Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2014, Az. V ZR 183/13

5. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4280

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Gegenstand

Verjährungsbeginn für Ansprüche einer Wohnungeigentümergemeinschaft: Voraussetzungen und Wirkungen einer zurechenbaren Kenntnis des Wohnungseigentumsverwalters


Leitsatz

1. Das Wissen des Verwalters kann den einzelnen Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche als eigene Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB entsprechend § 166 BGB nur zugerechnet werden, wenn es sich um gemeinschaftsbezogene Ansprüche im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 1 WEG handelt oder wenn die Gemeinschaft Ansprüche der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 WEG an sich gezogen hat.

2. Die Zurechnung der Kenntnis des Verwalters wirkt im Fall des § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 WEG nicht auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung zurück.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 30. April 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beigeladenen und die Beklagten sind die Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft; die Anlage besteht aus drei selbständigen Gebäuden. Eines dieser Gebäude bewohnten die Beklagten. Neben ihm befand sich ursprünglich eine Freifläche. Zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt vor einer Begehung des Gebäudes durch die Verwalterin am 22. Juli 2005 wurde dort eine Betonfläche als Grundlage einer Terrasse angelegt, zu deren Vollendung es aber nicht kam. Auf ihrer Versammlung am 11. Mai 2009 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den - bestandskräftigen - Beschluss, dass die Betonfläche zu beseitigen sei und der Erbauer sie auf eigene Kosten zurückzubauen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen habe. Die Verwalterin sollte den Rückbau schriftlich verlangen und bei fruchtlosem Verstreichen der Frist vor Gericht durchsetzen. Mit der am 31. Dezember 2009 eingegangenen Klage verlangt die Wohnungseigentümergemeinschaft von den Beklagten den Rückbau der Fläche. Diese berufen sich auf Verjährung.

2

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 11. Mai 2009 bietet nach Ansicht des Berufungsgerichts keine taugliche Grundlage für den verlangten Rückbau. Er sei nichtig, weil er nicht erkennen lasse, wer zum Rückbau verpflichtet werden solle. Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 [X.] und aus § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 [X.] seien verjährt. Sie unterlägen der regelmäßigen Verjährungsfrist; diese sei abgelaufen. Sie habe mit der Herstellung der Betonfläche und damit spätestens Ende des Jahres 2005 begonnen. Die Beigeladenen müssten sich das Wissen der Verwalterin zurechnen lassen, weil sie ihre [X.]in sei. Diese habe von der Herstellung der Betonfläche spätestens bei der Begehung am 22. Juli 2005 erfahren.

II.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

5

1. Im Ergebnis zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Beseitigungsanspruch nicht auf den Beschluss der Wohnungseigentümer vom 11. Mai 2009 stützen lässt. Zweifelhaft ist schon, ob dieser Beschluss eine eigenständige, von den gesetzlichen Ansprüchen der Wohnungseigentümer losgelöste Beseitigungspflicht begründen soll. Das muss aber an dieser Stelle nicht entschieden werden. Mit einem solchen Inhalt wäre der Beschluss jedenfalls mangels Beschlusskompetenz nichtig. Wohnungseigentümer können durch Beschluss zu Leistungen nur verpflichtet werden, soweit das in Gesetz, Teilungserklärung oder in diese ergänzenden Vereinbarungen vorgesehen ist (Senat, Urteile vom 15. Januar 2010 - [X.], NJW 2010, 3093 Rn. 10 und vom 18. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2801 Rn. 10). Für die Beseitigung einer Störung des [X.]seigentums, um die es hier geht, besteht eine gesetzliche Ermächtigung nicht. Für eine Ermächtigung in der Teilungserklärung oder in einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer ist nichts ersichtlich. Dagegen erhebt die Klägerin keine Einwände.

6

2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht indessen in seiner weiteren Annahme, die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten Ansprüche (der Wohnungseigentümer) auf Beseitigung einer Störung des [X.]seigentums aus § 1004 Abs. 1 [X.] einerseits und aus § 15 Abs. 3 [X.] andererseits seien verjährt.

7

a) Richtig ist zwar, dass diese Ansprüche nach § 1004 Abs. 1 [X.] auch bei der Störung des [X.]seigentums nicht nach § 902 [X.] unverjährbar sind, sondern, von dem hier nicht gegebenen Ausnahmefall der Verwirklichung eines eingetragenen dinglichen Rechts (dazu Senat, Urteil vom 22. Oktober 2010 - [X.], [X.], 185) abgesehen, der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 [X.] unterliegen. Das entspricht für den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 [X.] auf Beseitigung einer Störung des [X.] ständiger Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. Februar 1973 - [X.], [X.], 235, 238, vom 28. Januar 2011 - [X.], NJW 2011, 1068 Rn. 6 f. und vom 28. Januar 2011 - [X.], NJW 2011, 1069 Rn. 12 jeweils mwN). Nichts anderes gilt, wenn sich der Anspruch gegen eine Störung des [X.]seigentums richtet und wenn er auf § 15 Abs. 3 [X.] gestützt wird ([X.], [X.], 386 f.; [X.]/Schultzky, [X.], 3. Aufl., § 15 Rn. 133; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 15 [X.] Rn. 45 [X.]; [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 10. Aufl., § 15 Rn. 47; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 15 Rn. 31; [X.]/Then, [X.], 2. Aufl., § 15 Rn. 26; [X.]/[X.], [X.] [2005], § 15 [X.] Rn. 54; [X.]/Baumgarten/[X.], [X.], § 15 Rn. 51; [X.]/[X.], [X.], § 15 Rn. 142; Lehmann-Richter in [X.]/Fritsch/[X.], Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 124).

8

b) Die regelmäßige Verjährung ist hier aber nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht mit dem Ende des Jahres 2008 abgelaufen.

9

aa) Sie beginnt nach § 199 Abs. 1 [X.] vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Sonderregelungen mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Beides hätte hier bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 eintreten müssen, weil die Verjährung sonst durch die vorliegende Klage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.], § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt worden wäre.

bb) Die von der Klägerin geltend gemachten [X.] der Beigeladenen sind, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, vor dem 31. Dezember 2005 entstanden. Ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 [X.] entsteht mit der Beeinträchtigung des ([X.]s-) Eigentums. Diese liegt hier schon in der - für das Revisionsverfahren zu unterstellenden - rechtswidrigen baulichen Veränderung, nicht erst in deren Vollendung oder in dem späteren Auftreten von Gefahren (vgl. Senat, Urteil vom 7. April 2006- V ZR 144/05, NJW-RR 2006, 1496 Rn. 16). Das gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 15 Abs. 3 [X.]. Danach sind die Ansprüche hier mit der Anlegung der Betonfläche spätestens im Jahr 2005 entstanden. Ob und unter welchen Voraussetzungen (auch) in der Aufgabe des ursprünglichen Vorhabens und dem Belassen des unvollendeten Zustands eine Störung des [X.]seigentums liegt, wann der Anspruch auf Beseitigung einer solchen Störung entsteht und ob sie (nur) durch Entfernung des Torsos beseitigt werden könnte, muss hier nicht entschieden werden.

cc) Dass die übrigen Wohnungseigentümer sämtlich vor dem 31. Dezember 2005 von der Anlegung der Betonfläche und von der Person dessen, der dies veranlasst hat, Kenntnis erlangt hätten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Nicht festgestellt ist ferner, dass und aus welchen Gründen diese bis zum 31. Dezember 2005 ohne grobe Fahrlässigkeit hiervon hätten erfahren müssen. Dies bedürfte auch einer näheren Begründung, weil die Wohnungseigentümer nicht gehalten sind, das [X.]seigentum auf Beeinträchtigungen durch andere Wohnungseigentümer oder Dritte zu untersuchen ([X.]/[X.], [X.] [2005], § 15 [X.] Rn. 54; [X.]/[X.], [X.], § 15 Rn. 142; [X.], [X.], 90, 93). Sie müssten sich auch nicht das - hier zudem nicht festgestellte - Wissen anderer Wohnungseigentümer zurechnen lassen ([X.]/[X.] aaO; [X.], [X.], 90, 93).

dd) Die Beigeladenen müssen sich das Wissen der Verwalterin, welches diese von der Beschlussfassung am 11. Mai 2009 erlangt hat, jedenfalls nicht rückwirkend zurechnen lassen.

(1) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass sich der Gläubiger das Wissen eines [X.] entsprechend § 166 Abs. 1 [X.] als eigene Kenntnis zurechnen lassen muss, wenn er den [X.] mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut hat ([X.], Urteile vom 29. Januar 1968 - [X.], NJW 1968, 988 f., vom 4. Februar 1997 - [X.], [X.]Z 134, 343, 347 f. und vom 18. Januar 1994 - [X.], NJW 1994, 1150, 1151); dies gilt auch im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ([X.], Urteile vom 23. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 171, 1 Rn. 35 und vom 23. Januar 2014 - [X.], NJW 2014, 1294, Rn. 16). In diesem Sinne kann der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft auch von den Wohnungseigentümern betraut sein. Bis zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft entsprach das für die so genannten gemeinschaftlichen Ansprüche der Wohnungseigentümer allgemeiner Ansicht ([X.], NJW-RR 2007, 1097, 1098; [X.], [X.] 2009, 3753, 3759; [X.], Urteil vom 24. Oktober 2008 - 5 [X.], juris Rn. 69; [X.]/[X.], § 199 Rn. 66; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 199 Rn. 24; [X.], [X.], 5. Aufl., § 15 Rn. 24; Bub/von der Osten, Wohnungseigentum von A-Z, 7. Aufl., Stichwort Verjährung S. 909; [X.], Die Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.], 2006, S. 179 f.; [X.], [X.], 90, 94 ff.; [X.]/[X.], [X.], 585, 588). Heute stehen diese Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu. Ob sich der Verband das Wissen des Verwalters zurechnen lassen muss, hat der [X.] noch nicht entschieden; er hält eine Zurechnung insoweit aber für möglich (Urteil vom 23. Januar 2014 - [X.], NJW 2014, 1294 Rn. 18).

(2) Ob der Verwalter [X.] der Wohnungseigentümer auch ist, wenn es - wie hier - um ihre eigenen, nicht gemeinschaftlichen Ansprüche geht, ist, soweit die Frage überhaupt behandelt wird, umstritten. Teilweise wird die Frage uneingeschränkt verneint ([X.]/[X.], [X.], [2005], § 15 [X.] Rn. 54; [X.], [X.], 90, 96). Nach anderer Ansicht kommt eine Zurechnung nur in Betracht, wenn der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zur Umsetzung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer und zur Durchsetzung der Hausordnung ermächtigt ist ([X.]/[X.], [X.], § 15 Rn. 147; Bub, [X.] 2003, 18, 22). Eine ähnliche Überlegung wird für die in § 27 Abs. 1 Nr. 2 [X.] geregelte Ermächtigung des Verwalters angestellt, die zur Instandhaltung und Instandsetzung des [X.]seigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen, allerdings nur, um das [X.] dem Verband zuzurechnen ([X.]/[X.], [X.], 585, 588), nicht, wie das Berufungsgericht meint, um dieses Wissen den einzelnen Wohnungseigentümern bei der Durchsetzung ihrer eigenen Ansprüche zuzurechnen.

(3) Richtigerweise kann das Wissen des Verwalters dem einzelnen Wohnungseigentümer nur zugerechnet werden, soweit die Durchsetzung der Ansprüche der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 Satz 3 [X.] der Wohnungseigentümergemeinschaft obliegt.

(a) Die Zurechnung des Wissens eines [X.]s beruht auf der Überlegung, dass es gegen [X.] und Glauben verstieße, wenn jemand, der einen Vertreter mit einem bestimmten Aufgabenkreis betraut und ihm in diesem Aufgabenkreis die Kenntnisnahme von Tatsachen überträgt, aus der internen Geschäftsverteilung einem [X.] gegenüber den Einwand der Unkenntnis herleiten wollte. Der Gläubiger könnte auf diese Weise den Beginn der Verjährungsfrist durch Einschaltung eines [X.]s willkürlich hinauszögern (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 1968 - [X.], NJW 1968, 988 f.). Zur Vermeidung eines solchen, mit dem Schutzgedanken von § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht zu vereinbarenden Ergebnisses hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass sich der Gläubiger im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] das Wissen eines [X.] entsprechend § 166 Abs. 1 [X.] als eigenes Wissen zurechnen lassen muss, wenn er den [X.] mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung der in Frage stehenden Ersatzforderung, in eigener Verantwortung betraut hat ([X.], Urteil vom 23. Januar 2014 - [X.], NJW 2014, 1294 Rn. 16 f. mwN). Wesentlich für die Wissenszurechnung ist dabei, dass die Erlangung der Tatsachenkenntnis, die dem Gläubiger zugerechnet werden soll, zu dem Aufgabenkreis des Vertreters gehört, auch wenn dieser die zur Kenntnis genommenen Tatsachen nicht an den Vertretenen weitergibt ([X.] aaO; [X.]/[X.]t-Räntsch, [X.], 13. Aufl., § 199 Rn. 15).

(b) Diese Voraussetzungen können auch bei dem Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegen. Dafür macht es keinen Unterschied, ob die Wahrnehmung der Aufgabe durch den Verwalter auf einer Einzelübertragung seitens der Wohnungseigentümer oder auf der gesetzlichen Aufgabenzuweisung im Wohnungseigentumsgesetz beruht. Eine Aufgabenzuweisung durch die einzelnen Wohnungseigentümer oder in ihrem Interesse durch Gesetz lässt sich aber aus den in § 27 [X.] bestimmten Kompetenzen des Verwalters nicht ableiten. Es sind Kompetenzen und Befugnisse für die Erfüllung der dem Verwalter obliegenden [X.]saufgaben, aber nicht für die Durchsetzung von Individualansprüchen der Wohnungseigentümer. Das Wissen, das der Verwalter hierbei erlangt, erlangt er bei der Wahrnehmung von Aufgaben der [X.], nicht bei Wahrnehmung der Individualansprüche der Wohnungseigentümer in deren Auftrag. Solches Wissen kann dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht zugerechnet werden (vgl. Senat, Urteil vom 27. September 2002 - [X.], [X.], 647, 649 für die Zurechnung von Kenntnissen beim Verkauf der Eigentumswohnung).

(c) Anders liegt es nur, wenn die Durchsetzung von Individualansprüchen der einzelnen Wohnungseigentümer selbst eine [X.]saufgabe ist. Dann entspricht die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch den Verwalter für die Wohnungseigentümer der gesetzlichen Aufgabenverteilung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können ihre Ansprüche nicht mehr individuell durchsetzen. Sie müssen sich auf die Überwachung und Steuerung des Verwalters beschränken, diese Aufgaben andererseits aber auch wahrnehmen. Sie dürfen sich dann nicht darauf berufen, dass sie keine Kenntnis von Umständen haben, die der für sie kraft gesetzlicher Aufgabenzuweisung tätige Verwalter erlangt hat. [X.] [X.]saufgabe ist die Durchsetzung von Individualansprüchen der Wohnungseigentümer aber nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 1 [X.] nur bei gemeinschaftsbezogenen Rechten. Die Durchsetzung anderer Rechte wird nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 [X.] [X.]saufgabe nur, wenn die Rechte gemeinschaftlich geltend gemacht werden können und wenn die [X.] der Wohnungseigentümer solche Ansprüche an sich zieht.

(d) In diesem zweiten - hier gegebenen - Fall ist den einzelnen Wohnungseigentümern jedenfalls das nach der Beschlussfassung erlangte Wissen des Verwalters als eigenes Wissen zuzurechnen.

Die Vergemeinschaftung eines Individualanspruchs wirkt in dieser Fallgestaltung aber nicht auf den Zeitpunkt zurück, zu dem der Verwalter von dem Umstand Kenntnis erlangte. Zu diesem Zeitpunkt war die Durchsetzung des Anspruchs nämlich noch keine [X.]saufgabe. Es fehlt damit die sachliche Rechtfertigung für eine Zurechnung. Eine rückwirkende Zurechnung von Wissen würde in Fallgestaltungen wie der vorliegenden auch zu einem nicht vertretbaren Wertungswiderspruch führen. Die Verjährungsfrist liefe dann nämlich unter Umständen mit der Fassung des [X.] ab, der eine Zurechnung von Wissen erst rechtfertigt.

(e) Das kann dazu führen, dass namentlich in großen Wohnungseigentumsanlagen Ansprüche auf Beseitigung einer Störung des [X.]seigentums erst mit Ablauf der Höchstfrist von zehn Jahren nach § 199 Abs. 4 [X.] verjähren, weil sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis aller Wohnungseigentümer nur selten mag nachweisen lassen. Dieser Umstand kann es aber nicht rechtfertigen, einem Wohnungseigentümer die Kenntnis des Verwalters auch dann zuzurechnen, wenn er ihm die Wahrnehmung seiner Ansprüche nicht übertragen hat. Wie ausgeführt, begründet erst die Übertragung der Aufgabe auf den späteren Wissensträger den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens.

(4) Danach scheidet hier eine Zurechnung des [X.]s vor Mai 2009 aus. [X.] aus § 1004 Abs. 1 [X.] und aus § 15 Abs. 3 [X.] sind nach der Rechtsprechung des Senats keine sog. geborenen gemeinschaftlichen Angelegenheiten im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 1 [X.]. Sie sind vielmehr sog. gekorene [X.]sangelegenheiten (Beschluss vom 30. März 2006 - [X.], [X.], 2187, 2188; Urteile vom 17. Dezember 2010 - [X.], NJW 2011, 1351 Rn. 10 und vom 7. Februar 2014 - [X.], NJW 2014, 1090, Rn. 6), Ansprüche also, deren Durchsetzung erst dadurch zur [X.]aufgabe wird, dass der Verband sie an sich zieht. Die Wohnungseigentümer haben damit zurechenbares Wissen erst mit dem Beschluss vom 11. Mai 2009 erlangt. Die von diesem Zeitpunkt an laufende regelmäßige Verjährungsfrist ist durch die vorliegende Klage rechtzeitig gehemmt worden.

3. Die Entscheidung ist, anders als die Beklagten meinen, auch nicht deshalb im Ergebnis richtig, weil der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft die Prozessführungsbefugnis fehlte. Diese steht der Klägerin allerdings nur zu, wenn sie die Ansprüche der Wohnungseigentümer wirksam an sich gezogen hat. Das ist mit dem Beschluss vom 11. Mai 2009 aber auch geschehen. Dieser Beschluss ist wirksam.

a) Mit der Frage, ob die Klägerin mit diesem Beschluss die [X.] der Beigeladenen an sich gezogen hat, hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht befasst. Das kann der Senat nachholen, weil Beschlüsse nach ihrem Wortlaut und ihrem Sinn auszulegen sind, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Textes ergibt, weil Umstände außerhalb des [X.] nur herangezogen werden dürfen, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - [X.], [X.]Z 139, 288, 291 f. und Urteil vom 30. November 2012 - [X.], NJW-RR 2013, 335 Rn. 13) und weil zusätzliche danach verwertbare Erkenntnisse nicht zu erwarten sind. Der Senat bejaht die Frage. Die Wohnungseigentümer haben zwar beschlossen, dass die Betonfläche beseitigt werden soll und der Erbauer sie auf eigene Kosten zu beseitigen hat. Sie haben damit aber keine eigenständige Beseitigungsverpflichtung der Beklagten begründen, sondern nur das Ziel der Maßnahmen beschreiben wollen. Das ergibt sich daraus, dass sie die Einzelheiten in dem Beschluss nicht festgelegt, sondern die Verwalterin mit der Durchführung beauftragt haben. Sie soll „den Erbauer“ ermitteln, ihn zur Beseitigung auffordern und bei Scheitern der Aufforderung die [X.] der Beigeladenen gerichtlich durchsetzen.

b) Dieser Beschluss ist, anders als die Beklagten meinen, auch hinreichend bestimmt. [X.] bestimmt ist ein Beschluss, durch den die [X.] Ansprüche der Wohnungseigentümer an sich zieht, nicht anders als die weitergehende Abtretung eines Anspruchs (dazu: [X.], Urteil vom 14. Mai 2013 - [X.], [X.], 1264 Rn. 24), wenn er erkennen lässt, welche - tatsächlichen oder vermeintlichen - Ansprüche der Wohnungseigentümer vergemeinschaftet werden sollen. Dieser Anforderung genügt der Beschluss. Er beschreibt in seinen [X.], dass es um die Beseitigung der Betonfläche geht. Damit wird deutlich, dass der Verband die Ansprüche der Wohnungseigentümer an sich ziehen will, die diesem Ziel dienen. Solche Ansprüche macht die Klägerin hier geltend. Die fehlende ausdrückliche Benennung der Beklagten und die fehlende Beschreibung der Art und Weise des angestrebten Rückbaus ändern daran nichts.

III.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil Feststellungen zu den Voraussetzungen des Anspruchs fehlen. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

1. Zunächst wird festzustellen sein, ob die Beigeladenen sämtlich bis zum Ablauf des Jahres 2005 von der Anlegung der Betonfläche und davon erfahren haben, wer dafür verantwortlich ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 [X.]).

2. Sodann wird festzustellen sein, ob die Anlegung der Betonfläche andere Wohnungseigentümer in einem über das in § 14 Nr. 1 [X.] bezeichnete Maß hinaus beeinträchtigt (vgl. Senat, Urteile vom 14. Dezember 2012  - [X.], [X.]Z 196, 45 Rn. 4 f. und vom 7. Februar 2014 - [X.], NJW 2014, 1090) und welcher der Beklagten im Sinne von § 1004 Abs. 1 [X.] als Störer anzusehen ist.

[X.]                           [X.]t-Räntsch

                       Brückner                         Weinland

Meta

V ZR 183/13

04.07.2014

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Dortmund, 30. April 2013, Az: 1 S 344/10

§ 166 BGB, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 1004 BGB, § 10 Abs 6 S 3 Alt 1 WoEigG, § 10 Abs 6 S 3 Alt 2 WoEigG, § 14 Nr 1 WoEigG, § 15 Abs 3 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2014, Az. V ZR 183/13 (REWIS RS 2014, 4280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4280

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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