LG Berlin, Urteil vom 21.12.2021, Az. 4 O 381/20

4. Zivilkammer | REWIS RS 2021, 124

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Gegenstand

Zum Gegenstand des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO


Tenor

  1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des [X.] in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden [X.] mit der Versicherungsnummer … unwirksam sind:
    1. im [X.] die Erhöhung zum 01.05.2017 in Höhe von 16,14 €
    2.  im [X.] Risikozuschlag die Erhöhung zum 01.05.2017 in Höhe von 0,97 €
    3. im [X.] die Erhöhung zum 01.05.2020 in Höhe von 29,97 €
    4. im [X.] Risikozuschlag die Erhöhung zum 01.05.2020 in Höhe von 1,80 € und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen [X.] verpflichtet ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 909,24 [X.] nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. März 2021 zu zahlen.
  3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 19. März 2021 aus den vom Kläger auf die unter Ziffer 1 aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat.
  4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  5. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5 zu tragen.
  6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des [X.]. Der Kläger unterhielt in dieser privaten Krankenversicherung jedenfalls den [X.] [...].

In den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009 unter I, Anlage [X.] 4) und den [X.] (unter II) heißt es unter § 8b Beitragsanpassung:

I.

(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als den gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch eine betragsmäßig festgelegte Selbstbeteiligung angepasst und ein vereinbarter Risikozuschlag entsprechend geändert werden[...]

(2) Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen [X.]...]

II.

Zu § 8b Abs. 1 MB/KK

Die Gegenüberstellung der erforderlichen mit einkalkulierten Versicherungsleistungen sowie den Sterbewahrscheinlichkeiten wird für den gesamten Versicherungsbestand des Tarifs vorgenommen und erfolgt getrennt für jede Beobachtungseinheit (Männer, Frauen, Kinder/Jugendliche). Wenn dabei die erforderlichen Versicherungsleistungen um mehr als 5% von einkalkulierten abweichen, können, wenn sie um mehr als 10% abweichen, müssen die Beiträge dieser Beobachtungseinheit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Weichen die erforderlichen Sterbewahrscheinlichkeiten von den kalkulierten um mehr als 5% ab, so müssen die [X.] dieser Beobachtungseinheit überprüft werden.

Die Beklagte informierte den Kläger mit [X.] über die in der Klageschrift ausdrücklich aufgeführten Beitragsanpassungen. Wegen des Inhalts der [X.] wird auf das [X.] [X.] 6 Bezug genommen.

Der Kläger hält die ausdrücklich aufgeführten Beitragsanpassungen für unrechtmäßig und erhebt wegen möglicher weiterer Beitragsanpassungen Stufenklage (Auskunft, Feststellung und Leistung).

Er beantragt,

  1. festzustellen, dass folgende Erhöhungen des [X.] in der zwischen der [X.]eite und der Beklagten bestehenden [X.] mit der Versicherungsnummer [...] unwirksam sind:
    1. im [X.] [...] die Erhöhung zum 01.05.2017 in Höhe von 16,14 €
    2. im [X.] [...] Risikozuschlag die Erhöhung zum 01.05.2017 in Höhe von 0,97 €
    3. im [X.] [...] die Erhöhung zum 01.05.2020 in Höhe von 29,97 €
    4. im [X.] [...] Risikozuschlag die Erhöhung zum 01.05.2020 in Höhe von 1,80 € und die [X.]eite nicht zur Zahlung des jeweiligen [X.] verpflichtet, sowie der Gesamtbeitrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen auf insgesamt 249,54 € € zu reduzieren ist;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die [X.]eite 909,24 € € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, der [X.]eite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen [X.], 2012, 2013, 2014, 2015, zur Versicherungsnummer [...] vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
    • die Höhe der Beitragserhöhungen für die [X.], 2012, 2013, 2014, 2015, unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der [X.]eite,
    • die der [X.]eite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Anschreiben und Nachträgen zum Versicherungsschein der [X.], 2012, 2013, 2014, 2015, sowie
    • die der [X.]eite zum Zwecke der Beitragserhöhung übermittelten Begründungen sowie Beiblätter der [X.], 2012, 2013, 2014, 2015;
  4. festzustellen, dass alle einseitigen Erhöhungen in den Krankenversicherungstarifen der [X.]eite, die die Beklagte gegenüber der [X.]eite im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses zur Versicherungsnummer [...] der [X.], 2012, 2013, 2014, 2015, vorgenommen hat, und die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu Ziffer 3) noch genauer zu bezeichnen sind, unwirksam sind und die [X.]eite nicht zur Zahlung des jeweiligen [X.] verpflichtet ist, sowie, dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 3) noch genau zu beziffernden Betrag zusätzlich zum Klageantrag zu 1) zu reduzieren ist;
  5. die Beklagte zu verurteilen, an die [X.]eite einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 3) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
  6. festzustellen, dass die Beklagte
    1. der [X.]eite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die [X.]eite auf die unter 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,
    2. der [X.]eite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die [X.]eite auf die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 3) noch genauer zu bezeichnenden Beitragserhöhungen gezahlt hat,
    3. die nach 6 a) und 6 b) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat;
  7. die Beklagte zu verurteilen, an die [X.]eite einen Betrag in Höhe von 372,94 € € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der [X.] seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der Klage dem Grunde und der Höhe nach entgegen. Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage verwiesen


Entscheidungsgründe

1

Die Klage hat im Wesentlichen Erfolg, soweit sie [X.]h gegen die im [X.] zu 1 aufgeführten Beitragsanpassungen wendet und hierauf [X.] und Zahlungsansprüche stützt. Die Stufenklage ist unzulässig, das Auskunftsbegehren unbegründet.

2

1. Der Klageantrag zu 1 ist begründet. Die Beklagte war zu den Beitragsanpassungen im [X.] [...] zum 1. Mai 2017 und zum 1. Mai 2020 (jeweils Beitrag und Risikozuschlag) nicht berechtigt. Unmittelbar und allein auf § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] kann die Beklagte [X.]h nicht stützen, weil der auslösende Faktor jeweils 10% nicht überstieg, sondern lediglich mehr als 5% betrug (5,1% bzw. 6,4%). Soweit in § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] geregelt ist, dass in den allgemeinen Ver[X.]herungsbedingungen auch ein geringerer Prozentsatz vorgesehen werden kann, fehlt es an einer derartigen wirksamen Klausel. Denn die von der Beklagten allein geltend gemachte [X.] zu § 8b Abs. 1 MB/KK, wonach eine Anpassung entsprechend den Regelungen des § 8b MB/KK bereits dann erfolgen kann, wenn eine Abweichung von mehr als 5% festgestellt wird, ist unwirksam.

3

Die Unwirksamkeit dieser Tarifbedingung folgt allerdings nicht schon daraus, dass gemäß § 8b Abs. 2 Teil [X.]/KK von einer Beitragsanpassung abgesehen werden „kann“, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Ver[X.]herer und den [X.]händer die Veränderung der Ver[X.]herungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist (so aber [X.], 95). Die etwaige Unwirksamkeit der [X.] des § 8b Abs. 2 [X.]/[X.] ergreift nicht die [X.]. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der [X.] die [X.]. Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit die Möglichkeit ihrer Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist dagegen immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. blue-pencil-test; [X.] [X.], 696 Rn. 64). So liegt es hier.

4

Bei Annahme einer unzulässigen Abweichung zwischen der Kann-Bestimmung in § 8b Abs. 2 [X.]/[X.] und der Regelung in § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.], wonach bei nur vorübergehender Veränderung der Ver[X.]herungsleistungen von einer Prämienanpassung abzusehen ist, würde zwar eine Regelungslücke entstehen. Diese würde indessen durch die zwingende Gesetzesvorschrift des § 155 Abs. 2 Satz 3 [X.] ausgefüllt werden, auf die § 203 Abs. 2 Satz 4 [X.] verweist. Auf diese Weise könnte § 8b Abs. 2 [X.]/[X.] im Sinne des [X.] gestrichen werden, ohne dass die Verständlichkeit oder Sinnhaftigkeit des § 8b Abs. 1 Satz 3 [X.]/[X.] darunter leidet ([X.], [X.], [X.], 829 juris Rn. 68; [X.], Urteil vom 28. April 2021 - 18 O 249/20, juris Rn. 60; [X.], [X.]. zu [X.], 95). Hinzu kommt, dass nach § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] in den allgemeinen Ver[X.]herungsbedingungen lediglich ein geringerer Prozentsatz (statt mehr als 10%) als auslösender Faktor vorzusehen und hiernach nicht erforderlich ist, dass das gesamte Prämienanpassungsverfahren bedingungsgemäß geregelt wird.

5

Die Unwirksamkeit der Klausel des § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I ergibt [X.]h allerdings aus Folgendem: Der Wortlaut der Klausel, wonach bereits bei einem auslösenden Faktor von mehr als 5% eine Anpassung erfolgen „kann“, weicht von der Vorschrift des § 203 Abs. 2 Satz 4 [X.] iVm. § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] ab, wonach bei Vorliegen des - gesetzlichen oder in den Allgemeinen Ver[X.]herungsbedingungen vorgesehenen - auslösenden Faktors der Ver[X.]herer alle Prämien dieses Tarifs zu überprüfen und, wenn die Abweichung nicht nur als vorübergehend anzusehen ist, mit Zustimmung des [X.]händers anzupassen „hat“. Die [X.] sieht demgegenüber einen Spielraum des Ver[X.]herers vor, weicht damit von der [X.] des § 203 Abs. 2 Satz 4 [X.] iVm. § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] ab und ist folglich gemäß § 208 Satz 1 [X.] unwirksam. Die Vorschrift des § 203 Abs. 2 Satz 4 [X.] iVm. § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist dabei entsprechend ihrem Wortlaut als [X.] auszulegen ([X.] VersR 2005, 489 = [X.]Z 159, 323-334 Rn. 18 zu § 12b [X.] a. F.; [X.], Urteil vom 22. September 2020 - I-9 U 237/19 -, Rn. 66, juris; [X.], in [X.]/[X.]/[X.], Private Krankenver[X.]herung, § 31. Prämienanpassung Rn. 97; [X.] [X.]/[X.], [X.]. 05.11.2021, [X.] § 203 Rn. 23a; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], 6. Aufl. 2019, [X.], § 155 Rn. 18; [X.] in: [X.], [X.], 9. Aufl. 2020, § 203 Rn. 28 f.; wohl auch [X.] in [X.]/Dreher, [X.], 13. Aufl. 2018, § 155 Rn. 16; a. A. [X.] VersR 2018, 143 Rn. 30 ff.; [X.], in Langheid/[X.]. 2017, [X.] § 203 Rn. 808; [X.], in Langheid/Rixecker [X.] § 203 Rn. 23a; [X.] [X.]/[X.], [X.]. 1.12.2020, [X.] § 155 Rn. 48; [X.], 449, 450). Der Annahme einer [X.] steht die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/6959, Seite 62 = [X.]. 23/94, Seite 184) nicht entgegen. In der Gesetzesbegründung heißt es u. a.:

„Die Ver[X.]herungsunternehmen können allerdings - zur Vermeidung großer Prämiensprünge - in den Ver[X.]herungsbedingungen einen geringeren Schwellenwert mit der Maßgabe festlegen, dass sie berechtigt ([X.]) sind, bereits beim Überschreiten dieses geringeren Wertes die Prämien zu überprüfen und ggf. anzupassen.“

6

Soweit hiernach bei der Überschreitung eines ausbedungenen Schwellenwerts von nicht mehr als 10% der Ver[X.]herer lediglich „berechtigt“ ist, die Prämien zu überprüfen und anzupassen, handelt es [X.]h nur um eine auf[X.]htsrechtliche Diktion im Sinne einer Kompetenzuweisung an den Ver[X.]herer. Für die auf[X.]htsrechliche Lesart spricht auch, dass die Gesetzesbegründung nicht vom Ver[X.]herer, sondern - in auf[X.]htsrechtlicher Terminologie - vom Ver[X.]herungsunternehmen spricht. Im Übrigen folgt aus einer Berechtigung zur Anpassung noch nicht das Ermessen, von der Anpassung abzusehen. Ein derartiges Ermessen ist auch nicht Gegenstand der Gesetzesbegründung.

7

Schließlich wird die Annahme einer [X.] in Gestalt des § 203 Abs. 2 Satz 4 [X.] iVm. § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] durch § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.] bestätigt, der lautet: „Wird der in den Ver[X.]herungsbedingungen festgelegte Prozentsatz überschritten, jedoch von einer Neukalkulation abgesehen, so sind die Gegenüberstellungen der tatsächlichen und der rechnungsmäßigen Ver[X.]herungsleistungen der letzten vier Beobachtungszeiträume auf der Grundlage der aktuell gültigen Rechnungsgrundlagen beizufügen.“ Damit kommt zum Ausdruck, dass auch bei einem Überschreiten des (nur) in den Ver[X.]herungsbedingungen festgelegten Schwellenwerts der Ver[X.]herer nicht frei ist, von einer Neukalkulation abzusehen, sondern auch insoweit der Auf[X.]ht unterliegt. Er muss dabei nicht etwa seine Ermessensausübung im Sinne von “der Ver[X.]herer kann überprüfen“ rechtfertigen, sondern die Gegenüberstellungen der tatsächlichen und der rechnungsmäßigen Ver[X.]herungsleistungen der letzten vier Beobachtungszeiträume auf der Grundlage der aktuell gültigen Rechnungsgrundlagen beifügen. Während für die Berechnung des auslösenden Faktors nur die letzten drei Beobachtungszeiträume zugrunde zu legen sind (§ 15 Abs. 2 [X.]), muss der Ver[X.]herer, der trotz Überschreitung des ausbedungen [X.] von einer Neukalkulation absehen will, die Unterlagen für die letzten vier Beobachtungszeiträume der Auf[X.]htsbehörde vorlegen. Diese durch einen vierten Beobachtungszeitraum ergänzte [X.] dient er[X.]htlich nur der Überprüfung, ob die Abweichung als nur vorübergehend anzusehen ist (§ 155 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Daraus folgt, dass der Ver[X.]herer nur für diesen Fall, aber nicht in sonstiger Ermessensausübung, bei Überschreiten des [X.] Schwellenwerts davon absehen darf, die Beiträge zu überprüfen und ggf. anzupassen.

8

Dass es [X.]h bei der [X.] des § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I demgegenüber um eine [X.] im Sinne einer Ermessensregelung handelt, folgt aus dem für die Klauselauslegung geltenden Maßstab. Allgemeine Ver[X.]herungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Ver[X.]herungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durch[X.]ht und unter Berück[X.]htigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die [X.] eines Ver[X.]herungsnehmers ohne ver[X.]herungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen ([X.] [X.], 900 Rn. 21).

9

Hieran gemessen ist dem § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I (“können“) ein Ermessen des Ver[X.]herers zu entnehmen. Bereits der [X.] (“können“) enthält eine Kann-Bestimmung und deutet damit auf ein Ermessen des Ver[X.]herers hin, der die Prämien unter den von der Klausel erfassten Umständen überprüfen und anpassen kann, es aber auch, etwa aus ökonomischen Gründen, unterlassen kann. Diese [X.] kann nicht im Sinne einer historischen Auslegung als Ausdruck einer vom Verwaltungsrecht geprägten Auf[X.]htsrechtssprache und damit lediglich als Kompetenzzuweisung an den Ver[X.]herer verstanden werden (so aber [X.], [X.], [X.], 829). Der durchschnittliche Ver[X.]herungsnehmer kennt weder die Auf[X.]htsrechtssprache noch die Vorgängerklausel des 8b Abs. 1 [X.]/KK. Der durchschnittliche Ver[X.]herungsnehmer wird folglich zunächst den ihm allein zugänglichen Wortlaut des § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I in den Blick nehmen und feststellen, dass in diesem Satz zwei unterschiedliche Schwellenwerte für das Anpassungsverfahren definiert werden, für die unterschiedliche Rechtsfolgen gelten: Bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten um mehr als 5% „können“, bei einer Abweichung von mehr als 10% „müssen“ die [X.] dieser Beobachtungseinheit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Bereits diese Gegenüberstellung von können (bei einer Abweichung von mehr als 5%) und müssen (bei einer Abweichung von mehr als 10%) verdeutlicht, dass im ersten Fall Ermessen gilt, das im zweiten Fall nicht gelten soll. Der verständige Ver[X.]herungsnehmer erkennt somit, dass der eine Kann-Bestimmung enthaltende Satz 2 der [X.] eine Bedeutung haben muss, die [X.]h nicht in der Nennung des auslösenden Faktors von 5% erschöpft. Anderenfalls hätte der Ver[X.]herer einfach formuliert: In allen Tarifen beträgt der für den Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Ver[X.]herungsleistungen maßgebliche Schwellenwert 5%. In diesem Fall wäre die Überprüfung nach 8b Abs. 1 Satz 3 [X.]/[X.] auch schon bei einem auslösenden Faktor von mehr als 5% zwingend.

10

Der durchschnittliche Ver[X.]herungsnehmer wird sodann den Sinn dieser unterschiedlichen Regelung suchen. Die Lektüre des § 8b Abs. 2 [X.]/[X.], wonach bei einer nur vorübergehenden Veränderung der Ver[X.]herungsleistungen von einer Beitragsanpassung abgesehen werden kann, zeigt ihm, dass der Grund für die Kann-Bestimmung jedenfalls nicht in der Möglichkeit liegt, bei vorübergehender Veränderung dieser Ver[X.]herungsleistungen auf eine Beitragsanpassung zu verzichten. Denn die im selbständigen Absatz aufgenommene Klausel des 8b Abs. 2 [X.] gilt nach dem Zusammenhang für den gesamten vorausgehenden Absatz 1, also unabhängig von der Höhe des auslösenden Faktors. Unter diesen Umständen wird der durchschnittliche Ver[X.]herungsnehmer den Sinn dieser unterschiedlichen Behandlung des Anpassungsverfahrens - [X.] beim auslösenden Faktor von mehr als 10%, Kann-Bestimmung beim auslösenden Faktor von mehr als 5%, aber nicht mehr 10% - in der unterschiedlichen Höhe dieser Faktoren und damit in der zu vermutenden wirtschaftlichen Bedeutung des Überprüfungs- und Anpassungsverfahrens sehen. Auch diese Annahme spricht für ein Ermessen des Ver[X.]herers in den Fällen, in denen der auslösende Faktor (mehr als 5%, aber nicht mehr als 10%) weniger bedeutsam erscheint.

11

Die Abweichung der [X.] in § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I von der [X.] in § 203 Abs. 2 Satz 4 [X.] iVm. § 155 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist für den Ver[X.]herungsnehmer nachteilig und daher nach § 208 Satz 1 [X.] unwirksam. Denn die [X.] führt dazu, dass beim auslösenden Faktor von mehr 5% und nicht mehr 10% der Ver[X.]herer nach seinem Ermessen entscheiden kann, ob er die Prämien erhöht, aber zu deren Überprüfung und Anpassung nicht gezwungen ist, wenn [X.]h eine Prämiensenkung ergeben würde. Auf diese Weise droht dem Ver[X.]herungsnehmer im Bereich des auslösenden Faktors von mehr als 5% und nicht mehr als 10% im Ergebnis eine einseitige Prämienerhöhung. Wie aus § 155 Abs. 3 Satz 5 [X.] (“eine Erhöhung oder eine Senkung der [X.]...]erforderlich“) folgt, gilt demgegenüber die Verpflichtung zur Prämienanpassung auch für die Prämiensenkung ([X.] in: [X.], [X.], 9. Aufl. 2020, § 203 Rn. 29; [X.] in [X.]/Dreher, [X.], 13. Aufl. 2018, § 155 Rn. 93; [X.], in [X.]/[X.], [X.], 31. Aufl., § 203 Rn. 19).

12

Selbst im Falle von noch verbleibenden [X.] führt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB dazu, dass die vorstehende Auslegung der Kann-Bestimmung in § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I im Sinne einer Ermessensregelung anzuwenden ist. Sind - wie hier unterstellt - mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregelung des 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Danach ist die scheinbar „kundenfeindlichste“ Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie häufig erst die Inhaltskontrolle eröffnet bzw. zu einer unangemessenen Benachteiligung oder Gesetzesabweichung und damit zur Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel führt ([X.]Z 207, 176-189, Rn. 19; [X.]Z 205, 220-228 Rn. 12). Nach diesem Maßstab ist § 8b Satz 2 [X.]/[X.]I kundenfeindlich als Ermessensregelung auszulegen und damit wegen Gesetzesverstoßes nach § 208 Satz 1 [X.] unwirksam.

13

Etwas anderes ergibt [X.]h auch nicht aus der Entscheidung des [X.] vom 22. September 2004-IV ZR 97/03 - ([X.], 1446, juris Rn. 24), die zu einer nahezu identischen Bedingung erfolgt ist und diese für wirksam erachtet hat. Denn die Entscheidung ist noch zu [X.] / [X.] alter Fassung ergangen, als Beitragserhöhungen durch die Auf[X.]htsbehörde genehmigt wurden und auch hin[X.]htlich der Voraussetzungen für eine Beitragsanpassung andere Regelungen galten. Da zwischenzeitlich eine Rechtsänderung im Verfahren der Beitragserhöhung zuletzt mit der [X.] Reform 2008 erfolgt ist, bedarf es insoweit insgesamt einer Neubewertung. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 208 [X.] kann insoweit bei der Bewertung der Klausel nicht auf die Billigkeitsregelung in § 315 BGB zurückgegriffen werden und daher auch nicht auf die Entscheidung des [X.] zu einer anderen rechtlichen Gesamtregelung. Abgesehen davon hat der [X.] in dem angeführten Urteil (ebd. Rn. 24) darauf hingewiesen, dass die damals geltenden Regelungen „dem Ver[X.]herer einen Ermessensspielraum eröffnen“ und auch auf diese Weise „weniger strenge Vorgaben enthalten als die jetzt geltenden Rechtsvorschriften“, die auf den damaligen Streitfall indessen noch nicht anwendbar waren.

14

2. Der Klageantrag zu 2, mit dem der Kläger Rückzahlung der auf die unwirksamen Prämienanpassungen zum 1. Mai 2017 und zum 1. Mai 2020 gezahlten [X.] ab dem 1. Mai 2017 (Datum der ersten Zahlung auf die Beitragserhöhung) verlangt, ist begründet. Die Verjährungseinrede der Beklagten greift nicht durch. Auch die kurze Regelverjährung nach § 195 BGB von drei Jahren, die Ende 2017 begann (§ 199 Abs. 1 BGB, vgl. [X.], Urteil vom 17. November 2021 - [X.]/20 -, Rn. 44) und mit dem Schluss des Jahres 2020 endete, wurde durch Eingang der Klageschrift am 16. Dezember 2020 bei Gericht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Denn die Zustellung dieser Klageschrift ist am 19. März 2021 noch demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Zustellung einer Klage jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die durch den Kläger zu vertretende Verzögerung der Zustellung den [X.]raum von 14 Tagen nicht überschreitet; bei der Berechnung der [X.]dauer der Verzögerung ist auf die [X.]spanne abzustellen, um die [X.]h der ohnehin erforderliche [X.]raum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des [X.] verzögert ([X.] MDR 2011, 560). Zu diesem ohnehin erforderlichen [X.]raum für die Zustellung der Klage gehört auch die Einzahlung des [X.] (§ 12 GKG), wobei insoweit folgender [X.]raum mindestens ohnehin erforderlich ist und in die [X.] von 14 Tagen nicht einzurechnen ist:

15

- drei Werktage für die Anforderung des Kostenvorschusses beim Prozessbevollmächtigten für die Entgegennahme, Prüfung und Weiterleitung an die [X.] ([X.] MDR 2018, 177 Rn. 14); dabei wird der [X.] ausgeklammert ([X.] MDR 2015, 1028 Rn. 8);

16

- eine Woche zur Einzahlung des angeforderten [X.] ([X.] MDR 2018, 177 Rn. 9).

17

Danach überschreitet die dem Kläger zuzurechnende Zustellungsverzögerung den [X.]raum von 14 Tagen nicht: Die Gerichtskostenrechnung datiert vom 18. Januar 2021 (Vorblatt I) und ging damit frühestens am 18. Januar 2021 (Montag) beim Prozessbevollmächtigten des [X.] ein. Die Frist von drei Werktagen für die Entgegennahme, Prüfung und Weiterleitung an den Kläger begann am Folgetag (Dienstag) und endete frühestens am 21. Januar 2021 (Donnerstag). Die Wochenfrist zur Einzahlung des angeforderten [X.] endete damit am 28. Januar 2021 (Donnerstag). Tatsächlich wurde der Vorschuss erst am 5. Februar 2021 (Freitag) gutgeschrieben (Vorblatt I). Diese allein vom Kläger zu vertretende Verzögerung betrug acht Tage und überschreitet damit die [X.] von 14 Tagen nicht.

18

Auf die Beitragsanpassungen zum 1. Mai 2017 (Beitrag und Risikozuschlag) zahlte der Kläger erstmalig am 1. Mai 2017 und letztmalig am 21. Oktober 2020. Der Rückzahlungsanspruch beträgt daher (16,14 [X.]/Monat x 42 Monate + 0,97 [X.]/Monat x 42 Monate =) 718,62 [X.].

19

Auf die Beitragsanpassungen zum 1. Mai 2020 (Beitrag und Risikozuschlag) zahlte der Kläger erstmalig am 1. Mai 2020 und letztmalig am 21. Oktober 2020. Der Rückzahlungsanspruch beträgt daher (29,97 [X.]/Monat x 6 Monate + 1,80 [X.]/Monat x 6 Monate =) 190,62 [X.].

20

Der Klageantrag zu 2 ist daher - wie beantragt - in Höhe von (718,62 [X.] + 190,62 [X.] =) 909,24 [X.] begründet, und zwar nebst Rechtshängigkeitszinsen (§§ 288, 291 BGB) ab dem 20. März 2021. Ein Interesse an Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO) des [X.]h daraus ergebenden Gesamtbeitrages - wie weiter beantragt - ergibt [X.]h demgegenüber mit Blick auf mögliche weitere Beitragsanpassungen nicht.

21

3. Der Klageantrag zu 6a (Feststellung der Pflicht zur Herausgabe der Nutzungen) ist aus § 818 Abs. 2 BGB gerechtfertigt, allerdings auf die [X.] vor Eintritt der Verzinsungspflicht für die Hauptforderung beschränkt ([X.], Urteil vom 20. Oktober 2021 - [X.] -, Rn. 43). Der Zinsantrag (Sachantrag zu 6c) ist, auch soweit er [X.]h auf die vom Klageantrag zu 1 erfassten Prämienanpassungen bezieht, unbegründet. Die Vorschrift des § 291 BGB greift als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen bei einer Feststellungsklage nicht ein ([X.], Urteil vom 17. November 2021 - [X.]/20 -, Rn. 38, juris). Auf Verzugszinsen (§§ 288, 291 BGB) kann [X.]h die [X.] nicht stützen. Sie hat einen Verzug (§ 286 BGB) nicht dargetan. Insbesondere hat die [X.] auf Bestreiten der Beklagten nicht dargetan, ob, wann und in welchem Umfang sie vorgerichtlich die Beklagte zur Zahlung aufgefordert hat.

22

4. Die Anträge der Stufenklage - Klageanträge zu 3, 4, 5 und 6b und 6c (soweit nicht auf die Beitragsanpassungen zum Klageantrag zu 1 bezogen) - dringen nicht durch. Der Klageantrag zu 3 ist unbegründet, die Klageanträge zu 4, 5, 6b und 6c (soweit nicht auf die Beitragsanpassungen zum Klageantrag zu 1 bezogen) sind unzulässig.

23

Die Stufenklage ist unzulässig. Nach § 254 ZPO ist eine Stufenklage nur zulässig, wenn die Anträge dem Zwecke der Bestimmbarkeit eines Leistungsanspruchs dienen; nicht genügt, dass sie sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen zur Rechtsverfolgung verschaffen sollen ([X.]Z 189, 79-87, Rn. 10; [X.], Urteil vom 2. Oktober 2013 - 12 U 76/13, juris Rn. 78, 81). Hiernach ist die Stufenklage unzulässig. Denn das Auskunftsbegehren (Klageantrag zu 1) diente nicht lediglich der Bestimmbarkeit des [X.] und Zahlungsbegehrens (Klageanträge zu 2 und 3), sondern auch der Klärung, ob ein solcher Hauptanspruch überhaupt besteht.

24

Die danach unzulässige Stufenklage ist als Klagehäufung (§ 260 ZPO) umzudeuten ([X.]Z 189, 79-87, Rn. 13). Der danach selbständig und zulässig gestellte Auskunftsanspruch (Klageantrag zu 3) ist unbegründet, die Klageanträge zu 4, 5, 6b und 6c (soweit nicht auf die Beitragsanpassungen zum Klageantrag zu 1 bezogen) sind unzulässig.

25

Das [X.] (Klageantrag zu 3) greift nicht durch. Dem Kläger steht kein entsprechender Anspruch zu. Ein Auskunftsanspruch aus §§ 666, 662, 675 BGB scheidet aus, da zwischen den [X.]en kein Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis besteht oder bestand. Der Ver[X.]herungsvertrag stellt kein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 BGB dar, weil er [X.]h nicht auf eine Geschäftsbesorgung bezog, sondern auf die Ab[X.]herung des Krankheitskostenrisikos des [X.] (§ 1 Abs. 1 [X.]).

26

Der Auskunfts- und Herausgabeanspruch aus § 15 DS-GVO betrifft lediglich personenbezogene Daten, nicht aber Dokumenten, die Vertragserklärungen enthalten. Zwar ist der Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DS-GVO weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die [X.]h auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen; davon wären auch [X.] erfasst, die den Namen des [X.] enthalten. Ein derartiges am Wortlaut haftendes Verständnis ist mit dem Zweck des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO unvereinbar. Die Auskünfte, die eine natürliche Person nach Art. 15 DS-GVO fordern kann, dienen primär dazu, ihr die Wahrnehmung der weiteren Rechte aus der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16, auf Löschung nach Art. 17 und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18. Zwar mag eine Auskunft über personenbezogene Daten auch Erkenntnisse und Indizien hervorbringen, die einen Anspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder zumindest nahelegen können. Dabei handelt es aber nicht um den eigentlichen Zweck der DS-GVO, sondern um einen bloß zufälligen Nebeneffekt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die DS-GVO gezielt dazu geschaffen worden wäre, die grundsätzliche Struktur des [X.] Zivilprozessrechts, die jedem Anspruchsteller die Darlegung und den Beweis der ihm günstigen Tatsachen auferlegt, umzukehren ([X.] r+s 2021, 97 Rn. 73, [X.]). Danach sind die vorliegend antragsgegenständlichen Auskünfte nicht mehr als personenbezogen (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO) zu verstehen, sondern als vertragsbezogen.

27

Das Auskunftsbegehren kann auch nicht auf § 3 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 [X.] gestützt werden, da diese Vorschriften [X.]h nur auf einen Ver[X.]herungsschein (§ 3 Abs. 3 [X.]) oder auf Erklärungen des Ver[X.]herungsnehmers beziehen, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat (§ 3 Abs. 4 [X.]).

28

Aus § 810 BGB folgt nur ein Ein[X.]htsanspruch, kein Auskunftsanspruch.

29

Der Auskunftsanspruch ist auch nicht nach [X.] und Glauben (§ 242 BGB) zu rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] besteht nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen (§ 242 BGB) innerhalb bestehender vertraglicher Beziehungen eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte entschuldbar über das Bestehen oder über den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es ist bereits nicht er[X.]htlich, warum der Kläger außerstande ist, die vergangene Beitragsanpassungen, etwa nach Maßgabe von Kontobewegungen, zu rekonstruieren.

30

Die als selbstständig gestellt umzudeutenden Anträge auf Feststellung, Zahlung, Nutzungsherausgabe und Verzinsung - Klageanträge zu 4, 5, 6b und 6c - soweit nicht auf die Beitragsanpassungen zum Klageantrag zu 1 bezogen - sind unzulässig, sie es weder den Gegenstand der begehrten Feststellung oder Nutzungsherausgabe noch die Höhe der begehren Zahlung bezeichnen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

31

5. Der Klageantrag zu 7 (Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten) ist unbegründet. Die [X.] hat einen Verzug (§ 286 BGB) nicht dargetan. Insbesondere hat die [X.] auf Bestreiten der Beklagten nicht dargetan, ob, wann und in welchem Umfang sie vorgerichtlich die Beklagte zur Zahlung aufgefordert hat. Die [X.] kann vorgerichtliche Anwaltskosten auch nicht aus Pflichtverletzung aus Vertrag (§ 280 Abs. 1 BGB) erstattet verlangen. Es fehlt am Verschulden der Beklagten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass eine Vertragspartei, die ein ihr nicht zustehenden Gestaltungsrecht ausübt, die darin liegende Pflichtverletzung erst dann im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat, wenn sie die von ihr mit der Rechtsausübung geltend gemachte Rechtsposition nicht als plausibel ansehen durfte ([X.] NJW 2009, 1262 juris Rn. 20). Dieser für vertragliche Gestaltungsrechte geltenden Haftungsmaßstab ist nach Sinn und Zweck auch für die Beitragsanpassung anzuwenden, weil auch hiermit ein gesetzliches oder bedingungsgemäßes Recht ausgeübt wird (vgl. § 203 Abs. 2 [X.]). Hieran gemessen fehlt es am Verschulden. Denn ex [X.] durfte die Beklagte von der Richtigkeit der streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ausgehen und sie damit als plausibel ansehen, und zwar auch zur wirksamen Ausbedingung des auslösenden Faktors (§ 155 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Denn die Wirksamkeit dieser [X.] ist - wie dargelegt - umstritten und vom [X.] noch nicht geklärt.

32

[X.] beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; der [X.] folgt dem § 709 ZPO.

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4 O 381/20

21.12.2021

LG Berlin 4. Zivilkammer

Urteil

Sachgebiet: O

Zitier­vorschlag: LG Berlin, Urteil vom 21.12.2021, Az. 4 O 381/20 (REWIS RS 2021, 124)

Papier­fundstellen: BeckRS 2021, 40428 REWIS RS 2021, 124

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