habe unterstützen wollen, habe er jedenfalls den Anschein erweckt, sich nicht für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzen zu wollen. Das Dienstvergehen wiege schwer und verlange grundsätzlich eine laufbahnhemmende Maßnahme, weil bereits § 8 [X.] den Soldaten verpflichte, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bejahen und für sie einzutreten. Dies tue ein Soldat jedenfalls dann nicht, wenn er im Hinblick auf Flüchtlinge und Asylsuchende bekunde, man solle diese "alle an die Wand stellen", oder er sich über Menschen, die an Trisomie 21 erkrankt seien, lustig mache und sie in Beziehung zu Offizieren des [X.]s setze. Ebenso stelle ihn die Verwendung von Dienstgradabzeichen, die denen der [X.] stark ähnelten, in die Nähe dieser Ideologie; dies gelte auch, wenn er "Posts" von [X.] durch einen Kameraden begrüße. Hinzu trete die Verletzung der Kameradschaftspflicht durch die Beleidigung des Kameraden W.

9

Da das Dienstvergehen allerdings eher im unteren Bereich des [X.] liege, sei es mit einem Beförderungsverbot zu ahnden. Trotz der für den Soldaten sprechenden Umstände, habe es am obersten Ende des gesetzlich Möglichen verhängt werden müssen. Wegen der fehlenden Auswirkungen auf den dienstlichen Werdegang sei damit eine Kürzung der Dienstbezüge zu verbinden.

4. Mit ihrer frist- und formgerecht zulasten des Soldaten uneingeschränkt eingelegten Berufung macht die [X.] geltend, die erstinstanzliche Beweiserhebung hätte den Nachweis erbracht, dass der Soldat den Hitlergruß gezeigt habe. Deshalb sei auch die Maßnahmebemessung rechtsfehlerhaft.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Person des Soldaten wird auf das Urteil des Truppendienstgerichts, hinsichtlich der Zeugenaussagen und der in das Verfahren eingeführten Urkunden und Augenscheinsobjekte wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zu Ungunsten des Soldaten eingelegte Berufung hat keinen Erfolg und führt zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu dessen Gunsten.

1. Gegen den Soldaten war lediglich eine Bezügekürzung zu verhängen. Eine Abmilderung der vom [X.] verhängten Disziplinarmaßnahme war möglich; gemäß § 123 Satz 3, § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 301 StPO hat jedes von der [X.] eingelegte Rechtsmittel die Wirkung, dass die angefochtene Entscheidung auch zu Gunsten des angeschuldigten Soldaten abgeändert oder aufgehoben werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 13. September 2011 - 2 [X.] 15.10 - juris Rn. 21).

2. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der unter den Punkten 1 bis 3 angeschuldigte Sachverhalt zutrifft, während der Soldat vom [X.] 4 - weiterhin - freizustellen ist.

a) Dass der Soldat sich wissentlich und willentlich wie unter [X.] 1 bis 3 beschrieben verhalten hat, steht auf der Grundlage der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Auswertung des [X.] vom 27. Januar 2017 sowie der auch im Berufungsverfahren geständigen Einlassungen des Soldaten, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein Anlass bestand, fest.

b) Der Senat konnte demgegenüber im [X.] 4 nicht die zu einer Verurteilung erforderliche Überzeugungsgewissheit (vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai 2020 - 2 [X.] 13.19 - juris Rn. 15) davon erlangen, dass der Soldat am 17. November 2016 in der ...-Kaserne während eines Trinkspiels mit Kameraden mindestens einmal "[X.]!" gerufen und dabei den [X.] gezeigt hat.

Er hat ein solches Verhalten durchgehend bestritten. Weder die in der Berufungshauptverhandlung vernommenen Zeugen [X.], [X.] und [X.] noch der erstinstanzlich vernommene Zeuge Z. haben ein solches Verhalten beim Soldaten bestätigt. Auch der Zeuge A., dem seine außergerichtliche Aussage vom 19. Januar 2017, unter anderem habe der Soldat den [X.] gezeigt und "Sieg-Heil" gerufen, vorgehalten wurde, hat sich daran - wie bereits erstinstanzlich - nicht erinnern können. Er konnte sich nunmehr nicht einmal mehr erinnern, ob der Soldat überhaupt an dem Spiel mitgewirkt hat.

3. [X.] hat damit ein Dienstvergehen begangen (§ 23 Abs. 1 [X.]).

a) Mit seinem Kommentar "alle an die Wand stellen" ([X.] 1) hat er gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.] bestehende Pflicht verstoßen, auch außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen sich so zu verhalten, dass er das Ansehen der [X.] oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt.

aa) Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass er den Kommentar per [X.] außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen versendet hat. Nach den Begleitumständen lag eine spontane und - wie der Soldat glaubhaft vorträgt - unüberlegte Meinungsäußerung vor, die sich auf den von einem Kameraden in den [X.] eingestellten Bericht über einen jugendlichen Flüchtling mit Verbindung zu den Kämpfern des "Islamischen Staates" ([X.]) bezieht. [X.] hat seine Äußerung dahingehend erläutert, dass er von [X.]-Kämpfern - wohl angesichts ihres allgemein bekannten besonders brutalen Vorgehens im syrisch-irakischen Grenzgebiet - nichts halte. Objektiv betrachtet ist das allerdings nur ein nachvollziehbares Motiv, nicht der Inhalt seines Kommentars. Die Bemerkung "alle an die Wand stellen" enthält wörtlich genommen die Forderung nach einer umgehenden Erschießung von Flüchtlingen mit [X.]-Kontakten ohne vorhergehendes Verfahren. Da seine bildlich gehaltene Formulierung das Exekutionsgeschehen in den Vordergrund rückt, liegt eine weniger drastische Auslegung seiner Bemerkung im Sinne einer Befürwortung von Abschiebungen, von härteren Gerichtsstrafen bis hin zur gerichtlichen Todesstrafe etc. aus der Sicht eines objektiven [X.] fern. [X.] hat selbst nicht vorgetragen, etwas anderes als eine standrechtliche Erschießung gemeint zu haben, und seinem Kommentar rückblickend als zu weitgehend und unrichtig eingestuft. Die Bemerkung kann aber auch nicht dahingehend verstanden werden, dass der Soldat unmittelbar zur Durchführung von Exekutionen aufgerufen hätte. Vielmehr bringt er lediglich im Rahmen eines Kommentars zum Ausdruck, dass er in solchen Fällen standrechtliche Erschießungen befürworten würde. Dieser Kommentar war allerdings an etwa 20 andere Mannschaftssoldaten gerichtet und sollte - wenn auch auf einem außerdienstlichen Medium - die Meinungsbildung innerhalb der Kompanie beeinflussen. Darum war die Bemerkung des Soldaten auch relevant für seine dienstliche Stellung.

bb) Der von Radikalität geprägte Kommentar verletzte die Pflicht des Soldaten aus § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.], nicht durch außerdienstliches Verhalten die Achtung und das Vertrauen, die seine Stellung als Oberstabsgefreiter erfordert, ernsthaft zu beeinträchtigen.

Dies folgt allerdings nicht daraus, dass sich der Soldat wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB im disziplinarrechtlich erheblichen Umfang strafbar gemacht hätte. Zwar verbietet diese Vorschrift es, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen aufzufordern. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Strafgesetzbuch ausländerfeindliche Äußerungen als solche nicht unter Strafe stellt ([X.], Beschluss vom 7. April 2001 - 1 BvQ 17/01 - NJW 2001, 2072 <2073>) und dass für ein Aufstacheln zum Hass eine besonders intensive Form der Einwirkung vonnöten ist ([X.], Urteil vom 20. September 2011 - 4 [X.] - juris Rn. 38), an der es hier fehlt. Das [X.] zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen erfordert eine über bloßes Befürworten hinausgehendes, ausdrückliches Einwirken auf andere mit dem Ziel, in ihnen den Entschluss zu diskriminierenden Handlungen hervorzurufen, die elementaren Geboten der Menschlichkeit widersprechen ([X.], Beschluss vom 26. Juli 2017 - 3 [X.] - NStZ-RR 2017, 386 <386>). Der Kommentar des Soldaten hat keinen ernsthaften, dahingehenden appellativen Charakter. Zudem war die Äußerung nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.

Außerdienstliche Verhaltensweisen können jedoch auch dann, wenn sie nicht im disziplinarrechtlich relevanten Umfang strafbar sind, dem in § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.] enthaltenen außerdienstlichen Wohlverhaltensgebot widersprechen. Denn ein Soldat muss sich insbesondere dann in seinem privaten Verhalten mäßigen, wenn dabei ein besonderer Bezug zur Dienstausübung, d.h. zu seinem militärischen Auftrag, zu seinen Kameraden oder zur [X.] besteht (vgl. [X.], Urteile vom 20. Mai 2014 - 2 [X.] 5.13 - [X.]E 149, 224 Rn. 61 und vom 4. März 2020 - 2 [X.] 3.19 - juris Rn. 23; Scherer/[X.]/Poretschkin/Luchs, [X.], 10. Aufl. 2018, § 17 Rn. 27a). Ein besonderer Bezug zum Dienstgeschehen besteht hier in dem Umstand, dass der Soldat den Kommentar in eine aus etwa 20 Soldaten bestehende, ursprünglich zum Austausch dienstlicher Informationen gegründete [X.] eingebracht und damit auch auf die weltanschauliche Willensbildung der Soldaten der ... Einfluss genommen hat. Zugleich beschäftigt sich sein Kommentar inhaltlich mit der Ausübung von Waffengewalt.

Die Äußerung "alle an die Wand stellen" ist mit dem Amtsverständnis wie es sowohl das Grundgesetz als auch das [X.] bei einem Waffenträger voraussetzen, unvereinbar. [X.] billigt mit der Tötung eines Menschen aufgrund eines "kurzen Prozesses" ein mit der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbares und grob rechtsstaatswidriges Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG). Äußerungen, welche die Ausübung "extralegaler Gewalt" (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Juli 2019 - 2 B 19.18 - [X.] 232.01 § 33 BeamtStG Nr. 3 Rn. 19) bagatellisieren, sind mit dem Amtsverständnis eines Oberstabsgefreiten als Inhaber des höchsten Mannschaftsdienstgrades und zugleich rechtsstaatlich gebundenen Waffenträgers unvereinbar. Sie stellen das Vertrauen in einen Mannschaftssoldaten, dass er mit dem ihnen anvertrauten Waffen besonnen umgeht, ernsthaft in Frage.

cc) Der Senat verkennt nicht, dass ein Soldat gemäß § 6 Satz 1 [X.] grundsätzlich die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger hat und dass sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG jedwede durch das Element der Stellungnahme und des [X.] gekennzeichnete Äußerung unabhängig davon schützt, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, begründet oder grundlos, emotional oder rational, wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos sind ([X.], Beschluss vom 22. Juni 2018 - 1 BvR 2083/15 - NJW 2018, 2861 Rn. 13 f.). Allerdings schränkt § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.] als allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG die Meinungsäußerungsfreiheit zum Schutz der Funktionsfähigkeit der [X.] (Art. 17a Abs. 1 GG) ein (vgl. [X.], [X.] vom 28. April 2007 - 2 BvR 71/07 - [X.]K 11, 82 <86 f.>). Die Vorschrift gebietet es, auch bei außerdienstlichen Meinungsäußerungen darauf zu achten, dass die Achtung und das Vertrauen, die die dienstliche Stellung eines Soldaten erfordert, nicht beeinträchtigt wird. Dies erfordert es, auch beim außerdienstlichen Meinungsaustausch mit Kameraden das notwendige Maß an Besonnenheit, Toleranz und Verfassungsloyalität aufzubringen.

Dabei besteht zwischen Grundrechtsschutz und Grundrechtsschranken eine Wechselwirkung. Gesetzliche Regelungen, die die Meinungsfreiheit beschränken, sind aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung der Meinungsfreiheit ihrerseits wieder einschränkend auszulegen (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Juni 2018 - 1 BvR 2083/15 - NJW 2018, 2861 Rn. 18, [X.] vom 28. April 2007 - 2 BvR 71/07 - [X.]K 11, 82 <86>). Die danach gebotene Prüfung, ob bei Abwägung der geschützten Rechtsgüter im konkreten Einzelfall erhebliche Umstände für eine einschränkende Auslegung des § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.] sprechen, führt hier dazu, dass selbst in einem privaten Forum von Mannschaftssoldaten jedenfalls keine radikalen und rechtsstaatswidrigen Parolen verbreitet werden dürfen, die mit der Stellung als Waffenträger unvereinbar sind. Der Senat trägt damit auch dem Umstand Rechnung, dass für Soldaten im Mannschaftsdienstgrad keine so weitgehende Mäßigungspflicht bei Äußerungen außer Dienst besteht, wie § 10 Abs. 6 [X.] sie für Unteroffiziere und Offiziere ausdrücklich vorsieht.

dd) Da ein außerdienstliches Dienstvergehen vorliegt, scheidet ein Verstoß auch gegen § 7 [X.] aus ([X.], Urteil vom 20. März 2014 - 2 [X.] 5.13 - [X.]E 149, 224 Rn. 53)

b) Mit der Kommentierung ("Du fotze. [X.]) zur kritischen Anmerkung des Kameraden [X.] hat der Soldat gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 [X.] verstoßen. Der Zusammenhalt der [X.] beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet, die Würde, die Ehre und die Rechte anderer Soldaten zu achten. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein. Die Beschränkungen des § 12 Satz 2 und 3 [X.] gelten auch für außerdienstliche Äußerungen. Denn ehrverletzende und diffamierende Äußerungen gefährden, auch wenn sie außerhalb des Dienstes und außerhalb dienstlicher Anlagen ausgesprochen werden, den Zusammenhalt der Truppe. § 12 Satz 2 und 3 [X.] dient damit der Funktionsfähigkeit der [X.] und beschränkt insofern als allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG die private Meinungsäußerungsfreiheit (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Oktober 1984 - 1 WB 98.82 - [X.]E 76, 267 <272 f.>; [X.], [X.] vom 28. April 2007 - 2 BvR 71/07 - [X.]K 11, 82 <84 f.>).

Mit der Anrede "Du fotze" hat der Soldat ein besonders vulgäres Schimpfwort verwendet und damit die Ehre des Kameraden [X.] verletzt, ohne dass für diese Schmähung ein erkennbarer Anlass vorhanden gewesen wäre. Damit hat er sich zugleich entgegen § 12 Satz 3 [X.] intolerant gegenüber der zuvor geäußerten Meinung des Kameraden [X.] gezeigt, dass ein derartiges Bild nicht in den [X.] gehöre. Für die wohl spontane, aber vorsätzliche Kameradenbeleidigung sind auch bei Berücksichtigung der Wechselwirkung von § 12 [X.] und Art. 5 Abs. 1 GG keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich.

Mit der Äußerung "klar, total lustig" hat der Soldat aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven [X.] lediglich ausgesagt, dass er die Fotomontage mit einem in [X.] gekleideten, am Down-Syndrom leidenden Jungen sowie den Schriftzug "[X.]. Di [X.] ist down" komisch findet. Der Aussagegehalt des [X.]-Beitrags erschöpft sich in der Meinungsäußerung, dass das Bild lustig, d.h. witzig und unterhaltsam, sei. Eine mittelbare Billigung oder Bagatellisierung [X.] Gedankenguts ist damit nicht verbunden. Denn die vom Soldaten als komisch bewertete Fotomontage kann nicht als Verherrlichung, sondern nur als Verballhornung des Nationalsozialismus angesehen werden. Allein aus dem Umstand, dass der Schriftzug die Worte "[X.]" enthält und der behinderte Junge einen angedeuteten Hitlerbart trägt, kann nicht auf eine den Nationalsozialismus verherrlichende Tendenz geschlossen werden. Denn die Erinnerung an den Zusammenbruch der [X.] im [X.] durch die Worte "Di [X.] ist down" und die Einblendung eines am Down-Syndrom leidenden Jungen mit schief sitzender [X.]kappe weckt bei einem objektiven und unvoreingenommenen Betrachter den Eindruck einer Persiflage.

Bei der disziplinarrechtlichen Würdigung einer Erklärung ist aber ihr Inhalt objektiv und sachlich vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, [X.] und politischen Geschehens, in dem sie gefallen ist, zu ermitteln. Gegen diesen Grundsatz wird verstoßen, wenn Teilen einer Meinungsäußerung eine bei hinreichender Beachtung des Zusammenhangs nicht mehr verständliche, verschärfende und damit überzogene Deutung gegeben und sie in dieser Deutung einer disziplinarrechtlichen Würdigung und Ahndung unterworfen wird ([X.], Beschluss vom 10. Juli 1992 - 2 BvR 1802/91 - NJW 1992, 2750 <2751>).

In gleicher Weise wäre es eine unzulässige Überinterpretation einzelner Bildelemente, wenn man in der Fotomontage eine zielgerichtete Lächerlichmachung, Ausgrenzung und Diskriminierung von behinderten Menschen und die Äußerung des Soldaten als Billigung eines solchen Verhaltens ansehen würde. Denn die meisten Bildelemente und der Schriftzug machen klar, dass der Fokus der Fotomontage auf einem historisch-militärischen Geschehen, dem Scheitern des [X.] beim Zusammenbruch der [X.] liegt. Der [X.]träger wird in der Fotomontage durch Einblendung eines am Down-Syndrom leidenden Jungen lediglich verfremdet und verspottet. Dass man diese Verwendung des Bildes eines behinderten Menschen zum Zwecke der Verspottung des [X.] und zur Belustigung des Publikums als geschmacklos empfinden kann, steht außer Zweifel. Dies ändert aber nichts daran, dass objektiv betrachtet die Diskriminierung behinderter Menschen nicht den Gegenstand der Bildbotschaft darstellt.

c) Durch die gemäß [X.] 3 festgestellte Anlehnung an Dienstbezeichnungen aus der [X.] und die lobende Hervorhebung der Einstellung von [X.] Insignien in den [X.] hat der Soldat zur Bagatellisierung des [X.] Unrechtsregimes beigetragen und damit gegen § 8 Alt. 2 [X.] verstoßen.

aa) Aus der Sicht eines objektiven Empfängers entstand durch das Foto eines auf 188 km/h eingestellten [X.], den Zusatz "mit [X.] zum [X.]... äh [X.]", die erste Anmerkung des Hauptgefreiten [X.] "Jawohl Herr sturmbandführer" und den Zusatz des angeschuldigten Soldaten "Sehr gerne sturmtruppführer [X.]" der Eindruck, als wünschten sich drei [X.]soldaten die [X.] zurück und würden "gerne" an einer [X.] teilnehmen. Dass weder das Wort "[X.]" noch die Begriffe "Sturmbandführer" oder "Sturmtruppführer" im [X.] verwendet worden sind, kann nicht als deutlich erkennbare Verfremdung angesehen werden, in der eine inhaltliche Distanzierung von der im Text formulierten positiven Bewertung der [X.] zum Ausdruck käme. Wie die Befragung des Soldaten in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, ist ihm auch gar nicht bewusst gewesen, dass es innerhalb der [X.] nur [X.] und Rottenführer, nicht aber Sturmtruppführer gegeben hat.

Auch die anerkennenden Worte dafür, dass ein anderer Kamerad einen [X.]-Stahlhelm mit Hakenkreuz, ein NS-Partei-Emblem mit Hakenkreuz und ein Foto eines [X.]-Führers in den [X.] eingestellt hat, können für Dritte objektiv nur als Ausdruck einer positiven Einstellung zum Nationalsozialismus gewertet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die übrigen [X.]-Teilnehmer erkannt haben, dass auf dem Foto [X.]-Obergruppenführer [X.], Leiter des [X.], abgebildet ist; ohne Bedeutung ist auch, ob ihnen bewusst gewesen ist, dass [X.] eine führende Rolle bei der massenhaften Ermordung von europäischen [X.] gespielt hat. Denn jedenfalls erweckt das Lob des Soldaten, der Hauptgefreite [X.] und er seien "sehr stolz" auf die Einblendung dieser [X.], objektiv den Eindruck, er begrüße die Verbreitung von [X.] und stehe der NS-Ideologie nahe.

bb) Damit hat der Soldat gegen seine politische Treuepflicht verstoßen. Die unabhängig von Dienstgrad bestehende Pflicht eines Soldaten nach § 8 [X.] verlangt von diesem zwar nicht, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Bundesregierung oder der im [X.] vertretenen Parteien zu identifizieren und sie zu unterstützen; sie verpflichtet ihn jedoch, die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes zum einen anzuerkennen und zum anderen, durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten. Es handelt sich um eine Kernpflicht des Soldaten, deren Verletzung stets schwer wiegt ([X.], Urteil vom 23. März 2017 - 2 [X.] 16.16 - juris Rn. 67, 76 m.w.[X.]).

Der Begriff "freiheitliche demokratische Grundordnung" in § 8 [X.] ist identisch mit dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wie er bezogen auf Art. 21 Abs. 2 GG konturiert worden ist. Daraus folgt unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des [X.] zu Art. 21 GG eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind ([X.], Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - [X.]E 145, 20 Rn. 535). Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffsinhalts ist danach die Würde des Menschen und das Demokratieprinzip, für das die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller am politischen Willensbildungsprozess sowie die Rückbindung der Ausübung von Staatsgewalt an das Volk maßgeblich ist. Schließlich erfasst der Begriff den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit.

Mit der Pflicht aus § 8 [X.] ist folglich ein Verhalten unvereinbar, das objektiv geeignet oder gar darauf angelegt ist, die Ziele des [X.] zu verharmlosen sowie Kennzeichen, Symbole oder sonstige Bestandteile der NS-Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen. Denn das Grundgesetz bildet gleichsam den "Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des [X.] Regimes" (vgl. [X.], Beschluss vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08 - [X.]E 124, 300 <328>). Der Treuepflicht zum Grundgesetz widersprechen somit alle Bestrebungen, die objektiv oder subjektiv darauf angelegt sind, im Sinne der "[X.] Sache" zu wirken. Dementsprechend liegt eine Verletzung der Pflicht nach § 8 [X.] dann vor, wenn ein Soldat Propagandamaterial einer [X.] verbreitet, das "[X.]" singt, Massenmorde an Menschen [X.] Glaubens während des [X.] leugnet, vor der [X.] oder anderen [X.] posiert, "Sieg Heil" ruft, den "[X.]" verwendet oder wenn er Ausdrücke verwendet, die auf Sympathien zum [X.] und zur Waffen-[X.] schließen lassen (zusammenfassend: [X.], Urteil vom 22. Oktober 2008 - 2 [X.] 1.08 - [X.]E 132, 179 Rn. 54).

In gleicher Weise hat der Soldat hier durch die angeschuldigten Äußerungen in der [X.]-Gruppe, die auf eine positive Einstellung zur [X.], zum Nationalsozialismus und dessen Symbole schließen lassen, gegen seine Verpflichtung verstoßen, durch sein gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten. Die Verpflichtung zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung nach § 8 Alt. 2 [X.] geht weiter als die Pflicht zu ihrer Anerkennung gemäß § 8 Alt. 1 [X.]. Sie verlangt, dass der Soldat - wie der Beamte - sich nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - [X.]E 39, 334 <348>). Ein Soldat darf daher auch nicht entgegen seiner inneren verfassungstreuen Gesinnung aus Solidarität zu Freunden, aus Übermut, aus [X.] oder aus anderen Gründen nach außen hin verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen und sich - wie hier - objektiv betrachtet illoyal verhalten.

Der angeschuldigte Soldat hat allerdings nicht zugleich gegen seine Pflicht verstoßen, die freiheitliche demokratische Grundordnung gemäß § 8 Alt. 1 [X.] anzuerkennen. Die bagatellisierenden Äußerungen beruhen nicht auf einer verfassungsfeindlichen Gesinnung. Dies folgt aus den glaubhaften Einlassungen des Soldaten, den Stellungnahmen seiner Disziplinarvorgesetzten - insbesondere der aktuellen [X.] ... - und der Mitteilung des [X.]. Die Befragung des Soldaten in der Berufungshauptverhandlung hat ergeben, dass er weder mit den [X.]-Dienstgraden noch mit den führenden Repräsentanten des [X.] vertraut ist; ihm war insbesondere der Name [X.] und dessen Rolle innerhalb des [X.] gänzlich unbekannt. Neben der Uninformiertheit des Soldaten spricht gegen eine [X.] Gesinnung, dass er die unter Punkt 2 angeschuldigte Fotomontage positiv bewertet hat, obwohl sie geeignet ist, die Kriegsführung des [X.] lächerlich zu machen. Auch die [X.] haben übereinstimmend ausgeführt, sie hätten beim Soldaten keine rechtsradikalen Tendenzen festgestellt. Ebenso hat die Überprüfung des Soldaten durch den Militärischen Abschirmdienst ergeben, dass er nicht an extremistischen Bestrebungen gegen den Geschäftsbereich [X.] beteiligt sei und solche Bestrebungen nicht unterstütze. Daher sind die Äußerungen des Soldaten nicht auf eine [X.] Gesinnung, sondern eher auf eine altersunangemessene Unreife verbunden mit historischer Unkenntnis zurückzuführen.

cc) Ob der Soldat durch sein Verhalten zugleich gegen § 7 [X.] verstoßen hat, kann offenbleiben, weil damit jedenfalls kein die Schwere der Dienstpflichtverletzung erhöhender Umstand gegeben wäre ([X.], Urteil vom 22. Oktober 2010 - 2 [X.] 1.08 - [X.]E 132, 179 Rn. 45).

4. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. [X.], Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 [X.] 9.09 - juris Rn. 35 ff.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

a) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine [X.] für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der [X.]".

aa) Hierbei geht der Senat bei der Verletzung der politischen Treuepflicht aus § 8 [X.] durch das Zeigen eines "[X.]es" grundsätzlich von der [X.] aus, wenn dies zugleich Ausdruck einer [X.] Gesinnung ist ([X.], Urteil vom 28. Februar 2002 - 2 [X.] 35.01 - [X.] 236.1 § 8 [X.] Nr. 4 S. 24 f., Beschlüsse vom 29. August 2002 - 2 [X.]B 6.02 - jurion Rn. 24 und vom 9. Oktober 2019 - 2 [X.]B 3.19 - juris Rn. 23). Auch für andere Verhaltensweisen und Kundgabeformen, die Ausdruck einer tatsächlich verfassungsfeindlichen, nationalsozialistisch geprägten Gesinnung sind, kann nichts anderes gelten (vgl. [X.], Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25.17 - [X.]E 160, 370 Rn. 25 f.). Denn in diesen Fällen liegt sowohl eine Verletzung der Anerkennungspflicht aus § 8 Alt. 1 [X.] als auch der Eintretenspflicht aus § 8 Alt. 2 [X.] vor.

bb) Beruht die Verwendung [X.]r Kennzeichen, Grußformen oder Rituale nicht auf einer verfassungsfeindlichen Einstellung, muss eine mildere Maßnahmeart den Ausgangspunkt der [X.] bilden. Dies folgt aus dem auch für das Disziplinarrecht geltenden Schuldprinzip sowie aus dem Übermaßverbot ([X.], Beschluss vom 12. August 2015 - 2 BvR 2646/13 - Rn. 25 m.w.[X.]). Beide Grundsätze gebieten eine differenzierende Abstufung des Ausgangspunkts der [X.]. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass generalpräventive Erwägungen eine allein ausschlaggebende Bedeutung erlangen, obgleich § 38 Abs. 1 [X.] mit den spezialpräventiven Bemessungsfaktoren "Maß der Schuld", "Persönlichkeit und bisherige Führung" und - vor allem auch - "Beweggründe" zum Ausdruck bringt, dass diese Aspekte gleichermaßen bedeutsam sind. Im Wehrdisziplinarrecht steht auch ansonsten nicht die Tat als solche im Vordergrund, sondern die durch sie zum Ausdruck gekommenen Charakter- und Persönlichkeitsmängel ([X.], Urteil vom 28. September 2018 - 2 [X.] 14.17 - [X.] 459 § 11 [X.] Nr. 3 Rn. 101).

cc) Allerdings gebieten Verhaltensweisen, die den irrigen Eindruck einer hohen Identifikation mit dem Nationalsozialismus vermitteln, die Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der [X.] zu machen. Dazu gehört etwa das Erweisen des sogenannten [X.]es ([X.], Urteil vom 23. März 2017 - 2 [X.] 16.16 - juris Rn. 76). Dies hat seinen Grund darin, dass der [X.] Außenstehenden als Ausdruck der Verehrung des Führers des [X.] Unrechtsregimes erscheinen muss und dass die öffentliche Verwendung dieses [X.] Kennzeichens im Inland nach § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB strafrechtlich untersagt ist. Ebenso spricht auch in anderen Fällen die strafrechtliche Ächtung eines entsprechenden Verhaltens für die Dienstgradherabsetzung als [X.], wobei die spezifisch strafrechtlichen Einschränkungen (Inlandsbezug, Öffentlichkeit) für die disziplinarrechtliche Einstufung nicht so bedeutsam sind, dass sie für eine Dienstgradherabsetzung zwingend vorliegen müssen (vgl. [X.], Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25.17 - [X.]E 160, 370 Rn. 29, 74, 76).

dd) Zeigt ein Soldat hingegen niedrigschwelligere, bagatellisierende Verhaltensweisen von einigem Gewicht, bildet grundsätzlich ein Beförderungsverbot den Ausgangspunkt der [X.]. Angesichts der großen Bandbreite möglicher niedrigschwelliger Verletzungen der politischen Treuepflicht ist eine Typisierung in diesem Bereich allerdings nur eingeschränkt möglich. Insbesondere bei einmaligen, unüberlegten oder aus jugendlicher Unreife verübten Verstößen im niedrigschwelligeren Bereich können gerichtliche Disziplinarmaßnahmen nach Maßgabe des § 38 Abs. 1 [X.] unangemessen sein.

ee) Nach diesen Maßstäben bildet vorliegend ein Beförderungsverbot den Ausgangspunkt der [X.]. Das Verhalten des Soldaten hat nicht die für eine Dienstgradherabsetzung erforderliche Schwere. Denn es ist nicht erwiesen, dass er selbst den [X.] gezeigt hat; er hat allerdings durch die zu [X.] 3 festgestellten Kommentare auf niedrigschwelligere Weise der Verbreitung [X.] Gedankenguts Vorschub geleistet und den Eindruck einer nationalsozialistisch geprägten Gesinnung entstehen lassen. Sein Verhalten hat auch das für eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme erforderliche Gewicht, weil eine wiederholte Pflichtverletzung vorliegt.

b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 [X.] normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten [X.] eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der [X.] die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der [X.] bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet. Dabei müssen die Milderungsgründe umso gewichtiger sein, je schwerer das Dienstvergehen wiegt ([X.], Urteil vom 2. November 2017 - 2 [X.] 3.17 - juris Rn. 73 m.w.[X.]).

Danach gebieten im vorliegenden Fall mehrere mildernde Umstände, zur gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 60 [X.] zulässigen Kürzung der Dienstbezüge überzugehen.

aa) Hinsichtlich der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bewegt sich das Verhalten des Soldaten im mittleren Bereich niedrigschwelligeren Verhaltens. Er hat zwar lediglich zweimal Kommentare in den [X.] eingestellt, die eine Verbreitung [X.] Symbole und Gedanken Vorschub geleistet haben. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass seine Meinung bei den anderen Mannschaftssoldaten besonderes Gewicht hatte, weil er als Oberstabsgefreiter einen höheren Rang bekleidete und wegen seiner Einsatzerfahrung auch besonders respektiert wurde. Ferner saß er bei dem Trinkspiel, in dessen Verlauf jedenfalls andere Soldaten den [X.] gezeigt haben, mit am Tisch und hat auch hierbei eine Sympathisantenstellung eingenommen. Zudem wirkt seine Bemerkung, man solle Flüchtlinge mit [X.]-Kontakten "an die Wand stellen" erschwerend. Daran ändert auch der Umstand wenig, dass die Bemerkung eher spontan und unüberlegt abgegeben worden ist. Schließlich erhöht die bei der Bestimmung des Ausgangspunkts der [X.] noch nicht berücksichtigte Kameradenbeleidigung Eigenart und Schwere des Dienstvergehens; sie ist jedoch weniger gravierend, weil der Betroffene die Beleidigung angesichts des seinerzeit in der Einheit herrschenden rauen [X.] nicht als besonders schwerwiegend empfunden und weil sich der Soldat später bei ihm entschuldigt hat.

bb) Als mildernder Umstand von Gewicht ist die Nachbewährung des Soldaten zu berücksichtigen. Er war schon vorher ein leistungsstarker Soldat. Insbesondere hat sich der Soldat auch in einem Auslandseinsatz bewährt ([X.], Urteil vom 28. August 2019 - 2 [X.] 28.18 - juris Rn. 62). Seine früheren Disziplinarvorgesetzten, Major ... und Hauptmann ..., haben ihn als gewissenhaften Soldaten beschrieben, dessen Leistungsbereitschaft und Leistungsvermögen im oberen Drittel gelegen und dem sie trotz des Dienstvergehens weiter vertraut hätten. Er habe auch während des Disziplinarverfahrens ein sehr hohes Engagement gezeigt. Die aktuelle Disziplinarvorgesetzte, Hauptmann ..., hat erklärt, dass er sich gerade in den letzten zwölf Monaten bewährt habe. Ihm sei es lediglich wegen der [X.] nicht möglich gewesen, seine Leistungen noch mehr zu steigern. Die kontinuierliche Erbringung von Spitzenleistungen sowie die tadelfreie Führung während eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens kommen einer Nachbewährung gleich und sind mit gleich hohem Gewicht zu Gunsten des Soldaten zu berücksichtigen. Damit liegt ein klassischer Milderungsgrund vor, der regelmäßig den Übergang zu einer milderen Maßnahme veranlasst (vgl. [X.], Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 [X.] 25.18 - juris Rn. 24 und vom 7. Mai 2020 - 2 [X.] 13.19 - juris Rn. 40).

cc) Auch beim Umfang der gebotenen Bezügekürzung sind weitere mildernde Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere hat sich der Soldat in der Berufungshauptverhandlung einsichtig und reuig gezeigt. Dem entspricht, dass der frühere Disziplinarvorgesetzte ... bestätigt hat, der Soldat würde sich nunmehr zurückhaltender verhalten. Schließlich hat der Soldat sich in psychotherapeutische Behandlung begeben, um sein Verhalten selbstkritisch zu reflektieren und sein Leben neu zu ordnen. Dies hat auch das Bedürfnis für eine spezialpräventive Einwirkung auf den Soldaten reduziert (vgl. [X.], Urteile vom 14. März 2019 - 2 [X.] 22.18 - juris Rn. 39 und vom 7. Mai 2020 - 2 [X.] 13.19 - juris Rn. 41). Nach allem hätte es nahegelegen, eine Bezügekürzung im mittleren Bereich von zweieinhalb Jahren Dauer zu verhängen.

c) Allerdings wirkt sich zusätzlich mildernd aus, dass das gerichtliche Disziplinarverfahren in erster Instanz entgegen Art. 6 Abs. 1 [X.] nicht in angemessener [X.] erledigt worden ist. Denn das Verfahren als solches wirkt bereits belastend und ist mit pflichtenmahnenden Nachteilen verbunden, die nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das Sanktionsbedürfnis mindern ([X.], Urteil vom 23. April 2020 - 2 [X.] 4.19 - juris Rn. 36). Das erstinstanzliche Verfahren weist eine Überlänge von acht Monaten auf. Die [X.] ging im September 2017 beim [X.] ein und der Fall wurde im Mai 2019 erstinstanzlich entschieden, so dass das Verfahren dort insgesamt ein Jahr und acht Monate gedauert hat. Zwar wies es durch die Notwendigkeit einer umfangreichen Zeugenvernehmung einen leicht überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad auf. Da es aber wegen der im Raum stehenden Degradierung für den Soldaten von erheblicher Bedeutung war, hätte eine Erledigung bei einem normalen Geschäftsgang binnen eines Jahres erwartet werden können. Besondere Umstände, die die Verzögerung erklären könnten, sind der Verfahrensakte nicht zu entnehmen. Insbesondere hat das Prozessverhalten des Soldaten nicht zu einer Verlängerung der Prozessdauer beigetragen. Daher ist davon auszugehen, dass die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer der allgemein bekannten Überlastung der [X.]e geschuldet ist. Dieser strukturelle Mangel rechtfertigt die Überlänge nicht, so dass der Staat für die mit der unangemessenen Dauer des Verfahrens verbundenen Nachteile einen Ausgleich schaffen muss. Im vorliegenden Fall ist es deshalb angemessen, die Bezügekürzung bei der bereits vom [X.] festgelegten Dauer von eineinhalb Jahren zu belassen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 3 Satz 1 [X.].

Meta

2 WD 17/19

18.06.2020

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Urteil

Sachgebiet: WD

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 14. Mai 2019, Az: S 3 VL 36/17, Urteil

Art 3 Abs 3 S 2 GG, Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 17a GG, Art 21 Abs 2 GG, § 6 SG, § 7 SG, § 8 SG, § 17 Abs 2 S 3 SG, § 23 SG, § 38 Abs 1 WDO 2002, § 58 Abs 1 Nr 2 WDO 2002, § 58 Abs 1 Nr 4 WDO 2002, § 60 WDO 2002, § 91 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 123 S 3 WDO 2002, § 130 Abs 1 Nr 1 StGB, § 301 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.06.2020, Az. 2 WD 17/19 (REWIS RS 2020, 4084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4084

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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