Bundessozialgericht, Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 26/15 R

1. Senat | REWIS RS 2016, 14955

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Übernahme der Krankenbehandlung für nicht versicherungspflichtigen Sozialhilfeempfänger - kein Wechselrecht, solange die gewählte Krankenkasse weder geschlossen noch von einem Insolvenzeröffnungsantrag betroffen ist - Verfassungsmäßigkeit - keine Diskriminierung iSd Behindertenrechtskonvention


Leitsatz

Sozialhilfeempfänger, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, haben kein Recht, die von ihnen zur Übernahme der Krankenbehandlung gewählte Krankenkasse zu wechseln, solange diese weder geschlossen noch von einem Insolvenzeröffnungsantrag betroffen ist.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 12. September 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Krankenbehandlung des [X.] zu übernehmen hat.

2

Der 1942 geborene, von der beigeladenen Gebietskörperschaft zu 2. Sozialhilfe beziehende, schwerbehinderte Kläger wählte mit Wirkung zum 1.1.2004 eine der [X.] ([X.]) zu 1. als die für ihn nach § 264 [X.] zuständige [X.]. Seit 1.1.2010 übernimmt die Beigeladene zu 1. die Krankenbehandlung des [X.]. Aus Unzufriedenheit mit der Beigeladenen zu 1. wollte der Kläger die [X.] wechseln und veranlasste die Beigeladene zu 2., ihn bei der [X.] anzumelden. Die Beklagte lehnte gegenüber dem Kläger, der auch einen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft gestellt hatte, die Übernahme der Krankenbehandlung ab, weil das Gesetz einen [X.]n-Wechsel nicht vorsehe (Bescheid vom 5.11.2012, Widerspruchsbescheid vom 10.4.2013; zudem "Rücknahme" der Abmeldung durch die Beigeladene zu 2. vom 8.11.2012). Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Feststellung, dass die Beklagte seine Krankenbehandlung zu übernehmen hat, bei dem [X.] (Gerichtsbescheid vom [X.]) und dem L[X.] erfolglos geblieben: Der Kläger gehöre als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung im Alter nicht zu dem Personenkreis, dem ein [X.]n-Wechselrecht zustehe. [X.]n-wahlberechtigt in diesem Sinne seien nur Mitglieder der [X.]n. § 264 [X.] eröffne dem Kläger lediglich die Möglichkeit, einmalig eine [X.] zu wählen. Er werde zwar leistungsrechtlich, aber nicht mitgliedschaftsrechtlich den in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) Versicherten gleichgestellt. Diese Regelungen seien verfassungsgemäß und verstießen insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Urteil vom 12.9.2014).

3

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 264 Abs 2 bis 7 [X.]. Zwar sehe die Vorschrift nicht ausdrücklich ein [X.]n-Wechselrecht für den in § 264 Abs 2 [X.] genannten Personenkreis vor. Die entsprechende Anwendung des § 175 [X.] sei aber sowohl einfachrechtlich als auch grundrechtlich (Art 3 Abs 1 und [X.]) und nach den Rechtsgedanken der B[X.]-Rechtsprechung (B[X.]E 109, 138 = [X.]-3100 § 18c [X.] 3) geboten, um die bestehende Regelungslücke zu schließen.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 12. September 2014, den Gerichtsbescheid des [X.] vom 8. Juli 2013 und den Bescheid der [X.] vom 5. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte die Krankenbehandlung des [X.] zu übernehmen hat.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

7

Die Beigeladenen zu 1. und 2. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 [X.]G). Zu Recht hat das [X.] die Berufung des [X.] zurück- und das [X.] die statthafte und zulässige Klage (dazu 1.) abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, die Beklagte als [X.] zu wählen, die seine Krankenbehandlung zu übernehmen hat. Eine Rechtsgrundlage für ein erweitertes [X.]n-Wahlrecht ([X.]n-Wechselrecht) ergibt sich für die Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem [X.]B XII - wie hier den Kläger - sowie für die anderen in § 264 Abs 2 [X.]B V genannten Personengruppen weder aus dem [X.]B noch aus höherrangigem Recht. Das Wahlrecht des von § 264 Abs 2 [X.]B V erfassten Personenkreises ist ein einmalig auszuübendes Wahlrecht und kann nicht erneut ausgeübt werden, solange die zuständige Aufsichtsbehörde die gewählte [X.] weder geschlossen (§§ 146a, 153, 163, 170 [X.]B V) noch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] gestellt hat (§ 171b Abs 3 S 1 [X.]B V). Unerheblich ist dagegen, dass die Beigeladene zu 1. nach einer [X.]-Fusion (§ 168a [X.]B V) als Rechtsnachfolgerin an die Stelle der vom Kläger gewählten [X.] getreten ist (dazu 2.).

9

1. [X.] für das Begehren des [X.] ist die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Die im Gesetz nicht verankerte Subsidiarität der Feststellungsklage (der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gilt nach der stRspr des B[X.] auch für das sozialgerichtliche Verfahren, vgl nur B[X.]E 105, 1 = [X.]-2500 § 125 [X.], Rd[X.]7; B[X.]E 110, 75 = [X.]-1200 § 35 [X.], Rd[X.]2; B[X.] [X.]-1500 § 55 [X.] Rd[X.]2; B[X.]E 43, 148, 150 = [X.] 2200 § 1385 [X.]) greift hier nicht ein, weil es keine andere vorrangige Klageart gibt. Dem Kläger geht es um die Feststellung, dass er rechtmäßig ein Gestaltungsrecht ausgeübt hat, das ihm nach seiner Auffassung zusteht: Die Wahl einer anderen [X.]. Die Wahl bedarf nach der gesetzlichen Konzeption, die lediglich eine einmalige [X.]n-Wahl vorsieht, allein des Zugangs einer empfangsbedürftigen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung des nach § 264 Abs 2 [X.]B V Wahlberechtigten ([X.] in jurisPK-[X.]B V, 2. Aufl 2012, § 264 Rd[X.]2; [X.]/[X.], [X.]B V, Stand Februar 2016, § 264 Rd[X.]7). Soweit die gesetzlichen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind, ist die gewählte [X.] an diese Erklärung gebunden, ohne dass es eines Verwaltungsaktes bedarf (vgl § 264 Abs 2 S 1 und Abs 3 S 1 [X.]B V). Ebenso ist dem nach § 264 Abs 2 [X.]B V Wahlberechtigten keine (Zuständigkeits-)Bescheinigung von der gewählten [X.] entsprechend § 175 Abs 2 S 1 [X.]B V auszustellen. Gleiches müsste gelten, wenn das vom Kläger geltend gemachte weitere Wahlrecht im Sinne eines Rechts bestünde, die [X.] wechseln zu dürfen. Die Ausübung des Wahlrechts ist nämlich gegenüber der gewählten [X.] zu erklären (vgl § 175 Abs 1 S 1 [X.]B V), also mittels empfangsbedürftiger öffentlich-rechtlicher Willenserklärung (vgl zB Blöcher in jurisPK-[X.]B V, 2. Aufl 2012, § 175 Rd[X.]5; [X.] in LPK-[X.]B V, 4. Aufl 2012, § 175 Rd[X.] 20; [X.] in Hauck/[X.], Stand Februar 2016, § 175 Rd[X.]2).

Die Anfechtungs- und Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt es der Feststellungsklage nicht an dem erforderlichen berechtigten Interesse.

2. [X.] ist unbegründet. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, seine Krankenbehandlung zu übernehmen. Zu Unrecht meint der Kläger, ihm stehe ein [X.]n-Wechselrecht zu. Das ist den einschlägigen Regelungen weder unmittelbar zu entnehmen (dazu a) noch ist Raum für eine analoge Anwendung der Regelungen über Wechselrechte für Versicherte der [X.] (dazu b). Auch das [X.] und die [X.] (Übereinkommen der [X.] vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Gesetz vom [X.], [X.] 1419, für [X.] in [X.] seit [X.], [X.] 2009, 812) gebieten keine davon abweichende Auslegung (dazu c).

a) Als Rechtsgrundlage für ein erweitertes [X.]n-Wahlrecht kommt - auch nach Auffassung des [X.] - § 264 Abs 2 bis 7 [X.]B V (eingefügt durch Art 1 [X.] Buchst c [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung <[X.]-Modernisierungsgesetz - [X.]> vom 14.11.2003, [X.] 2190) nicht in Betracht. § 264 Abs 2 S 1 und Abs 3 [X.]B V sehen schon nach ihrem Wortlaut lediglich ein einmaliges [X.]n-Wahlrecht vor: " Die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem [X.] bis [X.] Kapitel des [X.], von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes und von Empfängern von [X.] nach dem [X.], die nicht versichert sind, wird von der Krankenkasse übernommen. … Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Empfänger haben unverzüglich eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Trägers der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu wählen, die ihre Krankenbehandlung übernimmt. Leben mehrere Empfänger in häuslicher Gemeinschaft, wird das Wahlrecht vom Haushaltsvorstand für sich und für die Familienangehörigen ausgeübt, die bei Versicherungspflicht des [X.] nach § 10 versichert wären. Wird das Wahlrecht nach den Sätzen 1 und 2 nicht ausgeübt, gelten § 28i des [X.] und § 175 Abs. 3 Satz 2 entsprechend."

Auch aus der sich in Ausübung des einmaligen Wahlrechts ergebenden Rechtsstellung folgt für die in § 264 Abs 2 S 1 [X.]B V genannten Personen kein weiteres [X.]n-Wahlrecht. Sie erlangen keine mitgliedschaftliche Rechtsstellung(vgl grundlegend B[X.]E 101, 42 = [X.]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]4; B[X.] [X.]-2500 § 175 [X.] Rd[X.]1), sondern lediglich eine Legitimation, um ihren bedürftigkeitsabhängigen Anspruch auf Krankenbehandlung zu realisieren. Für sie gelten § 11 Abs 1 sowie §§ 61 und 62 [X.]B V lediglich entsprechend (§ 264 Abs 4 S 1 [X.]B V). Eine mitgliedschaftsrechtliche Stellung ergibt sich auch nicht daraus, dass sie die - mittlerweile als elektronische Gesundheitskarte (eGK) ausgestaltete - Krankenversichertenkarte erhalten (§ 264 Abs 4 [X.] [X.]B V) und in diesem Zusammenhang das Gesetz folgende ergänzende Regelungen trifft (§ 264 Abs 4 [X.] und 4 [X.]B V): "Als Versichertenstatus nach § 291 Abs. 2 [X.]. 7 gilt für Empfänger bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Statusbezeichnung 'Mitglied', für Empfänger nach Vollendung des 65. Lebensjahres die Statusbezeichnung 'Rentner'. Empfänger, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in häuslicher Gemeinschaft leben und nicht Haushaltsvorstand sind, erhalten die Statusbezeichnung 'Familienversicherte'". Die Statusbezeichnungen auf der Krankenversichertenkarte dienen allein der Durchführung des Abrechnungsverfahrens sowie der Anwendung von Steuerungsinstrumenten wie zB [X.] nach § 106 [X.]B V (siehe Gesetzentwurf der Fraktionen [X.], [X.] und [X.]/[X.] eines [X.], BT-Drucks 15/1525 [X.] - ).

b) Entgegen der Auffassung des [X.] liegen die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 264 Abs 3 iVm § 175 [X.]B V nicht vor, um es ihm zu ermöglichen, zur Beklagten zu wechseln. Es fehlt im Falle einer nach § 264 Abs 3 S 1 [X.]B V gewählten, funktionsfähigen, also nicht geschlossenen und nicht von einem Insolvenzeröffnungsantrag betroffenen [X.] bereits an einer Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat das [X.]n-Wahlrecht sowie Dauer und Ende der Zuständigkeit der gewählten [X.] planvoll abschließend geregelt. Das belegen Systematik (dazu aa) und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung (dazu [X.]). Dies steht auch nicht im Widerspruch zur das [X.] ([X.]) betreffenden Rechtsprechung des B[X.] (dazu [X.]).

aa) Schon die Gesetzessystematik schließt eine Erweiterung des [X.]n-Wahlrechts für den Personenkreis aus, dem der Kläger angehört. Nach dem Regelungskonzept des § 264 [X.]B V wählen die von § 264 Abs 2 [X.]B V erfassten Personen einmalig "ihre" [X.] und verbleiben während des bedürftigkeitsabhängigen Bezugs der in § 264 Abs 2 S 1 [X.]B V genannten Leistungen dort. Mit dem Ende ihrer Bedürftigkeit meldet der bisherige Leistungsträger sie bei der [X.] ab und beendet dadurch das zur [X.] bestehende gesetzliche Auftragsverhältnis (vgl B[X.]E 101, 42 = [X.]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]1). § 264 [X.]B V regelt in seinem Abs 3 nicht nur, dass und wie der in § 264 Abs 2 [X.]B V genannte Personenkreis die Zuständigkeit einer [X.] für die Übernahme der Krankenbehandlung erstmalig begründen kann und muss. § 264 Abs 5 S 1 und 2 [X.]B V regelt auch ausführlich das Ende der Zuständigkeit der gewählten [X.]: "Wenn Empfänger nicht mehr bedürftig im Sinne des [X.] oder des [X.]es sind, meldet der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe diese bei der jeweiligen Krankenkasse ab. Bei der Abmeldung hat der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe die Krankenversichertenkarte vom Empfänger einzuziehen und an die Krankenkasse zu übermitteln." Hiernach geht das Gesetz davon aus, dass die Zuständigkeit der einmal gewählten [X.] erst mit dem Wegfall der Bedürftigkeit endet.

Hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit eines zwischenzeitlichen [X.]n-Wechsels bejaht, wäre in § 264 Abs 5 [X.] [X.]B V auch die Anordnung zu erwarten gewesen, dass der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe bei einem [X.]n-Wechsel die Krankenversichertenkarte vom Empfänger einzuziehen und an die [X.] zu übermitteln hat. Denn die sich aus der missbräuchlichen Benutzung einer Krankenversichertenkarte (jetzt einer - noch nicht online angebundenen - eGK, vgl umfassend zur eGK B[X.]E 117, 224 = [X.]-2500 § 291a [X.], zur Missbrauchsproblematik insbesondere Rd[X.] 29) ergebenden finanziellen Risiken für den Leistungsträger, in dessen Auftrag die [X.] für den Personenkreis nach § 264 Abs 2 [X.]B V die Krankenbehandlung übernimmt, bestehen in gleicher Weise bei einem [X.]n-Wechsel wie im Falle des Endes der Bedürftigkeit. Könnte der Leistungsträger nicht den Verbleib der Krankenversichertenkarte kontrollieren, bestünde die Gefahr, dass neben der neuen Krankenversichertenkarte, die dann die neu gewählte [X.] ausgäbe, auch die bisherige Krankenversichertenkarte durch andere Personen zu Lasten des Leistungsträgers verwendet werden könnte (zum erst zu einem späteren [X.]punkt vorgesehenen [X.] vgl Art 1 [X.]61 Buchst b und c, [X.]62, [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung <[X.]-Modernisierungsgesetz - [X.] > vom 14.11.2003, [X.] 2190, dort zu § 291 Abs 2 S 1, Abs 2a und § 291a Abs 1 [X.]B V; vgl auch B[X.]E 117, 224 = [X.]-2500 § 291a [X.] Rd[X.]8; tatsächliche Umsetzung erst ab Ende 2011).

Es steht im Einklang mit diesem Regelungskonzept, dass das Gesetz (§ 264 Abs 3 [X.] [X.]B V) lediglich für den Fall, dass das (einmalige) Wahlrecht nicht ausgeübt wird, Auffangregelungen (§ 28i [X.]B IV und § 175 Abs 3 [X.] [X.]B V) für entsprechend anwendbar erklärt. Hätte der Gesetzgeber hingegen die Möglichkeit eines [X.]n-Wechsels Berechtigter (iS von § 264 Abs 2 S 1 [X.]B V) vor der Abmeldung durch die Leistungsträger gewollt, hätte es nahegelegen, dass er insoweit eine entsprechende Anwendung des § 175 [X.]B V - zumindest in Teilen - angeordnet hätte.

[X.]) Die Entstehungsgeschichte des § 264 Abs 2 bis 7 [X.]B V und der dort zum Ausdruck kommende Sinn und Zweck der Regelung belegen ebenfalls, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzes fehlt. Sie wäre Voraussetzung dafür, das [X.]n-Wahlrecht (§ 264 Abs 3 S 1 [X.]B V) auf den Wechsel von der ursprünglich gewählten [X.] zu einer neu gewählten [X.] entsprechend anzuwenden. So ergibt sich aus der Begründung des [X.]-Entwurfs (Gesetzentwurf der Fraktionen [X.], [X.] und [X.]/[X.] eines [X.], BT-Drucks 15/1525 [X.] - ), dass die Berechtigten im Rahmen eines zwischen [X.] und Sozialhilfeträger bestehenden gesetzlichen Auftragsverhältnisses leistungsrechtlich lediglich den Versicherten gleichgestellt werden sollen. Nach dem Zweck der Regelung, den Berechtigten bloß eine leistungsrechtliche Gleichstellung mit Versicherten zu verschaffen und das [X.]-Leistungserbringungssystem einzusetzen, damit die anderen Leistungsträger im Sinne einer verfahrensmäßigen Entlastung ihre Aufgaben im Bereich der Krankenbehandlung vorrangig durch spezialisierte Träger der [X.] erfüllen lassen können (vgl zur Sozialhilfe § 48 [X.] [X.]B XII), bedarf es indes keines [X.]n-Wechselrechts. Aus Regelungen über die an den Wünschen der Leistungsberechtigten orientierte Auslegung des [X.]-Leistungskatalogs (§ 2 Abs 2, § 33 [X.]B I, § 9 Abs 1 S 1 [X.]B IX) ergibt sich ebenfalls nichts für ein erweitertes Recht auf [X.]n-Wahl des [X.]. Die einmalige Wahl der [X.] (§ 264 Abs 3 S 1 [X.]B V) stellt Berechtigte (iS von § 264 Abs 2 [X.]B V) den Mitgliedern hinsichtlich der Pflichtleistungen der [X.] leistungsrechtlich gleich. In diesem Rahmen greifen zu ihren Gunsten auch die § 2 Abs 2, § 33 [X.]B I, § 9 Abs 1 S 1 [X.]B IX ein.

Die einmalige Wahl einer [X.] hat dagegen für die Berechtigten keine Folgen hinsichtlich der unterschiedlichen Gestaltungsleistungen der [X.]n kraft Satzung (vgl zB § 11 Abs 6 [X.]B V). Nach § 52 Abs 1 [X.] [X.]B XII entscheidet nicht etwa die [X.], sondern der Träger der Sozialhilfe - hier die Beigeladene zu 2. - über Umfang und Inhalt der Hilfen nach pflichtgemäßem Ermessen, soweit [X.]n in ihrer Satzung Umfang und Inhalt der Leistungen bestimmen können. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, die sich auch auf die wortgleiche Vorläuferregelung in § 38 Abs 1 [X.] BSHG erstreckt, durchbricht diese Gesetzesregelung den Grundsatz, dass die Sozialhilfeempfänger ihre Ansprüche auf Hilfe bei Krankheit gegenüber der von ihnen gewählten [X.] unmittelbar geltend zu machen haben (vgl B[X.]E 101, 42 = [X.]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]8; s ferner B[X.] [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]9). Unerheblich ist dabei, ob und in welchem Umfang die gewählte [X.] von der durch das [X.]B V eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht hat, zusätzliche Leistungen in ihrer Satzung vorzusehen. Maßgeblich für die Entscheidungsbefugnis des Sozialhilfeträgers ist, dass es um Leistungen geht, die nach Art und Umfang satzungsrechtlich zu regeln sind. Die derart abgrenzte Entscheidungszuständigkeit von [X.] und Sozialhilfeträger gewährleistet unabhängig von der Wahl der [X.] im Bereich von [X.] die leistungsrechtliche Gleichbehandlung der Empfänger von Leistungen nach dem [X.] bis [X.] Kapitel des [X.]B XII.

Das in sich geschlossene Regelungskonzept des § 264 Abs 2 bis 7 [X.]B V weist nur in den Fällen eine verdeckte Regelungslücke auf, in denen die zuständige Aufsichtsbehörde die einmal gewählte [X.] schließt oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen beantragt (zum danach von den betroffenen Mitgliedern dieser [X.] auszuübenden Pflichtrecht, eine andere [X.] zu wählen vgl § 175 Abs 3a [X.]B V). Denn § 264 [X.]B V geht unausgesprochen davon aus, dass mit der von den Personen iS des § 264 Abs 2 [X.]B V gewählten [X.] die Krankenbehandlung bis zum Wegfall der Bedürftigkeit dauerhaft gesichert ist. Ohne eine erneute [X.]n-Wahl oder Zuweisung zu einer [X.] wäre bei Schließung und Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die vom Gesetzgeber gewollte Krankenbehandlung der in § 264 Abs 2 [X.]B V genannten Personen durch eine [X.] nicht länger möglich. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Hingegen wird der mit dem von § 264 Abs 2 bis 7 [X.]B V verfolgte Regelungszweck in den Fällen der Fusion (§§ 145, 150, 160, 168a, 171a [X.]B V) nicht beeinträchtigt, weil hier eine Rechtsnachfolge kraft Gesetzes eintritt und die Krankenbehandlung auch ohne erneute Wahl oder Zuweisung sichergestellt bleibt.

[X.]) Das Recht auf einen [X.]n-Wechsel lässt sich - anders als der Kläger meint - auch nicht auf Rechtsgedanken der Rechtsprechung des B[X.] zu § 18c [X.] stützen (vgl dazu B[X.]E 109, 138 = [X.]-3100 § 18c [X.]). Sie leitet das Recht eines "Kassenwechsels auf freiwilliger Basis" für Beschädigte, deren Versorgungsansprüche [X.]n im Auftragsverhältnis erfüllen, aus einer ergänzenden Auslegung der Regelung des § 18c Abs 1 [X.] [X.] iVm § 18c Abs 2 S 1 [X.] ab im Zusammenspiel mit den sich aus § 2 Abs 2, § 33 [X.]B I, § 9 Abs 1 S 1 und 2 [X.]B IX ergebenden Auslegungsregeln (vgl B[X.]E 109, 138 = [X.]-3100 § 18c [X.], Rd[X.]6 ff). Diese normative Ausgangslage weicht grundlegend von jener für die Berechtigten nach § 264 Abs 2 [X.]B V ab. Der Gesetzgeber des [X.] hat für diese Berechtigten das [X.]n-Wahlrecht (vgl § 264 Abs 3 [X.]B V) sowie Dauer und Ende der Zuständigkeit der gewählten [X.] (vgl 2. b aa und § 264 Abs 5 [X.]B V) abschließend geregelt.

c) Eine analoge Anwendung des [X.]n-Wahlrechts für Mitglieder (§ 173 Abs 2 iVm § 175 [X.]B V) auf nicht versicherte Berechtigte (iS von § 264 Abs 2 [X.]B V) ist schließlich auch nicht aus verfassungs- oder konventionsrechtlichen Gründen geboten. Weder ergibt sich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (dazu aa) noch gegen das [X.] (dazu [X.]).

aa) Der Ausschluss des [X.]n-Wechselrechts beinhaltet keine sachwidrige Ungleichbehandlung im Hinblick darauf, dass andere Bezieher von bedürftigkeitsabhängigen Leistungen als versicherte Mitglieder in die [X.] einbezogen sind. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (B[X.]E 102, 30 = [X.]-2500 § 34 [X.], Rd[X.]2; [X.] 112, 50, 67 = [X.]-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.]5 mwN; [X.] 117, 316, 325 = [X.]-2500 § 27a [X.] Rd[X.]1, stRspr). Die nach § 5 Abs 1 [X.] 2a [X.]B V pflichtversicherten Bezieher von [X.] sind nach ihrer Rechtsstellung Mitglieder ihrer [X.], anders als die Berechtigten nach § 264 Abs 2 [X.]B V. Diese Ungleichbehandlung ist aber nicht sachwidrig. Beide Sicherungskonzepte gewährleisten den Betroffenen das menschenwürdige Existenzminimum (Art 1 Abs 1 [X.] iVm Art 20 Abs 1 [X.]; vgl [X.] 125, 175, 222 f = [X.]-4200 § 20 [X.]2 Rd[X.]33 f). Der Gesetzgeber muss die Absicherung der Gesundheit bei vergleichbaren Personengruppen nicht auf demselben rechtstechnischen Weg vollziehen, wenn das [X.] beider Gruppen - wie hier (vgl 2. b [X.]) - gleich hoch ist. Im Übrigen kann der Gesetzgeber den Kreis der Pflichtversicherten so abgrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist. Er hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum ([X.] 123, 186, 263 = [X.]-2500 § 6 [X.] 8 Rd[X.] 229). Hierbei durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass die "Grundsicherung für Arbeitsuchende" nach dem [X.]B II - anders als die Soziallhilfe nach dem [X.]B XII (vgl § 21 [X.]B XII) - auf einen Personenkreis zugeschnitten ist, der häufig aus einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung kommt (bei Inkrafttreten des [X.]B II zum 1.1.2005 Einbeziehung der bisher nach § 5 Abs 1 [X.] 2 [X.]B V pflichtversicherten Arbeitslosenhilfebezieher), grundsätzlich nur kurze [X.] in diesem Sicherungssystem verbleiben soll und danach regelhaft (wieder) eine krankenversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen soll (vgl §§ 1 f [X.]B II; s ferner zur Ausrichtung des [X.]B II als System zur schnellen Wiedereingliederung erwerbsfähiger [X.] Begründung des Entwurf eines [X.] am Arbeitsmarkt, BT-Drucks 15/1516 [X.] und [X.] ff). Es ist dementsprechend sachgerecht, [X.]B II-Leistungsbezieher von vornherein dem Kreis der in der [X.] Pflichtversicherten zuzuordnen.

[X.]) Schließlich verhelfen weder das Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 [X.] noch das [X.] gemäß Art 3 Abs 3 [X.] [X.] dem Kläger zum Erfolg. Art 5 Abs 2 [X.] ist unmittelbar anwendbar, in diesem Sinne also self-executing (vgl B[X.] Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 12/13 R - Juris Rd[X.] 23 mwN). Die Norm entspricht dem verfassungsrechtlichen [X.] (B[X.]E 110, 194 = [X.]-1100 Art 3 [X.] 69, Rd[X.]1). Die grundsätzliche Beschränkung des gesetzlichen Wahlrechts nicht versicherter Berechtigter (iS von § 264 Abs 2 [X.]B V) auf eine einmalige Wahl verstößt indes weder gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungs- noch gegen das konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Regelung über das einmalige [X.]n-Wahlrecht knüpft nämlich nicht an eine Behinderung im verfassungsrechtlichen und konventionsrechtlichen Sinne an. Soweit die Vorschrift zugleich behinderte Menschen iS des Art 3 Abs 3 [X.] [X.] oder des Art 1 Abs 2 [X.] trifft, ist sie wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der [X.] und der dargelegten Sachgesichtspunkte für ihre konkrete Ausgestaltung gerechtfertigt.

3. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 1 KR 26/15 R

08.03.2016

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 8. Juli 2013, Az: S 5 KR 2162/13, Gerichtsbescheid

§ 264 Abs 2 S 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 3 S 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 3 S 3 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 4 S 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 4 S 2 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 4 S 3 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 4 S 4 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 5 S 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 5 S 2 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 6 SGB 5 vom 14.11.2003, § 264 Abs 7 SGB 5 vom 14.11.2003, § 175 Abs 3 S 2 SGB 5, § 173 Abs 2 SGB 5, § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5, § 2 Abs 2 SGB 1, § 33 SGB 1, § 28i SGB 4, § 9 Abs 1 S 1 SGB 9, § 9 Abs 1 S 2 SGB 9, § 52 Abs 1 S 2 SGB 12, § 18c Abs 1 S 3 BVG, § 18c Abs 2 S 1 BVG, Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 S 2 GG, Art 1 Abs 2 UNBehRÜbk, Art 5 Abs 2 UNBehRÜbk

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 26/15 R (REWIS RS 2016, 14955)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14955

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Krankenversicherung - gesetzlich Versicherter - Erkrankung im Ausland - Behandlung zulasten einer privaten Krankenversicherung - …


B 1 KR 16/18 R (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Geltendmachung von Wettbewerbsansprüchen durch einen Krankenkassenverband für seine Mitgliedskassen - Prozessführungsbefugnis bei …


B 1 KR 4/10 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Übernahme der Krankenbehandlung für den Träger der Sozialhilfe - Übergang von Schadensersatzansprüchen gegen …


B 1 KR 20/13 R (Bundessozialgericht)

(Sozialgerichtliches Verfahren - notwendige Beiladung im Erstattungsstreit - Übernahme der Krankenbehandlung durch Krankenkasse für nicht …


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