Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01.12.2022, Az. 2 WD 1/22

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2022, 9180

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

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Gegenstand

Entfernung eines rechtsextremen Soldaten aus dem Dienst


Tenor

Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil der [X.] des Truppendienstgerichts ... vom 25. August 2021 aufgehoben.

Der Soldat wird aus dem Dienstverhältnis entfernt.

Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt der Soldat, der auch die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft den Vorwurf, die politische Treuepflicht verletzt zu haben.

2

1. Der ... geborene, ledige Soldat verfügt über die Fachhochschulreife. Er wurde 2014 zum Soldaten auf Zeit berufen und seine Dienstzeit sollte regulär Ende September ... enden. 2016 wurde er zum Obermaat der Besoldungsgruppe [X.] befördert. Die Lehrgänge zum Maat absolvierte er mit guten und befriedigenden Ergebnissen. Im Rahmen seiner militärfachlichen Ausbildung schloss er die zivile Aus- und Weiterbildung zum Mechatroniker erfolgreich ab.

3

Seither wird er im ... verwendet. Förmliche Beurteilungen liegen nicht vor. [X.] und in der Berufungshauptverhandlung hat der aktuelle Disziplinarvorgesetzte ausgesagt, der Soldat sei fleißig und mache seine Arbeit ordentlich. Er bewege sich leistungsmäßig im oberen bzw. ersten Drittel.

4

Das Zentralregister und der Auszug aus dem [X.] enthalten keine Eintragungen. Seinen Sicherheitsbescheid hat er wegen des angeschuldigten Dienstvergehens verloren. Mit Verfügung vom 23. August 2019 wurde er des Dienstes vorläufig enthoben.

5

Der ledige Soldat bezieht um 30 % gekürzte Dienstbezüge von etwa 1 760 € netto. Für Warmmiete, Strom und [X.] zahlt er etwa 700 €, für einen Autokredit 330 €, für Fahrtkosten etwa 150 € und für Versicherungen 200 €. Er übt als Nebentätigkeit auf 450 €-Basis eine Hausmeistertätigkeit aus.

6

2. Ein gegen den Soldaten und weitere Mitglieder der dem Fußballclub ... nahestehenden Fußballgruppe "..." wegen gefährlichen Eingriffs in den Eisenbahnverkehr und Sachbeschädigung geführtes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Ermittlungsverfahren war es aufgrund der Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts ... am 5. März 2019 zur Durchsuchung der Wohnung, des PKW und der dienstlichen Unterkünfte des Soldaten gekommen und anlässlich dessen Fotos angefertigt, die die in [X.] 1 genannten Gegenstände - mit Ausnahme des Aufklebers "aktionsblog Nazi-Zone" - zeigen; ferner kam es zur Beschlagnahme des in [X.] 2 aufgeführten USB-Sticks, der sich im Fahrzeug des Soldaten befand, das zu diesem Zeitpunkt in der Werkstatt des ... stand. Mit Beschluss vom 20. Juni 2019 entschied das [X.] ..., dass die parallel gegen ein anderes Gruppenmitglied ergangene amtsgerichtliche Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war. Die Staatsanwaltschaft übertrug diese rechtliche Bewertung auch auf den gegen den Soldaten erlassenen Durchsuchungsbeschluss.

7

3. Das [X.] ([X.]) unterrichtete am 3. April 2019 den [X.] über die Durchführung einer Verdachtsfallbearbeitung und fügte dem auch ein Foto vom Aufkleber "aktionsblog Nazi-Zone" bei. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2019 hat es den Soldaten als Rechtsextremisten eingestuft und unter dem 3. April 2019 darauf hingewiesen, dass seit 2017 der Verdacht der Zugehörigkeit des Soldaten zur rechtsextremistischen Szene bestehe. [X.] war Gründungsmitglied des "... e.V." in ..., der ausweislich des Schreibens des Innenministeriums ... vom 24. März 2020 als Beobachtungsobjekt eingestuft ist.

8

4. Im gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die [X.] den Soldaten mit einer die ursprüngliche Anschuldigungsschrift ersetzenden Nachtragsanschuldigungsschrift vom 2. November 2020 angeschuldigt:

"1. [X.] besaß zumindest am 5. März 2019 in seiner Wohnung, ..., mindestens fünf Orden und Ehrenzeichen des [X.] jeweils mit dem [X.] versehen, einen auf dem Spiegel angebrachten [X.] 'aktionsblog NAZI-ZONE' sowie Aufkleber '[X.]? NEIN DANKE!', zwei Reichskriegsflaggen sowie ein T-Shirt mit dem Aufdruck [X.] 'Meine Ehre heisst Treue', wobei er wusste, zumindest hätte wissen können und müssen, dass er dadurch seine Überzeugung zum Ausdruck bringt, dass er das Unrechtsregime des Nationalsozialismus und seine kriegstreibenden Ziele sowie menschenverachtende und ausländerfeindliche Ideologien verharmlost, zumindest aber den Eindruck erweckt, dem Nationalsozialismus sowie menschenverachtenden und ausländerfeindlichen Ideologien nicht ablehnend gegenüberzustehen.

2. Ferner besaß der Soldat in seinem privaten Kraftfahrzeug, amtliches Kennzeichen ..., einen hellblauen USB-Stick der Firma [X.] mit einer Speicherkapazität von 8 GB, auf dem als Tondatenträger Musik im abspielbarem [X.] gespeichert war, u. a. der

a) Musikgruppe '[X.]', mit dem Album 'Germania' u. a. mit dem Lied 'Schwarze Division' mit dem [X.] 'Wir brauchen sie wieder, das ist kein Witz. Die Jungs in schwarz mit dem doppelten Blitz' und dem Lied 'Wir sind im Recht' mit dem [X.] 'Ich denke wie ein nationaler Sozialist. Denn ich weiß genau, was für mein Land das Beste ist. Ich hör erst auf, wenn ich tot am Boden lieg. Doch vorher will ich ihn noch sehen - unseren Sieg'

b) Musikgruppe '[X.]', mit dem Album 'Auftrag [X.]' u. a. mit dem Lied 'Auftrag [X.]' mit dem [X.] 'Die [X.] ist uns egal und völlig gleich, denn unsere Heimat ist das [X.]' und dem Lied 'Ohne Sonne braun' mit dem [X.] '[X.], Frauen wie [X.] Wissen die denn nicht: Gesunde Bräune kommt von innen',

c) Musikgruppe '[X.]', mit dem Album 'Politischer Soldat' u. a. mit dem Lied 'Zurück zu unseren Traditionen' mit dem [X.] 'Ich will als [X.] unter [X.] wohnen zurück zu unseren Traditionen'

d) Musikgruppe '[X.]', mit dem Album '[X.] lebt' u. a. mit dem Lied 'Bis nach [X.]' mit dem [X.] 'Räder müssen rollen unentwegt. Alle wissen jetzt, wohin die Reise geht. Mit einem Fläschchen Raki macht es euch bequem. [X.] werdet ihr nämlich nicht wiedersehen' und dem Lied 'Geschwür im After' mit dem [X.] 'Heute weiß ein jeder stümperhafte Schreiberling: Wessen Brot ich ess, dessen Lüge ich sing. All die geschmierten 'Historikerkommissionen', mit den Lieblingsthemen: Massenmord und Perversionen. Doch Wahrheiten von heute sind die Lügen von morgen Und so viele ihrer Leichen sind bis heute nicht gestorben.'

e) Musikgruppe '[X.] 18', mit dem Album 'Komm zu uns' u. a. mit dem Lied 'Brauner Terrorist' mit dem [X.] 'Und ihre Fahnen schwarz, weiß und rot Wehen gegen [X.] Wir sind gegen dieses heuchlerische Staatssystem Auch genannt [X.]' und dem Lied '[X.] wir folgen' mit dem [X.] 'Den Eid geleistet auf Volk und Führer Getreu bis in den Tod [X.] erwache mit Leidenschaft Befrei das Volk von Unheil und Not',

obwohl er wusste, zumindest hätte wissen können und müssen, dass sich die zuvor genannten Lieder mit ihren Liedtexten gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten, so dass sie deshalb durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften als jugendgefährdend eingestuft und in die [X.] eingetragen wurden, wobei er wusste, zumindest hätte wissen können und müssen, dass er dadurch seine Überzeugung zum Ausdruck bringt, dass er das Unrechtsregime des Nationalsozialismus und seine kriegstreibenden Ziele sowie menschenverachtende und ausländerfeindliche Ideologien verharmlost, zumindest aber den Eindruck erweckt, dem Nationalsozialismus sowie menschenverachtenden und ausländerfeindlichen Ideologien nicht ablehnend gegenüberzustehen."

9

5. [X.] hat den Soldaten mit Urteil vom 25. August 2021 freigesprochen. Es könne offenbleiben, ob das Verwertungsverbot der rechtswidrig erlangten Durchsuchungsfunde auf die Gegenstände, deren Besitz dem Soldaten in [X.] 1 zur Last gelegt werde, ausgedehnt werden müsse; denn der Soldat habe nach richterlichem Hinweis auf ein etwaiges Verwertungsverbot eingeräumt, dass sie in seiner Wohnung vorgefunden worden seien. Im Übrigen sei die Einlassung des Soldaten nicht zu widerlegen, dass er über keine rechtsradikale Gesinnung verfüge. Das Zurschaustellen diverser Devotionalien sei auch nicht strafrechtlich relevant.

6. Mit ihrer unbeschränkt eingelegten Berufung trägt die [X.] vor, eine Gesamtschau zeige, dass es sich um Schutzbehauptungen des Soldaten handele und dieser wegen eines schweren Dienstvergehens aus dem Dienstverhältnis zu entfernen sei.

Entscheidungsgründe

Da die zulässige Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft unbeschränkt eingelegt ist, hat der Senat im Rahmen der Anschuldigung (1.) mangels Verfahrenshindernissen und wegen des [X.] (2.) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen (3.), diese rechtlich zu würdigen (4.) und über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (5.).

1. Da zum Gegenstand der Urteilsfindung gemäß § 123 Satz 3 i. V. m. § 107 Abs. 1 [X.] nur die angeschuldigten Pflichtverletzungen gemacht werden dürfen, muss der in der [X.] gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu bezeichnende Vorwurf so deutlich und klar sein, dass Umfang und Grenzen des [X.] konkret bestimmt sind und sich der Soldat für seine Verteidigung darauf einstellen kann (zur Umgrenzungs- und Informationsfunktion: BVerwG, Beschluss vom 13. April 2021 - 2 [X.] 1.21 - BVerwGE 172, 154 Rn. 12 ff. sowie Urteil vom 4. November 2021 - 2 [X.] 25.20 - [X.] 449 § 8 [X.] Nr. 2 Rn. 17). Dabei darf das wesentliche Ermittlungsergebnis zur Auslegung der Anschuldigungsformel mit herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 4. März 2021 - 2 [X.] 11.20 - [X.] 450.2 § 84 [X.] 2002 Nr. 10 Rn. 23 m. w. N.). Verbleiben auch danach noch Zweifel, wirkt sich dies zu Lasten des [X.] aus (BVerwG, Urteil vom 4. November 2021 - 2 [X.] 25.20 - [X.] 449 § 8 [X.] Nr. 2 Rn. 19 m. w. N.).

In Anwendung dieser Grundsätze ist die [X.] zu [X.] 1 noch hinreichend bestimmt, obwohl sie mit der Formulierung, der Soldat habe gewusst, zumindest aber wissen können, dass er das Unrechtsregime - unter anderem - des Nationalsozialismus verharmlose (1. Variante), zunächst den Anschein erweckt, eine tatsächliche Identifikation damit werde ihm nicht vorgeworfen; denn durch die nachfolgende Formulierung, er habe zumindest aber den Eindruck erweckt, dem nicht ablehnend gegenüberzustehen (2. Variante), wird deutlich, dass ihm mit der 1. Variante ein Mehr vorgeworfen wird. Dieses Mehr besteht folglich in dem Vorwurf, die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht anzuerkennen, mithin tatsächlich über eine verfassungsfeindliche Gesinnung zu verfügen. Dies folgt zudem aus dem wesentlichen Ermittlungsergebnis, in dem - auf Seite 4 - das Verhalten rechtlich gewürdigt wird. Entsprechendes gilt für die Formulierung zu [X.] 2.

2. Ein zur Zurückverweisung führender schwerer Verfahrensmangel im Sinne des § 121 Abs. 2 [X.], der die tatsächlichen und disziplinarrechtlichen Feststellungen zur Schuld des Soldaten erschüttert (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 2 [X.] 19.11 - juris Rn. 23), liegt auch nicht etwa deshalb vor, weil ein Beweisverwertungsverbot bestanden hätte. Ungeachtet dessen, ob bezogen auf die anlässlich der Wohnungsdurchsuchung gefertigten Fotoaufnahmen wegen der unterschiedlich betroffenen Rechtsgüter im Straf- und Disziplinarverfahren auch im disziplinargerichtlichen Verfahren tatsächlich ein Beweisverwertungsverbot bestanden hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Juli 2009 - 2 BvR 2225/08 - [X.]K 16, 22 <28 f.> sowie vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 - [X.]E 130, 1 <27>), hat der Soldat der Verwertung der Fotografien in der Berufungshauptverhandlung erneut nicht widersprochen (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 [X.] 6.11 - juris Rn. 16 und vom 16. Mai 2012 - 2 [X.] 8.11 - [X.] 450.2 § 121 [X.] 2002 Nr. 3 Rn. 22, sowie grundlegend: [X.], Beschlüsse vom 27. Februar 1992 - 5 [X.] - [X.]St 38, 214 <225 f.>, vom 6. Juni 2019 - StB 14/19 - [X.]St 64, 89 Rn. 27 und vom 11. November 2020 - 5 StR 197/20 - [X.]St 65, 155 Rn. 21 sowie Urteil vom 6. Oktober 2016 - 2 StR 46/15 - [X.]St 61, 266 Rn. 15 f.).

3. In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des [X.] fest:

a) Am 5. März 2019 befanden sich in der Wohnung des Soldaten, ..., in einer Vitrine ausgestellt fünf Orden und Ehrenzeichen des [X.] jeweils mit dem [X.] versehen, ein auf dem Spiegel angebrachter [X.] "aktionsblog [X.]", ein Aufkleber "[X.]? NEIN DANKE!", mindestens eine [X.] sowie ein T-Shirt mit dem Aufdruck "[X.] [X.]". [X.] hat diese Umstände nicht bestritten, die auf der Grundlage der in die [X.] genommenen Fotografien feststehen.

b) Fast alle der in [X.] 1 bezeichneten Gegenstände weisen auch einen unmittelbaren [X.] Bezug auf.

Ob die durch den Aufkleber "[X.]? NEIN DANKE!" objektiv zum Ausdruck gebrachte Meinung noch von dem auch Soldaten gemäß § 6 [X.] dem Grunde nach zustehenden Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) gedeckt ist, welches jedwede durch das Element der Stellungnahme und des [X.] gekennzeichnete Äußerung unabhängig davon schützt, ob sie sich als wahr oder unwahr erweist, begründet oder grundlos, emotional oder rational, wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos ist (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 - 2 [X.] 17.19 - BVerwGE 168, 323 Rn. 25 m. w. N.), kann dahingestellt bleiben (BVerwG, Urteil vom 4. November 2021 - 2 [X.] 25.20 - [X.] 449 § 8 [X.] Nr. 2 Rn. 32); jedenfalls bringen die sonstigen Gegenstände bei objektiver Betrachtung eine Identifikation mit [X.]m Gedankengut zum Ausdruck. Wie bei Äußerungen ist dabei auch bei nonverbalen Bekundungen vom objektiven Erklärungsgehalt auszugehen, wie ihn ein unbefangener Dritter verstehen muss. Dabei sind alle Begleitumstände einschließlich des Kontextes und [X.], auf der sich die Bekundung bewegt, zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Deutung ist nicht die subjektive Absicht des Soldaten, sondern der Sinn, den die Bekundung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Dritten hat (vgl. [X.], [X.] vom 11. November 2021 - 1 BvR 11/20 - NJW 2022, 769 Rn. 17 m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 10. November 2022 - 2 [X.] 20.21 - Rn. 36). Bei mehrdeutigen Bekundungen müssen andere mögliche Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen werden, bevor eine zu einer Sanktionierung führende Bedeutung zugrunde gelegt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2020 - 2 [X.] 17.19 - BVerwGE 168, 323 Rn. 25 und vom 13. Januar 2022 - 2 [X.] 4.21 - NVwZ-RR 2022, 385 Rn. 34).

Bei objektiver Betrachtung bringen die vom Soldaten nicht im Schrank verschlossenen, sondern in einer Vitrine im Wohnzimmer außenwirksam präsentierten Orden und Ehrenzeichen, die jeweils ein [X.] als Kennzeichen der [X.] ([X.], Urteil vom 23. Juli 1969 - 3 [X.] - [X.]St 23, 65 <78>) und damit ein Kennzeichen oder Propagandamittel einer verfassungswidrigen Organisation im Sinne von § 86a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB aufweisen (BVerwG, Urteil vom 4. November 2021 - 2 [X.] 25.20 - [X.] 449 § 8 [X.] Nr. 2 Rn. 25 und 33), eine Identifikation mit dem Nationalsozialismus zum Ausdruck. Bei objektiver Betrachtung findet auch mit dem Besitz des T-Shirts mit dem Aufdruck "[X.] [X.]" eine Identifikation mit dem Nationalsozialismus statt, da es sich dabei um den Wahlspruch der [X.] Schutzstaffel ("[X.]") handelte (vgl. [X.], Urteil vom 17. April 2002 - 2 Ss 160/02 - NStZ-RR 2002, 231 <231>; [X.], Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, Stand September 2022, [X.], 82). [X.] ist die Identifizierung ferner durch den Aufkleber, der für die Wohnung des Soldaten eine "[X.]" reklamiert. Zwar enthält die beim Soldaten aufgefundene [X.] - anders als die [X.] in ihrer Fassung ab 1935 - kein [X.] (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. November 2020 - 11 ME 293/20 - juris Rn. 34); jedoch erlangt sie vorliegend in Verbindung mit den vorgefundenen Gegenständen sowie des Umstandes, dass sie namentlich in rechtsextremen Kreisen Verwendung findet, ihre [X.] Konnotation ([X.], Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, Stand September 2022, S. 81).

c) Nichts anderes gilt für nahezu alle Lieder, deren Inhalt auf dem unter [X.] 2 beschriebenen [X.] aufgezeichnet waren. Dies gilt namentlich für Texte, in denen es heißt "Wir brauchen sie wieder, das ist kein Witz. Die Jungs in schwarz mit dem doppelten Blitz" - Anspielung auf die [X.] -, "Ich denke wie ein nationaler Sozialist", "Die [X.] ist uns egal und völlig gleich, denn unsere Heimat ist das [X.]", "Und ihre Fahnen schwarz, weiß und rot Wehen gegen [X.]-Verbot. Wir sind gegen dieses heuchlerische Staatssystem auch genannt [X.]" (Reichsbürgergedanken - vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Mai 2022 - 2 [X.] 10.21 - juris Rn. 20 sowie [X.] 2021, [X.] ff.), "Die Typen schwarz wie Neger, Frauen wie [X.] Wissen die denn nicht: Gesunde Bräune kommt von innen", "Doch Wahrheiten von heute sind die Lügen von morgen Und so viele ihrer Leichen sind bis heute nicht gestorben.".

d) Soweit der Soldat bestreitet, dass die Liedertexte auf einem ihm gehörenden [X.] gespeichert waren und sie ihm somit nicht zuzurechnen sind, handelt es sich zur Überzeugung des [X.] um eine Schutzbehauptung.

Zur Erlangung der nach § 123 Satz 3, § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 261 StPO erforderlichen Überzeugungsgewissheit zum Vorliegen der Tatumstände reicht ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit aus, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt; insbesondere haben solche Zweifel außer Betracht zu bleiben, die realer Anknüpfungspunkte entbehren und sich auf die Annahme einer lediglich denktheoretischen Möglichkeit gründen (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2013 - 2 [X.] 27.11 - juris Rn. 20 m. w. N.). Dabei enthält der Grundsatz der freien Beweiswürdigung keine generellen Maßstäbe für den [X.] und Beweiswert einzelner zum Prozessstoff gehörender Beweismittel, Erklärungen und Indizien. Insbesondere besteht keine Rangordnung der Beweismittel; diese sind grundsätzlich gleichwertig (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2019 - 1 B 45.19 - juris Rn. 8). Nach Maßgabe dessen stützt der Senat seine Überzeugungsgewissheit auf folgende Umstände:

Der [X.] wurde im Handschuhfach des im Eigentum des Soldaten stehenden Kraftfahrzeugs gefunden. Zwar fand es sich zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des [X.]s nicht im unmittelbaren Besitz des Soldaten, sondern des Herrn ...; gleichwohl begründet dies nicht vernünftige Zweifel dahingehend, dass der [X.] nicht dem Soldaten gehörte. Denn auf ihm befanden nach den glaubhaften Aussagen des Zeugen Polizeihauptkommissar ... und nach den aktenkundigen Feststellungen zwei Fotos, die einen unmittelbaren Bezug zum Soldaten dokumentierten. Zum einen ein Foto vom feierlichen [X.]; zum anderen ein Foto von dessen Spind. Soweit der Soldat behauptet, das Foto von seinem feierlichen Gelöbnis habe er an mehrere Personen versendet, sodass möglicherweise einer dieser Adressaten es auf den [X.] gezogen habe, ist bereits diese Annahme lebensfremd. Vor allem aber begründet die Einlassung deshalb einen nur theoretischen und für die richterliche Überzeugungsbildung folglich nicht maßgeblichen Zweifel, weil dies nicht erklärt, warum diese Person auch noch ein Foto vom Spind des Soldaten auf ihren [X.] gezogen haben sollte. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die davon abweichende Aussage des Soldaten vor dem [X.] vom 16. Oktober 2019, der [X.] sei anlässlich einer außer Kontrolle geratenen Party im Januar 2019 von einer ihm unbekannten Person in seiner Wohnung gelassen worden, wegen des Fehlens einer Belehrung des Soldaten als weiterer Nachweis einer widersprüchlichen und deshalb unglaubhaften Einlassung heranziehbar ist.

e) Zur Überzeugung des [X.] steht des Weiteren fest, dass der Soldat mit den Gegenständen und den gespeicherten Liedtexten nicht nur wissentlich und willentlich den Anschein einer [X.] Gesinnung erweckt hat, sondern er sie auch tatsächlich hat.

Die Einlassung des Soldaten insbesondere zu den von ihm - auch weiterhin - in der Vitrine ausgestellten Orden und Ehrenzeichen, er habe sie als Erbstücke in Gedenken an seinen ([X.] ausgestellt, stellt sich ebenso als Schutzbehauptung dar wie die Einlassung, von der Aufschrift auf dem T-Shirt keine Kenntnis gehabt zu haben, weil er es auf links gewaschen und auf links in den Schrank gelegt habe. Entsprechendes gilt für seine Behauptung, er habe den Besitz sowohl des [X.]s "[X.]“ als auch der [X.](n) vergessen. Die Vielzahl der aufgefundenen Gegenstände sowie des aufgefundenen Liedguts spricht dagegen, dass der Soldat mit ihnen nicht nur, wie von ihm bereits erstinstanzlich konzediert, durch Nachlässigkeit fahrlässig den Anschein einer Identifikation mit dem Nationalsozialismus erweckt, sondern vielmehr seine Identifikation mit demselben zum Ausdruck gebracht hat.

Verstärkt wird diese Überzeugungsgewissheit dadurch, dass der Soldat sich nicht darauf beschränkt hat, in einer Vitrine nur die Orden und Ehrenzeichen (angeblich) seines Großvaters auszustellen, sondern auch eine Wodka-Flasche, die ebenfalls mit einem [X.] versehen war. Abgesehen davon, dass der Soldat gar nicht wusste, was sein Großvater im [X.] konkret gemacht hat, tritt ferner das in Augenschein genommene Foto hinzu, auf dem der Soldat mit weiteren sechs Männern zu sehen ist, von denen jedenfalls vier den Hitlergruß zeigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 2017 - 2 [X.] 16.16 - juris Rn. 76 und vom 14. Januar 2021 - 2 [X.] 7.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 89 Rn. 28); dabei kann dahingestellt bleiben, ob nicht auch der Soldat dort einen durch einen erhobenen Arm mit zurückgezogener Hand "modifizierten" [X.] bzw. Führergruß erweist.

Ein weiteres Indiz für dessen rechtsradikale Einstellung bildet zudem, dass er Gründungsmitglied des [X.]" gewesen ist, aus dem er nach eigenem Bekunden wegen dessen Rechtslastigkeit ausgetreten sein soll, ohne dies in irgendeiner Weise untermauert zu haben. Angesichts dieser Umstände runden die nur als sekundäre Beweismittel (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2019 - 1 B 45.19 - juris Rn. 8; [X.], Beschluss vom 12. August 2015 - StB 8/15 - NStZ 2016, 370 <370>) zu würdigenden Mitteilungen des [X.] vom 18. Dezember 2019 über die Einstufung des Soldaten als Rechtsextremisten sowie des [X.] ... vom 13. November 2019 (und vom 24. März 2020) über die Einstufung des [X.]" als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt das Gesamtbild stimmig ab.

Dieses Gesamtbild wird auch nicht durch die Aussage des Zeugen ... in Frage gestellt, der die Einlassung des Soldaten bestätigt hat, von dem Zeugen eine [X.] geschenkt bekommen zu haben und kein Nationalsozialist zu sein. Zum einen stellt dies nicht den Umstand in Abrede, dass der Soldat die [X.] in Besitz genommen und sie nicht zurückgewiesen hat; zum anderen ist der Zeuge nach dem Eindruck des [X.] nicht glaubwürdig, sodass dessen Aussage über die verfassungstreue Gesinnung des Soldaten nicht überzeugt. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass der Zeuge - ausweislich des [X.] - (zusammen mit dem Soldaten) Gründungsmitglied des als rechtsradikal eingestuften [X.]" war und anlässlich der Durchsuchung auch bei ihm Gegenstände (wie Bronzemedaille mit Silhouette von [X.], Stahlhelm mit [X.], Vitrine mit Medaille mit [X.], Aufkleber "[X.]" am Kühlschrank, Schusswaffe, Kfz-Kennzeichen "...–[X.]", Programm der [X.], Kette mit "schwarzer Sonne"-Motiv ) aufgefunden wurden, die ebenfalls eine Identifikation mit dem Nationalsozialismus belegen. Dafür spricht zudem dessen Aussage in der Berufungshauptverhandlung, man habe diese Gegenstände bei ihm gefunden, weil er "vielleicht mal so gedacht habe". Die zahlreich bei ihm aufgefundenen Gegenstände [X.]r Couleur widerlegen zudem dessen Aussage, er interessiere sich für Politik "nicht wirklich".

Dass der Soldat nach Aussage des [X.] im Dienst nicht durch rechtspolitische Äußerungen in Erscheinung getreten ist, ändert an der Überzeugungsgewissheit des [X.] ebenfalls nichts. Denn der Soldat ist intelligent genug, die disziplinarische Relevanz solcher Äußerungen zu erkennen und sich ihrer im Dienst aus taktischen Erwägungen zu enthalten.

4. [X.] hat damit ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 [X.] begangen.

a) Die dienstgradunabhängige (BVerwG, Urteil vom 4. November 2021 - 2 [X.] 25.20 - [X.] 449 § 8 [X.] Nr. 2 Rn. 41) Pflicht eines Soldaten nach § 8 [X.] verlangt von diesem, die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes zum einen anzuerkennen und zum anderen, durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten. Sie fordert von ihm mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung ([X.], [X.] vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 337/08 - [X.]K 13, 531 <535 f.>) und sie gehört zu den elementaren soldatischen Pflichten, deren Verletzung eine der schwersten Pflichtwidrigkeiten bildet (BVerwG, Urteil vom 6. September 2012 - 2 [X.] 26.11 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 39 Rn. 49 m. w. N.).

Der Begriff "freiheitliche demokratische Grundordnung" in § 8 [X.] ist identisch mit dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wie er bezogen auf Art. 21 Abs. 2 GG konturiert worden ist. Daraus folgt eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffsinhalts ist danach die Würde des Menschen und das Demokratieprinzip, für das die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller am politischen Willensbildungsprozess sowie die Rückbindung der Ausübung von Staatsgewalt an das Volk maßgeblich ist. Schließlich erfasst der Begriff den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Mit der politischen Treuepflicht ist folglich ein Verhalten unvereinbar, das objektiv geeignet oder gar darauf angelegt ist, die Ziele des [X.] zu verharmlosen sowie Kennzeichen, Symbole oder sonstige Bestandteile der NS-Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen. Denn das Grundgesetz bildet gleichsam den "Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des [X.] Regimes" (vgl. [X.], Beschluss vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08 - [X.]E 124, 300 <328>; BVerwG, Urteile vom 22. Oktober 2008 - 2 [X.] 1.08 - BVerwGE 132, 179 Rn. 54 und vom 4. November 2021 - 2 [X.] 25.20 - [X.] 449 § 8 [X.] Nr. 2 Rn. 28 ff.).

Danach hat der Soldat nicht nur wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich, gegen die Verpflichtung verstoßen, für die freiheitliche demokratische Grundordnung nach § 8 Alt. 2 [X.] einzutreten, welche verlangt, auch nicht entgegen seiner inneren verfassungstreuen Gesinnung - etwa aus Solidarität zu Freunden, aus Übermut, aus [X.] oder aus anderen Gründen (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 [X.] 4.21 - NVwZ-RR 2022, 385 Rn. 44) - nach außen hin verfassungsfeindliche Bestrebungen zu unterstützen und sich objektiv betrachtet, illoyal zu verhalten (BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2020 - 2 [X.] 17.19 - BVerwGE 168, 323 Rn. 36 ff. und vom 14. Januar 2021 - 2 [X.] 7.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 89 Rn. 28); er hat mit seinem als gelebte Auffassung in Erscheinung getretenen und somit das "[X.]" verlassenden Verhalten (dazu BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25.17 - BVerwGE 160, 370 Rn. 25; [X.], [X.] vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 337/08 - [X.]K 13, 531 <540 f.>; Eichen/Metzger/[X.], [X.], 4. Aufl. 2021, § 8 Rn. 30) seine innere Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zum Ausdruck gebracht und damit auch gegen die Pflicht nach § 8 Alt. 1 [X.] verstoßen, sie anzuerkennen.

b) Damit einher geht eine vorsätzliche und schuldhafte Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.] (BVerwG, Urteil vom 12. Mai 2022 - 2 [X.] 10.21 - juris Rn. 41), weil sie die Beachtung der auch außerhalb des Dienstes und außerhalb dienstlicher Anlagen bestehenden politischen Treuepflicht nach § 8 [X.] verlangt und das Verhalten des Soldaten keinen unmittelbaren funktionellen Bezug zum Dienst aufwies (BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2022 - 2 [X.] 2.21 - juris Rn. 24).

Darüber hinaus einen Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht durch einen Verstoß gegen den - einen Strafrahmen bis zu drei Jahre vorsehenden - § 86a StGB anzunehmen, verbietet sich, weil der Soldat durch das Vorhalten der Gegenstände im privaten Wohnbereich sie nicht verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt verwendet und auch nicht den Inhalt, den ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland hergestellt, vorrätig gehalten, eingeführt oder ausgeführt hat. Die Straflosigkeit des Verhaltens nimmt ihm jedoch nicht seine disziplinarische Relevanz (BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25.17 - BVerwGE 160, 370 Rn. 84).

c) Ein Verstoß gegen die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 [X.] liegt nicht vor, weil § 17 Abs. 2 Satz 3 [X.] eine abschließende Regelung für außerdienstliche Verfehlungen bildet (BVerwG, Urteil vom 4. März 2021 - 2 [X.] 11.20 - NVwZ-RR 2021, 807 Rn. 50 m. w. N.).

5. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

a) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine [X.] für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der [X.]". Ist das Verhalten eines Soldaten - wie vorliegend festgestellt - Ausdruck einer tatsächlich [X.] Gesinnung, ist regelmäßig die [X.] zu verhängen (BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2002 - 2 [X.] 35.01 - [X.] 236.1 § 8 [X.] Nr. 4 S. 24 f. und vom 17. November 2017 - 2 C 25.17 - BVerwGE 160, 370 Rn. 25 f.; Beschlüsse vom 29. August 2002 - 2 [X.] 6.02 - S. 15 ff. und vom 9. Oktober 2019 - 2 [X.] 3.19 - [X.] 450.2 § 126 [X.] 2002 Nr. 8 Rn. 23). Dies ist bei einem Soldaten im aktiven Dienst gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 [X.] i. V. m. § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Denn es liegt sowohl eine Verletzung der Anerkennungspflicht aus § 8 Alt. 1 [X.] als auch der Eintretenspflicht aus § 8 Alt. 2 [X.] vor.

b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 [X.] normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder Verschärfung der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten [X.] gebieten. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der [X.] die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der [X.] bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet. Dabei müssen die Milderungsgründe umso gewichtiger sein, je schwerer das Dienstvergehen wiegt (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 2 [X.] 3.17 - Die [X.] 2020, [X.], 80 <81>). Nach Maßgabe dessen besteht kein Grund, von der [X.] abzuweichen:

Das bei dem Soldaten weder Reue noch Unrechtseinsicht vorhanden waren, darf zwar nicht als erschwerender, kann ihm aber auch nicht als mildernder Umstand zugerechnet werden (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 2 [X.] 9.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 80 Rn. 39). Erschwerend ist als Folge des Dienstvergehens jedoch einzustellen, dass er seit August 2019 des Dienstes vorläufig enthoben ist, bei ihm ein Sicherheitsrisiko festgestellt wurde und er über die [X.] (§ 10 [X.]) verfügte. [X.] einzustellen wären im Grundsatz zwar die sich nach den Aussagen des aktuellen Disziplinarvorgesetzten im oberen Drittel bewegenden Leistungen des Soldaten; da jedoch die [X.] im Raum steht, würde selbst eine Nachbewährung ihr nicht entgegenstehen. Denn die persönliche Integrität eines Soldaten, zu der in besonderem Maße seine Verfassungstreue als [X.] gehört (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) gehört, steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen, nicht durch Fachkompetenz ausgeglichen werden können (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2019 - 2 [X.] 18.18 - [X.] 450.2 § 63 [X.] 2002 Nr. 3 Rn. 40).

6. [X.] beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, § 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 [X.], § 140 Abs. 3 Satz 3 [X.]. Es liegen keine Gründe vor, die es unbillig erscheinen ließen, den Soldaten mit den Kosten des Verfahrens und den ihm darin erwachsenen Auslagen zu belasten.

Meta

2 WD 1/22

01.12.2022

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Urteil

Sachgebiet: WD

Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 21 Abs 2 GG, § 38 WDO 2002, § 58 Abs 1 Nr 5 WDO 2002, § 63 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 91 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 123 S 3 WDO 2002, § 139 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 140 Abs 3 S 3 WDO 2002, § 261 StPO, § 7 SG, § 8 Alt 1 SG, § 8 Alt 2 SG, § 10 SG, § 17 Abs 2 S 3 SG, § 23 Abs 1 SG, § 37 Abs 1 Nr 2 SG, § 86a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01.12.2022, Az. 2 WD 1/22 (REWIS RS 2022, 9180)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9180

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1 BvR 11/20

5 StR 197/20

2 StR 46/15

2 Ss 160/02

1 BvR 2150/08

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