Bundessozialgericht, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 7/15 R

1. Senat | REWIS RS 2015, 12357

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - Anspruch einer Krankenkasse auf Erstattung ohne Rechtsgrund geleisteter Krankenhausvergütung - Krankenhaus kann Einwand unzulässiger Rechtsausübung nicht allein auf Zeitablauf stützen


Leitsatz

Ein Krankenhaus kann gegenüber einem Anspruch der Krankenkasse auf Erstattung ohne Rechtsgrund geleisteter Krankenhausvergütung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung nicht allein auf den Zeitablauf stützen (Aufgabe von BSG vom 18.7.2013 - B 3 KR 22/12 R = SozR 4-2500 § 276 Nr 2; BSG vom 19.9.2013 - B 3 KR 31/12 R = SozR 4-2500 § 275 Nr 11).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3159,21 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Krankenhausvergütung.

2

Der Beklagte ist Träger eines [X.] nach § 108 Nr 2 [X.]B V. Er behandelte den bei der klagenden Krankenkasse ([X.]) versicherten [X.] (Versicherter) stationär vom 9. bis 20.8.2004. Der Versicherte leidet seit seiner Geburt an einer infantilen Zerebralparese mit beinbetonter Tetraparese, die bei ihm zu Gangstörungen wechselnden Ausmaßes führt. Er wurde mit einer Kombination aus manualmedizinischer und osteopathischer Technik begleitet von Krankengymnastik und physikalischer Therapie behandelt. Die Klägerin beglich den von dem Beklagten hierfür in Rechnung gestellten Betrag von 3159,21 Euro. [X.] lehnte die Klägerin - nach Vorlage ua auch des die Behandlung aus dem [X.] betreffenden Entlassungsberichts vom 13.9.2004 - die Übernahme der Kosten (2791,26 Euro) für eine weitere stationäre Behandlung des Versicherten vom 30.6. bis 11.7.2008 ab. Eine Indikation für eine Krankenhausbehandlung bestehe nicht. Nach dem Entlassungsbericht sei die letzte Behandlung rehabilitativ gewesen. Im darauf folgenden, die stationäre Behandlung vom 30.6. bis 11.7.2008 betreffenden Klageverfahren ([X.] - [X.] 204/08) hat die Klägerin im Wege der Widerklage einen Erstattungsbetrag in Höhe von 3159,21 Euro geltend gemacht (18.11.2008), weil vom 9. bis 20.8.2004 eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen sei. Das [X.] hat nach Trennung von Klage und Widerklage die Widerklage wegen Verwirkung abgewiesen (Urteil vom 19.10.2012). Das L[X.] hat das Urteil des [X.] aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von 3159,21 Euro nebst Prozesszinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe den Betrag ohne Rechtsgrund gezahlt, weil eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen sei. Der Erstattungsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt (Urteil vom 10.10.2013).

3

Der Beklagte rügt mit seiner Revision eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dem Erstattungsanspruch stehe der Verwirkungseinwand entgegen.

4

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 19. Oktober 2012 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des beklagten [X.] ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das [X.] das SG-Urteil aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von 3159,21 Euro nebst Prozesszinsen verurteilt. Die klagende [X.] hat nämlich Anspruch auf Erstattung dieses ohne Rechtsgrund gezahlten Betrags (dazu 1.). Einwendungen und Einreden gegen den Anspruch greifen nicht durch (dazu 2.). Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Prozesszinsen (dazu 3.).

8

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von 3159,21 Euro. Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, den die Klägerin zulässig im Wege der (echten) Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG geltend macht ([X.], vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 9 mwN; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]2; BSG [X.]-2500 § 115a [X.] Rd[X.]1), ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (zur Anwendung auf überzahlte [X.] vgl zB BSG [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.] 9; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 9 ff mwN, [X.]). Es ist der Klägerin - ungeachtet der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit höherrangigem Recht - landesvertraglich nicht verwehrt, diesen geltend zu machen (vgl § 15 Abs 4 S 1 des für [X.] abgeschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 2 [X.] vom 6.12.1996 in der Gestalt des Änderungsvertrages vom 19.8.1998 <[X.]>). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt [X.] voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl zB BSG [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.], [X.]). So liegt es hier. Die Klägerin zahlte dem Beklagten 3159,21 Euro ohne Rechtsgrund. Der Beklagte hatte keinen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten vom 9. bis 20.8.2004.

9

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.] erforderlich und wirtschaftlich ist ([X.], vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]1; [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]; [X.]-2500 § 109 [X.]7 Rd[X.] 9).

Die Krankenhausbehandlung des Versicherten war nicht erforderlich. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]8 ff; [X.], 300 = [X.]-2500 § 39 [X.], Rd[X.]6; [X.], 161 = [X.]-2500 § 39 [X.], Rd[X.]4). Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl [X.], 111 = [X.]-2500 § 39 [X.], Rd[X.]; [X.], 161 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]3). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung und damit auch kein Vergütungsanspruch des Krankenhauses. Nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) war für sämtliche Behandlungsmaßnahmen eine teilstationäre, ggf stationäre Rehabilitationsmaßnahme zweckmäßig und ausreichend. Die durchgeführten Therapiemaßnahmen, insbesondere die Man[X.]ltherapie und die Osteopathie, konnten ambulant durchgeführt werden. Zulässige und begründete Verfahrensrügen hat der Beklagte hiergegen nicht erhoben.

2. Einwendungen und Einreden gegen den Erstattungsanspruch greifen nicht durch. Die Klägerin leistete nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld (dazu a). Ihr kann nicht das prüfrechtliche Beschleunigungsgebot (dazu b) oder das Gebot der "Waffengleichheit" entgegengehalten werden (dazu c). Ihre Forderung war weder verjährt (dazu d) noch verwirkt (dazu e).

a) Die Erstattung ohne Rechtsgrund gezahlter [X.] ist nicht in entsprechender Anwendung des § 814 [X.] ausgeschlossen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete [X.] nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Zahlt eine [X.] vorbehaltlos auf eine Krankenhausrechnung, kann sie deshalb mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (vgl [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]0; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]7; zustimmend Wahl in jurisPK-[X.], 2. Aufl 2012, § 109 Rd[X.]0). Daran fehlte es indes. Die Klägerin zahlte die [X.] nach den [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld.

b) Auch auf § 275 Abs 1c [X.] ("prüfrechtliches Beschleunigungsgebot"), der mit Wirkung vom [X.] (Art 1 [X.] Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung vom [X.], [X.]) Einzelheiten und besondere Pflichten sowie eine sechswöchige Ausschlussfrist für die Einleitung einer Einzelfallprüfung normiert, kann der Beklagte seine Auffassung nicht stützen. Die Regelung galt im hier betroffenen Zeitraum noch nicht und ergreift nur Behandlungen, die nach dem [X.] begonnen haben (vgl BSG [X.]-2500 § 275 [X.] Rd[X.]). Im Übrigen erfasst die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit, nicht aber die Prüfung wegen sachlich-rechnerischer Richtigkeit, um die es vorliegend geht (vgl näher [X.] vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - Juris Rd[X.]6 ff für [X.] und [X.] vorgesehen). [X.]n sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von [X.] mit Blick auf eine Leistungsverweigerung oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 [X.]).

c) Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht den Rechtsgedanken der im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten "Waffengleichheit" entgegenhalten. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) folgende Gebot der "Waffengleichheit" (vgl zB [X.] 52, 131, 156 mwN) wirkt einer Ungleichgewichtslage zwischen den Parteien eines Prozesses entgegen (vgl zB [X.] 52, 131, 165; BVerfGK 14, 118 Rd[X.]), mag es auch von diesem Ausgangspunkt her ins materielle Recht ausstrahlen (etwa in den Grenzbereich: Beweislastregeln, vgl zB [X.] 52, 131, 144, 165; vgl [X.] in Festschrift für [X.] zum 65. Geburtstag 2008, [X.] ff). Gesetzliche Wertungen - hier insbesondere des [X.] zum Verhältnis zwischen Krankenhäusern und [X.]n - können mit einem schlichten Hinweis auf ein nicht weiter abgeleitetes und konkretisiertes, q[X.]si überpositives "Gebot der Waffengleichheit" nicht überspielt werden (eingehend dazu [X.] vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - für [X.] und [X.] vorgesehen).

d) Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht die Verjährung der Erstattungsforderung entgegenhalten. Der Anspruch einer [X.] gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt einer vierjährigen Verjährung ([X.], vgl zB [X.] 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]9; [X.] 98, 142 = [X.]-2500 § 276 [X.], Rd[X.]5; zur Verjährung des Vergütungsanspruchs vgl ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tage - B 1 KR 11/15 R - für [X.] vorgesehen). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung begann nach Ablauf des Jahres 2004. Sie beginnt nämlich entsprechend § 45 Abs 1 SGB I nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten [X.] entsteht bereits im Augenblick der Überzahlung (vgl zB [X.] 69, 158, 163 = [X.] 3-1300 § 113 [X.]; BSG [X.]-7610 § 204 [X.] Rd[X.]2 mwN; Guckelberger, [X.], 2004, [X.]), hier also mit der vollständigen Begleichung der Schlussrechnung im Oktober 2004. Die Klägerin hat am 18.12.2008 vor Eintritt der Verjährung Klage erhoben (§ 90 SGG) und hierdurch den Eintritt der Verjährung der Forderung gehemmt (§ 45 Abs 2 SGB I analog iVm § 204 Abs 1 [X.] [X.]).

e) Der Anspruch ist ferner nicht verwirkt. Das [X.] passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (BSG [X.]-2500 § 264 [X.]; [X.] 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]7 mwN; [X.] vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - Juris Rd[X.]8), etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der [X.] erfolgt (BSG [X.]-2500 § 109 [X.]9; BSG [X.]-2500 § 109 [X.]7). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor.

Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) ist auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete [X.] des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach [X.] und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat ([X.]), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde ([X.]; vgl [X.] 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]7; [X.], 22 = [X.]-2400 § 7 [X.]4, Rd[X.]6; BSG [X.]-2400 § 24 [X.] 5 Rd[X.]1; BSG [X.]-2600 § 243 [X.] Rd[X.]6; BSG [X.]-4200 § 37 [X.] Rd[X.]; BSG [X.] 3-2400 § 4 [X.] 5 S 13; BSG, Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - Juris Rd[X.]9; [X.] vom [X.] - Juris Rd[X.]7; [X.] 80, 41, 43 = [X.] 3-2200 § 1303 [X.] 6 S 17 f; [X.] vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - [X.] 44, 478, 483, Juris Rd[X.]3; BSG [X.] 2200 § 520 [X.] S 7; [X.] vom [X.] - Juris Rd[X.]; [X.] 47, 194, 196 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 15; [X.] vom [X.] - 9 RV 238/71 - Juris Rd[X.]; vgl auch [X.], Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in [X.] , Der [X.] des [X.], 2012, [X.] ff, 167 f).

An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es vorliegend. Nach der [X.] Feststellung des [X.] (§ 163 SGG) gab es insbesondere keine Vereinbarung zwischen den Beteiligten, die die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs ausschloss. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechnung ohne Erklärung eines Vorbehalts zahlte, ergibt sich nichts anderes. § 15 Abs 1 S 1 [X.] schreibt ein Begleichen der Rechnung innerhalb von 15 Kalendertagen vor. Nach § 15 Abs 4 [X.] können Beanstandungen auch noch nach der Bezahlung geltend gemacht werden. Die Regelung fordert keine vorausgegangene Beanstandung oder die Erklärung eines Vorbehalts bei der Zahlung ([X.] vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - Juris Rd[X.]0; vgl auch Wahl in jurisPK-[X.], 2. Aufl. 2012, § 109 Rd[X.]0).

Der bloße Zeitablauf stellt kein die Verwirkung begründendes Verhalten dar. Der Umstand, dass die Klägerin bis kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. Hierdurch unterscheidet sich die Verwirkung von der Verjährung (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten Entscheidungen [X.] 51, 260, 262 = [X.] 2200 § 730 [X.] S 4; [X.] vom 30.10.1969 - 8 RV 53/68 - USK 6983 S 345, Juris Rd[X.]3; [X.] 38, 187, 194 = [X.] 2200 § 664 [X.] S 9; [X.] 34, 211, 214 = [X.] [X.]4 zu § 242 [X.]; [X.] 7, 199, 201; vgl auch [X.], 445, 446). Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (vgl [X.] vom [X.] - USK 80292 S 1312, Juris Rd[X.]2; [X.] 47, 194, 197 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 17; [X.] 45, 38, 48 = [X.]100 § 40 [X.] S 55). Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte.

Soweit die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG in obiter dicta eine abweichende Auffassung angedeutet hat (vgl BSG [X.]-2500 § 276 [X.] Rd[X.]6 ff; BSG [X.]-2500 § 275 [X.]1 Rd[X.]1), gibt der erkennende 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung aus Gründen der Klarstellung auf. Der 3. Senat des BSG ist für das Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser nicht mehr zuständig.

3. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag ab dem [X.] (18.12.2008). Für die Rechtsbeziehungen der [X.]n zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des [X.] entsprechend, soweit nicht in den [X.] nach § 112 [X.] etwas anderes geregelt ist ([X.], vgl zuletzt nur BSG [X.]-7610 § 204 [X.] Rd[X.]5; [X.] vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - Juris Rd[X.]3). Die sinngemäße Anwendung des § 15 Abs 1 S 3 [X.] durch das [X.] ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSG [X.]-2500 § 69 [X.] 7).

4. [X.] folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 7/15 R

21.04.2015

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Dortmund, 19. Oktober 2012, Az: S 8 KR 259/09, Urteil

§ 39 Abs 1 S 2 SGB 5, § 112 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB 5, § 242 BGB, § 45 Abs 1 SGB 1

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 7/15 R (REWIS RS 2015, 12357)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12357

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