OLG München, Urteil vom 27.10.2021, Az. 20 U 7051/20

20. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 1548

SCHADENSERSATZ MIET- UND WEG-RECHT DSGVO

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Gegenstand

Zulässigkeit der Nennung von Eigentümern, in deren Wohnung Legionellenbefall festgestellt wurde, gegenüber den anderen Eigentümern; kein Schadensersatz aus DSGVO.


Tenor

1. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 6. November 2020, [X.]. [X.], wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des [X.] [X.] ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.


Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.687,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft
nicht zulässig ist, § 313a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2, § 544 Nr. 1 ZPO.

II.

2

Die zulässige Berufung des [X.] hat in der Sache keinen Erfolg. Das [X.] hat zutreffend
geurteilt, dass den [X.] kein Verstoß gegen Vorschriften der [X.] zur Last fällt. Die
Berufung des [X.] war daher zurückzuweisen.

3

1. Die [X.] ist - anders als die [X.] behaupten - auf den hier zu entscheidenden Fall anwendbar.
Denn gemäß Art. 2 Abs. 1 [X.] gilt sie auch für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder werden sollen.
Dabei ist ein Dateisystem jede geordnete manuelle Datensammlung (beckOK, [X.], Art 2 Rn. 4). Dass der Name des [X.] bei der [X.] zu 1) nicht in einer Datei, sondern nur zusammenhanglos auf losen Zetteln zu finden wäre, ist schwer vorstellbar und wird von den [X.] auch nicht behauptet. Gemäß Art. 4 [X.] stellt bereits die Verwendung der gespeicherten Daten eine „Verarbeitung“ im Sinne der Verordnung dar.

4

2. Entgegen der Ansicht des [X.] war die Verarbeitung seiner Daten in der mit der Einladung zur Eigentümerversammlung verschickten Tagesordnung ([X.], dort Ziffer 22) rechtmäßig, Art. 6 [X.].

5

a) Der vom Kläger behauptet gegen die [X.] verstoßende Tagesordnungspunkt 22 „Aussprache und Beschlussfassung über weitergehende Maßnahmen zum Legionellenbefall und deren Finanzierung“ enthält die Information, welche zur Miteigentümergemeinschaft gehörenden Häuser und konkrete Einheiten mit welcher Intensität von dem festgestellten Legionellenbefall betroffen sind, wobei die Nachnamen der Eigentümer genannt werden.

6

b) Entgegen dem Dafürhalten des [X.] war die Verwendung auch der jeweiligen Eigentümernamen im konkreten Fall rechtmäßig, Art. 6 Abs. 1 lit c), lit f).

7

aa) Die [X.] zu 1), die damalige Hausverwaltung, war ebenso wie die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums und die Überprüfung der Leitungen rechtlich verantwortlich (vgl. [X.]/[X.], Praxis des Wohnungseigentums, § 111. [X.] Rn. 42). Die [X.] zu 1) war der Wohnungseigentümergemeinschaft darüber hinaus vertraglich zur ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet.

8

bb) Die Angabe der Namen der einzelnen Eigentümer in der verschickten Tagesordnung war auch erforderlich. Nur so konnte die [X.] zu 1) sicherstellen, dass die eingeladenen Miteigentümer über alle für die durchzuführende „Aussprache und Beschlussfassung über weitergehende Maßnahmen zum Legionellenbefall und deren Finanzierung“ erforderlichen Informationen verfügten und die „Aussprache und Beschlussfassung“ vollständig durchführen konnten (vgl. [X.], Datenschutzrecht, Art. 6 [X.] Rn. 17). Denn nur bei Kenntnis, wer von den Teilnehmern der Eigentümerversammlung von dem Legionellenbefall betroffen war, konnten die übrigen Miteigentümer die einzelnen Redebeiträge zutreffend einordnen und Nachfragen an die betroffenen Eigentümer stellen etwa zum Umfang der Arbeiten in den betroffenen Wohnungen oder an den im Sondereigentum stehenden Wasserarmaturen (vgl. [X.] 14.1663), oder zu - auch vom Kläger selbst behaupteten - angekündigten Mietminderungen des betroffenen Mieters, und mit den betroffenen Eigentümern über etwaige Ansprüche der Miteigentümergemeinschaft oder die Verteilung der entstandenen und noch anfallenden Kosten diskutieren.

9

cc) Dass - wie der Kläger behauptet - die einzelnen Miteigentümer seinen Namen auch anhand der Wohnungsnummer in Erfahrung bringen hätten können, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu.
Denn aus der von ihm angeführten Teilungserklärung ergibt sich der Name der Käufer der einzelnen Wohnungen [X.] nicht. Eine als Anhang zur Teilungserklärung vorhandene Eigentümerliste kann keine Aktualität beanspruchen, so dass die einzelnen Eigentümer sich, um die Identität des derzeitigen Eigentümers einer betroffenen Wohnung zu erfahren, wiederum an die Hausverwaltung, die hiesige [X.] zu 1) wenden hätten müssen. Dies zeigt im Umkehrschluss, dass die Namensnennung bereits in der Tagesordnung erforderlich war. Eine bloße Unbequemlichkeit der Informationsbeschaffung, wie vom Kläger behauptet, liegt gerade nicht vor.

10

dd) Dass die Interessen des [X.] an der Nichtnennung seines Namens überwiegen würden, ist angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht ersichtlich; die [X.] zu 1) und die Wohnungseigentümergemeinschaft waren zum Vorteil des [X.] zur endgültigen Unterbindung des Legionellenbefalls in der klägerischen Wohnung tätig. Auch ist die Wohnungseigentümergemeinschaft keine anonyme Gemeinschaft (vgl. [X.], 32 [X.], juris Rn. 9).

11

Die unsubstantiierte Behauptung des [X.], dass ein potentieller Käufer „abgesprungen“ sei, führt nicht zu einer anderen Beurteilung; im Gegenteil wäre ein erst kürzlich [X.] im Verkaufsobjekt dem potentiellen Käufer gegenüber unzweifelhaft vom Kläger selbst zu offenbaren gewesen.

12

3. Die Weitergabe der Mailadresse des [X.] hat das [X.] - von der Berufung unangegriffen - ebenfalls zutreffend für rechtmäßig gehalten. Auf die Begründung im landgerichtlichen Urteil wird Bezug genommen. Gleiches gilt für den erstinstanzlich behaupteten Anspruch wegen der Sichtbarkeit der Mailadresse in einem Anschreiben des [X.]vertreters.

13

4. Unabhängig von Vorstehendem scheidet ein Anspruch gegen den [X.] zu 2) schon deshalb aus, weil dieser nicht „Verantwortlicher“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 [X.] ist. Aus der E-Mail des [X.] zu 2) vom 9. August 2019 (Anlagen [X.] - K 8) kann der Kläger nichts für sich herleiten, weil der [X.] zu 2) dort zwar einen Verstoß des [X.] zu 1) gegen die [X.] eingeräumt, selbst allerdings keine Leistung versprochen oder in irgendeiner Weise eine Verpflichtung für seine Person geschaffen oder eine bestehende Schuld bestätigt hat. Wie im vergleichbaren Fall von Erklärungen eines Schädigers im Straßenverkehr („Schuldbekenntnis“ des Unfallfahrers) fehlt es - wie im Regelfall - an einem Rechtsbindungswillen des Erklärenden (vgl. [X.], [X.], § 781 Rn. 9 mwN).

III.

14

[X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

15

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

16

Der Streitwert wurde in Anwendung von § 47 GKG, § 3 ZPO bestimmt.

Zur besseren Lesbarkeit wurden ggf. Tippfehler entfernt oder Formatierungen angepasst.

Meta

20 U 7051/20

27.10.2021

OLG München 20. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

Urteil des LG Landshut v. 06.11.2020, Az. 51 O 513/20

Zitier­vorschlag: OLG München, Urteil vom 27.10.2021, Az. 20 U 7051/20 (REWIS RS 2021, 1548)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1548


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 51 O 513/20

LG Landshut, 51 O 513/20, 06.11.2020.


Az. 20 U 7051/20

OLG München, 20 U 7051/20, 27.10.2021.


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