Bundessozialgericht, Urteil vom 15.09.2011, Az. B 2 U 24/10 R

2. Senat | REWIS RS 2011, 3351

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Gesetzliche Unfallversicherung - Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes - erhebliche Unbilligkeit - Neufestsetzung nach billigem Ermessen - Regel-JAV - Jahresfrist als maßgeblicher Referenzzeitraum - keine Verletzung der Grundrechte gem Art 3 und 6 GG)


Leitsatz

Die Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes ist nicht in erheblichem Maße unbillig, wenn der ermittelte Regel-Jahresarbeitsverdienst den Fähigkeiten, der Ausbildung, Lebensstellung und Tätigkeit der Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat des Versicherungsfalls entspricht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 15. September 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf höhere Verletztenrente hat. Die Klägerin hält es für unbillig, dass der Jahresarbeitsverdienst ([X.]) nach ihrer zuletzt ausgeübten Teilzeitbeschäftigung berechnet worden ist.

2

Die 1965 geborene Klägerin arbeitete nach abgeschlossener Berufsausbildung als Krankenschwester. Der Umfang ihrer Arbeitszeit wechselte mehrfach zwischen Vollzeit- und Teilzeittätigkeiten. Im Einzelnen war sie wie folgt beschäftigt:

3
        

01.07.1984 - 30.09.1986

Praktikantin in der Krankenpflege, Vollzeit

01.10.1986 - 30.09.1989

Ausbildung zur Krankenpflegerin, Vollzeit

01.10.1989 - 30.04.1990

Krankenschwester, Vollzeit

01.05.1990 - 31.05.1990

unbelegt

01.06.1990 - 30.06.1991

Krankenschwester, Teilzeit

01.07.1991 - 31.01.1992

Krankenschwester, Vollzeit

01.02.1992 - 31.03.1995

Krankenschwester, Teilzeit

01.04.1995 - 21.07.1999

Krankenschwester, Vollzeit

22.07.1999 - 27.10.1999

Mutterschutz

28.10.1999 - 06.12.1999

Jahresurlaub gemäß einer Vollzeitstelle

07.12.1999 - 31.01.2000

Bezug von Erziehungsgeld

01.02.2000 - 31.08.2002

befristete Teilzeittätigkeit (19,00 Std.) im Rahmen des Erziehungsurlaubs

07.04.2001 - 02.07.2001

Eintritt des Versicherungsfalls, danach Entgeltfortzahlung aus Teilzeitbeschäftigung

03.07.2001 - 03.02.2002

Bezug von Verletztengeld

4

Mit Verwaltungsakt vom [X.] erkannte die Beklagte ua eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit ([X.]) nach [X.] 2108 der Anlage zur [X.] an. Sie stellte fest, dass der Versicherungsfall am 7.4.2001 eingetreten war. Ab 4.2.2002 bewilligte sie der Klägerin Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um [X.] und legte der Berechnung der Rente einen [X.] von 18.076,74 [X.] zugrunde, der dem aus der Teilzeitbeschäftigung vom [X.] bis 31.3.2001 erzielten Arbeitsentgelt entsprach.

5

Gegen diesen Verwaltungsakt im Bescheid vom [X.] erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, die Berechnung des [X.] nach dem Entgelt, das sie aus der während des Erziehungsurlaubs ausgeübten Teilzeitbeschäftigung erzielt habe, sei rechtswidrig. Hierin liege eine Benachteiligung ihrer Familie. Wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren habe sie keine Alternative zum Erziehungsurlaub gehabt. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, dass der Anspruch nunmehr nach der bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Teilzeittätigkeit berechnet werde, da vor allem ihre Vollzeitbeschäftigung den Eintritt der [X.] begünstigt habe und eine erneute Vollzeitbeschäftigung geplant gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.8.2005).

6

Die Klägerin hat beim [X.] Klage erhoben und geltend gemacht, ihre Lebensstellung sei durch die Einkünfte aus der früheren Vollzeittätigkeit geprägt gewesen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.12.2008).

7

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum L[X.] Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie hat dort vorgetragen, die Festsetzung des [X.] durch die Beklagte sei unbillig, da der zugrunde gelegte [X.] nicht der Einkommenssituation entspreche, die sie in ihrem Erwerbsleben erreicht habe. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass sie während ihrer Berufstätigkeit überwiegend eine Vollzeitstelle innegehabt und sich ihr Lebensstandard hieran orientiert habe. Eine Regelung zur Bemessung des [X.], die starr auf den [X.]raum des Jahres vor Eintritt des Versicherungsfalls abstelle, verletze ihre Grundrechte aus Art 6 und Art 3 GG.

8

Das L[X.] hat die Berufung mit Urteil vom 15.9.2010 zurückgewiesen. Die Berechnung des [X.] entspreche den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des § 82 Abs 1 [X.]B VII. Eine Korrektur des Ergebnisses nach § 87 [X.]B VII sei nicht geboten, weil ein Fall unbilliger Härte nicht vorliege. Vielmehr sei das [X.] von dem Grundsatz geprägt, dass für die Berechnung der Leistung die Verhältnisse im Jahr vor dem Versicherungsfall maßgebend seien. Früher erzielte Entgelte seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Der nach Maßgabe des § 82 Abs 1 [X.]B VII festgesetzte [X.] sei nicht unbillig, er könne deshalb nicht anders festgesetzt werden. Wäre ein Fall der Unbilligkeit gegeben, müsste das Entgelt nicht nach dem Verdienst einer Vollzeitbeschäftigung, sondern nach billigem Ermessen der Beklagten nach einem Wert zwischen dem Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt werden. Die maßgebenden Regelungen des [X.]B VII seien von [X.] wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere entspreche es den gesetzlichen Regelungen in anderen Bereichen, dass für [X.]en des Erziehungsurlaubs bzw der Elternzeit geringere Leistungen erworben würden als ohne die Zurücklegung dieser [X.]en. Entsprechende gesetzliche Regelungen zur Berechnung von Sozialleistungen seien vom [X.] gebilligt worden. Eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG (Gleichheitssatz), des Art 6 Abs 1 GG (Schutz von Ehe und Familie) oder des Art 6 Abs 4 GG (staatliche Schutzpflicht für Mütter) liege nicht vor.

9

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 87 [X.]B VII. Sie macht einen Anspruch auf höhere Rente geltend, der nach einem gemäß § 87 [X.]B VII höher festzusetzenden [X.] zu berechnen sei. Die Festsetzung des [X.] sei in erheblichem Maße unbillig. Sie habe unmittelbar vor dem Beginn der Mutterschutzfrist, nämlich in der [X.] vom 1.4.1995 bis 21.7.1999 in Vollzeit als Krankenschwester gearbeitet. Im [X.] an die Mutterschutzzeit habe sie Erziehungsurlaub genommen. Dass sie vorübergehend eine geringer bezahlte Teilzeittätigkeit übernommen habe, führe zu einem deutlich geringeren Arbeitsentgelt. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Abweichen des [X.] gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten um ca [X.] eine erhebliche Unbilligkeit begründe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Auch habe sie den Umfang ihrer Beschäftigung wegen Kinderbetreuung nur vorübergehend reduziert. Dieser Umstand begründe ebenfalls die Unbilligkeit des [X.], sodass der festgesetzte [X.] so zu korrigieren sei, dass der der Rente zugrunde gelegte [X.] dem Entgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung entspreche. Bei der Auslegung der Vorschrift sei der Schutzauftrag des Art 6 Abs 4 GG zu beachten, der gewährleiste, dass ihr durch die Mutterschaft keine Nachteile entstehen dürften. Schließlich enthalte § 87 [X.]B VII keinen Hinweis darauf, dass die Vorschrift Mütter im Erziehungsurlaub ausschließe.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 15. September 2010 und das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2005 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr höhere Rente unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen gerichtlichen Entscheidungen sowie ihre Bescheide für rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]lägerin ist unbegründet.

Das [X.] hat die Berufung der [X.]lägerin gegen das die [X.]lage abweisende Urteil des [X.] zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] ist rechtmäßig und verletzt die [X.]lägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist daher nicht zu verpflichten, der [X.]lägerin höhere Verletztenrente nach einem höheren, von der Beklagten festzusetzenden [X.] zu bewilligen.

Die [X.]lägerin macht einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung eines höheren Rechts auf Rente gemäß § 56 Abs 1 Satz 1, Abs 3, § 82 Abs 1 Satz 1, § 87 [X.]B VII geltend. Um dieses Rechtsschutzziel zu erreichen, ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die richtige [X.]lageart 54 Abs 1, Abs 2 Satz 1 und 2 [X.]G; zur [X.]lageart auch: [X.] Berlin vom 9.8.2004 - L 16 U 79/03; zum maßgeblichen [X.]punkt für die Beurteilung einer solchen [X.]lage: B[X.] vom 25.3.2003 - B 1 [X.]R 33/01 R - [X.] 4-1500 § 54 [X.] 1). Wäre - wie die [X.]lägerin geltend macht - ein nach der Regelberechnung festgesetzter [X.] in erheblichem Maße unbillig, wären die angefochtenen Verwaltungsakte aufzuheben und der beklagte Unfallversicherungsträger zu verpflichten, die [X.]lägerin aufgrund erforderlicher Neufestsetzung des [X.] nach pflichtgemäßem Ermessen hinsichtlich der Höhe der Rente neu zu bescheiden (vgl auch B[X.] vom 30.10.1991 - 2 [X.] - Juris Rd[X.] 19 = [X.] 1992, 428).

Die [X.]lägerin hat keinen Anspruch auf höhere Rente nach § 56 [X.]B VII. Vielmehr hat die Beklagte die Rente der [X.]lägerin zu Recht nach einem [X.] von 18.076,74 Euro berechnet und bewilligt. Insbesondere ist der der Berechnung der Rente zugrunde gelegte [X.] nicht gemäß § 87 Satz 1 [X.]B VII in erheblichem Maße unbillig und deshalb neu festzusetzen.

Der [X.] ist zunächst nach der Regelberechnung des § 82 Abs 1 [X.]B VII (1.) und - falls dies günstiger ist - nach § 84 Satz 1 [X.]B VII (2.) festzusetzen. Erst nach dieser Festsetzung ist in einem weiteren Schritt zu prüfen (B[X.] vom 18.3.2003 - [X.] U 15/02 R - [X.] 4-2700 § 87 [X.] 1 Rd[X.] 11), ob der im Einzelfall berechnete [X.] in erheblichem Maße unbillig ist (3.). Die maßgeblichen Bestimmungen zur Berechnung des [X.] verletzen nicht die Grundrechte der [X.]lägerin (4.).

1. Gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII ist der [X.] der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 [X.]B IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 [X.]B IV) des Versicherten in den zwölf [X.]alendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Unter Arbeitsentgelt sind nach der Legaldefinition des § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung zu verstehen, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf diese besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind mithin solche Einnahmen, die einem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (vgl B[X.]E 60, 39, 40 = [X.] 2200 § 571 [X.] 25 S 58; B[X.] [X.] 2100 § 14 [X.] 19).

Da der Versicherungsfall der [X.] 2108 bei der [X.]lägerin am [X.], also im [X.]alendermonat April 2001 eingetreten ist, sind für die Festsetzung des [X.] nach § 82 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII die zwölf [X.]alendermonate vor diesem Monat, also die [X.] vom [X.] bis 31.3.2001 maßgebend. In diesem [X.]raum hat die [X.]lägerin (allein) Arbeitsentgelt in Höhe von 18.076,74 Euro brutto erzielt. Diesem Betrag entspricht der nach § 82 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII festzusetzende [X.].

2. Nach § 84 Satz 1 [X.]B VII gilt bei Berufskrankheiten für die Berechnung des [X.] als [X.]punkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs 5 [X.]B VII genannten [X.]punktes. Dies gilt nach § 84 Satz 2 [X.]B VII ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig feststeht, ist die [X.]lägerin tatsächlich bis zum [X.], dem [X.], als [X.]rankenschwester tätig gewesen. Aufgrund dieses Umstands gilt (auch) für die Berechnung des [X.] nach § 84 Satz 1 [X.]B VII der [X.] als [X.]punkt des Versicherungsfalls. Nach § 84 Satz 1 [X.]B VII ergibt sich für die Berechnung des [X.] also derselbe [X.]raum wie nach § 82 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII, nämlich die [X.] vom [X.] bis 31.3.2001. Der [X.] beträgt 18.076,74 Euro.

3. Der [X.] ist im Fall der [X.]lägerin nicht gemäß § 87 Satz 1 [X.]B VII nach billigem Ermessen der Beklagten im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst neu festzusetzen, denn die Voraussetzungen des Tatbestands der Vorschrift sind nicht erfüllt. Die Festsetzung des [X.] nach der Regelberechnung (§ 82 [X.]B VII) oder nach der Vorschrift bei Berufskrankheiten (§ 84 [X.]B VII) ist nicht "in erheblichem Maße unbillig".

§ 87 Satz 1 [X.]B VII bestimmt, dass der [X.], wenn er nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschriften für [X.]inder oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzt ist und in erheblichem Maße unbillig ist, nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt wird. Hierbei werden nach § 87 Satz 2 [X.]B VII insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im [X.]punkt des Versicherungsfalls berücksichtigt. Voraussetzung für die Anwendung des § 87 [X.]B VII ist, dass in einem ersten Schritt eine Festsetzung des [X.] nach § 82 [X.]B VII (Regelberechnung), nach § 84 [X.]B VII ([X.] bei Berufskrankheiten), nach § 85 [X.]B VII (Mindest-[X.]) oder nach § 86 [X.]B VII ([X.] für [X.]inder) erfolgt ist. Bei dieser Festsetzung des [X.] muss es sich um die erstmalige handeln (B[X.] vom 18.3.2003 - [X.] U 15/02 R - [X.] 4-2700 § 87 [X.] 1 Rd[X.] 9).

Ob der berechnete [X.] in erheblichem Maße unbillig ist, kann das Gericht in vollem Umfang selbst überprüfen, denn es handelt sich um die Auslegung und Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Der Unfallversicherungsträger ist insoweit nicht befugt, nach seinem Ermessen zu entscheiden, da die erhebliche Unbilligkeit Tatbestandsmerkmal ist. Ihm steht in dieser Frage auch kein Beurteilungsspielraum zu ([X.] noch zur Vorgängerregelung § 577 [X.]: B[X.] vom [X.] - [X.] U 23/02 R - [X.] 3-2200 § 577 [X.] 2; B[X.] vom [X.] - [X.] 1993, 972; B[X.] vom 30.10.1991 - 2 [X.] - [X.] 1992, 428; B[X.]E 73, 258, 260 = [X.] 3-2200 § 577 [X.] 1 S 3; B[X.] vom 24.4.1975 - 8 RU 36/74; B[X.]E 32, 169, 173 = [X.] [X.] 1 zu § 577 [X.]; B[X.] [X.] 2200 § 577 [X.] 9). Die Vorschrift soll atypische Fallgestaltungen erfassen und - ausgerichtet ua am Lebensstandard des Versicherten - für diesen zu einem billigen Ergebnis führen. Ziel der Regelung ist es, den [X.] als Grundlage der Rente so zu bemessen, dass der Lebensstandard gesichert wird, den der Versicherte zeitnah vor dem Versicherungsfall erreicht und auf den er sich eingerichtet hat. Die Anwendung des § 87 [X.]B VII kann deshalb im Einzelfall sowohl eine Erhöhung als auch eine Reduzierung des nach §§ 82 bis 86 [X.]B VII berechneten [X.] bewirken ( [X.] in jurisP[X.]-[X.]B VII, § 87 [X.]B VII Rd[X.] 6).

§ 87 Satz 2 [X.]B VII nennt, ohne abschließend zu sein (s bereits zum früheren Recht B[X.] vom [X.] - B[X.]E 7, 269, 273; BT-Drucks 13/2204 [X.]), [X.]riterien für die Beurteilung der Unbilligkeit. Bei der Überprüfung des [X.] sind die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im [X.]punkt des Versicherungsfalls zu berücksichtigen. In Bezug auf die erreichte "Lebensstellung" ist darauf abzustellen, welche Einkünfte die Einkommenssituation des Versicherten geprägt haben ([X.] in jurisP[X.]-[X.]B VII § 87 Rd[X.] 18). In zeitlicher Hinsicht ist zu prüfen, welche Einkünfte der Versicherte innerhalb der Jahresfrist vor dem Versicherungsfall erzielt hat. Seine Einnahmen aus Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Jahreszeitraum sind mit dem Ergebnis der gesetzlichen Berechnung zu vergleichen. Durch diesen Vergleich ergibt sich, ob der nach gesetzlichen Vorgaben festgesetzte Betrag des [X.] außerhalb jeder Beziehung zu den Einnahmen steht, die für den Versicherten zum [X.]punkt des Versicherungsfalls oder innerhalb der Jahresfrist vor diesem [X.]punkt die finanzielle Lebensgrundlage gebildet haben (B[X.] vom 18.3.2003 - [X.] U 15/02 R - [X.] 4-2700 § 87 [X.] 1 Rd[X.] 17; so auch B[X.] vom 28.4.1977 - 2 RU 39/75 - B[X.]E 44, 12 = [X.] 2200 § 571 [X.] 10). Die Festsetzung des [X.] ist danach nicht in erheblichem Maße unbillig, wenn der nach den §§ 82 bis 86 [X.]B VII ermittelte [X.] den Fähigkeiten, der Ausbildung, Lebensstellung und Tätigkeit der Versicherten in den zwölf [X.]alendermonaten vor dem Monat des Versicherungsfalls entspricht (so das [X.] im angefochtenen Urteil; ebenso [X.] Berlin vom 9.8.2004 - L 16 U 79/03; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B VII, [X.] § 87 Rd[X.] 6).

Bei der [X.]lägerin ist im maßgeblichen Jahreszeitraum eine solche Änderung in der Beschäftigung, der ausgeübten Tätigkeit, dem Stand ihrer Aus- und Weiterbildung sowie dem die Lebensstellung prägenden Arbeitsentgelt nicht eingetreten. Daher ist der gesetzliche [X.] nach dem erzielten Entgelt nicht unbillig.

Ungleichheiten zwischen tatsächlichem Einkommen und gesetzlich berechnetem [X.], wie sie sich auch aus Änderungen der Arbeitszeit und des -entgelts ergeben können, begründen eine Unbilligkeit des [X.] in erheblichem Maße nur, wenn sie innerhalb der auch nach § 87 [X.]B VII maßgebenden Jahresfrist eingetreten sind. Ist es dagegen so, dass - wie hier - der Umfang der Tätigkeit und das Arbeitsentgelt innerhalb des [X.]raums, nach dem sich der [X.] errechnet, unverändert geblieben sind, fehlt es an einer Unbilligkeit der Festsetzung des [X.].

Dies folgt aus Sinn und Zweck der §§ 82 f [X.]B VII. Die Regelungen zur Berechnung des [X.] sollen eine einfache, schnell praktizierbare und nachvollziehbare Berechnung des [X.] in der Verwaltungspraxis ermöglichen. Um dies zu erreichen, soll die Aufarbeitung einer langfristigen Erwerbsbiografie mit ggf schwierig zu ermittelnden Änderungen von Entgelt und/oder Einkommen gerade vermieden werden. Dieses Regelungskonzept kommt oftmals gerade den Versicherten zu Gute, insbesondere wenn sie zuletzt in ihrem Erwerbsleben eine vergleichsweise gute berufliche Position, einen hohen Ausbildungsstand und damit eine entsprechende Lebensstellung erreicht haben. Andererseits sieht das [X.]B VII aber gerade keine Verlängerung des maßgeblichen [X.] vor, wenn die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt außerhalb der Jahresfrist reduziert wurden.

Der Gesetzgeber hat den Jahreszeitraum als Grundlage der Berechnung des [X.] vielmehr bewusst gewählt, um eine zeitnahe Berechnungsgrundlage zu haben (BT-Drucks 13/2204, [X.]; dazu auch [X.]öllner in [X.], Unfallversicherung [X.]B VII, Stand September 2007, § 82 Rd[X.] 21; [X.], Gesetzliche Unfallversicherung [X.]B VII, 4. Aufl § 82 Rd[X.] 4). Nur wenn besondere Umstände vorliegen, die sich auf den maßgeblichen [X.]raum auswirken und die eine erhebliche Unbilligkeit der Regelberechnung begründen (unterwertige Beschäftigung; Verdienstausfall innerhalb der Jahresfrist zB durch unbezahlten Urlaub; dazu B[X.] 11.2.1981 - 2 RU 65/79 - B[X.]E 51, 178, 182), kann eine [X.]orrektur des [X.] über § 87 [X.]B VII angezeigt sein.

Welche Schwierigkeiten sich aus einer längere [X.]räume betrachtenden Prüfung ergeben würden, zeigt beispielhaft der vorliegende Fall. So soll nach Auffassung der [X.]lägerin die [X.] der letzten Vollzeittätigkeit (1.4.1995 bis 21.7.1999) maßgeblich sein. Stattdessen hat das [X.] auf das gesamte Erwerbsleben der [X.]lägerin abgestellt, und gemeint, insoweit würde eine Vollzeitbeschäftigung der [X.]lägerin nicht überwiegen (vgl auch B[X.] vom 29.10.1981 - 8/8a [X.] - [X.] 2200 § 577 [X.] 9 S 12, 13). Beide [X.]räume sind aber als Vergleichsmaßstab ungeeignet, denn zu ermitteln ist der Jahres-Arbeitsverdienst.

Der Anwendung des Jahresprinzips für die Festsetzung des [X.] ist auch die Rechtsprechung ganz überwiegend gefolgt. So hat es das [X.] Rheinland-Pfalz (Urteil vom [X.] - L 3 U 334/02) als rechtmäßig angesehen, den [X.] im Rahmen des § 82 Abs 1 [X.]B VII nach dem Entgelt festzusetzen, das der [X.]läger aus einer Beschäftigung in (Alters-)Teilzeit erzielt hat. Für die Berechnung des [X.] sei das tatsächlich erzielte Entgelt maßgebend und nicht das Entgelt, das er ohne eine Alters-Teilzeit-Vereinbarung erzielt hätte. Eine Entgeltlücke, die nach § 82 Abs 2 Satz 1 oder § 87 [X.]B VII aufzufüllen wäre, liege nicht vor. Allerdings sei eine Aufstockungsleistung des Arbeitgebers zu berücksichtigen, wenn sie innerhalb des [X.] gezahlt worden sei.

Die [X.]lägerin kann sich auch nicht auf die Entscheidung des B[X.] vom 29.10.1981 (8/8a [X.] - [X.] 2200 § 577 [X.] 9) berufen. Das B[X.] hat in jenem Fall zwar einen unbilligen [X.] angenommen. Ein L[X.]W-Fahrer hatte dort seine frühere Erwerbstätigkeit nach einer Unterbrechung gerade innerhalb des [X.] wieder aufgenommen und anschließend einen Versicherungsfall erlitten. Der [X.], der sich aus dem geringeren Einkommen errechnete, war nach billigem Ermessen neu festzusetzen.

Besondere, die Unbilligkeit begründende Umstände liegen im Fall der [X.]lägerin nicht darin, dass sie ab 7.12.1999 in Erziehungsurlaub war und daneben eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat. Weder §§ 82 f [X.]B VII noch das BErz[X.] in der Fassung des [X.] vom [X.] ([X.]), das zum [X.] in [X.] getreten ist, enthalten eine Regelung, nach der Sozialleistungen für Personen im arbeitsrechtlichen Erziehungsurlaub abweichend von den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zu berechnen wären.

Der Senat muss aus Anlass des vorliegenden Falls schließlich nicht entscheiden, ob eine Sozialleistung wie das Erziehungsgeld, das den Lebensstandard der [X.]lägerin im Bezugszeitraum prägen kann, als Einkommen zugrunde zu legen ist, denn die [X.]lägerin hat in dem hier maßgeblichen Jahreszeitraum kein Erziehungsgeld bezogen.

Der der Rentenberechnung zugrunde gelegte [X.] ist mithin nicht in erheblichem Maße unbillig gemäß § 87 [X.]B VII.

4. Die für die Berechnung des [X.] maßgeblichen Bestimmungen des [X.]B VII verletzen die [X.]lägerin auch nicht in ihren Grundrechten.

a) Die Ausgestaltung der Regelungen über den Wert des Rechts auf Verletztenrente ohne besondere Berücksichtigung der Erziehung und Betreuung von [X.]indern verletzt nicht das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 [X.] (vgl [X.] 87, 1 <35 ff>; 103, 242 <258 ff>; 109, 96 <125 f>). Zwar unterstellt Art 6 Abs 1 [X.] Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung, verpflichtet den Staat jedoch nicht, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern.

Das Grundrecht garantiert in seiner hier nicht betroffenen abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im [X.] als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer [X.]eiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren (vgl [X.] 99, 216, 231). Darüber hinausgehend lassen sich aus der Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 [X.] ggf in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip keine konkreten Folgerungen dafür ableiten, wie in den einzelnen Rechtsgebieten und Teilsystemen ein Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl [X.] 87, 1, 36 mwN), ohne dass aus dem Förderungsgebot des Art 6 Abs 1 [X.] konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen hergeleitet werden könnten ([X.] 107, 205, 213 mwN).

Mit der Gewährung von Erziehungsgeld und -urlaub sowie von Elterngeld und -zeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von [X.]indern bereits in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der [X.]indesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet (zur Berücksichtigung von Erziehungsurlaub bei der Berechnung eines späteren Elterngelds [X.] <[X.]ammer> vom [X.] - 1 BvR 2712/09 - Juris Rd[X.] 9; vgl auch B[X.] vom 17.2.2011 - B 10 EG 21/09 R; [X.] <[X.]ammer> 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03 - [X.][X.] 4, 215; B[X.] [X.] 4-4300 § 124 [X.] 1; B[X.] [X.] 4-4300 § 147 [X.] 3). Insbesondere ist zweifelhaft, ob das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ([X.]), dessen Versicherungsschutz ausschließlich aus Beiträgen der Arbeitgeber finanziert wird und das die zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers ersetzen soll, der geeignete Ort ist, die Schutzpflicht des Staates für die Familie einzufordern bzw zu verwirklichen. Die hier maßgeblichen Vorschriften über die Berechnung der Verletztenrente in der [X.], die einen besonderen Ausgleich für [X.]en des Erziehungsurlaubs nicht vorsehen, verletzen daher nicht das Grundrecht der [X.]lägerin aus Art 6 Abs 1 [X.].

b) Auch aus der Schutzpflicht des Staates für Mütter (Art 6 Abs 4 [X.]) können für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden (vgl [X.] 10.3.2010 - 1 BvL 11/07; [X.] vom 12.3.1996 - 1 BvR 609/90 - [X.] 94, 241, 259 = [X.] 3-2200 § 1255a [X.] 5 S 13). Im vorliegenden Fall liegt kein Lebenssachverhalt vor, der hinsichtlich der Rechtsfolgen allein die [X.]lägerin als Mutter betreffen kann. Vielmehr wäre ein Anspruch des Vaters des [X.]indes auf Verletztenrente nach denselben Grundsätzen zu beurteilen.

Aus Art 6 Abs 4 [X.] folgt - außer für die hier nicht fragliche Berücksichtigung von [X.] - kein Schutzgebot, Personen, die Erziehungsurlaub genommen haben, hinsichtlich ihrer sozialrechtlichen Positionen so zu behandeln, wie ihre [X.] Lebens- und Einkommenssituation vor der Geburt eines [X.]indes gewesen ist (vgl dazu [X.] vom 28.3.2006 - 1 BvL 10/01 - [X.] 115, 259 = [X.] 4-4300 § 123 [X.] 3; [X.] <[X.]ammer> vom 11.3.2010 - 1 BvR 2909/08 - NZS 2010, 626) oder wie diese ohne den Erziehungsurlaub gewesen wäre. Erst recht ist der vollständige Ausgleich einer mit der Mutterschaft im weiteren Sinne zusammenhängenden, aber vor allem auf der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub beruhenden wirtschaftlichen Belastung durch Art 6 Abs 4 [X.] verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl auch [X.] <[X.]ammer> vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 - Juris Rd[X.] 64).

c) Art 3 Abs 2 [X.] als spezieller Gleichheitssatz ist nicht berührt.

Zwar mögen mehr Frauen als Männer von dem nachteiligen Effekt der Berücksichtigung des Erziehungsurlaubs bei Bestimmung des nach §§ 82 Abs 1, 87 Satz 1 [X.]B VII zugrunde zulegenden [X.] betroffen sein. Dies ist jedoch auf die verbreitete familiäre Rollenverteilung zurückzuführen, der das BErz[X.] und das [X.] gerade entgegenwirken wollen (vgl zum Elterngeld BT-Drucks 16/1889, [X.] f, 18, 23). Aufgrund der angegriffenen Regelung kann es für Eltern, die in den ersten Lebensjahren eine Betreuung ihrer [X.]inder innerhalb der Familie wünschen, attraktiv sein, dass auch der Vater mit der Wahrnehmung von Erziehungszeit die [X.]inderbetreuung zeitweilig übernimmt, damit die Mutter in den Beruf zurückkehren und Einkommen erwirtschaften kann, das dann bei der Berechnung einer Verletztenrente oder anderer Entgeltersatzleistungen herangezogen wird. Eine Regelung, die die [X.]en der Erziehung von [X.]indern ausblendet, könnte dagegen einen durch Art 3 Abs 2 [X.] gerade nicht gebotenen Anreiz für das längerfristige Ausscheiden eines Elternteils aus dem Berufsleben schaffen. Dass der Gesetzgeber, der gleichwohl auch längerfristige familienbedingte [X.] durch die Elternzeit ermöglicht, diese nicht auch finanziell über die Berechnung von Sozialleistungen fördert, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zur Berücksichtigung von Erziehungsurlaub bei der Berechnung eines späteren Elterngelds: [X.] <[X.]ammer> vom [X.] - 1 BvR 2712/09 - Juris Rd[X.] 5).

d) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 [X.]) liegt, wie das [X.] bereits zutreffend aufgezeigt hat, ebenfalls nicht vor.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (stRspr; vgl nur [X.] 117, 272, 300 f).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich zwar umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann ([X.] 106, 166, 176; [X.] 111, 176, 184). Die Berücksichtigung von Erziehungszeiten bei [X.]n Leistungen mag Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Leben in der Familie gestalten. Die Grenzen des allgemeinen Gleichheitssatzes sind mit der in § 82 Abs 1 bzw in § 87 Satz 1 [X.]B VII gewählten Regelung jedoch nicht überschritten. Der dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich zukommende Gestaltungsspielraum (vgl [X.] 99, 165, 178; [X.] 106, 166, 175 f) besteht auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl [X.] 87, 1, 35 f; [X.] 103, 242, 260).

Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber gewahrt. Die Regelungen über den der Berechnung der Verletztenrente zugrunde liegenden Bemessungszeitraum sind - auch im Hinblick auf die mit der Verletztenrente verfolgten Zwecke - sachgerecht. Die Verletztenrente hat Einkommensersatzfunktion. Sie soll das Arbeitsentgelt oder -einkommen ersetzen, das ein erwerbsgeminderter Versicherter wegen des Versicherungsfalls nicht mehr erzielen kann (auch [X.], vgl [X.] <[X.]ammer> vom 15.2.1993 - 1 BvR 1754/92 - Juris Rd[X.] 7). Dies wird durch die §§ 82 f [X.]B VII erreicht. Zwar erwirtschaftet der betreuende Elternteil während des Erziehungsurlaubs, wenn er erwerbstätig ist, ein ersatzfähiges Einkommen. Dieses ist zwar nicht so hoch wie das durch eine Vollzeiterwerbstätigkeit erzielte Einkommen, das Entgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung hat die Erwerbssituation der Familie aber in diesem zeitnah zum Versicherungsfall liegenden [X.]raum auch nicht geprägt. Mit Eintritt des Versicherungsfalls hat sich das Familieneinkommen deshalb nicht in dem Maße verschlechtert, in dem es sich verschlechtert hätte, wenn Entgelt aus einer Vollzeittätigkeit entfallen wäre ([X.] <[X.]ammer> vom [X.] - 1 BvR 2712/09 - Juris Rd[X.] 8).

Art 3 Abs 1 [X.] verpflichtet den Gesetzgeber auch nicht, die in der Gewährung von Erziehungsurlaub liegende familienpolitische Förderung auch in anderen Regelungszusammenhängen - hier bei der Gewährung [X.]r Leistungen - uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl zur Berücksichtigung des Erziehungsurlaubs bei der Berechnung von Arbeitslosengeld: [X.] <[X.]ammer> vom 11.3.2010 - 1 BvR 2909/08 - NZS 2010, 626; [X.] vom 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03 - [X.][X.] 4, 215, 218 f). Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, [X.]en, in denen der Bezieher von Verletztenrente aufgrund der Betreuung eines [X.]indes lediglich ein Entgelt aus Teilzeittätigkeit erwirtschaftet, bei der Berechnung von Verletztenrente über § 82 Abs 1 [X.]B VII oder § 87 Satz 1 [X.]B VII unberücksichtigt zu lassen oder gar von dem Entgelt einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen.

bb) Schließlich liegt eine Ungleichbehandlung der Bezieher von Verletztenrente gegenüber den Beziehern anderer Sozialleistungen nicht vor. Der Gesetzgeber stellt vielmehr auch bei der Bemessung anderer Sozialleistungen auf vergleichsweise kurze Referenzzeiträume ab. Dies hat zur Folge, dass auch bei anderen Sozialleistungen mit Entgeltersatzfunktion [X.]en verminderten Einkommens in der Phase der [X.]indererziehung nicht ausgeglichen werden.

Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes [X.]) sieht § 130 Abs 3 [X.] 1 [X.]B III eine Erweiterung des [X.] auf zwei Jahre ausnahmsweise dann vor, wenn der im Regelbemessungsrahmen gemäß § 130 Abs 1 Satz 2 [X.]B III liegende Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (zu den Motiven: BT-Drucks 15/1515 [X.] ). Daraus folgt in Verbindung mit dem in § 130 Abs 1 Satz 1 [X.]B III geregelten Grundsatz, wonach der Bemessungszeitraum nur von Entgeltabrechnungszeiträumen "im Bemessungsrahmen" (nach Satz 2 aaO das Jahr bis zum letzten Tag des [X.] vor der Entstehung des Anspruchs auf [X.] gebildet werden kann, dass der Bemessung keine [X.]en mit Anspruch auf Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden können, die nicht wenigstens in einer Frist von zwei Jahren vor dem Versicherungsfall liegen (vgl zu der Berechnung nach Erziehungszeiten: B[X.] vom [X.]/7a [X.] - Juris Rd[X.] 25 f; zur Vereinbarung mit dem [X.]: [X.] <[X.]ammer> vom 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03).

Das [X.]rankengeld ([X.]rg) wird nach dem Regelentgelt bemessen. Das ist das Entgelt, das während des letzten, mindestens vier Wochen umfassenden, vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit liegenden [X.] erzielt worden ist (§ 47 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 [X.]B V). Der Anspruch auf [X.]rg ruht allerdings, solange Versicherte Elternzeit nach dem [X.] in Anspruch nehmen (§ 49 Abs 1 [X.] 2 [X.]B V), es sei denn, das [X.]rg ist aus einem Entgelt zu berechnen, das aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der Elternzeit erzielt worden ist. Auch hier ist also nur das Entgelt zu ersetzen, das während der Elternzeit tatsächlich erzielt worden ist.

Für die Berechnung des Elterngeldes regelt § 2 [X.], dass dieses in Höhe von [X.] des in den zwölf [X.]alendermonaten vor der Geburt des [X.]indes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 € monatlich für zwölf, beziehungsweise vierzehn Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 [X.] bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des [X.]indes zugrunde zu legenden Monate jene [X.]alendermonate unberücksichtigt, während denen Elterngeld für ein älteres [X.]ind oder Mutterschaftsgeld nach der [X.] oder dem Gesetz über die [X.]rankenversicherung für Landwirte bezogen wurde. Unberücksichtigt bleiben auch Monate, in denen wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden [X.]rankheit Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist. Einbezogen werden dagegen Monate, in denen der berechtigte Elternteil Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommen hat.

Gegenüber den hier dargestellten Entgeltersatzleistungen hat die Verletztenrente zwar eher den Charakter einer auf Dauer angelegten Leistung. Sie wird gezahlt, wenn und solange die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert ist (§ 56 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII). Bis zu drei Jahre lang kann die Rente als vorläufige Entschädigung festgesetzt werden (§ 62 Abs 1 Satz 1, Abs 2 [X.]B VII). Nach dieser [X.] sind Änderungen nur nach Maßgabe der §§ 73 [X.]B VII, 48 [X.]B X möglich. Ist eine MdE auf Dauer eingetreten, die eine Besserung nicht erwarten lässt, ist die Verletztenrente auf Dauer zu leisten. Die Rente unterscheidet sich insofern vom [X.], dessen Anspruchsdauer auf sechs bis höchstens 24 Monate begrenzt ist (§ 127 [X.]B III), und vom [X.]rg, das für dieselbe Erkrankung auf 78 Wochen in drei Jahren begrenzt ist (§ 48 Abs 1 Satz 1 [X.]B V). Der Charakter der Verletztenrente als einer eher auf Dauer angelegten Leistung vermag den Gesetzgeber aber nicht zu verpflichten, für die Bemessung einer solchen Leistung zwingend einen längeren Bemessungszeitraum als ein Jahr zugrunde zu legen. Vielmehr ist der Gesetzgeber nur gehalten, ein sachgerechtes [X.]onzept für die Bemessung der Leistung zu wählen und von diesem dann nicht aus sachlich nicht zu rechtfertigenden Gründen abzuweichen. Das ist hier nicht geschehen.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 2 U 24/10 R

15.09.2011

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Dortmund, 19. Dezember 2008, Az: S 21 U 189/05, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, Art 6 Abs 4 GG, § 82 Abs 1 S 1 SGB 7, § 84 S 1 SGB 7, § 84 S 2 SGB 7, § 87 S 1 SGB 7, § 87 S 2 SGB 7, § 14 Abs 1 SGB 4, § 15 SGB 4

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 15.09.2011, Az. B 2 U 24/10 R (REWIS RS 2011, 3351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3351

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 2712/09

1 BvL 11/07

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1 BvR 2909/08

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