Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.04.2014, Az. IV R 25/11

4. Senat | REWIS RS 2014, 6133

STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH)

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Gegenstand

Zu den Grundsätzen der Ausübung des Entschließungs- und Auswahlermessens bei der Festsetzung eines Verzögerungsgelds - Zuständigkeit


Leitsatz

1. Das Entschließungsermessen wird fehlerhaft ausgeübt, wenn ausgehend von einer Vorprägung des Ermessens jede Verletzung der Mitwirkungspflichten (§ 200 Abs. 1 AO) --unabhängig davon, ob den Steuerpflichtigen ein Schuldvorwurf trifft-- grundsätzlich zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds führt (Anschluss an BFH-Urteil vom 28. August 2012 I R 10/12, BFHE 239, 1, BStBl II 2013, 266) .

2. Eine Vorprägung des Entschließungsermessens im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null ist auch dann zu verneinen, wenn ausreichende Gründe für eine entschuldbare Fristversäumnis weder vorgetragen noch festgestellt werden .

3. Bei der Ausübung des Entschließungsermessens ist ein Antrag auf AdV, der sich gegen die Prüfungsanordnung und die Aufforderung zur Vorlage der Buchführungsunterlagen richtet und im Zeitpunkt des Ablaufs der Vorlagefrist noch nicht beschieden ist, ungeachtet der Vollziehbarkeit der Bescheide zu berücksichtigen .

4. Das Auswahlermessen wird fehlerhaft ausgeübt, wenn früheres Verhalten des Steuerpflichtigen, welches der Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen vorausging, bei der Bemessung der Höhe des Verzögerungsgelds berücksichtigt worden ist .

Tatbestand

1

I. [X.]ie Beteiligten streiten über die [X.]estsetzung eines [X.].

2

[X.]ie Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist seit dem 2. [X.]ezember 2008 Rechtsnachfolgerin der [X.] ([X.]), die ihrerseits im November 2008 durch [X.] der [X.] (GbR) entstanden ist. [X.]er Ort der Geschäftsleitung der GbR sowie der [X.] und der Klägerin lag zunächst im Zuständigkeitsbereich des [X.] ([X.]inanzamt --[X.]--).

3

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 ordnete das [X.] bei der GbR eine Außenprüfung hinsichtlich der Umsatzsteuer, der [X.]eststellung der Einkünfte und der Gewerbesteuer für die Jahre 2002 bis 2004 an. [X.]ie Prüfung sollte am 2. [X.]ezember 2008 beginnen.

4

[X.]en gegen die Prüfungsanordnung eingelegten Einspruch wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 16. März 2009, gerichtet an die GbR, als unbegründet zurück. [X.]er Prüfungsbeginn wurde allerdings, wie von der Klägerin gewünscht, auf Mai 2009 verschoben.

5

[X.]as gegen die Prüfungsanordnung angestrengte Klageverfahren (Az. 13 K 13107/09) erledigte sich durch entsprechende Erledigungserklärungen der Beteiligten, nachdem das [X.] eingeräumt hatte, dass die Einspruchsentscheidung dem falschen Inhaltsadressaten und damit nicht wirksam bekanntgegeben worden sei.

6

Im [X.] an ein Telefonat vom 25. August 2009 mit der damaligen steuerlichen Vertreterin der Klägerin über die [X.]ortsetzung des Prüfungsverfahrens teilte die Klägerin mit Schreiben vom 22. September 2009 mit, dass sie den Ort der Geschäftsleitung am 20. Juni 2009 in die [X.] 45 in [X.] und damit in den Zuständigkeitsbereich des [X.]inanzamts [X.] ([X.] [X.]) verlegt habe.

7

Auf Ersuchen des [X.] vom 23. November 2009 erteilte das [X.] [X.] mit Schreiben vom selben Tag dem [X.] den Auftrag zur [X.]urchführung der Außenprüfung nach § 195 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]). [X.]es Weiteren stimmte das [X.] [X.] am 19. Januar 2010 der [X.]ortführung des [X.] gegen die Prüfungsanordnung vom 8. Oktober 2008 nach § 26 Satz 2 [X.] zu. Hierüber informierte das [X.] die Klägerin mit Schreiben vom 25. Januar 2010.

8

Auf Grundlage der Ergebnisse einer [X.] am 15. [X.]ebruar 2010 in den Geschäftsräumen der Klägerin in [X.] lehnte das [X.] [X.] mit Schreiben vom 19. [X.]ebruar 2010 die Übernahme der die Klägerin betreffenden Steuerakten ab. Es sei unwahrscheinlich, dass sich der Ort der Geschäftsleitung der Klägerin in [X.] befinde. Eine entsprechende Erklärung gab auch das [X.]inanzamt [X.] ([X.] [X.]) mit Schreiben vom 24. [X.]ebruar 2010 ab. [X.]as [X.] [X.] hatte am 17. November 2009 für die [X.] eine Steuernummer erteilt und zunächst die Übernahme der Besteuerung erklärt.

9

Bereits zuvor teilte das [X.] der Klägerin mit Schreiben vom 9. [X.]ezember 2009 unter Verweis auf den Prüfungsauftrag des [X.] [X.] mit, dass mit der Außenprüfung am 11. Januar 2010 begonnen werde, und forderte dazu die in einer Anlage bezeichneten Unterlagen an (u.a. Buchführungs- und Abschlussunterlagen sowie Belege, Verträge, [X.]). Sollten diese Unterlagen nicht bis zum 11. Januar 2010 eingereicht werden, werde ein Verzögerungsgeld festgesetzt.

Eine mit Schreiben vom 22. [X.]ezember 2009 beantragte Verschiebung des [X.] wegen Erziehungsurlaubs der zuständigen Bearbeiterin und unvorhergesehenen Ausfalls weiterer Mitarbeiter lehnte das [X.] am 4. Januar 2010 ab.

[X.]araufhin legte die Klägerin mit Schreiben vom 8. Januar 2010 "gegen die geänderte Prüfungsanordnung vom 09.12.2009" Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV), da das [X.] [X.] für die noch nicht begonnene Prüfung zuständig sei.

[X.]as [X.] lehnte den [X.] mit Bescheid vom 28. Januar 2010, der Klägerin bekanntgegeben am 31. Januar 2010, ab, da keine geänderte Prüfungsanordnung und damit auch kein wirksamer Einspruch vorlägen. Vielmehr sei die [X.]estlegung des [X.] als eigenständiger Verwaltungsakt anzusehen. [X.]ie Klägerin stellte insoweit keinen gerichtlichen [X.] nach § 69 Abs. 3 der [X.]inanzgerichtsordnung ([X.]GO).

[X.]ie Klägerin legte dem [X.] die angeforderten Unterlagen nicht vor.

Mit Bescheid vom 3. März 2010 setzte das [X.] gegenüber der Klägerin ein Verzögerungsgeld in Höhe von 4.800 € fest.

[X.]en gegen die [X.]estsetzung des [X.] gerichteten Einspruch wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2010 als unbegründet zurück. [X.]a die Klägerin die im Schreiben vom 9. [X.]ezember 2009 angeforderten Unterlagen nicht bis zum 11. Januar 2010 vorgelegt habe, seien die Voraussetzungen des § 146 Abs. 2b [X.] erfüllt. Mit der [X.]estsetzung eines [X.] solle regelmäßig ein Verzögerungsverhalten sanktioniert werden. Im Streitfall sei das Verhalten der Klägerin darüber hinaus weder gerechtfertigt noch entschuldbar. Spätestens durch das Schreiben des [X.] vom 9. [X.]ezember 2009 habe der Klägerin klar sein müssen, dass sie einer Prüfung durch das [X.] nicht mehr habe ausweichen können. Bei der Ausübung des Auswahlermessens zur Höhe des [X.] habe sich das [X.] an der [X.]auer der Verzögerung orientiert, wobei für den [X.]raum vom 11. Januar 2010 bis zum 1. März 2010 (48 Tage) 100 € pro Tag angesetzt worden seien. Unter Berücksichtigung der [X.]auer der Verzögerung und im Hinblick auf das Verhalten der Klägerin seit der Anordnung der Außenprüfung, das darauf gerichtet sei, eine Prüfung durch das [X.] zu vermeiden bzw. zu verzögern, sowie des Umfangs der fehlenden Unterlagen sei die festgesetzte Höhe des [X.] ermessensgerecht, zumal dadurch nicht einmal 2 % des [X.] erreicht würden.

[X.]ie Klage hatte Erfolg. Zur Begründung seines in Entscheidungen der [X.]inanzgerichte 2011, 1945 veröffentlichten Urteils führte das [X.]inanzgericht ([X.]G) im Wesentlichen aus, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 146 Abs. 2b [X.] zwar vorlägen, das [X.] aber jedenfalls sein Auswahlermessen bei der Bemessung der Höhe des festzusetzenden [X.] fehlerhaft ausgeübt habe. Es sei im Rahmen seiner diesbezüglichen Ermessenserwägungen unzutreffend von einer Verzögerung ab dem 11. Januar 2010 ausgegangen. [X.]ür die [X.]auer der [X.]ristüberschreitung dürften [X.]en, in denen --wie hier-- ein zulässiger [X.] gestellt und noch nicht beschieden worden sei, nicht berücksichtigt werden. [X.]ie Ablehnung des [X.]s sei der Klägerin erst am 31. Januar 2010 bekanntgegeben worden. [X.]ie Nichtberücksichtigung der [X.] bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die AdV gebiete das Erfordernis eines umfassenden und effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), da die Vorlage der Unterlagen nicht wieder rückwirkend beseitigt werden könne.

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG und der §§ 5, 146 Abs. 2b [X.]. [X.]ie Prüfungsanordnung und die [X.]estlegung des [X.] seien Verwaltungsakte, an die Rechtsfolgen geknüpft werden könnten, solange die AdV nicht gewährt worden sei. [X.]ie [X.]olgen einer rechtswidrig angeordneten Außenprüfung würden insoweit rückgängig gemacht, als die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Beweismittel nicht verwertet werden dürften. Ein verfahrenswidriges Verhalten des [X.], welches in den Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG eingreifen könnte, sei im Streitfall nicht ersichtlich. [X.]er von der Klägerin gestellte [X.] sei unzulässig gewesen, da die Klägerin keinen Einspruch gegen die [X.]estlegung des [X.] eingelegt habe. [X.]as Mitwirkungsverlangen und die festgesetzten [X.]risten seien daher verbindlich gewesen. [X.]ie Klägerin sei durch ein mögliches Verwertungsverbot ausreichend geschützt. Auf die Entscheidung über den [X.] könne daher im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht abgestellt werden, da es der Steuerpflichtige ansonsten in der Hand hätte, durch die Stellung eines solchen Antrags die Außenprüfung faktisch zum Erliegen zu bringen.

Ungeachtet einer fehlerhaften Ermessensausübung sei jedenfalls ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 € verwirkt. [X.]a es sich um den Mindestbetrag handele, sei eine Begründung des Auswahlermessens insoweit nicht erforderlich. Eine Aufhebung des im Streitfall festgesetzten [X.] sei deshalb allenfalls insoweit in Betracht gekommen, als der Mindestbetrag überschritten worden sei.

[X.]ie Bemessung des [X.] sei aber jedenfalls deshalb zutreffend erfolgt, da auch die [X.]en der Verzögerung bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung mit zu berücksichtigen seien. [X.]iese weitere Verzögerung könne nicht durch ein weiteres Verzögerungsgeld sanktioniert werden.

[X.]as [X.] habe auch sein Entschließungsermessen ordnungsgemäß ausgeübt. [X.]ie Klägerin sei ihren Mitwirkungspflichten trotz angemessener [X.]ristsetzung nicht nachgekommen, so dass die Ermessensentscheidung, ihr ein Verzögerungsgeld aufzuerlegen, bereits vorgeprägt gewesen sei. Einer näheren Begründung habe es daher nicht bedurft.

[X.]as [X.] beantragt (sinngemäß), die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

[X.]ie Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Vorentscheidung ist sie weiterhin der Auffassung, dass das [X.] sowohl das [X.] als auch das Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt habe.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O).

Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwar die formellen Voraussetzungen erfüllt sind und auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 146 Abs. 2b [X.] vorliegen, aber das [X.] sein Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt hat (§ 102 [X.]O).

1. Zutreffend hat das [X.] im Ergebnis ausgeführt, dass der Bescheid über die [X.]estsetzung des [X.] formell rechtmäßig ist und insbesondere das [X.] für den Erlass dieses Bescheids zuständig war.

a) Die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 [X.] nebst der Androhung der [X.]estsetzung eines [X.] und die anschließende [X.]estsetzung des [X.] sind Verfahrenshandlungen im Rahmen der Außenprüfung und folgen damit der örtlichen Zuständigkeit für die Außenprüfung selbst. Letztere ist ein Vorgang des Besteuerungsverfahrens, weshalb sich die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 17, 18 ff. [X.] richtet (Urteil des [X.] --B[X.]H-- vom 25. Januar 1989 [X.], [X.], 18, [X.] 1989, 483). Maßgebend für die Zuständigkeit für die Außenprüfung sind die Umstände im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung.

b) [X.]ür die gesonderte [X.]eststellung der Einkünfte und die [X.]estsetzung des Gewerbesteuermessbetrags einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ist das [X.]inanzamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Geschäftsleitung befindet (§§ 18 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 [X.]). [X.]ür die Umsatzsteuer ist das [X.]inanzamt zuständig, von dessen Bezirk aus das Unternehmen ganz oder vorwiegend betrieben wird (§ 21 Abs. 1 [X.]), was in der Regel der Ort der Geschäftsleitung sein wird (B[X.]H-Urteil vom 19. Dezember 2000 VII R 86/99, [X.] 2001, 742; Lange in [X.]/[X.]/ [X.] --[X.]--, § 21 [X.] Rz 176).

c) Im Streitfall besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, dass das [X.] für die Außenprüfung, die sich auf die gesonderte [X.]eststellung, die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer erstreckte, im Zeitpunkt des Erlasses der Prüfungsanordnung vom 8. Oktober 2008 örtlich zuständig war. Auch der [X.] hat nach Aktenlage an der Zuständigkeit keinen Zweifel und sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

d) Die Zuständigkeit des [X.] ist auch nicht während des Verfahrens auf das [X.] [X.] übergegangen. Ändern sich die die Zuständigkeit begründenden Umstände, wechselt nach § 26 Satz 1 [X.] die Zuständigkeit in dem Zeitpunkt, in dem eine der betroffenen [X.]inanzbehörden hiervon tatsächlich erfährt. Ein Kennenkönnen oder Kennenmüssen genügt für einen Zuständigkeitswechsel nach § 26 Satz 1 [X.] nicht. Die Vorschrift verlangt aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität überschaubare, eindeutige Verhältnisse, damit Unsicherheiten vermieden werden, die zu Kompetenzstreitigkeiten führen. Die die Zuständigkeit ändernden Umstände müssen daher aus der Sicht der betroffenen [X.]inanzämter zweifelsfrei feststehen (B[X.]H-Urteil in [X.], 18, [X.] 1989, 483).

Davon ausgehend ist im Streitfall die Zuständigkeit des [X.] für die Durchführung der Außenprüfung und damit auch für das Mitwirkungsverlangen sowie die [X.]estsetzung des [X.] nicht auf das [X.] [X.] übergegangen, da eine Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände für die beteiligten [X.]inanzämter nicht zweifelsfrei feststand. Zwar will die Klägerin nach eigenen Angaben den Ort der Geschäftsleitung im zeitlichen Zusammenhang mit dem [X.] am 20. Juni 2009 in die [X.] 45 in [X.] und damit in den Bezirk des [X.] [X.] verlegt haben. Das [X.] [X.] hielt es aber auf Grund von [X.] im Rahmen einer [X.] für unwahrscheinlich, dass die Klägerin ihre Geschäftsleitung tatsächlich an den besagten Ort verlegt hatte und lehnte deshalb die Übernahme der Akten ab.

Die dadurch begründeten Zweifel an den die Zuständigkeit ändernden Umständen sind derart gewichtig, dass sie einem Zuständigkeitswechsel i.S. des § 26 [X.] entgegenstehen, ohne dass es der Klärung bedarf, ob die Geschäftsleitung tatsächlich in den Bezirk des [X.] [X.] verlegt worden ist.

e) Angesichts der obigen Ausführungen brauchte der [X.] nicht darüber zu entscheiden, ob die Zuständigkeit des [X.] sowohl für den Erlass des Bescheids über die [X.]estsetzung des [X.] als auch für die Einspruchsentscheidung durch den "vorsorglichen" Prüfungsauftrag des [X.] [X.] vom 23. November 2009 gemäß § 195 Satz 2 [X.] begründet worden ist.

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 146 Abs. 2b [X.] sind im Streitfall erfüllt.

Nach § 146 Abs. 2b [X.] kann ein [X.] von 2.500 € bis 250.000 € u.a. festgesetzt werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Pflichten nach § 146 Abs. 2a Satz 4 [X.], zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 [X.], zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 [X.] im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen [X.]rist nach Bekanntgabe durch die zuständige [X.]inanzbehörde nicht nachkommt.

a) In der Rechtsprechung des B[X.]H ist anerkannt, dass, ungeachtet der Entstehungsgeschichte des § 146 Abs. 2b [X.] im Zusammenhang mit der ebenfalls durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 ([X.], 2794) geschaffenen Regelung in § 146 Abs. 2a [X.], ein [X.] im Einklang mit dem Wortlaut der Vorschrift sowie der Intention des Gesetzgebers auch dann festgesetzt werden kann, wenn der Steuerpflichtige seine Bücher und Aufzeichnungen im Inland führt und aufbewahrt, er jedoch der ihm im Rahmen einer Außenprüfung obliegenden Mitwirkungspflicht zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage von Unterlagen (§ 200 Abs. 1 [X.]) innerhalb angemessener [X.]rist nicht nachkommt (B[X.]H-Urteil vom 28. August 2012 I R 10/12, B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266; B[X.]H-Beschlüsse vom 16. Juni 2011 IV B 120/10, B[X.]HE 233, 317, [X.] 2011, 855, und vom 28. Juni 2011 [X.]37/11, [X.] 2011, 1833).

b) Die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 [X.] ist im Rahmen der Außenprüfung ergangen.

Das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen einer Außenprüfung" setzt lediglich voraus, dass eine Außenprüfung und der Prüfungsbeginn wirksam angeordnet worden sind. Der Wirksamkeit der Anordnung der Außenprüfung und des [X.] steht grundsätzlich nicht entgegen, dass diese Bescheide mit Rechtsmitteln angegriffen worden sind oder die AdV dieser Bescheide beantragt worden ist. Denn weder durch die Einlegung des Einspruchs noch durch den Antrag auf AdV wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt (§ 361 Abs. 1, Abs. 2 [X.]). Maßgeblich ist allein, dass die Prüfungsanordnung und die Bestimmung des [X.] im Zeitpunkt der Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen vollziehbar waren.

Letzteres war vorliegend der [X.]all, was auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.

c) Der [X.]estsetzung des [X.] steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Aufforderung zur Vorlage der im einzelnen bezeichneten Unterlagen bereits vor dem Beginn der Außenprüfung ergangen und das [X.]ristende zur Abgabe der angeforderten Unterlagen auf den Beginn der Außenprüfung festgesetzt worden ist. Denn die Außenprüfung sollte nicht, wie in der Prüfungsanordnung vom 8. Oktober 2008 vorgesehen, in den Geschäftsräumen der Klägerin, sondern ausweislich des Bescheids vom 9. Dezember 2009 in den Räumlichkeiten des [X.] durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund war es für eine sachgerechte und zeitnahe Durchführung der Außenprüfung erforderlich, dass die angeforderten Unterlagen bereits zu Prüfungsbeginn dem [X.] bereitgestellt werden.

Der [X.] hält auch die in der Aufforderung gesetzte [X.]rist von einem Monat zur Vorlage der Unterlagen für angemessen. Dies ungeachtet des Umfangs der Unterlagen schon deshalb, weil bereits in der Prüfungsanordnung vom 8. Oktober 2008 um die Bereithaltung dieser Unterlagen bei Prüfungsbeginn gebeten worden ist.

d) Ebenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen mit dem Bescheid über die [X.]estsetzung des [X.] vom 9. Dezember 2009 verbunden worden ist.

e) Schließlich steht der [X.]estsetzung des [X.] nicht entgegen, dass die Klägerin die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen mit Rechtsmitteln angegriffen hat, wovon das [X.] unter Berücksichtigung der Rechtsschutz gewährenden Auslegung des Einspruchs und des [X.] gegen den zusammengefassten Bescheid vom 9. Dezember 2009 zutreffend ausgegangen ist. Maßgeblich ist allein, dass die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung am 30. Juli 2010 vollziehbar war (vgl. B[X.]H-Beschluss in B[X.]HE 233, 317, [X.] 2011, 855).

f) Im Streitfall bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob und inwieweit § 146 Abs. 2b [X.] eine Vervielfachung der [X.]estsetzung des [X.] dadurch ermöglicht, dass sich die Aufforderung auf eine Vielzahl von Unterlagen erstreckt. Denn das [X.] hat in dem Bescheid vom 3. März 2010 die Höhe des [X.] nicht unter Heranziehung eines Vervielfältigers im Hinblick auf die einzelnen nicht vorgelegten Unterlagen bemessen, sondern für alle nicht vorgelegten Unterlagen einen einheitlichen Gesamtbetrag von 100 € für jeden Tag der Verzögerung festgesetzt (insgesamt 4.800 €). Daher stellt sich das Problem einer Vervielfachung des [X.] im Streitfall nicht.

g) Der Bescheid über die [X.]estsetzung des [X.] ist ebenso wie die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen zutreffend an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der GbR (Inhaltsadressatin) gerichtet worden. Insoweit kann für diese Bescheide nichts anderes gelten als für die Prüfungsanordnung. Unterhält eine Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb (§ 193 Abs. 1 [X.]), ist sie selbst Prüfungssubjekt und damit Inhaltsadressatin der Prüfungsanordnung nicht nur für die Steuern, die sie persönlich schuldet (z.B. Gewerbesteuer und Umsatzsteuer), sondern gleichermaßen im Hinblick auf die gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte ihrer Gesellschafter (B[X.]H-Beschluss in B[X.]HE 233, 317, [X.] 2011, 855). Auch im Streitfall war die Prüfungsanordnung zutreffend an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der GbR (Inhaltsadressatin) gerichtet. Entsprechend oblagen ihr auch die Mitwirkungspflichten im Zusammenhang mit der Durchführung der Außenprüfung.

3. Das [X.] hat aber sein Entschließungsermessen im Hinblick auf das Ob einer [X.]estsetzung des [X.] und auch sein [X.] im Hinblick auf die Höhe des festzusetzenden [X.] fehlerhaft ausgeübt.

a) Die [X.]estsetzung des [X.] erfordert nach § 146 Abs. 2b [X.] neben den tatbestandlichen Voraussetzungen (hier die Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht gemäß § 200 Abs. 1 [X.] innerhalb einer angemessenen [X.]rist, s. unter II.2.) eine zweifache Ermessensentscheidung des [X.]: erstens im Hinblick darauf, ob im jeweiligen Einzelfall ein [X.] festgesetzt wird (sog. Entschließungsermessen), sowie zweitens --falls das Entschließungsermessen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeübt wird-- eine Entscheidung über die Höhe des [X.] innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens von mindestens 2.500 € bis höchstens 250.000 € (sog. [X.]; vgl. insgesamt B[X.]H-Beschlüsse in B[X.]HE 233, 317, [X.] 2011, 855, und in [X.] 2011, 1833, sowie unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266).

b) Die von dem [X.] zu treffende Ermessensentscheidung bei der Anwendung des § 146 Abs. 2b [X.] ist durch die [X.]inanzgerichte gemäß § 102 [X.]O nur eingeschränkt überprüfbar. Nach § 102 Satz 1 [X.]O ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (sog. Ermessensüberschreitung), ob das [X.] von seinem Ermessen in einer dem Zweck der (Ermessens-)Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (sog. Ermessensfehlgebrauch) bzw. ein ihm zustehendes Ermessen nicht ausgeübt hat (sog. Ermessensunterschreitung) oder ob die Behörde die verfassungsrechtlichen Schranken der Ermessensbetätigung, insbesondere also den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz missachtet hat (B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266; Lange in [X.], § 102 [X.]O Rz 61 ff., Rz 86 ff., Rz 94 ff., jeweils mit umfangreichen Nachweisen).

[X.]ür die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung) zugrunde zu legen. Zwar kann die [X.]inanzbehörde gemäß § 102 Satz 2 [X.]O ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen. § 102 Satz 2 [X.]O gestattet es der [X.]inanzbehörde aber nur, bereits an- oder dargestellte Ermessenserwägungen zu vertiefen, zu verbreitern oder zu verdeutlichen. Nicht dagegen ist die Behörde befugt, Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals anzustellen, die [X.] auszuwechseln oder vollständig nachzuholen. Eine Heilung der behördlichen Entscheidung bei fehlerhaftem [X.] oder [X.], Über- oder Unterschreitung des Ermessens sowie bei erheblichen Mängeln in der Sachverhaltsermittlung ist im Wege einer Ergänzung nach § 102 Satz 2 [X.]O nicht möglich (B[X.]H-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, B[X.]HE 205, 14, [X.] 2004, 579).

c) Da § 146 Abs. 2b [X.] mit Ausnahme der [X.] hinsichtlich der Höhe des [X.] keine konkreten Ermessensvorgaben enthält, hat das [X.] die doppelte Ermessensentscheidung gemäß § 5 [X.] entsprechend dem Zweck der Regelung und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben.

Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordert, dass das eingesetzte Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks nicht nur erforderlich und geeignet ist, sondern hierzu auch in einem angemessenen, d.h. für den Betroffenen zumutbaren Verhältnis stehen muss (vgl. B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266).

Ausweislich der gesetzgeberischen Intention wird mit dem [X.] ein doppelter Zweck verfolgt. So soll der Steuerpflichtige zur zeitnahen Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten angehalten werden (BTDrucks 16/10189, S. 81, sog. Beugecharakter), des Weiteren soll aber auch die Verletzung der Mitwirkungspflichten sanktioniert werden (B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 146 Rz 25, m.w.[X.]; kritisch [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, [X.]inanzgerichtsordnung, § 146 [X.] Rz 48). Die Ermessenserwägungen zur [X.]estsetzung des [X.] sind daher insbesondere an der Dauer der [X.]ristüberschreitung, den Gründen und dem Ausmaß der Pflichtverletzung/en sowie der Beeinträchtigung der Außenprüfung auszurichten (B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266; ebenso auch Schreiben des Bundesministeriums der [X.]inanzen vom 28. September 2011, Referat IV A 4, [X.]ragen und Antworten zum [X.] nach § 146 Abs. 2b [X.], zu [X.]rage 16; abrufbar unter [X.]/ Standardartikel/Themen/Steuern/Weitere_Steuerthemen/Betriebspruefung/BM[X.]_Schreiben_Allgemeines/001.html).

Diese Ermessenserwägungen sind sowohl bei der Ausübung des [X.] als auch bei der Ausübung des [X.]s anzustellen. Da das [X.] in Höhe von mindestens 2.500 € festzusetzen ist und es sich hierbei nicht um einen Bagatellbetrag handelt (vgl. B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266), bedarf es einer sorgfältigen Abwägung, ob gegenüber dem Steuerpflichtigen überhaupt ein [X.] festgesetzt wird. Maßstab dieser Ermessensentscheidung des [X.] sowie nachvollziehbarer Gegenstand ihrer Begründung (§ 121 [X.]) muss deshalb sein, ob die [X.]estsetzung eines [X.] in Höhe der Sanktionsmindestgrenze (2.500 €) mit Rücksicht auf die Umstände der zu beurteilenden Pflichtverletzung/en sowie das Ausmaß der Beeinträchtigung der Prüfung angemessen ist. Demnach ist es ausgeschlossen, im Rahmen des [X.] von einer Vorprägung auszugehen, wonach jede Verletzung der Mitwirkungspflichten (§ 200 Abs. 1 [X.]) --unabhängig davon, ob den Steuerpflichtigen ein Schuldvorwurf trifft-- grundsätzlich zur [X.]estsetzung eines [X.] führt (B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266). Eine Vorprägung des [X.] ist aber auch dann zu verneinen, wenn ausreichende Gründe für eine entschuldbare [X.]ristversäumnis weder vorgetragen noch festgestellt werden. Auch wenn die angeforderten Unterlagen schuldhaft nicht innerhalb der festgesetzten [X.]rist vorgelegt werden, folgt daraus nicht, dass ein [X.] nunmehr zwingend im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null festzusetzen ist (vgl. B[X.]H-Urteil vom 28. März 2007 IX R 22/05, [X.] 2007, 1450, zur Ausübung des [X.] hinsichtlich der [X.]estsetzung eines Verspätungszuschlags bei schuldhafter Säumnis). Auch bei schuldhafter Nichtvorlage der Unterlagen ist stets eine an der Sanktionsuntergrenze (2.500 €) auszurichtende Würdigung des Einzelfalls erforderlich. Anders als das [X.] meint, ist die Ermessensentscheidung bei schuldhafter Verletzung der Mitwirkungspflichten deshalb nicht schon so vorgeprägt --"intendiert"--, dass es einer näheren Begründung der Ermessenserwägung nur bedurft hätte, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls vorlägen.

d) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das [X.] bereits sein Entschließungsermessen fehlerhaft ausgeübt. Das [X.] ist im Rahmen der Ausübung des [X.] ersichtlich von einer Vorprägung ausgegangen, wonach jede Verletzung der Mitwirkungspflichten, sofern sie nicht gerechtfertigt und entschuldbar ist, grundsätzlich zur [X.]estsetzung eines [X.] führt. So hat sich das [X.] in der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2010 bei der Ausübung des [X.] lediglich damit auseinandergesetzt, ob die [X.]ristüberschreitung gerechtfertigt oder entschuldbar ist. Entsprechend hat es die [X.]estsetzung des [X.] dem Grunde nach allein damit begründet, dass die vorgebrachten Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe nicht vorlägen bzw. diese die verspätete Vorlage der Unterlagen nicht rechtfertigen oder entschuldigen könnten. Diese Erwägungen allein reichen aber, wie oben dargelegt, für eine sachgerechte und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtete Ermessensausübung nicht aus. Insoweit hätte das [X.] in seine Ermessenserwägungen insbesondere einbeziehen müssen, dass die Klägerin gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2009 Einspruch eingelegt und AdV beantragt hat und über beide Rechtsbehelfe zum Zeitpunkt des [X.]ristablaufs noch nicht entschieden worden war. Dabei folgt der [X.] der Auslegung des [X.], dass sich der Einspruch wie auch der [X.] nicht nur auf die wiederholende Prüfungsanordnung, sondern auf sämtliche darin enthaltenen Regelungen, also auch auf die [X.]estsetzung des Prüfungstermins, die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen und die Prüfungsbeauftragung durch das [X.] [X.], bezogen hat. Der Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensausübung steht nicht entgegen, dass weder der Einspruch noch der [X.], wie unter [X.] ausgeführt, der Tatbestandsverwirklichung des § 146 Abs. 2b [X.] entgegenstehen.

e) Schließlich hat das [X.] auch das [X.] fehlerhaft ausgeübt. Wie dargelegt hat das [X.] seine Ermessenserwägung auch hinsichtlich der Höhe des [X.] an den gesamten Umständen der Pflichtverletzung und insbesondere an der Dauer der [X.]ristüberschreitung, den Gründen und dem Ausmaß der Pflichtverletzung/en sowie der Beeinträchtigung der Außenprüfung auszurichten. Es ist dabei grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen der Ermessensausübung einzelnen Umständen, wie vorliegend der Dauer der [X.]ristüberschreitung, ein besonderes Gewicht beigemessen wird.

Es spricht aber bereits viel dafür, dass das [X.] die Anforderungen an das [X.] bereits deshalb verkannt hat, weil es vorliegend für jeden Tag der Verzögerung pauschal 100 € angesetzt hat. [X.]ür den pauschalen Ansatz von 100 € für jeden Tag der [X.]ristüberschreitung kann das [X.] nicht analog auf die Regelung in § 162 Abs. 4 Satz 3 [X.] zurückgreifen. Danach ist bei der verspäteten Vorlage von Aufzeichnungen i.S. des § 90 Abs. 3 [X.] ein Zuschlag von mindestens 100 € für jeden Tag der [X.]ristüberschreitung festzusetzen. Die pauschale Bemessung des Zuschlags ist als zwingend festzusetzender Mindestbetrag ausgestaltet, wobei der Zuschlag insgesamt bis zu 1.000.000 € betragen kann. Auch ist dieser Mindestzuschlag nur Teil eines sehr differenzierten Regelungssystems in § 162 Abs. 4 [X.].

Letztlich kann der [X.] dahinstehen lassen, ob durch den pauschalen Ansatz von 100 € das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist.

Denn jedenfalls ermessensfehlerhaft hat das [X.] das Verhalten der Klägerin seit der Anordnung der Außenprüfung im Oktober 2008 in die Auswahlentscheidung miteinbezogen. Dabei ist unerheblich, ob das bisherige Verhalten der Klägerin darauf gerichtet war, den Beginn der Außenprüfung zu verzögern. Dieses Verhalten der Klägerin durfte bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil mit dem [X.] nur die fehlende Mitwirkung, hier die Nichtvorlage der Unterlagen, und nicht früheres Verhalten sanktioniert werden soll.

Zutreffend hat das [X.] im Ergebnis auch eine fehlerhafte Ausübung des [X.]s insoweit bejaht, als das [X.] für die Berechnung des [X.] von einer relevanten Verzögerung ab dem 11. Januar 2010 ausgegangen ist, obwohl gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2009, in dem der Prüfungsbeginn festgesetzt worden und mit dem auch die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen bis zum 11. Januar 2010 verbunden war, ein Antrag auf AdV gestellt und noch nicht beschieden worden war. Allerdings folgt dies nicht, wie das [X.] meint, aus dem Gebot des umfassenden und effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG. Dieses wird regelmäßig ausreichend durch die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Anordnung und Durchführung der Außenprüfung gewahrt. Wird daraufhin die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Außenprüfung bzw. einer anfechtbaren Maßnahme im Rahmen der Außenprüfung festgestellt, führt dies zu einem Verwertungsverbot der dort getroffenen [X.]eststellungen (vgl. B[X.]H-Urteile vom 7. Juni 1973 V R 64/72, B[X.]HE 109, 500, [X.] 1973, 716, und vom 27. Januar 1994 IV R 93/91, [X.] 1995, 177, mit umfangreichen Nachweisen).

Gleichwohl hätte das [X.] den Umstand, dass gegen die Anordnung des Prüfungstermins AdV beantragt und darüber erst am 28. Januar 2010 entschieden worden ist, im Rahmen des [X.]s berücksichtigen müssen. Dies schon deshalb, weil die Höhe des [X.] ausschließlich nach dem Zeitraum der Verzögerung zwischen dem 11. Januar 2010 und dem Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids über die [X.]estsetzung des [X.] und also nur nach pauschalen Tagessätzen bemessen worden ist. Das [X.] musste daher jedenfalls erwägen, ob es die Stellung des [X.] und den Umstand, dass dieser im Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzten Vorlagefrist noch nicht beschieden war, bei der Bemessung der Höhe des [X.] zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt.

4. Da die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt ist, die Ermessensentscheidung des [X.] in den aufgezeigten Grenzen zu überprüfen und dem [X.] hiernach auch nicht die Befugnis zusteht, sein eigenes Ermessen an die Stelle der Verwaltungsbehörde zu setzen (vgl. B[X.]H-Urteil in B[X.]HE 239, 1, [X.] 2013, 266, m.w.[X.]), war der angefochtene Bescheid ungeachtet dessen aufzuheben, ob im Rahmen einer fehlerfreien Ermessensausübung die [X.]estsetzung eines [X.] jedenfalls in Höhe des [X.] hätte gerechtfertigt sein können.

Meta

IV R 25/11

24.04.2014

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 19. Mai 2011, Az: 13 K 13246/10, Urteil

§ 5 AO, § 26 S 1 AO, § 146 Abs 2b AO, § 193 Abs 1 AO, § 200 Abs 1 AO, § 361 Abs 1 AO, § 361 Abs 2 AO, § 102 S 1 FGO, § 102 S 2 FGO, Art 19 Abs 4 GG, § 17 AO, § 18 AO, §§ 18ff AO, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.04.2014, Az. IV R 25/11 (REWIS RS 2014, 6133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6133

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13 K 114/17 (Niedersächsisches Finanzgericht)


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