Bundessozialgericht, Urteil vom 10.10.2018, Az. B 13 R 34/17 R

13. Senat | REWIS RS 2018, 3026

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 249 Abs 1 SGB 6 idF des RVLVG)


Leitsatz

Es verstößt nicht gegen die Verfassung, dass bei Rentenzugängen ab 1.7.2014 die Erziehung von vor dem 1.1.1992 geborenen Kindern höchstens im Umfang von 24 Monaten und nicht wie von ab dem 1.1.1992 geborenen Kindern im Umfang von 36 Monaten anerkannt wird.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung von weiteren 12 Monaten [X.] (insgesamt 36 Monate) für ihr vor 1992 geborenes Kind.

2

Mit Bescheid vom 13.2.2015 bewilligte die Beklagte der im März 1953 geborenen Klägerin antragsgemäß Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1.11.2014. Dabei berücksichtigte sie [X.] vom 1.6.1979 bis 31.5.1981 (24 Monate) für das am 27.5.1979 geborene, einzige Kind der Klägerin. Der Widerspruch, mit dem die Klägerin die Gleichbehandlung mit Müttern von seit 1992 geborenen Kindern begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.4.2015).

3

Mit Urteil vom 21.3.2016 hat das [X.] die Klage abgewiesen. Das L[X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 25.10.2017). Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, für ab [X.] geborene Kinder sei mit dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.] - im Folgenden [X.] - vom [X.], [X.] 787) in § 249 [X.]B VI nF der für die Kindererziehung anrechenbare Zeitraum von 12 Monate auf 24 Monate erhöht worden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zuerkennung darüber hinausgehender Beitragszeiten wegen Kindererziehung. Zwar liege weiterhin eine gesetzliche Differenzierung hinsichtlich des [X.] vor. Diese sei aber unter Berücksichtigung der vom [X.] im Urteil vom [X.] (1 [X.] ua) entwickelten Grundsätze hinzunehmen. Das [X.] habe ua darauf hingewiesen, dass der "[X.]" ein gesamtgesellschaftliches Problem sei, das der Gesetzgeber auf unterschiedlichen Feldern angehen müsse. Dies sei erfolgt. Der Gesetzgeber habe im Hinblick auf die Finanzierbarkeit bei Einbeziehung auch der laufenden Renten weiterhin am Stichtag [X.] festgehalten. Anhaltspunkte für eine offensichtlich unsachliche oder rechtswidrige Regelung seien nicht ersichtlich.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin, § 249 [X.]B VI nF verstoße gegen Verfassungsrecht, insbesondere gegen Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 und 3 GG. Die [X.] für vor und nach 1992 geborene Kinder müssten gleichgestellt und ihr deshalb eine höhere Altersrente zuerkannt werden. Sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich. Die fortbestehende Differenzierung nach dem Geburtsjahrgang der Kinder sei dem Familienfördergebot des Art 6 Abs 1 GG offensichtlich unangemessen. Die Gleichstellung mit nach dem [X.] geborenen Kindern sei rund 20 Jahre nach der Entscheidung des [X.] im Urteil vom [X.] (1 [X.] ua) über verfassungsrechtlich gebotene Reformschritte nunmehr überfällig; diese sei in der Zugangsrente praktisch durchführbar und auch finanzierbar. Zwischenzeitlich ergriffene gesetzgeberische Maßnahmen zur Familienförderung wie das [X.] und Elternzeitgesetz seien für Eltern vor 1992 geborener Kinder wirkungslos. Es sei in sich widersprüchlich, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung die Notwendigkeit einer weiteren Angleichung der [X.] erkannt habe, gleichwohl aber bei der Neuregelung des § 249 [X.]B VI am Stichtag des [X.] festhalte.

5

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 25. Oktober 2017 und des [X.] vom 21. März 2016 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. November 2014 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer zwölf Monate Beitragszeiten wegen Kindererziehung vom 1. Juni 1981 bis 31. Mai 1982 zu gewähren.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidung des L[X.] für zutreffend. Der Gesetzgeber habe sich mit der ausschließlich begünstigenden Regelung des § 249 Abs 1 [X.]B VI im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums gehalten, weil er die Ungleichbehandlung von Eltern vor bzw nach dem [X.] geborener Kinder nicht vertiefe, sondern vermindere. Darin liege ein weiterer Reformschritt zum Abbau der Benachteiligung von Familien.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 [X.] [X.]G).

9

Das [X.] hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.2.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.4.2015 ist rechtmäßig. Die insoweit zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 [X.]G) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung von weiteren 12 Monaten [X.]en. Die Beklagte hat die Rentenhöhe, die nur hinsichtlich des Umfangs der [X.] zwischen den Beteiligten im Streit steht (vgl zur Begrenzung des Streitgegenstandes Senatsurteil vom 16.6.2015 - B 13 R 27/13 R - B[X.]E 119, 125 = [X.]-5060 Art 6 § 4 [X.], Rd[X.] 11; B[X.] Urteil vom [X.] R 12/17 R - B[X.]E = [X.]-2600 § 307d [X.], Juris Rd[X.] 11), richtig festgesetzt (dazu 1). Ein Anspruch auf höhere Rente ergibt sich auch nicht unmittelbar aus der Verfassung (dazu 2). Die Regelung des § 249 Abs 1 [X.]B VI idF des [X.] verstößt nicht gegen das [X.] (dazu 3).

1. Die Beklagte hat bei der Rentenhöhe zutreffend [X.]en im Umfang von 24 Monaten berücksichtigt. Anzuwenden sind nach § 300 Abs 1 [X.]B VI die Regelungen des § 56 [X.]B VI, § 249 [X.]B VI in der ab 1.7.2014 geltenden Fassung des [X.]. Danach werden für einen Elternteil gemäß § 56 Abs 1 [X.] [X.]B VI grundsätzlich [X.]en in den ersten drei Lebensjahren des Kindes - beginnend nach Ablauf des Monats der Geburt (§ 56 Abs 5 [X.] [X.]B VI) - angerechnet. Abweichend davon endet die [X.] für ein - wie hier - vor dem [X.] geborenes Kind nach § 249 Abs 1 [X.]B VI nunmehr 24 statt wie nach der zuvor geltenden Fassung 12 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Die Vorschrift ist abzugrenzen von der des § 307d [X.]B VI, die für Elternteile mit einem am 30.6.2014 bestehenden Anspruch auf Rente (sog Bestandsrentner) gilt. § 249 [X.]B VI betrifft Versicherte, die - wie die Klägerin - zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung zum 1.7.2014 noch nicht im Rentenbezug standen (sog [X.]). [X.]en für [X.] werden als Beitragszeiten (§§ 55 Abs 1 [X.] und 2, 177 Abs 1 [X.]B VI) mit Entgeltpunkten bewertet (§ 70 Abs 2 [X.]B VI) und unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors individuell in die "Rentenformel" zur Berechnung des Monatsbetrags der Rente nach § 64 [X.]B VI eingestellt.

Die benannten Vorschriften hat die Beklagte zutreffend umgesetzt. Sie hat der Klägerin - nach den Feststellungen des [X.] - für ihren am 27.5.1979 geborenen [X.] Zeiten der Kindererziehung vom 1.6.1979 bis 31.5.1981 zuerkannt und diese im Bescheid vom 13.2.2015 dem Gesetz entsprechend berücksichtigt. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf eine [X.] von weiteren 12 Kalendermonaten unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes besteht nach dem geltenden Rentenrecht nicht.

2. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht unmittelbar aus der Verfassung ableiten. Art 3 Abs 1 [X.] iVm dem Familienförderungsgebot des Art 6 Abs 1 [X.] und dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 [X.] gewähren trotz einer leistungsrechtlichen Dimension der Grundrechte keinen unmittelbaren Anspruch. Aus dem Rechtstaats- und Demokratieprinzip ergibt sich vielmehr die Pflicht des Gesetzgebers, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen. Der von [X.] wegen bestehende Gestaltungsspielraum des [X.], der hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung besonders weit ist (vgl ua [X.] Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - [X.]K 19, 186 - Juris Rd[X.] 13 mwN), kann sich nur im Bereich eines Gesetzes entfalten und konkretisieren (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 1/09 - [X.]E 125, 175 = [X.]-4200, Rd[X.] 136 f).

3. Die Regelung des § 249 Abs 1 [X.]B VI ist verfassungsgemäß. Der erkennende Senat ist insbesondere nicht von einer Verletzung des Art 3 Abs 1 [X.] iVm Art 6 Abs 1 [X.] durch den Ausschluss der Klägerin von einer zusätzlichen Berücksichtigung ihrer Erziehungszeiten in der gesetzlichen [X.] überzeugt (zur Frage der [X.]mäßigkeit des § 307d [X.]B VI vgl B[X.] Urteil vom [X.] R 12/17 R - aaO - Juris Rd[X.] 14 ff). Er sieht sich deshalb nicht veranlasst, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 [X.] auszusetzen und eine Entscheidung des [X.] einzuholen.

Art 3 Abs 1 [X.] gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitsgrundsatz will vielmehr ausschließen, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, [X.] Beschluss vom 21.11.2001 - 1 BvL 19/93 - [X.]E 104, 126 - Juris Rd[X.] 56). Der Gleichheitssatz gilt dabei sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Maß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und [X.] unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen. Dabei gilt insoweit ein stufenloser Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (stRspr, vgl [X.] Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - [X.]E 138, 136 - Juris Rd[X.] 121; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 371/11 - Juris Rd[X.] 69). Eine strenge Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art 3 Abs 3 [X.] annähern (stRspr, vgl [X.] Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - [X.]E 138, 136 - Juris Rd[X.] 122 mwN). Weitergehende Einschränkungen können sich aus anderen [X.]normen, etwa dem Schutz- und Fördergebot des Art 6 Abs 1 [X.], ergeben (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - [X.]E 87, 1 = [X.]-5761 Allg [X.] 1 - Juris Rd[X.] 133; [X.] Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - [X.]E 112, 50 - Juris Rd[X.] 56; [X.] Beschluss vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - [X.]E 130, 240 - Juris Rd[X.] 44).

Ausgehend von diesen Grundsätzen verstößt die von der Klägerin gerügte Regelung in § 249 Abs 1 [X.]B VI nicht gegen Art 3 Abs 1 [X.] iVm Art 6 Abs 1 [X.].

a) Im Streit steht eine unterschiedliche Behandlung von Erziehenden eines Kindes, das ab dem [X.] geboren worden ist, mit Erziehenden eines Kindes, das - wie hier - vor 1992 geboren worden ist, weil je nach Geburtsjahrgang der Kinder der [X.] der anrechenbaren [X.] um 12 Monate differiert. Ferner bezweifelt die Klägerin, dass der hier einschlägige [X.] von 24 Monaten [X.] gegenüber Personen mit lückenloser Erwerbsbiografie einen angemessenen Nachteilsausgleich bei der Altersversorgung darstellt.

Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu [X.] mit vor 1992 geborenen Kindern macht die Klägerin nicht geltend; eine solche ist angesichts des begrenzten Streitgegenstands, der allein das Begehren auf höhere Rente wegen weiterer [X.]en betrifft, auch nicht relevant.

b) Die gerügten Differenzierungen werden hinreichend durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Insoweit gilt hier ein über das bloße Willkürverbot hinausgehender, wenn auch nicht besonders strenger Maßstab. Denn einerseits handelt es sich bei den [X.]en um den Bereich der gewährenden Staatstätigkeit, bei dem dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten von nicht begünstigten Personenkreisen ein weiter, an sich nur am Willkürverbot zu orientierender Gestaltungsspielraum zukommt ([X.] Beschluss vom 14.10.2008 - 1 [X.] - [X.]E 122, 1 - Juris Rd[X.] 88; [X.] Beschluss vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - [X.]E 130, 240, 254 = [X.]-7835 Art 1 [X.] 1 - Juris Rd[X.] 42). Andererseits gebietet die [X.] in Art 6 Abs 1 [X.] einen strengeren Maßstab. Denn mit dem Umfang der Leistung ist die Schutz- und Förderdimension des Art 6 Abs 1 [X.] betroffen. Insofern ist der in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot bestehende [X.]auftrag zu beachten, einen wirksamen [X.] zu schaffen (Senatsurteil vom [X.] R 19/14 R - [X.]-2600 § 149 [X.] 5 - Juris Rd[X.]8; [X.] Beschluss vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84 ua - [X.]E 82, 60 = [X.]-5870 § 10 [X.] 1 - Juris Rd[X.] 87).

Ausgehend von diesem Maßstab durfte der Gesetzgeber bei der schrittweisen Ausgestaltung des Nachteilsausgleichs für Erziehende in der gesetzlichen [X.] die finanziellen Folgen (dazu aa) sowie die anderweitig bereits geltenden Regelungen des [X.]s innerhalb und außerhalb des Rentenrechts berücksichtigen (dazu [X.]) und sich weiterhin am Stichtag [X.] orientieren (dazu cc).

aa) Das [X.] hat in seinem sog [X.] ([X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - [X.]E 87, 1 = [X.]-5761 Allg [X.] 1) ausgeführt, dass der Gesetzgeber die durch die Kindererziehung bedingten Nachteile bei der Altersversorgung weiter abzubauen habe. Er müsse die Benachteiligung von Personen, die sich der Kindererziehung widmeten, gegenüber kinderlosen Personen, die durchgehend einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnten, insbesondere deshalb ausgleichend berücksichtigen, weil die Kindererziehung bestandssichernde Bedeutung für das System der Altersversorgung habe. Dabei dürfe er allerdings schrittweise vorgehen, in mehreren Stufen und mit ausreichender Anpassungszeit ([X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - [X.]E 87, 1 = [X.]-5761 Allg [X.] 1 - Juris Rd[X.] 133, 136, 137; [X.] Beschluss vom 29.3.1996 - 1 BvR 1238/95 - FamRZ 1996, 789 - Juris Rd[X.] 8; [X.] Beschluss vom 21.10.2004 - 1 BvR 1596/01 - [X.]-5761 Allg [X.] 1 - Juris Rd[X.] 7). Wähle er die rentenrechtliche Berücksichtigung von [X.]en zum Nachteilsausgleich in der Alterssicherung, dürfe er eine solche Reform mit Blick auf ihre Komplexität und deren finanzielle Folgen bestimmen; dazu würden insbesondere die jeweilige Haushaltslage und die finanzielle Situation der [X.] gehören. Insoweit gebühre dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum ([X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - [X.]E 87, 1 = [X.]-5761 Allg [X.] 1 - Juris Rd[X.] 137 f, 148).

Nach diesen Vorgaben durfte der Gesetzgeber mit dem [X.] eine stufenweise Verbesserung für die Erziehenden von vor 1992 geborenen Kindern vornehmen, ohne - noch weitergehend - die Rechtslage für alle Erziehenden vereinheitlichen zu müssen. Denn die von der Klägerin begehrte Alternative - das "Gleichziehen" mit Erziehenden von Kindern, die ab [X.] geboren sind - lag außerhalb des im Gesetzgebungsprozess als vertretbar angesehenen Rahmens der Finanzierbarkeit. Für die Ausweitung der Erziehungszeiten im erfolgten Umfang sind in den Jahren 2015 bis 2025 Mehrausgaben der gesetzlichen [X.] von durchschnittlich jährlich 6,6 Milliarden Euro angesetzt worden (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.] vom 25.3.2014, BT-Drucks 18/909, [X.], 16). Zur "langfristigen Bewältigung der demografischen Entwicklung sowie der Finanzierung der nicht beitragsgedeckten Leistungen einschließlich der zusätzlichen Leistungen für Kindererziehung" (BT-Drucks 18/909, [X.]) ist der [X.] für die Jahre 2019 bis 2022 um jeweils rund eine halbe Milliarde Euro (vgl § 213 Abs 2 S 4 [X.]B VI idF des [X.] mit Folgewirkung für § 287e Abs 2 [X.]B VI) erhöht worden. Die Verdoppelung dieser Mehrausgaben durch die alternative Anerkennung von zwei zusätzlichen Jahren für Mütter und Väter mit vor 1992 geborenen Kindern wurde als nicht finanzierbar erachtet (BT-Drucks 18/909, [X.], 14; vgl auch Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] vom 21.5.2014, BT-Drucks 18/1489, [X.], 24). Dies liegt im Rahmen des [X.] des Gesetzgebers (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - aaO - Juris Rd[X.] 148), zumal er bei der Erhöhung der Ausgaben auch die künftige finanzielle Entwicklung der gesetzlichen [X.] in den Blick zu nehmen hat, insbesondere die Auswirkungen auf den Beitragssatz und das Rentenniveau (vgl die in § 154 [X.]B VI genannten Parameter) sowie die finanziellen Folgen der demografischen Entwicklung (zu den Gesetzesfolgen insoweit BT-Drucks 18/909, [X.] ff; vgl auch Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] vom 21.5.2014, BT-Drucks 18/1489, S 4).

Soweit die Klägerin selbst auf eine nachteilige Entwicklung des Einnahmen- und Ausgabenverhältnisses zu Lasten der gesetzlichen [X.] hinweist, lässt sich daraus keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung noch weitergehender Ansprüche auf langfristige Leistungen herleiten. Vielmehr ist es ein grundsätzlich legitimes Ziel des Gesetzgebers, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen [X.] im Interesse aller - nicht nur der betroffenen Erziehenden - zu erhalten, zu verbessern und den wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (vgl [X.]E 116, 96, 126; 97, 271, 286; 58, 81, 110). Es gilt, einem Finanzierungsdefizit der gesetzlichen [X.] entgegenzuwirken (vgl [X.] Nichtannahmebeschluss vom [X.] - [X.]-2600 § 68 [X.] 2 - Juris Rd[X.] 52 f). Es liegt daher innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, den [X.] der [X.] in § 249 [X.]B VI und damit auch die Finanzierungslasten für künftige (Bundes-)Haushalte und Beitragstragende von vornherein zu begrenzen.

Der Gesetzgeber ist insoweit auch nicht verpflichtet, bei der Begründung von Rentenanwartschaften die Kindererziehung der Beitragszahlung gleichzustellen (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - aaO - Juris Rd[X.] 135). Angesichts des in der gesetzlichen [X.] vorgeschriebenen Umlageverfahrens (§ 153 [X.]B VI) sind Kindererziehung und Beitragszahlung nicht gleichartig. Der Beitrag zur Aufrechterhaltung der [X.], der in Form von Kindererziehung geleistet wird, kann nicht sogleich wieder in Form von Rentenzahlungen an die ältere Generation ausgeschüttet werden ([X.], aaO, Rd[X.] 135). Diese unterschiedliche Funktion der beiden Leistungen rechtfertigt ihre Ungleichbehandlung bei der Begründung von Rentenanwartschaften.

Dem Auftrag des [X.], "sicherzustellen, dass sich mit jedem Reformschritt die Benachteiligung der Familie tatsächlich verringert" (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - aaO - Juris Rd[X.] 138) ist der Gesetzgeber nachgekommen. Der Zeitablauf seit der Entscheidung des [X.] vom [X.] ändert daran nichts, weil das [X.] dort keine zeitliche Grenze für die Umsetzung des [X.]auftrags und der einzelnen Schritte gesetzt hat (vgl [X.] Beschluss vom 21.10.2004 - 1 BvR 1596/01 - Juris Rd[X.] 8; B[X.] Urteil vom [X.] R 12/17 R - aaO - Juris Rd[X.] 22). Es lässt sich auch nicht aus dem bei [X.] vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen [X.] vom 7.9.2018 ([X.]) ableiten, dass die darin ab 2019 vorgesehene Erhöhung der [X.] für vor 1992 geborene Kinder um weitere 6 Monate (vgl Art 1 [X.] 10a des Gesetzentwurfs) schon zu einem früheren Zeitpunkt geboten gewesen wäre.

[X.]) Der Vortrag der Klägerin, dass seit dem sog [X.] des [X.] ein zu langer Zeitraum vergangen und die erst zum 1.7.2014 erfolgte Erhöhung der [X.]en auf nur 24 Monate dem [X.] nicht angemessen sei, berücksichtigt nicht, dass der [X.] auch durch andere Regelungen ausgestaltet wird.

Der Gesetzgeber hat in der gesetzlichen [X.] zahlreiche Regelungen geschaffen, die die Stellung der Erziehenden verbessern (vgl hierzu im Einzelnen B[X.] Urteil vom [X.] R 12/17 R - aaO - Juris Rd[X.] 21; vgl auch Senatsurteil vom [X.] R 19/14 R - [X.]-2600 § 149 [X.] 5 Rd[X.] 27; B[X.] Urteil vom [X.] KR 15/12 R - B[X.]E 120, 23 = [X.]-1100 Art 3 [X.] 77 Rd[X.] 47 f mwN). Dazu gehören etwa die verbesserte Bewertung der [X.]en nach § 70 Abs 2 [X.]B VI und der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach § 71 Abs 3 [X.]B VI und § 70 Abs 3a [X.]B VI, aber zB auch Regelungen über Anrechnungszeiten für Schwangerschaft oder Mutterschaft (§ 58 Abs 1 [X.] [X.] 2 [X.]B VI), der Zuschlag für Zeiten der Kindererziehung bei Witwen- und Witwerrenten (§ 78a [X.]B VI), der [X.] (§ 270 [X.]B VI - gültig bis 16.11.2016), große Witwen- oder Witwerrente bei Kindererziehung (§ 46 Abs 2 [X.] [X.] 1 und § 243 Abs 2 und Abs 3 [X.]B VI) und Erziehungsrente (§§ 47, 243a [X.]B VI; vgl ausführlich Buntenbach, Leistungen der [X.] für Kindererziehung, [X.], [X.], [X.]). Zudem haben die Nachteile für Erziehende - wie das [X.] im [X.] zu Recht ausgeführt hat - ihre Wurzel nicht allein im Rentenrecht und brauchen folglich auch nicht nur dort behoben zu werden. Der Gesetzgeber ist vielmehr in seiner Entscheidung, wie er die Benachteiligung der Familie beseitigen will, grundsätzlich frei (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - aaO - Juris Rd[X.] 134). Daher sind auch andere Maßnahmen zum [X.] hier in den Blick zu nehmen, zB in anderen Zweigen der Sozialversicherung, in weiteren Bereichen des Sozialrechts sowie in sonstigen Rechtsgebieten wie etwa dem Steuerrecht oder in Form kostenloser Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung sowie durch öffentliche Mittel zumindest subventionierter Kinderbetreuung in [X.], Kindergärten und Horten (vgl Senatsurteil vom [X.] R 19/14 R - [X.]-2600 § 149 [X.] 5, Rd[X.]6 mwN). Auch wenn einige dieser Maßnahmen, wie etwa das [X.] und [X.] vom 5.12.2006 ([X.] 2748) nicht mehr für vor 1992 geborene Kinder und deren Erziehende greifen, so kann dem Gesetzgeber eine verfassungswidrige Untätigkeit auf dem Gebiet des [X.]s nicht vorgeworfen werden. Es liegt in seinem Gestaltungsermessen, mit solchen Maßnahmen vorrangig darauf abzuzielen, die Bedingungen gerade für die Gründung von Familien zu erleichtern und das Leben mit Kindern vor allem in der Frühphase der Familie zu verbessern (vgl Ziel des Gesetzentwurfs der Fraktionen der [X.] und [X.] zur Einführung des Elterngeldes vom [X.], BT-Drucks 16/1889, [X.]). Dass der Gesetzgeber dennoch auch rückwirkend die Erziehungsleistung von Müttern und [X.], die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, in der [X.] besser als bisher anerkennen will (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.] vom 25.3.2014, BT-Drucks 18/909, [X.], 14), ist zulässig (vgl [X.] Beschluss vom 29.3.1996 - 1 BvR 1238/95 - Juris Rd[X.] 8) - allein das Ziel einer zusätzlichen Honorierung verpflichtet ihn aber nicht dazu, in jedem Fall einen Mindestumfang der [X.] von 36 Monaten vorzusehen.

cc) Der Gesetzgeber durfte hinsichtlich der unterschiedlichen Berücksichtigung von Erziehungszeiten weiterhin am Stichtag [X.] festhalten. Führt der Gesetzgeber einen Stichtag ein oder hält an einem bestehenden fest, so muss sich die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt und am System der Gesamtregelung orientieren, um die gewissen Härten, die jeder Stichtag unvermeidlich mit sich bringt, sachlich zu rechtfertigen (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 51/86 ua - aaO - Juris Rd[X.] 145; [X.] Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 - [X.]E 122, 151 = [X.]-2600 § 237 [X.] 16 Rd[X.] 73).

Mit dem [X.] ist kein neuer Stichtag eingeführt worden, sondern lediglich der bei der ersten Ausweitung der [X.]en durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989 ([X.] 2261) gewählte Stichtag fortgeschrieben worden. Die Beibehaltung des Stichtags fügt sich damit ins bisherige System ein und schafft keine neuen Brüche. Der vom [X.] nicht beanstandete Stichtag des [X.] ([X.] Beschlüsse vom 29.3.1996 - 1 BvR 1238/95 - FamRZ 1996, 789 - Juris Rd[X.] 7, 8; vom 21.10.2004 - 1 BvR 1596/01 - [X.]-5761 Allg [X.] 1 Rd[X.] 7 f) erzeugt durch die Neuregelung in § 249 Abs 1 [X.]B VI keine neuen Härten, sondern verringert vielmehr die bis zum Inkrafttreten dieser Neuregelung bestehenden Härten. Die Klägerin erhält eine zusätzliche Begünstigung, auf deren Erhalt sie sich bei ihrer Lebensplanung nicht einrichten konnte. Dadurch wird die Ungleichbehandlung nicht vertieft, sondern vermindert (vgl B[X.] Urteil vom [X.] R 12/17 R - aaO - Rd[X.] 22; so auch [X.], Die "Mütterrente" im verfassungsrechtlichen Kontext, [X.] 2015, [X.] ff, 652).

4. Ein Verstoß des § 249 Abs 1 [X.]B VI idF des [X.] gegen Art 6 Abs 1 [X.] iVm dem Sozialstaatsgebot liegt ebenfalls nicht vor. Auch insoweit gilt, dass sich aus diesen Wertentscheidungen des [X.] zwar die allgemeine Pflicht zu einem [X.] entnehmen lässt, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Höhe ein solcher [X.] Ausgleich vorzunehmen ist (vgl B[X.] Urteil vom [X.] R 12/17 R - aaO - Juris Rd[X.]3 ff).

Die angegriffene Regelung verstößt auch nicht gegen das Gleichberechtigungsgebot des Art 3 Abs 2 [X.]. Dieses verbietet ua faktische Benachteiligungen von Frauen gegenüber Männern im Sinne einer mittelbaren Ungleichbehandlung (vgl [X.] Beschluss vom 5.4.2005 - 1 BvR 774/02 - [X.]E 113, 1 = [X.]-1100 Art 3 [X.]0, Rd[X.] 52). Auch wenn Nachteile durch die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern überwiegend Frauen betreffen mögen, so ist die Ungleichbehandlung jedoch gerechtfertigt, wenn sie - wie hier - auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht (s.o.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 34/17 R

10.10.2018

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

§ 56 Abs 1 SGB 6, § 249 Abs 1 SGB 6 vom 23.06.2014, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 2 GG, Art 6 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.10.2018, Az. B 13 R 34/17 R (REWIS RS 2018, 3026)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3026

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