Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.09.2016, Az. 2 BvR 2193/15

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2016, 4997

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Nichtzulassung der zivilprozessualen Revision trotz Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage verletzt Art 101 Abs 1 S 2 GG - Annahme der Verfassungsbeschwerde jedoch nicht geboten, da klärungsbedürftige Frage mittlerweile höchstrichterlich iS der angegriffenen Entscheidung entschieden wurde - hier: sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers im Falle einer Rechtsverletzung durch Filesharing - teilweise Unzulässigkeit mangels Fristwahrung


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Schadensersatzpflicht der Beschwerdeführerin wegen des unbefugten Anbietens einer Audiodatei im [X.].

2

1. Die Beschwerdeführerin wurde von der Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Hörbuch "Limit" von [X.] wegen einer am 15. August 2010 zwischen 17:39:58 Uhr und 17:56:38 Uhr über ihren [X.]anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung in Form des unbefugten Anbietens des Hörbuchs zum Download auf Schadensersatz verklagt. Konkreter Streitpunkt im Rahmen der Klage war, ob die Beschwerdeführerin als Inhaberin des [X.]anschlusses für die geltend gemachten Schäden einzustehen hat.

3

Die Beschwerdeführerin wandte gegen die geltend gemachten Ansprüche ein, die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Neben ihr hätte ihr Ehemann Zugriff auf das [X.] gehabt. Sie hätte das [X.] lediglich für E-Mail, Shopping und Informationsbeschaffung genutzt. Auch ihr zum damaligen Zeitpunkt 13jähriger [X.] hätte das [X.] benutzen können. Sie habe nur rudimentäre PC-Kenntnisse, während ihr Ehemann und ihr [X.] weit bessere PC-Kenntnisse hätten und weit mehr Zeit im [X.] verbrächten als sie. Im Übrigen habe sie im streitgegenständlichen Zeitpunkt das Abendbrot zubereitet.

4

2. Das [X.] gab der Klage auf Zahlung von Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten mit Urteil vom 11. November 2014 statt (158 C 25768/13).

5

3. Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Urteil des [X.] vom 30. September 2015, der Beschwerdeführerin zugestellt am 22. Oktober 2015, zurückgewiesen (21 S 23706/14).

6

a) Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass nicht bereits eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beschwerdeführerin spreche. Eine sonst grundsätzlich bestehende tatsächliche Vermutung sei dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen einen [X.] hätten nutzen können, entweder weil er nicht hinreichend gesichert oder - wie hier - bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen worden sei (unter Verweis auf [X.], Urteil vom 8. Januar 2014 - [X.] -, [X.]Z 200, 76 <80>). Vorliegend habe die Beschwerdeführerin vorgetragen, dass auch ihr Ehemann und ihr damals 13jähriger [X.] den [X.] genutzt hätten.

7

b) Die Beschwerdeführerin sei jedoch ihrer - unabhängig vom Eingreifen einer tatsächlichen Vermutung bestehenden - sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen (unter Verweis auf [X.], Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08 -, [X.]Z 185, 330 <333>; [X.], Urteil vom 8. Januar 2014 - [X.] -, [X.]Z 200, 76 <80 f.>). Dieser genüge der Inhaber eines [X.]anschlusses grundsätzlich dann, wenn er vortrage, ob andere Personen selbständig Zugang zu seinem [X.]anschluss gehabt hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. In diesem Umfang sei er im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (unter Verweis auf [X.], Urteil vom 8. Januar 2014 - [X.] -, [X.]Z 200, 76 <81>). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei es gerade nicht ausreichend vorzutragen, ob und welche weiteren Personen ungehinderten Zugang zu ihrem [X.]anschluss gehabt hätten. Vielmehr bedürfe es weiteren Vortrags dazu, warum die Personen auch als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen (unter Verweis auf die Formulierung des [X.], Urteil vom 8. Januar 2014 - [X.] -, [X.]Z 200, 76 <81> "und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen"). Entsprechender konkreter, verletzungsbezogener Vortrag zum Tatzeitpunkt am 15. August 2010 hinsichtlich anderer Personen, die als Täter in Betracht kämen, fehle vorliegend jedoch. Unabhängig davon sei die Beschwerdeführerin - worauf schon das Erstgericht hingewiesen habe - auch zur Nachforschung verpflichtet. Hierzu fehle ebenfalls jeglicher Sachvortrag, so dass die Beschwerdeführerin ihrer sekundären Darlegungslast auch insoweit nicht genügt habe.

8

c) Die Revision sei nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO habe und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.] nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO erforderten. Es handele sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage gesicherter Rechtsprechung.

9

4. Am 30. Oktober 2015 erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des [X.].

1. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] und aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 [X.] wegen Unterlassung der Zulassung der Revision. Ergänzend macht sie eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 [X.] sowie ihres Rechts auf ein faires Verfahren geltend.

a) Das [X.] habe sich in der Sache im Wesentlichen auf die Entscheidung des [X.] vom 8. Januar 2014 (- [X.] -, [X.]Z 200, 76) berufen. Es habe dabei angenommen, dass es nicht ausreiche, im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorzutragen, ob und welche weiteren Personen ungehinderten Zugang zu ihrem [X.]anschluss gehabt hätten, es vielmehr weiteren Vortrags dazu bedurft hätte, weshalb die Personen auch als Täter der Rechtsverletzung in Betracht gekommen seien. Sie habe im Berufungsverfahren diverse andere gerichtliche Rechtsprechung zitiert und sich auf diese berufen. Für das [X.] hätte es sich daher aufdrängen müssen, die Reichweite der Entscheidung des [X.] vom 8. Januar 2014 im Rahmen der Revision klären zu lassen, zumal der Sachverhalt eine Vielzahl von anderen Rechtsstreitigkeiten betreffe. Es werde daher eine willkürlich unterbliebene Zulassung der Revision gerügt, die ihren Anspruch auf [X.] gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] verletze.

b) Mit Schreiben vom 22. Februar 2016 trug die Beschwerdeführerin ergänzend vor, dass der Umfang der sekundären Darlegungslast und der Nachforschungspflichten durch die Rechtsprechung des Amtsgerichts und des [X.] so umfassend sei, dass er faktisch nicht erfüllt werden könne. Von einem fairen Verfahren könne dabei nicht mehr gesprochen werden. Eine Vermutung für die Täterschaft des [X.]inhabers bestehe allenfalls dann, wenn dieser alleiniger Nutzer sei. Ein solcher Schluss verbiete sich nach der Lebenswirklichkeit aber insbesondere bei [X.], bei denen mehrere Personen gleichberechtigt und jederzeit Zugang zum [X.] hätten. Die Vermutung der Täterschaft des [X.]inhabers stelle diesen schlechter, weil er gehalten sei, seine Unschuld zu beweisen. Das [X.] fordere in seinem Urteil indirekt eine jederzeitige Überwachung ihrer Familie bei der Nutzung des [X.]s, da sie andernfalls die Vermutung ihrer Täterschaft nicht widerlegen könne. Dies verletze sie auch in ihrem Grundrecht aus Art. 6 [X.]. Das Erfordernis, dass man die Vermutung der Täterschaft faktisch nur widerlegen könne, wenn man einen Täter präsentieren könne, belege, dass ein faires Verfahren nicht mehr gegeben sei. Ferner sei sie in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 [X.] verletzt, weil sie sich ohne Angst vor weiterer Rechtsverfolgung nicht mehr frei entfalten könne.

2. Dem [X.] lagen die Akten des Ausgangsverfahrens vor. Das [X.] und die Klägerin des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie eine Verletzung des Rechts der Beschwerdeführerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] rügt, zulässig und auch begründet; im Übrigen ist sie unzulässig.

a) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das [X.] wendet und insoweit eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 [X.] rügt, wurde sie innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerf[X.] eingelegt und in einer § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerf[X.] genügenden Weise begründet (vgl. [X.] 21, 359 <361>; 81, 208 <214>). Insoweit hat die Beschwerdeführerin innerhalb der gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BVerf[X.] bis 23. November 2015 laufenden Frist das angeblich verletzte verfassungsbeschwerdefähige Recht, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 [X.], bezeichnet (vgl. [X.] 5, 1 <1>; 81, 208 <214>) und den Vorgang, aus dem seine Verletzung herrühren soll, die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des [X.] vom 30. September 2015, substantiiert dargelegt (vgl. [X.] 9, 109 <114 f.>; 81, 208 <214>).

Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus mit Schreiben vom 22. Februar 2016 eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 [X.] sowie ihres Rechts auf ein faires Verfahren geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie insoweit erst außerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerf[X.] begründet wurde. Die Frist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerf[X.] schließt zwar ein Nachschieben von Gründen und die Ergänzung der Beschwerdebegründung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht grundsätzlich aus. Unzulässig ist es jedoch, nach Ablauf der Beschwerdefrist einen neuen Sachverhalt zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde zu machen (vgl. [X.] 18, 85 <89>; stRspr); Gleiches gilt für die Einführung eines neuen einfachrechtlichen Gesichtspunktes ([X.] 81, 208 <214 f.>). Die Vermutung der Täterschaft des [X.]inhabers und die Grundsätze der sekundären Darlegungslast als solche sowie ihre Anwendung durch das Amtsgericht und das [X.] im konkreten Fall, die die Beschwerdeführerin erstmals und unter zuvor nicht angesprochenen verfassungsrechtlichen Aspekten mit Schreiben vom 22. Februar 2016 angegriffen hat, sind solche neuen einfach-rechtlichen Gesichtspunkte. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unzulässig (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 28. März 2002 - 2 BvR 2295/95 -, juris, Rn. 3).

b) Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Das angegriffene Urteil des [X.] vom 30. September 2015 hat die Revision unter der Annahme nicht zugelassen, der Umfang der sekundären Darlegungslast des (beklagten) Inhabers eines [X.]anschlusses, von dem aus eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist, sei bereits zu diesem Zeitpunkt durch die Rechtsprechung des [X.] umfassend und eindeutig geklärt gewesen. Dies verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.].

aa) Wird in einer Entscheidung entgegen den gesetzlichen Anforderungen die Revision nicht zugelassen, so verstößt dies gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.], wenn sich die Entscheidung insoweit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. [X.] 42, 237 <241>; 67, 90 <94 f.>; 87, 282 <284 f.>). Hierfür genügt die fehlerhafte Handhabung der maßgeblichen Zulassungsvorschriften allein nicht (vgl. [X.] 67, 90 <95>; 87, 282 <284 f.>; [X.]K 2, 202 <204>). Willkürlich ist eine Entscheidung vielmehr erst dann, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (vgl. [X.] 4, 1 <7>; 80, 48 <51>). Der Annahme einer willkürlichen Entscheidung steht es entgegen, wenn sich das Gericht mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Rechtsauffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. [X.] 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

bb) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt das Urteil des [X.] vom 30. September 2015 nicht, weil es die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO in unhaltbarer Weise gehandhabt hat. Die Annahme, ein Revisionszulassungsgrund liege nicht vor, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung habe, noch eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei, weil die entscheidungserhebliche Rechtsfrage - der Umfang der sekundären Darlegungslast des [X.]inhabers - in der Rechtsprechung des [X.] bereits umfassend und eindeutig geklärt sei und die angegriffene Entscheidung lediglich diese Rechtsprechung anwende, ist, bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des [X.], nicht haltbar. Der Umfang der sekundären Darlegungslast des [X.]inhabers war zu diesem Zeitpunkt vielmehr offenkundig grundsätzlich klärungsbedürftig (vgl. einerseits [X.], Urteil vom 1. Juli 2015 - 9 S 433/14, 9 S 433/14 <59> -, juris, Rn. 38; [X.], Urteil vom 6. März 2014 - 42 C 368/13 -, juris, Rn. 12 f.; [X.], Urteil vom 18. Juni 2014 - 161 [X.]/14 -, juris, Rn. 20; [X.], Urteil vom 15. August 2014 - 18 S 13/14 -, juris, Rn. 6 ff.; [X.], Urteil vom 30. September 2014 - 225 C 112/14 -, juris, Rn. 14 f.; [X.], Urteil vom 30. September 2014 - 6 O 518/13 -, juris, Rn. 28 f.; [X.], Urteil vom 25. November 2014 - 57 C 1312/14 -, juris, Rn. 14; [X.], Urteil vom 8. Januar 2015 - 2 O 252/14 -, juris, Rn. 27 ff.; [X.], Beschluss vom 2. Februar 2015 - 5 W 47/13 -, juris, Rn. 9 f.; vgl. andererseits [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 - 21 S 26548/13 -, juris, Rn. 15; [X.], Urteil vom 5. September 2014 - 21 S 24208/13 -, juris, Rn. 30 f.; [X.], Urteil vom 24. Juli 2014 - 57 C 15659/13 -, juris, Rn. 23) und klärungsfähig (vgl. zur Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.]: [X.]K 2, 202 <204>; 19, 364 <366 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 26. Juni 2012 - 2 BvR 1013/11 -, juris, Rn. 40; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. April 2014 - 1 BvR 2851/13 -, juris, Rn. 22).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist dennoch nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder grundsätzliche Bedeutung, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt sind, noch ist sie zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerf[X.] genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a und b BVerf[X.]). Insbesondere entsteht ihr durch die Versagung einer Entscheidung zur Sache kein besonders schwerer Nachteil (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerf[X.]; vgl. auch [X.] 90, 22 <25 f.>).

a) Die Beschwerdeführerin hat im Ausgangsverfahren lediglich ihre eigene Täterschaft in Abrede gestellt und zum Ausschluss ihrer Verantwortlichkeit für die über ihren [X.]anschluss begangenen Rechtsverletzungen vorgetragen, zum Tatzeitraum das Abendbrot zubereitet zu haben, sowie darauf verwiesen, dass (grundsätzlich) auch ihr Ehemann und ihr [X.] Zugriff auf ihren [X.]anschluss gehabt hätten.

b) Das [X.] ist davon ausgegangen, dass aufgrund des Vortrags der Beschwerdeführerin zwar nicht bereits eine tatsächliche Vermutung für ihre Täterschaft spreche, ihr Vortrag jedoch nicht der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast gerecht werde. Hierfür sei es nicht ausreichend vorzutragen, ob und welche weiteren Personen ungehinderten Zugang zu ihrem [X.]anschluss gehabt hätten. Vielmehr bedürfe es weiteren Vortrags dazu, warum die Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Das erfordere einen konkreten, verletzungsbezogenen Vortrag zum Tatzeitpunkt, der vorliegend fehle. Ebenso fehle jeglicher Vortrag zu diesbezüglichen Nachforschungen, zu denen die Beschwerdeführerin ebenfalls verpflichtet sei.

c) Der [X.] hat in seiner - zum Zeitpunkt des angegriffenen Urteils noch nicht veröffentlichten - Entscheidung vom 11. Juni 2015 dem Einwand des dortigen [X.]inhabers, dass in den Fällen, in denen der [X.]anschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, kein Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des [X.]inhabers bestehe, ausdrücklich eine Absage erteilt und dabei klargestellt, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankomme (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - [X.]/14 -, [X.], [X.]>). Er hat zudem ausdrücklich festgestellt, dass es im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht ausreichend sei, dass der [X.]inhaber nur die eigene Täterschaft in Abrede stelle und pauschal die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen [X.]anschluss behaupte (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - [X.]/14 -, [X.], [X.] ).

d) Die Beschwerdeführerin hat im Ausgangsverfahren die Möglichkeit einer Tatbegehung durch ihre Familienangehörigen nicht über den pauschalen Hinweis auf die allgemein bestehende Möglichkeit einer [X.]nutzung durch diese hinaus konkretisiert. Hierzu hätte es Darlegungen zum konkreten Nutzungsverhalten ihrer Familienmitglieder zum Tatzeitpunkt oder zum Vorhandensein von [X.] auf dem Computer beziehungsweise zu auffindbaren Spuren des Hörbuchs auf dem Computer bedurft (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - [X.]/14 -, [X.], [X.]>). Insofern ist deutlich absehbar, dass der Klage gegen die Beschwerdeführerin auch im Fall einer Aufhebung und Zurückverweisung unter Beachtung des vom [X.] inzwischen konkretisierten Umfangs der sekundären Darlegungslast des [X.]inhabers stattgegeben würde.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerf[X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2193/15

23.09.2016

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG München I, 23. September 2015, Az: 21 S 23706/14, Urteil

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 93a Abs 1 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 1 S 1 BVerfGG, § 94 Abs 1 S 1 UrhG, § 543 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.09.2016, Az. 2 BvR 2193/15 (REWIS RS 2016, 4997)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4997

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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