Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2023, Az. XII ZB 105/22

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 2022

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Gegenstand

Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanerkennung: Anwendbares Recht für die Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes


Leitsatz

Erwirbt ein Kind aufgrund Anerkennung der Vaterschaft durch einen Deutschen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit, führt das Kind - vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl der Sorgerechtsinhaber - gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich einen Geburtsnamen nach Maßgabe deutschen Sachrechts.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 3. Februar 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe

A.

1

Das Verfahren betrifft die Berichtigung der Eintragung des Geburtsnamens des betroffenen Kindes im Geburtenregister.

2

Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Kindesmutter) ist [X.] Staatsangehörige. Nach ihrer Eheschließung in [X.] mit einem [X.] Staatsangehörigen im Jahr 2009 trug sie zunächst dessen Familiennamen „L...“ als Ehenamen.

3

Nachdem ihre Ehe im Jahr 2014 geschieden worden war und sie am 3. Oktober 2019 das betroffene Kind in [X.] geboren hatte, erklärte die Kindesmutter - vertreten durch ihre Schwester - mit „statutory declaration“ vom 18. Oktober 2019 vor dem [X.] in [X.] ([X.]), ihrem durch die - vormalige - Eheschließung erworbenen Namen nunmehr ihren Geburtsnamen hinzuzufügen, so dass ihr Familienname mit sofortiger Wirkung „L...-[X.]“ laute. In ihrer Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt (Beteiligter zu 4) vom 13. November 2019 benannte sie als Vater des betroffenen Kindes den Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Kindesvater), der den Familiennamen „[X.]“ trägt und [X.] Staatsangehöriger ist. Weiter bestimmte sie darin, dass sich der Familienname des Kindes nach dem Recht von [X.] richten und „[X.]-[X.]“ lauten solle.

4

Im Mai 2020 erkannte der Kindesvater seine [X.]chaft zu dem Kind mit Zustimmung der Kindesmutter in notarieller Form an und erklärte sich damit einverstanden, dass das Kind nach dem Recht von [X.] den Familiennamen „[X.]-[X.]“ erhalte. Gleichwohl trug das Standesamt am 7. August 2020 das Kind mit dem Geburtsnamen „L...-[X.]“ in das Geburtenregister ein.

5

Nachdem die Kindeseltern im November 2020 gemeinsame Sorgeerklärungen abgegeben hatten, haben sie im Januar 2021 beim Amtsgericht beantragt, die Berichtigung des [X.] dahin anzuordnen, dass der Geburtsname des Kindes „[X.]-W...“ laute. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Kindes und seiner Eltern hat das [X.] das Standesamt angewiesen, den [X.] für das Kind auf den Geburtsnamen „[X.]-[X.]“ zu berichtigen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Standesamts.

B.

6

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat (§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 FamFG iVm § 51 Abs. 1 PStG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

7

Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

I.

8

Das Beschwerdegericht hat seine in [X.], 1093 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

9

Das Geburtenregister sei gemäß § 48 PStG zu berichtigen, weil das Kind den Familiennamen „[X.]-W...“ und nicht, wie im Geburtenregister eingetragen, den Namen „L...-[X.]“ führe.

Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB sei für die Namensbestimmung des Kindes im [X.]punkt seiner Geburt [X.]s Recht maßgeblich gewesen, weil das Kind zu diesem [X.]punkt gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verfassung von [X.] [X.]r Staatsangehöriger gewesen sei. Das [X.] Recht verweise für die Namensbestimmung des Kindes nicht auf das [X.] Recht zurück. Nach dem Recht von [X.] habe die Kindesmutter dem betroffenen Kind jedenfalls durch ihre Erklärung in der Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt wirksam den aus ihrem Geburtsnamen und dem Namen des [X.] zusammengesetzten Doppelnamen „[X.]-W...“ erteilt.

An dieser wirksamen [X.] habe sich dadurch, dass das Kind anschließend durch die Anerkennung der [X.]chaft seitens des ([X.]) [X.] nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] die [X.] Staatsangehörigkeit erworben habe, nichts geändert. Zwar wirke dieser Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit auf den [X.]punkt der Geburt des Kindes zurück. Deshalb sei für die Namensführung des Kindes gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB rückwirkend ab dem [X.]punkt der Geburt nunmehr dessen [X.] Staatsangehörigkeit maßgeblich. Dies führe aber nach den - hier jedenfalls entsprechend anwendbaren - Grundsätzen, die im Fall eines Statutenwechsels aufgrund Einbürgerung eines ausländischen Staatsangehörigen für dessen Namensführung gelten würden, nicht dazu, dass der auf der Grundlage [X.]n Rechts wirksam erworbene Name des Kindes rückwirkend unwirksam geworden wäre. Vielmehr gelte der Grundsatz der Namenskontinuität.

II.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Die Berichtigung eines abgeschlossenen Registereintrags gemäß §§ 47, 48 PStG setzt eine von Anfang an bestehende Unrichtigkeit voraus. Unrichtig in diesem Sinne ist jeder Eintrag, dessen Inhalt auf der Verletzung materiell- oder verfahrensrechtlicher Vorschriften beruht. Der Begriff der Unrichtigkeit ist weit zu verstehen und umfasst sowohl tatsächlich oder rechtlich unrichtige als auch unvollständige Registereinträge (Senatsbeschluss vom 21. September 2022 - [X.] 504/21 - FamRZ 2023, 27 Rn. 8 mwN).

2. Die bisher getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die von den Antragstellern beantragte Berichtigung des [X.].

a) Gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen und mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen hat das betroffene Kind mit der Geburt die [X.] und anschließend durch die Anerkennung der [X.]chaft seitens des [X.] [X.] gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] die [X.] Staatsangehörigkeit erworben.

Ein Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] tritt nach - soweit ersichtlich - allgemeiner, auch vom Beschwerdegericht geteilter und zutreffender Auffassung rückwirkend mit der Geburt des Kindes ein (vgl. etwa [X.] Beschluss vom 3. Februar 2021 - 2 [X.]/20 - juris Rn. 16; [X.] Beschluss vom 11. Oktober 2017 - 19 CE 17.2007 - juris Rn. 12; [X.], 310, 312; [X.]/[X.] [Stand: 17. August 2009] § 4 [X.] Rn. 154; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Staatsangehörigkeitsrecht 7. Aufl. § 4 [X.] Rn. 32, 39; [X.] Ausländerrecht/[X.] [Stand: 1. Januar 2023] § 4 [X.] Rn. 17; [X.]/[X.] BGB [Updatestand: 31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 353).

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass sich die Namensbestimmung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB selbst dann rückwirkend ab dem [X.]punkt seiner Geburt ausschließlich nach [X.]m [X.] richtet, wenn das Kind mehreren [X.] angehörte (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2021 - [X.] 60/18 - [X.], 421 Rn. 16).

Die rückwirkende Anwendung [X.] [X.]s schließt es aber aus, dass das Kind wirksam einen Geburtsnamen nach [X.]m [X.] erworben hat.

b) Entgegen der Auffassung des [X.] kommt auch eine Fortgeltung des nach [X.]m Recht gebildeten Namens entsprechend den Grundsätzen über einen Statutenwechsel nicht in Betracht.

aa) Allerdings ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass im Fall eines nachträglichen Erwerbs einer [X.] Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung eines ausländischen Staatsangehörigen dessen bisherige Namensführung fortbesteht. Denn anders als der Namenserwerb, der mit der [X.] abgeschlossen ist, kann die Namensführung als Folge tatsächlicher Veränderung des [X.], und zwar insbesondere bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit des Namensträgers, einem Statutenwechsel unterliegen. Dabei bestimmt sich nach [X.]m Recht, ob ein Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit Auswirkungen auf die Namensführung eines Betroffenen hat. Das [X.] Recht enthält indessen keine Norm, die es ohne weiteres erlauben würde, die Namensführung eines eingebürgerten Ausländers abweichend von dem fremden Recht zu beurteilen, unter dem der Name erworben wurde. Vielmehr ist das [X.] Recht von dem - ungeschriebenen - Grundsatz der Namenskontinuität beherrscht, mit dem sowohl allgemeinen Ordnungsinteressen als auch dem Bestreben Rechnung getragen wird, Namensänderungen gegen den Willen des Namensträgers möglichst zu vermeiden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - [X.] 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 13 ff. mwN).

bb) Diese vom Beschwerdegericht herangezogenen Grundsätze sind hier aber nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar.

(1) Anders als im Fall der Einbürgerung eines ausländischen Staatsangehörigen, bei welcher der Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit nach § 16 Satz 1 [X.] lediglich mit Wirkung ex nunc eintritt (vgl. [X.]/[X.] [Stand: 9. Juni 2006] § 16 [X.] Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Staatsangehörigkeitsrecht 7. Aufl. § 16 [X.] Rn. 3), oder im Fall der Aufnahme von [X.] im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG in das Gebiet der [X.], bei der die von der Verfassung angeordnete Gleichstellung mit [X.] Staatsangehörigen ebenfalls lediglich eine ex-nunc-Wirkung für die [X.] ab ihrer Aufnahme entfaltet (vgl. Senatsbeschluss [X.], 305 = FamRZ 1993, 935, 938), erfolgt der - hier vorliegende - Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit des Kindes aufgrund Anerkennung der [X.]chaft durch einen [X.] nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] mit Wirkung ex tunc auf den [X.]punkt der Geburt des Kindes zurück.

Ein rückwirkender Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit hat jedoch - anders als ein solcher nur mit Wirkung ex nunc (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 8. Juni 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 878, 881; [X.], 305 = FamRZ 1993, 935, 938 und vom 9. Juni 1993 - [X.] 3/93 - FamRZ 1993, 1178, 1179) - Auswirkungen auf einen bereits nach ausländischem Recht gebildeten Namen. Denn dieser Erwerb verdrängt das vormals maßgebliche ausländische - hier [X.] - [X.] (Wall [X.] 2022, 225, 226 f.; [X.] [Fachausschuss Nr. 4178] [X.] 2021, 92, 94 und [Fachausschuss Nr. 3953] [X.] 2012, 350, 352; [X.] [X.] 1995, 284, 286; vgl. auch [X.]/[X.] und Personenstand 4. Aufl. Rn. [X.] f.). Das Personalstatut eines Kindes im Sinne von Art. 10 Abs. 1 EGBGB ist infolge eines rückwirkenden Erwerbs der [X.] Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] somit von Geburt an auf diese Staatsangehörigkeit festgelegt; dies gilt unabhängig davon, wann die Anerkennung der [X.]chaft erfolgt ist. Rechtlich kommt es in diesem Fall somit weder zu einem Statutenwechsel, da das [X.] Personalstatut des Kindes von Geburt an besteht, noch zu einer Änderung des Namens, weil eine entgegen Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach ausländischem Recht erfolgte [X.] aus Sicht des [X.] Rechts grundsätzlich irrelevant ist (vgl. [X.]/[X.] BGB [Updatestand: 31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 148). Vielmehr führt gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB ein Kind im Fall der Anerkennung der [X.]chaft durch einen [X.] ab seiner Geburt einen Namen nach Maßgabe des - nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vorgehenden - [X.] [X.]s (vgl. [X.], 310, 312; [X.]/[X.] BGB [Updatestand: 31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 355, 409; MünchKomm/[X.] BGB 8. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 161; [X.]/[X.] und Personenstand 4. Aufl. Rn. [X.]; [X.]/[X.]. Art. 10 EGBGB Rn. 6; Wall [X.] 2022, 225, 226 ff.; [X.] [X.] 1998, 133, 136; [X.] 1994, 273, 278; aA BayObLG [X.] 2000, 235, 237; jurisPK-BGB/[X.] [Stand: 6. März 2020] Art. 10 EGBGB Rn. 41).

(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese kollisionsrechtliche Folge den gesetzgeberischen Motiven widerspräche (vgl. dazu BT-Drucks. 12/4450 S. 36; BT-Drucks. 13/8511 S. 77). Denn die in § 4 Abs. 1 [X.] enthaltene Inbezugnahme der [X.] Gesetze umfasst auch das Kollisionsrecht (BVerwGE 172, 109 = NJW 2021, 2669 Rn. 42). Mit dem rückwirkenden Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] beansprucht der [X.] Gesetzgeber im Falle des Anerkenntnisses einer [X.]chaft durch einen [X.] die kollisionsrechtliche Personalhoheit über das Kind (Wall [X.] 2022, 225, 228). Eine - entsprechende - Anwendung der Grundsätze über einen Statutenwechsel, wie vom Beschwerdegericht befürwortet, würde sich über dieses gesetzgeberische Ziel unzulässig hinwegsetzen.

(3) Nichts anderes ergibt sich aus den Wertungen des mit dem Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz - [X.]) vom 16. Dezember 1997 ([X.]) eingeführten § 1617 b Abs. 2 Satz 1 BGB.

Nach dieser Vorschrift erhält im Fall einer rechtskräftigen Feststellung, dass [X.], dessen Familienname Geburtsname des Kindes geworden ist, nicht der Vater des Kindes ist, das Kind (nur) auf seinen Antrag oder, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, auch auf Antrag des Mannes den Namen, den die Mutter im [X.]punkt der Geburt des Kindes geführt hat, als Geburtsnamen. Mithin tritt im Fall einer erfolgreichen [X.]chaftsanfechtung, also im spiegelbildlichen Fall zur hier vorliegenden [X.]chaftsanerkennung, bei dem Kind ein Wechsel seines Geburtsnamens nicht mehr ipso iure, sondern nur noch auf Antrag des Kindes oder des Mannes ein.

Zwar hat der Gesetzgeber zur Begründung dieser Vorschrift ausgeführt, sie breche mit einem Grundgedanken des bisherigen Rechts, denn künftig solle das Kind - vorbehaltlich eines abweichenden Antrags - auch nach einer erfolgreichen Anfechtung der [X.]chaft seinen Namen behalten (BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Dieser Paradigmenwechsel im Regelungsbereich der [X.]chaftsanfechtung rechtfertigt aber keine Übertragung auf Fälle der hier vorliegenden Art (aA wohl [X.] [X.] 2023, 6, 7 f.). Aus der Gesetzesbegründung zu § 1617 b Abs. 2 BGB ergibt sich lediglich das Motiv, die vermehrt auftretenden Fälle einer Namensänderung infolge einer erfolgreichen Anfechtung der [X.]chaft zu regulieren. Diese im [X.] [X.] mit festgelegter Zielrichtung getroffene Regelung lässt sich nicht ohne weiteres auf anders gelagerte kollisionsrechtliche Sachverhalte, um die es hier geht, übertragen.

c) Soweit die [X.]chaftsanerkennung aufgrund des rückwirkend anzuwendenden [X.] Namensstatuts faktisch mit einer Änderung der Namensführung des Kindes einhergeht, hängt diese Änderung hier auch nicht von der Zustimmung des Kindes ab. Zwar wird eine Zustimmungspflicht bei Kindern, die das fünfte Lebensjahr vollendet haben, in entsprechender Anwendung der §§ 1617 a Abs. 2 Satz 2, 1617 b Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1, 1617 c Abs. 1 Satz 1 BGB von Teilen der Literatur angenommen (so etwa [X.]/[X.] BGB [Updatestand: 31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 410 f.; [X.] [Fachausschuss Nr. 4178] [X.] 2021, 92, 94; [X.] [X.] 1998, 133, 136). Dies kann hier aber dahinstehen, da das betroffene Kind im [X.]punkt der Anerkennung der [X.]chaft erst sieben Monate alt war.

d) Auf der Grundlage [X.] [X.]s scheidet die von den Antragstellern begehrte Berichtigung des im Geburtenregister eingetragenen Geburtsnamens aus.

aa) Danach bestimmt sich der Geburtsname für das betroffene Kind gemäß § 1617 a Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift erhält ein Kind als Geburtsnamen den Namen seiner - wie hier - nicht verheirateten Mutter, den diese im [X.]punkt der Geburt des Kindes geführt hat, sofern der Mutter das alleinige Sorgerecht zugestanden hat.

Wer Inhaber der elterlichen Sorge ist, wird - wenn keine [X.] oder in [X.] anzuerkennende ausländische Sorgerechtsentscheidung vorliegt - in selbständiger Anknüpfung gemäß Art. 16 Abs. 1 des Haager [X.] ([X.]) nach dem [X.] des Staates bestimmt, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Macht das Sorgerechtsstatut die Zuweisung der elterlichen Sorge von der Abstammung abhängig, ist diese - ebenfalls selbständig - nach Art. 19 EGBGB anzuknüpfen (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022 - [X.] 153/21 - [X.], 1455 Rn. 11 mwN). Bei hier vorliegendem gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes im Inland ist [X.]s Recht zur Bestimmung der elterlichen Sorge berufen.

Nach [X.]m [X.] hatte die (nicht verheiratete) Kindesmutter gemäß § 1626 a Abs. 3 iVm Abs. 1 BGB im [X.]punkt der Geburt des Kindes die alleinige elterliche Sorge, weil die Eltern eine Sorgeerklärung (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB) erst später - nach der Beurkundung des Geburtsnamens - abgegeben haben.

Nach der Regelung des somit anwendbaren § 1617 a Abs. 1 BGB kommt eine Berichtigung des Geburtsnamens des Kindes auf den Namen „[X.]-W...“, wie von den Kindeseltern beantragt, nicht in Betracht. Denn nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen führte die Kindesmutter im [X.]punkt der Geburt des Kindes den Familiennamen „L...“. Mit Wirkung vom 18. Oktober 2019 änderte sich der mütterliche Bezugsname nach dem insoweit anzuwenden [X.]n Recht zu „L...-[X.]“. Da diese Namensänderung nicht auf einer Eheschließung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft beruht, erstreckt sie sich gemäß § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 iVm Abs. 1 BGB auf das noch nicht fünf Jahre alte Kind (vgl. [X.]/von [X.] [X.] § 1617 c Rn. 24). Weil die Geburt zum [X.]punkt dieser personenstandsrechtlichen Änderung noch nicht beurkundet war, hat das Standesamt die Änderung zutreffend gemäß § 35 Abs. 2 [X.] in den [X.] aufgenommen (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Personenstandsgesetz 5. Aufl. § 21 Rn. 20).

bb) Auch die von den Eltern nach der Beurkundung begründete gemeinsame elterliche Sorge für das Kind bietet keine Grundlage dafür, die Eintragung des begehrten Geburtsnamens - mittels einer Maßgabenanordnung hinsichtlich einer vorzunehmenden Folgebeurkundung (vgl. §§ 27 Abs. 3, 49 PStG; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022 - [X.] 153/21 - [X.], 1455 Rn. 31) - auszusprechen. Denn auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann der Geburtsname des Kindes gemäß § 1617 b Abs. 1 iVm § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich nach dem Namen des [X.] oder der Mutter, nicht jedoch als Doppelname der Eltern bestimmt werden.

cc) In diesen gesetzlichen Bestimmungen liegt auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Kindes (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG). Zwar wird ein nicht rechtmäßig erworbener, aber von einem Menschen in gutem Glauben tatsächlich geführter Name vom Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst, wenn er über einen nicht unbedeutenden [X.]raum die Persönlichkeit des Trägers tatsächlich mitbestimmt hat und ein entsprechender Vertrauenstatbestand vorliegt ([X.], 193, 194). Es ist aber nicht zu erkennen, dass sich bei dem hier betroffenen Kleinkind in dem [X.]raum von zehn Monaten seit seiner Geburt bis zur Eintragung seines Geburtsnamens im Geburtenregister eine schutzwürdige [X.] Identität mit dem geführten Doppelnamen bilden konnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Februar 2019 - [X.] 130/16 - FamRZ 2019, 967 Rn. 39 und vom 13. November 2019 - [X.] 118/17 - FamRZ 2020, 331 Rn. 31 ff.).

Ebenso wenig erfordert es der Schutz des Elternrechts (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), einen (unrechtmäßig) aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Kindesdoppelnamen anzuerkennen (vgl. [X.] 104, 373 = FamRZ 2002, 306, 307 ff.).

dd) Schließlich besteht keine unionsprimärrechtliche Pflicht nach Art. 21 AEUV zur Anerkennung des nach [X.]m Recht gebildeten Namens (vgl. für den [X.] Rechtsraum [X.] FamRZ 2017, 1175; [X.], 1239; FamRZ 2011, 1486; [X.], 2089 und [X.], 173). Denn dass ein Bürger der [X.] in einem [X.] (hier: [X.]) gegebenenfalls einen anderen Namen führen muss als in einem Mitgliedstaat (hier: [X.]), verbietet das Unionsrecht nicht (vgl. [X.]/[X.] und Personenstand 4. Aufl. Rn. [X.]; Wall [X.] 2022, 225, 233; vgl. dazu auch [X.] Internationales Privatrecht 5. Aufl. § 13 Rn. 18).

3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Sie ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache ist nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.

Im weiteren Verfahren wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob die von den Eltern nach Art. 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EGBGB getroffene Rechtswahl, nach der sich die Namensbestimmung für das Kind nach [X.]m Recht richten soll, wirksam ist. Nach dieser Vorschrift können allerdings von vornherein nur solche Rechtsordnungen gewählt werden, die eine den familiären Bezug erkennbar machende [X.] vorsehen. Rechtsordnungen, die ausschließlich Eigennamen kennen oder die eine Namensbestimmung für das minderjährige Kind in das freie Belieben der sorgeberechtigten Eltern stellen und dabei auch die Erteilung von sogenannten Phantasienamen zulassen, können nicht gewählt werden, da die nach solchen Regeln erfolgende Namensgebung nicht den Begriff des „Familiennamens“ im Sinne des Art. 10 Abs. 3 EGBGB erfüllt (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022 - [X.] 153/21 - [X.], 1455 Rn. 22 mwN). Insoweit kommt es (ausschließlich) auf den Inhalt der gewählten Rechtsordnung, nicht hingegen darauf an, ob der konkret gewählte Name des Kindes - wie hier - einen familiären Bezug erkennbar macht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Mai 2018 - [X.] 47/17 - FamRZ 2018, 1245 Rn. 11). Hierzu hat das Beschwerdegericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, noch keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

[X.]     

      

Günter     

      

Nedden-Boeger

      

Botur     

      

Pernice     

      

Meta

XII ZB 105/22

22.03.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 8. Februar 2022, Az: 1 W 277/21, Beschluss

§ 1617 Abs 1 S 1 BGB, § 1617a Abs 1 BGB, § 1617b Abs 1 BGB, Art 10 Abs 1 BGBEG, § 4 Abs 1 S 2 RuStAG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2023, Az. XII ZB 105/22 (REWIS RS 2023, 2022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2022

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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