Bundessozialgericht, Urteil vom 05.12.2023, Az. B 2 U 10/21 R

2. Senat | REWIS RS 2023, 10313

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Gesetzliche Unfallversicherung - Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB 7 - ehrenamtliche Tätigkeit - organisatorischer Verantwortungsbereich der Körperschaft des öffentlichen Rechts - Einwirkungsmöglichkeit der Kindergartenleitung - qualifizierter Aufgaben- und Verantwortungsbereich - Wie-Beschäftigter - Werkvertragscharakter - Mitglied des Elternbeirats eines Kindergartens - Zusägen von Holzscheiben für den Weihnachtsbasar des Kindergartens)


Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 30. April 2021 und des Sozialgerichts Gotha vom 15. Juni 2020 sowie der Bescheid der Beklagten vom 6. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2018 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 18. November 2017 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Mitglied eines Elternbeirats bei Sägearbeiten für einen Weihnachtsbasar einen Arbeitsunfall erlitten hat.

2

Der Kläger war Mitglied des Elternbeirats eines kommunalen Kindergartens der Gemeinde S (Thüringen). Die Gemeinde gehörte der (zum 1.1.2019 aufgelösten) Verwaltungsgemeinschaft (VG) R an. Nach einem Beschluss des Elternbeirats sollte im Jahr 2017 der alljährliche Weihnachtsmarkt des Kindergartens in einem Gemeindegebäude stattfinden. Der Kläger sollte nach Absprache im Elternbeirat Baumscheiben beschaffen und für den Verkauf auf dem Basar des Weihnachtsmarktes zurechtschneiden. Der Erlös war für Projekte des Kindergartens vorgesehen. Im Amtsblatt der VG R wurde zu dem Weihnachtsmarkt eingeladen.

3

Am 18.11.2017 schnitt der Kläger auf seinem Privatgrundstück die Baumscheiben zu. Dabei geriet seine linke Hand in die Kreissäge, woraufhin er sich Amputationsverletzungen am Mittel- und Ringfinger zuzog. Die beklagte Unfallkasse lehnte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen (Bescheid vom 6.4.2018; Widerspruchsbescheid vom 4.9.2018).

4

Die dagegen gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 15.6.2020). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 30.4.2021). Versicherungsschutz wegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts scheide aus. Der Kläger habe sich zwar unentgeltlich für den Kindergarten betätigt, dessen Trägerin die Gemeinde gewesen sei. Die Leitung des Kindergartens und damit Bedienstete der Gemeinde hätten zu jedem Zeitpunkt weitgehende Einwirkungsmöglichkeiten auf Planung und Durchführung des Weihnachtsmarktes gehabt, sodass dieser grundsätzlich auch dem organisatorischen Einwirkungsbereich des Kindergartens zuzurechnen sei. Es fehle aber an der Zuordnung der unfallbringenden Tätigkeit zum qualifizierten Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Gemeinde bzw des Kindergartens, weil diese auf dem Privatgrundstück des Klägers keine Einwirkungsmöglichkeiten gehabt hätten.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts (§ 8 Abs 1, § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII). Er habe für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in deren Auftrag, jedenfalls mit ausdrücklicher Einwilligung, eine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeführt. Für den Unfallversicherungsschutz sei es nicht erforderlich, die versicherte Tätigkeit an einem bestimmten Ort durchzuführen.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 30. April 2021 und des Sozialgerichts Gotha vom 15. Juni 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2018 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 18. November 2017 ein Arbeitsunfall ist.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Es habe sich um keine Veranstaltung des Kindergartens gehandelt. Der Elternbeirat habe das Fest eigeninitiativ und selbstständig organisiert. Es fehle auch an einer ausdrücklichen Einwilligung oder einem Auftrag über das Zuschneiden der Holzscheiben durch den Kläger.

9

Der vom SG beigeladene Rentenversicherungsträger hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Das Ereignis vom 18.11.2017 ist als Arbeitsunfall festzustellen.

A. Im Revisionsverfahren ist über die mit einer Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 6.4.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.9.2018 (§ 95 SGG) zulässig verbundene Klage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls zu entscheiden (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können Rechtsschutzsuchende wählen, ob sie gegen die ablehnende Entscheidung des Unfallversicherungsträgers über die Anerkennung eines Versicherungsfalls mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, § 56 SGG) oder mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1, § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG) vorgehen. Verpflichtungs- und Feststellungsklage sind insoweit gleich rechtsschutzintensiv (vgl zuletzt BSG Urteil vom 27.9.2023 - B 2 U 13/21 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - juris RdNr 22; s auch BSG Urteile vom 31.3.2022 - B 2 U 13/20 R - BSGE 134, 109 = SozR 4-2700 § 3 Nr 3, RdNr 11 mwN und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 13 mwN).

B. Die Ablehnungsentscheidung im Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat in Verrichtung einer versicherten Tätigkeit für die Gemeinde bzw den Kindergarten einen Arbeitsunfall erlitten, als er auf seinem Privatgrundstück Holzscheiben zum Verkauf auf dem Basar des Weihnachtsmarktes zuschnitt und sich dabei an der linken Hand verletzte.

Rechtsgrundlage ist § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII. Arbeitsunfälle sind danach Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII). Ein Arbeitsunfall setzt mithin voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt (Unfallkausalität) und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; stRspr; vgl zB BSG Urteile vom 30.3.2023 - B 2 U 1/21 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 62 RdNr 15, vom 8.12.2022 - B 2 U 14/20 R - BSGE 135, 155 = SozR 4-2700 § 2 Nr 60, RdNr 10 und vom 28.6.2022 - B 2 U 16/20 R - BSGE 134, 203 = SozR 4-2700 § 8 Nr 82, RdNr 11, jeweils mwN).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger erlitt am 18.11.2017 einen Unfall, als er beim Zuschneiden von Holzscheiben für den Weihnachtsbasar mit seiner linken Hand in die Kreissäge geriet. Dies führte zu einer Amputationsverletzung und damit einem Gesundheitserstschaden. Der Kläger übte in diesem Zeitpunkt auch eine nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII versicherte Tätigkeit aus (dazu I.), mit der er bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert war (dazu II.). Zutreffend hat das LSG demgegenüber entschieden, dass keine Versicherung als Wie-Beschäftigter bestand.

I. Im Zeitpunkt der Verrichtung übte der Kläger eine gesetzlich versicherte Tätigkeit aus. Nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII in der seit dem 1.1.2005 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen (UVSchVerbG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3299) sind kraft Gesetzes Personen versichert, die für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften (Alt 1), für die in den Nr 2 und 8 genannten Einrichtungen (Alt 2) oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften (Alt 3) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.

Der Kläger war bei seiner unmittelbar zum Unfall führenden Verrichtung nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 und Alt 2 SGB VII versichert, weil er die Baumscheiben für den Kindergarten als öffentliche Einrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Alt 1), zugleich Einrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII (Alt 2), (dazu 1.) ehrenamtlich für diese (dazu 2.) mit einer darauf gerichteten objektivierten Handlungstendenz zuschnitt (dazu 3.). Der Versicherungsschutz entfiel nicht deswegen, weil der Kläger die Sägearbeiten auf seinem Privatgrundstück erledigte (dazu 4.).

1. Der Kläger schnitt die Holzscheiben für den Weihnachtsmarkt des kommunalen Kindergartens zu. Dieser ist unmittelbar der Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts zuzurechnen (§ 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 SGB VII; dazu a) und zugleich auch Einrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 8 (§ 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 2 SGB VII; dazu b).

Demgegenüber scheidet Versicherungsschutz wegen einer Tätigkeit für eine privatrechtliche Organisation nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 3 SGB VII von vornherein aus (vgl hierzu zuletzt BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61). Der Elternbeirat des Kindergartens, dem der Kläger im Unfallzeitpunkt angehörte, war öffentlich-rechtlich organisiert (vgl § 10 Thüringer Gesetz über die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege als Ausführungsgesetz zum Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz <ThürKitaG> vom 16.12.2005 mit Wirkung bis zum 31.12.2017, GVBl 2005, 365, 371). Hierfür und auch im Weiteren ist es ohne Auswirkung für die vorliegende Entscheidung, dass das LSG auf die zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Nachfolgeregelungen zum ThürKitaG abgestellt hat (vgl zum Elternbeirat § 12 Thüringer Gesetz über die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege als Ausführungsgesetz zum Achten Buch Sozialgesetzbuch - Thüringer Kindergartengesetz <ThürKigaG> vom 18.12.2017, GVBl 2017, 276). Die Regelungen des ThürKigaG führen die bis zum 31.12.2017 geltenden Regelungen des ThürKitaG bezogen auf die hier relevanten Bereiche inhaltsgleich fort.

a) Der kommunale Kindergarten ist hier einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unmittelbar zuzurechnen (§ 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 SGB VII). Die Sicherung eines bedarfsgerechten öffentlichen Angebots an Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen ist nach den Feststellungen des LSG Pflichtaufgabe der Gemeinden als Gebietskörperschaften im Bereich des eigenen Wirkungskreises (§ 2 Abs 2 Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung - Thüringer Kommunalordnung <ThürKO>, in der maßgeblichen Fassung vom 28.1.2003 mWv 31.12.2002, GVBl 2003, 41; s auch § 17 Abs 1 Satz 3 ThürKitaG bzw § 3 Abs 2 Satz 2 ThürKigaG, vgl Thüringer Landtag Drucks 6/3906 S 35, 50, 57). Tätigkeiten für einen kommunalen Kindergarten sind daher der ihn betreibenden Körperschaft unmittelbar zuzurechnen und können bereits nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 SGB VII versichert sein (s auch Butzer in Festschrift für Scharf, 2008, 119, 129).

Soweit die Beklagte dazu ausführt, Trägerin des Kindergartens sei die VG R gewesen, ist der Senat an die anderslautende Feststellung des LSG gebunden (§ 163 SGG). Eine Gegenrüge hat die Beklagte mit ihrem Vorbringen dazu nicht verbunden. Hierfür genügt es nicht, eine andere als die vom LSG festgestellte Sachverhaltsschilderung wiederzugeben (zB BSG Urteil vom 19.6.2018 - B 2 U 32/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 43 RdNr 27). Bei dieser Frage handelt es sich zudem um eine Anwendung von Landesrecht, das prinzipiell nicht revisibel ist (§§ 162, 202 Satz 1 SGG iVm § 560 ZPO). Unabhängig davon hätten die Mitgliedsgemeinden zwar der VG durch Zweckvereinbarung einzelne Aufgaben und Befugnisse des eigenen Wirkungskreises übertragen können (§ 47 Abs 3 ThürKO). Jedoch könnten Tätigkeiten dann auch für diese nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 SGB VII versichert sein, weil es sich auch bei einer VG um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (§ 46 Abs 2 Satz 1 ThürKO). Hiervon geht im Übrigen auch die Beklagte aus.

b) Der Kindergarten ist zugleich auch Einrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII (§ 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 2 SGB VII). Davon erfasst sind Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis bedürfen. Dies gilt auch für kommunale Kindergärten (vgl Busse in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl 2022, § 45a RdNr 16, Stand 9.11.2023).

Der Umstand, dass Tätigkeiten für kommunale Kindergärten somit Unfallversicherungsschutz zugleich nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 und Alt 2 SGB VII begründen können, führt nicht zu einer einschränkenden Geltung von § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 2 SGB VII nur für private Kindergärten (vgl Butzer in Festschrift für Scharf, 2008, 119, 129). Für eine solche Auslegung ergeben sich aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Normzweck keine belastbaren Anhaltspunkte. Der Verweis auf § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII umfasst alle dort geregelten Kindertageseinrichtungen, unabhängig von ihrer Rechtsform. Die Gesetzesbegründung zu der Regelung des § 2 Abs 1 Nr 10 SGB VII über den Versicherungsschutz für die in Einrichtungen nach Nr 2 und 8 ehrenamtlich Tätigen (eingefügt durch das Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB - Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG vom 7.8.1996, BGBl I 1254 mWv 1.1.1997) führt lediglich aus, die Norm erfasse ferner die ehrenamtlich im Bildungswesen Tätigen. Damit sollten die Versicherungstatbestände des § 539 Abs 1 Nr 13 und Nr 14 Buchst c RVO insoweit in einer Norm vereinigt werden, ohne eine Einschränkung auf private Einrichtungen zu normieren (BT-Drucks 13/2204 S 75). Eine Begrenzung auf private Kindergärten lässt der Sinngehalt insoweit nicht erkennen, auch wenn § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 2 SGB VII sich im Ergebnis nur auf diese auswirkt (Wietfeld in BeckOK Sozialrecht, SGB VII, § 2 RdNr 127, Stand 1.12.2023; s auch Lilienfeld in BeckOGK, SGB VII, § 2 RdNr 47b, Stand 1.7.2017; Kruschinsky in Krasney/Becker/Burchardt/Kruschinsky/Heinz/Bieresborn, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII, § 2 RdNr 574, Stand 161. Lfg März 2007; aA Leube, SozVers 2001, 178: Begrenzung auf private Einrichtungen).

Da der Kläger eine versicherte Tätigkeit sowohl nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 1 als auch Alt 2 SGB VII ausübte, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, wie sich die ersten beiden Alternativen des § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII zueinander verhalten.

2. Das Zuschneiden der Baumscheiben für den Weihnachtsbasar stellt sich als ehrenamtliche Tätigkeit iS von § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII dar. Die Verrichtung erfüllt die allgemeinen Kriterien einer ehrenamtlichen Tätigkeit (dazu a) und wurde vom Kläger auch innerhalb eines bestimmten, qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereichs der Gemeinde bzw des Kindergartens ausgeübt (dazu b).

a) Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist dadurch geprägt, dass sie unentgeltlich ausgeübt wird und immateriellen Werten, ideellen Zwecken oder dem Gemeinwohl dient (vgl zu den Typusmerkmalen der ehrenamtlichen Tätigkeit BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 20 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Tätigkeit des Klägers erfolgte nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unentgeltlich. Der Erlös aus dem Verkauf der Baumscheiben diente der Finanzierung von Projekten des kommunalen Kindergartens und somit dem Gemeinwohl. Damit stellt sich die Beteiligung des Klägers in Form seiner Sägearbeiten als typische Form einer ehrenamtlichen Tätigkeit dar. Der Kläger hatte die konkrete Aufgabe auch freiwillig übernommen, ohne dass es hierauf für die Einordnung als ehrenamtliche Tätigkeit zwingend ankommt (BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 20 mwN).

Hinzu kommt, dass der Kläger als Mitglied des Elternbeirats ein Ehrenamt innehatte und nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Durchführung und organisatorische Vorbereitung des Weihnachtsbasars in Abstimmung mit der Leitung des Kindergartens durch den Elternbeirat der geübten Praxis entsprach. Der Kläger beteiligte sich daher auch in seiner Funktion als Mitglied des Elternbeirats an der Vorbereitung des Weihnachtsbasars. Die Einrichtung eines Elternbeirats ist mit der Übertragung gesetzlicher Aufgaben verbunden (§ 10 ThürKitaG bzw § 12 ThürKigaG, vgl Thüringer Landtag Drucks 6/3906 S 42) und die Mitgliedschaft im Elternbeirat erfüllt durch diese Formalisierung und Einbindung in gesetzliche Regelungen erst recht die Anforderungen an ein Ehrenamt. Ein solches Ehrenamt ist von dem weiter zu verstehenden Typusbegriff der ehrenamtlichen Tätigkeit mit umfasst und betrifft damit einen besonderen Personenkreis von ehrenamtlich Tätigen (vgl insgesamt dazu BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 22 ff mwN). So verhält es sich hier. Die Übernahme des Amtes eines Elternbeirats stellt sich nach der gesetzlichen Ausgestaltung als ehrenamtliche Tätigkeit dar, denn Elternbeiräte übernehmen diese Tätigkeit ohne Gegenleistung, im Kern fremdnützig und ideell zur Förderung der Interessen des Kindergartens als öffentlicher Einrichtung der Gemeinde und damit auch zur Förderung des Gemeinwohls, nämlich der Interessen der örtlichen Gemeinschaft (zur freiwilligen Versicherung von Ehrenamtsträgern in gemeinnützigen privatrechtlichen Organisationen vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VII; s BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 24).

b) Der Kläger wurde ehrenamtlich gerade für die Gemeinde bzw den Kindergarten tätig, weil das Zuschneiden der Baumscheiben ihrem qualifizierten Aufgaben- und Verantwortungsbereich zuzurechnen ist, innerhalb dessen der Kläger die ihm zugeteilte Aufgabe erledigte.

Für eine nach § 2 Abs 1 Nr 10 SGB VII gesetzlich versicherte ehrenamtliche Tätigkeit genügt es nicht, dass die Tätigkeit insgesamt der jeweiligen Organisation dienlich und ihrem Aufgabenbereich zuzuordnen ist. Daher könnten auch allein die Handlungstendenz einer Person und ihre subjektive Vorstellung, dass und für wen sie ehrenamtlich tätig sein will, keinen Unfallversicherungsschutz begründen (vgl BSG Urteile vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - juris RdNr 23, vom 13.8.2002 - B 2 U 5/02 R - juris RdNr 22, vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr 31 S 111 = juris RdNr 20 und vom 30.4.1991 - 2 RU 68/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 10 S 40 = juris RdNr 24).

Vielmehr setzt der Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit in § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung einen bestimmten, qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der öffentlich-rechtlichen Körperschaft voraus, innerhalb dessen die ehrenamtliche Tätigkeit für diese ausgeübt werden muss (stRspr; zB BSG Urteile vom 7.9.2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 2 S 13 = juris RdNr 17 mwN und vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - juris RdNr 23 mwN). Wenn dieser in Bezug auf die fragliche Veranstaltung nicht bereits gesetz- oder satzungsmäßig von vornherein festgelegt ist, bedarf es für die betreffende einzelne Veranstaltung eines gesamtbezogenen, eigenständigen Auftrags (Übertragungsakt) oder Annahmeaktes der Körperschaft als Zuordnungsgrund (BSG Urteile vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr 31 S 111 = juris RdNr 19, vom 30.4.1991 - 2 RU 68/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 10 S 39 = juris RdNr 22 und vom 26.10.1983 - 9b RU 16/82 - SozR 2200 § 539 Nr 95 S 260 ff = juris RdNr 17 ff). Für die zum 1.1.2005 durch das UVSchVerbG in § 2 Abs 1 Nr 10 SGB VII aufgenommenen ehrenamtlichen Tätigkeiten für privatrechtliche Organisationen ist Letzteres gesetzlich ausdrücklich festgelegt ("im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung"; vgl hierzu und zur Gesetzesentwicklung BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 27 mwN).

Diese anhand von Tätigkeiten für Körperschaften des öffentlichen Rechts entwickelten Maßstäbe (vor allem unter Geltung von § 2 Abs 1 Nr 10 Alt 1 SGB VII aF bzw § 539 Abs 1 Nr 13 RVO) gelten sinngemäß auch bei einem Tätigwerden für eine Einrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 2 oder 8 SGB VII. Die Tätigkeit muss sich daher insbesondere im Rahmen eines abgrenzbaren konkreten Aufgaben- und Verantwortungsbereiches der Einrichtung halten und sie muss durch gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Übertragungs- oder Annahmeakt an die tätige Person delegiert werden (vgl hierzu auch Schwerdtfeger in Lauterbach, SGB VII, § 2 RdNr 354a, Stand Oktober 2016; Kruschinsky in Krasney/Becker/Burchardt/Kruschinsky/Heinz/Bieresborn, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII, § 2 RdNr 574, Stand 161. Lfg März 2007; zum Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften im Rahmen von § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst b SGB VII s BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 30). Keine Unterschiede ergeben sich jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - um eine Einrichtung in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft handelt.

Die weitere Frage, ob eine versicherte Tätigkeit nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a Alt 2 SGB VII nur verrichten kann, wer im Bildungs- bzw Erziehungsbereich der erfassten Einrichtung tätig wird, bedarf hier keiner grundsätzlichen Entscheidung, weil die Tätigkeit des Klägers diesem Bereich zuzuordnen ist (dazu aa; vgl zu diesem Aspekt zB Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl 2022, § 2 RdNr 353, Stand 30.6.2023; Lilienfeld in BeckOGK, SGB VII, § 2 RdNr 47b, Stand 1.7.2017; Franke ua in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 5. Aufl 2018, § 2 RdNr 98; Leube, SozVers 2001, 178, 179).

Eine Aufgabenzuweisung an den Kläger als Mitglied des Elternbeirats ergibt sich hier bereits auf Grundlage der vom LSG vorgenommenen Auslegung von Landesrecht (§ 162 SGG; dazu aa). Unabhängig davon hat das LSG bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass ein den Versicherungsschutz begründender Auftrag erteilt worden ist (dazu bb).

aa) Die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zum qualifizierten Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Gemeinde bzw des Kindergartens ergibt sich hier bereits aus einer vom LSG vorgenommenen Auslegung von Landesrecht, an die der Senat gebunden ist (§ 162 SGG).

Zwar kann die Übernahme von Aufgaben für die Organisation und Durchführung eines Weihnachtsbasars im Allgemeinen nicht den unfallversicherten Kernaufgaben eines Elternbeirats zugeordnet werden, der vornehmlich in seiner Funktion als Bindeglied zwischen dem Träger der Einrichtung und den Eltern tätig wird (zB Elternbeiratssitzungen, vgl hierzu Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Unfallversichert im freiwilligen Engagement, 2023, S 33).

Indes war die Verrichtung des Klägers nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hier auf Grundlage landesrechtlicher Regelungen vom gesetzlichen Aufgabenbereich des Elternbeirats umfasst. Das LSG hat hierzu festgestellt, dass die Durchführung des Weihnachtsmarktes einschließlich des mit diesem untrennbar verbundenen Weihnachtsbasars sich innerhalb des gesetzlichen Aufgabenkreises der Gemeinde S als Trägerin des Kindergartens bewegte. Der gesetzliche Erziehungsauftrag umfasst nach den Feststellungen des LSG auch die Durchführung eines Weihnachtsmarktes, der dem Erwerb sozialer Kompetenzen der Kinder dient (§ 6 Abs 1 Satz 3 ThürKitaG bzw § 7 Abs 1 Satz 6 ThürKigaG, vgl Thüringer Landtag Drucks 6/3906 S 37). Das LSG hat im Weiteren festgestellt, dass der Elternbeirat durch seine Beteiligung an der Durchführung des Weihnachtsmarktes seinem landesrechtlichen Förderauftrag (§ 10 Abs 1 ThürKitaG bzw § 12 Abs 1 ThürKigaG, vgl Thüringer Landtag Drucks 6/3906 S 42) nachkommt, seine Mitwirkung an einem dem Erziehungsauftrag dienenden Weihnachtsmarkt damit zu seinen gesetzlichen Aufgaben zählt und sein Handeln der Gemeinde zuzurechnen ist. An diese Auslegung von Landesrecht ist der Senat gebunden (§ 162 SGG).

Bereits deswegen handelte es sich nicht - wie von der Beklagten vertreten - um ein eigeninitiativ und selbstständig vom Elternbeirat organisiertes Fest, für das die Gemeinde als nicht zurechenbare bloße Unterstützungshandlung nur die Räume zur Verfügung gestellt hatte (vgl BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 30; s auch BSG Urteil vom 30.4.1991 - 2 RU 68/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 10 S 39 = juris RdNr 22). Der konkrete Weihnachtsmarkt einschließlich des Weihnachtsbasars war eine Veranstaltung des kommunalen Kindergartens, für den nach Auslegung des LSG (§ 162 SGG) der Elternbeirat seinen landesrechtlich vorgeschriebenen Beitrag leistete.

Der Zurechnungszusammenhang wurde auch nicht dadurch unterbrochen, dass die Veranstaltung nicht in den Räumlichkeiten des Kindergartens durchgeführt wurde. Dies folgt hier bereits daraus, dass die Veranstaltung nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in Räumlichkeiten der Gemeinde S stattfand, welcher der Kindergarten als deren öffentliche Einrichtung unmittelbar zuzuordnen ist. Unabhängig davon lässt allein die Verlagerung auf andere, regelmäßig großzügigere und geeignetere Räumlichkeiten oder Örtlichkeiten die Organisationshoheit des Trägers nicht entfallen (vgl insoweit zu § 2 Nr 8 SGB VII BSG Urteile vom 31.3.2022 - B 2 U 5/20 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 79 RdNr 15 mwN und vom 23.1.2018 - B 2 U 8/16 R - BSGE 125, 129 = SozR 4-2700 § 2 Nr 38, RdNr 14 mwN). Zudem hat das LSG die Einordnung des Weihnachtsmarktes als kommunale Veranstaltung folgerichtig auch daraus abgeleitet, dass im Amtsblatt der VG R auf sie hingewiesen und der Erlös aus dem Basar auf ein separates Konto der VG eingezahlt wurde.

Keiner Entscheidung bedarf es, welchen versicherungsrechtlichen Grenzen konkrete Verrichtungen eines Elternbeirats unterworfen sein könnten, insbesondere besonders unfallträchtige Tätigkeiten. Denn die Tätigkeit des Klägers war in Auslegung von Landesrecht von seinem Amt als Elternbeirat umfasst. Unabhängig davon hatte nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) der Kindergarten in jahrelang praktizierter Übung die Organisation und Durchführung des Weihnachtsbasars dem Elternbeirat überlassen und sich dessen Tätigwerden zu eigen gemacht. Die einzelnen Elternbeiratsmitglieder waren daher über ihre gesetzlichen Kernaufgaben hinaus in Angelegenheiten des Kindergartens einbezogen worden. Durch die Annahme des Amtes hatten sie sich freiwillig verpflichtet, sich an diesen Angelegenheiten den Gewohnheiten entsprechend zu beteiligen. Ihr Engagement bei Veranstaltungen wie dem Weihnachtsmarkt ging damit über Belieben und eigenwirtschaftliches Handeln hinaus. Insoweit besteht auch ein Unterschied zu der Erfüllung von Pflichten aufgrund einer Mitgliedschaft in einem privaten Verein, die indes im Fall eines Einvernehmens mit einer Körperschaft oder einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a und b SGB VII versicherte Tätigkeiten sein können (vgl BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61). Das LSG hat schließlich auch festgestellt (§ 163 SGG), dass die Leitung des Kindergartens als Bedienstete der Gemeinde zu jedem Zeitpunkt weitgehende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Durchführung und Planung des Weihnachtsmarktes hatte. Insgesamt bestand deshalb zwischen den konkreten Sägearbeiten des Klägers und seinem ehrenamtlich übernommenen und landesrechtlich festgelegten Aufgabenbereich ein innerer Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen.

bb) Der Kläger ist mit der Aufgabe der Herstellung der Baumscheiben überdies ausdrücklich beauftragt worden. Die Übertragung der Aufgabe durch den Elternbeirat ist dem Kindergarten zuzurechnen.

Bestimmt sich der Aufgabenbereich des Tätigen nicht - wie hier - bereits aus einer gesetzlichen Zuordnung zu dem Aufgabenbereich des Unternehmers iS von § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII (§ 121 Abs 1, § 136 Abs 3 SGB VII), bedarf es zum Zwecke der versicherungsrechtlichen Eingrenzung eines Übertragungs- oder Annahmeaktes des Unternehmers bzgl der ihm zurechenbaren Aufgaben. Andere Tätigkeiten stellen sich dann als "aufgedrängte Bereicherung" dar, die Versicherungsschutz nicht rechtfertigen (BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 29). Die Durchführung des Weihnachtsmarktes einschließlich des Weihnachtsbasars bewegte sich hier nach den Feststellungen des LSG innerhalb des gesetzlichen Aufgabenkreises der Gemeinde S als Trägerin des Kindergartens (§ 6 Abs 1 Satz 3 ThürKitaG, hierzu aa). Der Weihnachtsmarkt wurde nach den Feststellungen des LSG als kommunale Veranstaltung der Gemeinde durchgeführt, deren Planung und Durchführung im Einzelnen an die Leitung des Kindergartens und damit an dessen qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich delegiert wurde.

Dem Kläger ist nach den Feststellungen des LSG, die für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), im Rahmen der Planungen des Weihnachtsbasars ausdrücklich ein personenbezogener Auftrag des Kindergartens zur Beschaffung und zum Zuschneiden der Holzscheiben erteilt worden (vgl hierzu und zu den Anforderungen an eine stillschweigende Beauftragung BSG Urteile vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - juris RdNr 23 mwN, vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr 31 S 111 = juris RdNr 20, vom 24.1.1992 - 2 RU 71/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 14 S 50 f = juris RdNr 27, vom 27.6.1991 - 2 RU 26/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 11 S 42 = juris RdNr 21, vom 30.4.1991 - 2 RU 68/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 10 S 39 = juris RdNr 22 und vom 26.10.1983 - 9b RU 16/82 - SozR 2200 § 539 Nr 95 S 264 = juris RdNr 26).

Eine durchgreifende Gegenrüge hat die Beklagte hiergegen nicht vorgebracht. Soweit nach ihrer abweichenden Darstellung in der Revisionserwiderung dem Kläger die Aufgaben nicht vom Kindergarten bzw damit von der Gemeinde, sondern vom Elternbeirat übertragen wurden, ist das Handeln des Elternbeirats dem Kindergarten gleichwohl zuzurechnen. Dies hat das LSG in Auslegung des Thüringer Landesrechts zum Gremium des Elternbeirats und der Ausgestaltung seiner Mitwirkungsbefugnisse (unter Bezug auf § 12 ThürKigaG, der insoweit § 10 ThürKitaG inhaltsgleich fortführt, vgl Thüringer Landtag Drucks 6/3906 S 42) festgestellt. Diese Zurechnung verstößt weder gegen das Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG) noch überschreitet sie den Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung sowie die Bindung der Rechtsprechung an Recht und Gesetz nach Art 20 Abs 3 GG (s dazu Heinz in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 162 RdNr 37 mwN). Vielmehr steht sie im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsorganisationsrechts (vgl Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 20. Aufl 2020, § 21 RdNr 19, 24). Die Zurechenbarkeit folgt insoweit auch aus der weiteren Feststellung des LSG (§ 163 SGG) der jederzeitigen Einwirkungsmöglichkeiten der Leitung des Kindergartens auf die Planung und Durchführung des Weihnachtsmarktes.

3. Der Kläger wollte durch das Schneiden der Baumscheiben den ihm zugeteilten Beitrag leisten und handelte fremdnützig "für" den Kindergarten bzw die Gemeinde mit einer darauf gerichteten objektivierten Handlungstendenz (vgl zu diesem Maßstab zB BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 19 mwN). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) wollte der Kläger durch das Zuschneiden der Baumscheiben die ihm übertragene Aufgabe zur Durchführung des Weihnachtsbasars als Teil der Veranstaltung des Kindergartens erfüllen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit dem Zuschneiden ggf auch eigennützige Motive verfolgte, wie die Förderung der Erziehung seines Kindes, sind weder ersichtlich noch würden diese zu einer Verneinung der fremdnützigen Handlungstendenz führen, solange sie die Verrichtung nicht wesentlich prägen. Denn es ist Grundlage jeder ehrenamtlichen Tätigkeit und steht dem Versicherungsschutz nicht entgegen, dass die Tätigkeit auch aus persönlichen Motiven wahrgenommen wird (BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 22).

4. Schließlich ist der Unfallversicherungsschutz hier entgegen der Annahme des LSG nicht deswegen zu versagen, weil der Kläger die zum Unfall führende Verrichtung auf seinem Privatgrundstück ausübte, auf dem keine Einwirkungsmöglichkeit des Kindergartens oder sonstiger Gemeindebediensteter bestand und die Verrichtung daher nicht mehr im organisatorischen Verantwortungsbereich der Gemeinde bzw des Kindergartens gelegen hätte.

Anders als beim Besuch einer Einrichtung nach § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII hängt der Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 10 SGB VII nicht von Einwirkungsmöglichkeiten der Körperschaft, Anstalt oder Stiftung bzw der Einrichtung auf die konkrete Ausführung der Verrichtung ab. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, nach dem Versicherungsschutz bei dem Besuch einer Einrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII "während des Besuchs …" bzw "während der Aus- und Fortbildung …" besteht. Demgegenüber erstreckt sich der Schutz nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII ohne räumliche Begrenzung auf ehrenamtliche Tätigkeiten "für" die Einrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII. Das BSG hat bereits zu der Vorgängervorschrift in § 539 Abs 1 Nr 13 RVO entschieden, dass die Grundsätze der sog Schülerunfallversicherung nicht zu übertragen sind (vgl BSG Urteil vom 31.1.1980 - 8a RU 46/79 - SozR 2200 § 539 Nr 63 S 181 f = juris RdNr 14 f). Ebenso hat es bereits klargestellt, dass auch Vorbereitungshandlungen vom Versicherungsschutz ehrenamtlich Tätiger erfasst sind (BSG Urteil vom 24.1.1992 - 2 RU 71/90 - SozR 3-2200 § 539 Nr 14 S 50 = juris RdNr 27 und vom 26.10.1983 - 9b RU 16/82 - SozR 2200 § 539 Nr 95). Diese werden regelmäßig außerhalb eines konkreten zeitlichen und örtlichen Verantwortungsbereiches des Unternehmers verrichtet.

Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes bestimmen sich daher nach den allgemeinen Grundsätzen zur Feststellung des inneren Zusammenhanges der konkreten unfallbringenden Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit. Dieser ist im Einzelfall wertend zu ermitteln (vgl zB BSG Urteile vom 8.12.2022 - B 2 U 14/20 R - BSGE 135, 155 = SozR 4-2700 § 2 Nr 60, RdNr 32, vom 8.12.1998 - B 2 U 37/97 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 45 S 187 = juris RdNr 20 mwN, vom 18.3.1997 - 2 RU 22/96 - SozR 3-2200 § 539 Nr 38 S 144 ff = juris RdNr 18 ff und vom 26.10.1983 - 9b RU 16/82 - SozR 2200 § 539 Nr 95 S 260 ff = juris RdNr 17 ff, jeweils mwN; Butzer in Festschrift für Scharf, 2008, 119, 136; kritisch Aubel, SGb 2023, 560, 567).

Die einschränkende Auslegung der Vorinstanz ist auch nicht in der Systematik der Norm angelegt und würde der vom Gesetzgeber bezweckten Förderung des ehrenamtlichen Engagements sowie dem weiten Verständnis ehrenamtlicher Tätigkeit widersprechen, das der Senat zuletzt herausgestellt hat (BSG Urteile vom 8.12.2022 - B 2 U 14/20 R - BSGE 135, 155 = SozR 4-2700 § 2 Nr 60, RdNr 17 ff und - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 20 ff). Die Begrenzung der Unfallversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Einrichtung dient im Wesentlichen dazu, die Verantwortung für den Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Kinder festzulegen (vgl Spellbrink/Karmanski, SGb 2021, 461, 469). Ein vergleichbares Abgrenzungsbedürfnis besteht bei ehrenamtlichen Tätigkeiten im Rahmen von § 2 Abs 1 Nr 10 SGB VII insgesamt nicht.

Die Eingrenzung der Unfallrisiken bei ehrenamtlicher Tätigkeit erfolgt stattdessen durch die Beschränkung auf die Unternehmungen bestimmter Organisationen und auf bestimmte Aufgabenfelder (BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 2 U 19/20 R - BSGE 135, 168 = SozR 4-2700 § 2 Nr 61, RdNr 26). Hier hielt sich die Durchführung des Weihnachtsmarktes nach den Feststellungen des LSG nach jedem Bezugspunkt (Gemeinde, Kindergarten oder Elternbeirat) im gesetzlichen Aufgabenkreis und auch innerhalb des konkret erteilten Auftrags.

II. Der Anspruch richtet sich gegen die sachlich zuständige beklagte Unfallkasse. Der Kindergarten ist ein Unternehmen der Gemeinde (§ 129 Abs 1 Nr 1 SGB VII) und die Beklagte die gemeinsame Unfallkasse für den Landes- und kommunalen Bereich (§ 114 Abs 1 Nr 7 SGB VII, § 116 Abs 1 Satz 2 SGB VII iVm § 1 Abs 1 der Verordnung über die Errichtung der Unfallkasse Thüringen vom 14.11.1997, GVBl S 418). Sie hat für die nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII dort ehrenamtlich tätigen Personen den Versicherungsschutz übernommen (§ 129 Abs 1 Nr 1, § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII; § 3 Abs 1 Nr 2, § 4 Abs 1 Nr 6 der Satzung der Unfallkasse Thüringen in der Neufassung vom 18.11.2015).

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

        

Roos   

Karmanski

Karl   

Meta

B 2 U 10/21 R

05.12.2023

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Gotha, 15. Juni 2020, Az: S 18 U 2673/18, Urteil

§ 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB 7, § 2 Abs 2 S 1 SGB 7, § 539 RVO, § 8 Abs 1 SGB 7, § 631 BGB, § 7 KTBetrG TH, § 12 KTBetrG TH

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.12.2023, Az. B 2 U 10/21 R (REWIS RS 2023, 10313)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 10313

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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