Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.10.2013, Az. 6 AZR 854/11

6. Senat | REWIS RS 2013, 1642

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT KÜNDIGUNG

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Gegenstand

Abweichung der Namensliste von der Auswahlrichtlinie - Wirksamkeit eines Punktesystems einer Auswahlrichtlinie


Leitsatz

Arbeitgeber und Betriebsrat können Auswahlrichtlinien im Sinn von § 1 Abs. 4 KSchG später oder zeitgleich - etwa bei Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste - ändern. Setzen sich die Betriebsparteien in einem bestimmten Punkt gemeinsam über die Auswahlrichtlinie hinweg, gilt die Namensliste.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Mai 2011 - 2 Sa 1975/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung aufgelöst wurde.

2

Der 1970 geborene, unverheiratete Kläger war seit Oktober 1998 als Werkzeugmacher bei der Schuldnerin, der [X.], beschäftigt. Die Schuldnerin war ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie.

3

Mit Beschluss vom 2. Dezember 2009 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der [X.] zum Insolvenzverwalter bestellt.

4

Der [X.] und der im Betrieb der Schuldnerin gebildete Betriebsrat schlossen am 10. Februar 2010 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Der von beiden Betriebsparteien auf jeder Seite unterzeichnete Interessenausgleich lautet auszugsweise:

        

II. Kündigungen/Freistellungen

        

1. …   

        

… Zwischenzeitlich ist es gelungen, einen [X.] zu finden, mit dem in Kürze ein Kaufvertrag wirksam werden kann. Der [X.] ist jedoch nur in der Lage, das Ziel, den Standort [X.] langfristig zu erhalten, zu erreichen, wenn hohe Einsparungen realisiert werden, um die Kosten dem tatsächlichen, um 30 % gesunkenen Umsatzvolumen anzupassen. … Die Restrukturierung der Beschäftigungsstruktur ist durch entsprechenden Personalabbau zu erreichen.

        

Es wurde ein tatsächlicher Beschäftigungsbedarf für ca. 460 Arbeitsplätze am Standort [X.] ermittelt. Die ursprünglich in [X.] bestehenden ca. 604 Arbeitsplätze wurden vor und in der Insolvenz, insbesondere durch Auslaufen befristeter Arbeitsverträge, auf aktuell ca. 509 Arbeitsplätze reduziert. Der nun noch erforderliche Abbau von Arbeitsplätzen durch entsprechenden Personalabbau soll durch den Ausspruch von 48 betriebsbedingten Beendigungskündigungen nach Abschluss eines entsprechenden Interessenausgleichs erfolgen. [X.]inzu kommt, dass gegenüber zwei Arbeitnehmern verhaltensbedingte Kündigungen ausgesprochen werden bzw. worden sind, deren Arbeitsplätze (Produktionshelfer) ebenfalls nicht wieder besetzt werden.

        

2. Der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat sind sich darüber einig, dass eine Fortführung des Geschäftsbetriebes nur möglich ist, wenn die Anzahl der Mitarbeiter auf etwa 460 reduziert wird. Daher ist es erforderlich, die Arbeitsverhältnisse mit den nachfolgend aufgeführten Mitarbeitern aus betriebsbedingten Gründen zum nächstzulässigen Termin im Sinne des § 113 [X.] zu kündigen. Die nachfolgende Auflistung stellt die Namensliste im Sinne von § 125 [X.] dar.

        

…       

                 
        

44    

St    

S       

        

…       

                 
        

3. Der Betriebsrat wurde über die für die [X.] relevanten Merkmale aller Mitarbeiter der Gesellschaft unter Vorlage von [X.] unterrichtet. Die dem Betriebsrat überreichten [X.] enthalten unter anderem Angaben zur Person und zu den [X.] im Sinne des § 1 Abs. 3 [X.] (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung).

        

4. Die Parteien haben nachstehende Auswahlrichtlinie gem. § 1 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 95 [X.] vereinbart, nach der die [X.] Gesichtspunkte bei der Auswahl von Mitarbeitern zu den beabsichtigten Kündigungen zu werten sind:

                 
        

Lebensalter

        

Für jedes vollendete Lebensjahr 1 Punkt

        

Maximal 55 Punkte

                 
        

Betriebszugehörigkeit

        

Für jedes vollendete Jahr der Betriebszugehörigkeit 1 Punkt

        

Für jedes vollendete Jahr der Betriebszugehörigkeit ab

        

dem 11. Beschäftigungsjahr 2 Punkte

        

Maximal 70 Punkte

                 
        

Unterhaltspflichten

        

Verheiratet 8 Punkte

        

Je Kind 4 Punkte

                 
        

Schwerbehinderung

        

Schwerbehinderung im Sinne der §§ 85 ff. SGB IX bis zu einem Grad der Behinderung von GdB 50 oder Gleichstellung 5 Punkte

        

je 1 weiterer Punkt pro 10 GdB mehr

                 
        

Als Stichtag für die Berechnung wurde der 01.02.2010 zugrunde gelegt.

        

…       

        

III. Anhörungsverfahren gemäß § 102 [X.]

        

1. Bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich und der Erstellung der Namensliste lagen dem Betriebsrat die [X.] im Sinne des § 1 Abs. 3 [X.] sämtlicher Arbeitnehmer vor. Mit der Erstellung der Namensliste ist gleichzeitig das Anhörungsverfahren nach § 102 [X.] zur Kündigung der in der Namensliste genannten Arbeitnehmer eingeleitet worden. Die Erörterungen, die zur Erstellung der Namensliste geführt haben, sind gleichzeitig die förmlichen Informationen des Betriebsrats über die Kündigungsgründe gem. § 102 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Dies wurde dem Betriebsrat vor Beginn der Verhandlungen über den Interessenausgleich mitgeteilt.

        

Der Betriebsrat hatte Gelegenheit, über die beabsichtigten Kündigungen zu beraten.

        

…       

        

Der Betriebsrat gibt folgende abschließende Stellungnahme ab:

        

Den Kündigungen widerspricht der Betriebsrat nicht. Der Betriebsrat betrachtet das Anhörungsverfahren damit als abgeschlossen.

        

…       

        

IV. Information und Stellungnahme des Betriebsrats gemäß § 17 [X.]

        

1. Dem Betriebsrat wurden im Sinne des § 17 [X.] die zweckdienlichen Auskünfte wie folgt erteilt:

        

a) Gründe für die geplanten Entlassungen: Siehe Ziffer II. 1. dieses Interessenausgleichs

        

b) Zahl und Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer: Siehe Namensliste in Verbindung mit der überreichten Personalliste

        

c) Zahl und Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer: Gemäß der überreichten Personalliste

        

d) Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen: Siehe Ziffer II. 2. dieses Interessenausgleichs

        

e) Kriterien für die Berechnung etwaiger Abfindungen: Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung

        

2. Der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat haben die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mindern.

        

3. Der Betriebsrat gibt folgende Stellungnahme gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 ab:

        

Der Betriebsrat hat sich ausführlich mit den geplanten Entlassungen befasst und ist der Auffassung, dass die geplanten Entlassungen unvermeidbar sind, und sieht keine andere Möglichkeit, damit zumindest die danach noch vorhandenen Arbeitsplätze erhalten werden können.

        

…“    

5

Der Kläger ist unter Nr. 44 der Namensliste benannt. In dem Interessenausgleich wurden 51 Vergleichsgruppen gebildet. Die Betriebsparteien bildeten für drei der 51 Vergleichsgruppen fünf Altersgruppen (bis 24 Jahre, 25 bis 34 Jahre, 35 bis 44 Jahre, 45 bis 54 Jahre, ab 55 Jahre). Der Kläger war neben 21 weiteren Arbeitnehmern der Vergleichsgruppe Nr. 10 „Instandhalter Mechanik/Werkzeugbau“ zugeordnet. Er gehörte der Altersgruppe 35 bis 44 Jahre an. Für die Vergleichsgruppe Nr. 10 waren folgende Kündigungen geplant:

        

Altersgruppe

Beschäftigte Arbeitnehmer

Kündigungen

        

[X.]s 24 Jahre

1       

0       

        

25 bis 34 Jahre

4       

1       

        

35 bis 44 Jahre

7       

1       

        

45 bis 54 Jahre

8       

2       

        

Ab 55 Jahre

2       

0       

6

Von den sieben Arbeitsverhältnissen der Vergleichs- und Altersgruppe des [X.] wurde nur sein Arbeitsverhältnis gekündigt. In seiner Vergleichs- und Altersgruppe wies der Kläger nach dem Punkteschema der Auswahlliste mit 51 Punkten zwei Sozialpunkte mehr als der Arbeitnehmer [X.] mit 49 Punkten auf.

7

Der [X.] zeigte mit Schreiben vom 11. Februar 2010 gegenüber der Agentur für Arbeit [X.] die Entlassung von 48 Arbeitnehmern an. Die Agentur für Arbeit [X.] teilte dem [X.]n unter dem 18. Februar 2010 mit, die angezeigten 48 Entlassungen könnten mit der geplanten Wirkung in der [X.] durchgeführt werden, die sich an die am 11. März 2010 endende Regelsperrfrist anschließe. Die Massenentlassungsanzeige sei am 11. Februar 2010 wirksam geworden.

8

Der [X.] kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2010 zum 31. Mai 2010.

9

Der Kläger hat sich mit seiner am 25. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Unterrichtung des Betriebsrats und die Massenentlassungsanzeige für nicht ordnungsgemäß gehalten. Die [X.] Auswahl sei grob fehlerhaft. Das folge schon daraus, dass der [X.] mit seinem Kündigungsentschluss von der Auswahlrichtlinie abgewichen sei. Er habe nicht das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers [X.] gekündigt, der nach dem Punkteschema sozial am stärksten gewesen sei. Es sei auch nicht erkennbar, dass es erforderlich gewesen sei, Altersgruppen zu bilden, um eine ausgewogene Personalstruktur zu erhalten oder zu schaffen. Weshalb nur für drei Vergleichsgruppen Altersgruppen gebildet worden seien, sei ebenso wenig ersichtlich. Ferner seien die Arbeitsverhältnisse vergleichbarer Arbeitnehmer in der „Instandhaltung Mechanik/Werkzeugbau“ nicht gekündigt worden, obwohl die Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz genossen hätten. Dabei handle es sich um die ehemaligen Auszubildenden B und [X.], die erst im Januar 2010 einen Arbeitsvertrag erhalten hätten. Auch der frühere Leiharbeitnehmer [X.] habe erst im Dezember 2009 einen Arbeitsvertrag mit dem [X.]n geschlossen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des [X.]n vom 12. Februar 2010 nicht beendet wurde.

60    

Der [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die [X.] Auswahl sei objektiv nicht grob fehlerhaft. Ihm habe bei Abweichungen bis zu zehn [X.] nach dem übereinstimmenden Willen der Betriebsparteien ein Beurteilungsspielraum zugestanden, obwohl die Auswahlrichtlinie einen solchen nicht ausdrücklich erkennen lasse. Dieser Beurteilungsspielraum sei bei einem Abstand von nur zwei [X.] nicht überschritten. Die Betriebsparteien hätten ferner angenommen, der Kläger sei aufgrund seiner Arbeitsleistung und Arbeitsmoral am ehesten entbehrlich gewesen. Dieser Umstand sei in den Interessenausgleichsverhandlungen erörtert worden. Die Altersgruppenbildung sei nicht zu beanstanden.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision will der [X.] die Klage weiter abgewiesen wissen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, die [X.] Auswahl sei grob fehlerhaft, weil der [X.] gegen die im Interessenausgleich enthaltene Auswahlrichtlinie verstoßen habe. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der [X.] nicht darüber entscheiden, ob die Kündigung wirksam i[X.] Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

A. Der beklagte Insolvenzverwalter ist nach wie vor passiv legitimiert. Es ist nicht festgestellt, ob und ggf. wann es nach Zugang der Kündigung zu einem Betriebsübergang kam. Selbst wenn der Betrieb der Schuldnerin veräußert worden sein sollte, wäre der [X.] noch immer passiv legitimiert. Der betriebsveräußernde Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, bleibt für die gerichtliche Klärung der [X.]n Rechtfertigung der Kündigung auch nach dem Betriebsübergang passiv legitimiert. §§ 265, 325 ZPO sind in einem solchen Fall entsprechend anzuwenden (vgl. für die [X.] Rspr. [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 21; 24. Mai 2005 - 8 [X.] - zu [X.], [X.]E 114, 362).

B. Der [X.] kann aufgrund der getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 12. Februar 2010 das Arbeitsverhältnis der Parteien mit der dreimonatigen Frist des § 113 Satz 2 [X.] zum 31. Mai 2010 beendete.

I. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] bejaht. Es hat auch zutreffend erkannt, dass die [X.] Auswahl der Arbeitnehmer nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Die Kündigung ist aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt. Der Kläger ist in einem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich namentlich bezeichnet. Es steht jedoch noch nicht fest, ob die Kündigung vom 12. Februar 2010 den Vorgaben der § 1 Abs. 3 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] genügt oder ob die [X.] grob fehlerhaft i[X.]

1. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]. 3 [X.] bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des [X.] entgegenstehen.

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind erfüllt. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

aa) Die Kündigung beruht auf einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 [X.].

(1) Um eine Betriebsänderung handelt es sich auch bei einem bloßen Personala[X.]au, wenn die Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 [X.] erreicht sind. Ausschlaggebend ist die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Kündigungen im Verhältnis zur Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Der Begriff des Betriebs in § 17 [X.] entspricht dem der §§ 14 [X.]([X.] Rspr., vgl. zB [X.] 20. September 2012 - 6 [X.] - Rn. 17; 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 17).

(2) Der Personala[X.]au überschritt hier die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Maßgeblich für die Berechnung des Schwellenwerts war die im Betrieb [X.], in dem der Kläger tätig war, beschäftigte Zahl von 509 Arbeitnehmern. In diesem Betrieb waren 48 Arbeitnehmer von den (beabsichtigten) Kündigungen betroffen, wie sich aus [X.] 1 Abs. 4 Satz 3 des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 ergibt. Die Namen der 48 zu kündigenden Arbeitnehmer finden sich in der Namensliste, die in [X.] 2 des Interessenausgleichs integriert i[X.] Die Mindestbeschäftigtenzahl von 500 Arbeitnehmern und der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] von mindestens 30 zu Entlassenden waren damit erreicht.

[X.]) Die in den [X.] einbezogene und vom [X.]n und vom Betriebsrat unterzeichnete Namensliste weist den Namen des [X.] unter Nr. 44 aus.

b) Der Kläger hat die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht widerlegt. Er hat dazu nichts vorgebracht. Die Vermutung, dass die Kündigung betriebsbedingt ist, ist erst dann widerlegt, wenn der Arbeitnehmer substantiiert darlegt und im [X.] beweist, dass der nach dem Interessenausgleich in Betracht kommende betriebliche Grund in Wirklichkeit nicht besteht (vgl. [X.] 27. September 2012 - 2 [X.] - Rn. 25; 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 17, [X.]E 140, 169).

c) Der Kläger hat nicht behauptet, die Sachlage habe sich nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich iSv. § 125 Abs. 1 Satz 2 [X.] geändert. Eine wesentliche Änderung der Sachlage ist nur anzunehmen, wenn im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen ist, dass die Geschäftsgrundlage entfallen i[X.] Das ist zu bejahen, wenn nicht ernsthaft bezweifelt werden kann, dass beide Betriebsparteien oder eine von ihnen den Interessenausgleich in Kenntnis der späteren Änderung nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten (vgl. [X.] 18. Oktober 2012 - 6 [X.] - Rn. 38; 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 32). Darauf hat sich der Kläger nicht berufen.

2. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann nicht angenommen werden, dass die [X.] Auswahl grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] i[X.]

a) Die [X.] Auswahl kann nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Dieser Prüfungsmaßstab gilt nicht nur für die Auswahlkriterien und ihre relative Gewichtung selb[X.] Auch die [X.]ldung der auswahlrelevanten Arbeitnehmergruppe kann gerichtlich lediglich auf grobe Fehler überprüft werden. Die [X.] ist grob fehlerhaft, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich jede [X.] Ausgewogenheit vermissen lässt ([X.] Rspr., vgl. für § 1 Abs. 5 Satz 2 [X.] [X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 38 f., [X.]E 140, 169; 5. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 21; s. auch BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Die getroffene Auswahl muss sich mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, ob das Auswahlverfahren zu beanstanden ist (vgl. [X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 39 [X.], aaO).

b) Diesen Anforderungen wird die Würdigung des [X.]s nicht gerecht.

aa) Das [X.] hat angenommen, die [X.] sei grob fehlerhaft, weil der [X.] die Auswahlentscheidung zulasten des [X.] getroffen habe, obwohl er das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers [X.] hätte kündigen müssen, der zwei Sozialpunkte weniger aufgewiesen habe. Die im Interessenausgleich enthaltene, als Betriebsvereinbarung einzuordnende Auswahlrichtlinie iSv. § 95 [X.] lege die Auswahlkriterien als Rechtsnorm verbindlich fest und lasse keine Ausnahmen zu. Die Betriebsparteien hätten gerade nicht nur eine [X.] getroffen und dem Arbeitgeber die abschließende Beurteilung des Einzelfalls überlassen. Es komme daher nicht auf die abweichende Bewertung der Betriebsparteien in der Namensliste des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 an.

[X.]) Diese Würdigung des [X.]s berücksichtigt nicht alle wesentlichen Umstände.

(1) Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, dass es sich bei der in [X.] 4 des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 enthaltenen Regelung um eine Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 [X.]. 2 [X.], § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.], also um eine Betriebsvereinbarung iSv. § 77 Abs. 1 Satz 1 [X.] handelt.

(a) Der [X.] kann offenlassen, ob der gesamte Interessenausgleich in diesem besonderen Fall der Verbindung von Auswahlrichtlinie und Namensliste zugleich die Rechtsnatur einer Betriebsvereinbarung aufwei[X.]

(aa) Die Betriebsparteien können einen Interessenausgleich einschließlich einer darin enthaltenen Auswahlrichtlinie auch als Betriebsvereinbarung schließen (vgl. zu einem solchen Fall [X.] 6. November 2008 - 2 [X.] - Rn. 4, [X.]E 128, 238; [X.]/[X.] NZA 2009, 577, 578).

([X.]) [X.]ier sind sowohl der Interessenausgleich als Gesamtheit der getroffenen Regelungen als auch die Auswahlrichtlinie und die Namensliste im Besonderen von beiden Betriebsparteien unterschrieben. Die Auswahlrichtlinie ist deswegen schon nach ihrem Wortlaut eine schriftformgerechte Betriebsvereinbarung iSv. § 77 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Sie bezeichnet sich selbst als Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 [X.] iVm. § 95 [X.], nach der die [X.]n Gesichtspunkte bei der Auswahl von Mitarbeitern zu den beabsichtigten Kündigungen zu werten sind.

(b) Der Qualifikation von [X.] 4 des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 als Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 [X.]. 2 [X.] iVm. § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] steht nicht entgegen, dass sich die Bestimmung auf eine konkrete Massenkündigung bezieht. Ein Punkteschema für die [X.] Auswahl ist auch dann eine nach § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] mitbestimmungspflichtige Auswahlrichtlinie, wenn der Arbeitgeber es nicht generell auf alle künftigen betriebsbedingten Kündigungen, sondern nur auf konkret bevorstehende Kündigungen anwenden will (vgl. [X.] 9. November 2006 - 2 [X.] - Rn. 32, [X.]E 120, 115; 6. Juli 2006 - 2 [X.] - Rn. 30; grundlegend 26. Juli 2005 - 1 ABR 29/04 - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 115, 239; abl. [X.]/[X.] Anm. AP [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 87 zu 4; [X.] 2007, 335, 336 ff.).

(2) Es kann dahinstehen, ob die in [X.] 4 des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 enthaltene Auswahlrichtlinie wirksam ist, obwohl sie neben den von § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] genannten [X.]n Gesichtspunkten der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters und der Unterhaltspflichten auch die nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] zu beachtende Schwerbehinderung und die Gleichstellung von Arbeitnehmern mit schwerbehinderten Menschen berücksichtigt. Das ist deshalb nicht unproblematisch, weil der Namensliste in [X.] 2 des Interessenausgleichs zumindest in weiten Teilen die Auswahlrichtlinie in [X.] 4 des Interessenausgleichs zugrunde liegt, die beiden Regelungskomplexe also miteinander verknüpft sind. Jedenfalls dürfen zusätzliche Faktoren über die in § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] genannten Gesichtspunkte hinaus nicht berücksichtigt werden (vgl. [X.] 12. August 2010 - 2 [X.] 945/08 - Rn. 46). Sonst wird der gemilderte Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit nicht ausgelöst (vgl. [X.] 18. Oktober 2006 - 2 [X.] 473/05 - Rn. 28, [X.]E 120, 18). Allenfalls kommt eine Ergänzung in der Gewichtung der Grunddaten aus § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] in Betracht, wenn sich die ergänzenden Faktoren unmittelbar auf die Grunddaten beziehen (vgl. [X.] 12. August 2010 - 2 [X.] 945/08 - Rn. 46). Wird unterstellt, dass die Berücksichtigung der Schwerbehinderung und der Gleichstellung die Wirksamkeit der Auswahlrichtlinie nicht hindert, ist nicht erkennbar, dass sie gegen Diskriminierungsverbote des [X.] verstößt oder in ihrer konkreten Ausgestaltung zu beanstanden i[X.]

(a) Die Berücksichtigung des Lebensalters bei der [X.] nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] verfolgt das Ziel, ältere Arbeitnehmer, die typischerweise schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, besser zu schützen. Die damit verbundene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist unionsrechtskonform (vgl. näher [X.] 27. September 2012 - 2 [X.] - Rn. 52 [X.]; 28. Juni 2012 -  6 [X.] 682/10  - Rn. 24 ; 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 48 ff. [X.], [X.]E 140, 169).

(b) Die Auswahlrichtlinie ist unter der Voraussetzung, dass die Frage der von ihr berücksichtigten Schwerbehinderung und der Gleichstellung dahingestellt bleibt, auch in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht zu beanstanden.

(aa) Die Betriebsparteien haben dem Lebensalter kein unangemessen hohes Gewicht beigemessen. Dass sie die Betriebszugehörigkeit im Verhältnis zum Alter ab dem elften Beschäftigungsjahr stärker gewichtet haben, ist mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar und wird vom Kläger nicht gerügt.

([X.]) [X.] steht nicht entgegen, dass es keine abschließende Einzelfallbetrachtung des [X.]n vorsieht. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 ([X.]I S. 3002) muss der Arbeitgeber die im Gesetz ausdrücklich bezeichneten Grunddaten berücksichtigen. Ob er darüber hinaus andere Gesichtspunkte einbeziehen darf, ist dem Gesetz nicht unmittelbar zu entnehmen. Der Arbeitgeber braucht neben den im Gesetz vorgeschriebenen Kriterien jedenfalls keine weiteren Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Ein Punktesystem muss deshalb keine individuelle Abschlussprüfung mehr vorsehen (vgl. [X.] 9. November 2006 - 2 [X.] 812/05 - Rn. 29 [X.], [X.]E 120, 137).

(3) Wird zugunsten des [X.] unterstellt, dass die Berücksichtigung der Schwerbehinderung und der Gleichstellung von Arbeitnehmern für die Wirksamkeit der Auswahlrichtlinie unschädlich ist, kommt ihr auch die Wirkung der § 1 Abs. 4 [X.], § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu. Sie privilegiert den Arbeitgeber hinsichtlich des [X.]. Ist in einer Betriebsvereinbarung iSv. § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] festgelegt, wie die [X.]n Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, kann diese Gewichtung nach § 1 Abs. 4 [X.]. 2 [X.] nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Sie ist grob fehlerhaft, wenn sie jede Ausgewogenheit vermissen lässt, einzelne Sozialdaten also überhaupt nicht, eindeutig unzureichend oder mit eindeutig überhöhter Bedeutung berücksichtigt wurden. Darüber hinaus bindet sich der Arbeitgeber selbst an die in der Auswahlrichtlinie getroffene Bewertung (vgl. [X.] 18. März 2010 - 2 [X.] 468/08 - Rn. 13; 5. Juni 2008 -  2 [X.] 907/06  - Rn. 19).

(4) Das [X.] hat jedoch außer [X.] gelassen, dass die Betriebsparteien die in der Auswahlrichtlinie vorgenommene Bewertung (teilweise) revidieren konnten, indem sie nicht den Arbeitnehmer [X.], sondern den Kläger in die Namensliste unter [X.] 2 des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 aufnahmen.

(a) Die Betriebsparteien können Vereinbarungen über die personelle Auswahl bei späterer oder schon bei zeitgleicher Gelegenheit - etwa bei Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste - ändern. Setzen sie sich in einem bestimmten Punkt gemeinsam über die Auswahlrichtlinie hinweg, ist die Namensliste zumindest dann maßgeblich, wenn Interessenausgleich und Auswahlrichtlinie - wie hier - von denselben Betriebsparteien herrühren (vgl. [X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 45, [X.]E 140, 169; [X.]/[X.] 2005, 264, 268).

(b) Der Kläger hätte deshalb Tatsachen darlegen müssen, aus denen sich bei objektiver Betrachtung ergibt, dass die Gewichtung der Sozialkriterien bei seiner Auswahl zur Kündigung anstelle des Arbeitnehmers [X.] im Auswahlergebnis grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] war. Eine solche grobe Fehlerhaftigkeit ist weder dargelegt noch ersichtlich. Vielmehr weist der Arbeitnehmer [X.] nur den verhältnismäßig geringfügigen Unterschied von zwei Punkten nach dem von der Namensliste insoweit aufgehobenen Punktesystem der Auswahlrichtlinie auf. Während auf den Kläger am Stichtag des 1. Februar 2010 51 Punkte entfielen, wies der Arbeitnehmer [X.] 49 Punkte auf. Solche geringfügigen Unterschiede können eine grobe Fehlerhaftigkeit des Auswahlergebnisses iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] jedenfalls für sich genommen nicht begründen (vgl. [X.] 18. Oktober 2012 - 6 [X.] - Rn. 49; 10. Juni 2010 - 2 [X.] 420/09 - Rn. 28). Das Gesetz räumt den Betriebsparteien sowohl in § 1 Abs. 4 [X.]. 2 [X.] als auch in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] einen weiten Spielraum bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein (vgl. für § 1 Abs. 4 [X.]. 2 [X.] [X.] 18. März 2010 - 2 [X.] 468/08 - Rn. 13; für § 1 Abs. 5 Satz 2 [X.] 12. März 2009 - 2 [X.] 418/07 - Rn. 32).

c) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der [X.] nicht abschließend beurteilen, ob die [X.] Auswahl im [X.]inblick auf das Auswahlergebnis der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des [X.] grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] i[X.]

aa) Das [X.] wird Feststellungen zu der Frage der Vergleichbarkeit der [X.], [X.] und [X.] treffen müssen. Es wird aufgrund dieser Feststellungen zu würdigen haben, ob die Auswahl des [X.] im Verhältnis zu diesen Arbeitnehmern im Ergebnis grob fehlerhaft ist, weil der auswahlrelevante Personenkreis offensichtlich zu eng gezogen wurde.

[X.]) Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Prüfung der groben Fehlerhaftigkeit der [X.] davon auszugehen haben, dass die [X.] nicht unter Berücksichtigung der von den Betriebsparteien vereinbarten Altersgruppen vorzunehmen war. Die Altersgruppenbildung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] war in der Vergleichsgruppe des [X.] nicht geeignet, eine ausgewogene Altersstruktur zu erhalten oder zu schaffen.

(1) Entgegen der in den Vorinstanzen geäußerten Auffassung des [X.] ist eine Altersgruppenbildung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht bereits deshalb unzulässig, weil das Lebensalter als Auswahlkriterium berücksichtigt wird. Das ist unabhängig von einer Altersgruppenbildung durch § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] vorgegeben. Die in § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] eröffnete Möglichkeit, die Auswahl zum Zweck der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur innerhalb von Altersgruppen vorzunehmen, verstößt auch nicht gegen § 7 Abs. 1 und 2 iVm. §§ 1, 3 [X.] sowie das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und seine Ausgestaltung durch die Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 (vgl. etwa [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 25; 28. Juni 2012 - 6 [X.] 682/10  - Rn. 28  ff.; 15. Dezember 2011 -  2 [X.]  - Rn. 46 ff., [X.]E 140, 169).

(2) § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] erlaubt iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] abweichend von § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] eine [X.] im Rahmen von Altersgruppen, um eine ausgewogene Personalstruktur des Betriebs zu erhalten oder zu schaffen, wenn das im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.

(a) § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] ermöglicht es dem Arbeitgeber - und über § 1 Abs. 5 Satz 2 [X.] oder § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] den Betriebsparteien -, bestimmte Arbeitnehmer im berechtigten betrieblichen Interesse von der [X.] auszunehmen (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 11). Danach ist es zulässig, dass der Arbeitgeber innerhalb des zur [X.] anstehenden Personenkreises Altersgruppen nach sachlichen Kriterien bildet, die prozentuale Verteilung auf die Altersgruppen feststellt und die Gesamtzahl der auszusprechenden Kündigungen diesem Proporz entsprechend auf die einzelnen Altersgruppen verteilt. Folge ist, dass sich die [X.] iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] nur in den Gruppen vollzieht und sich der Anstieg des Lebensalters lediglich innerhalb der jeweiligen Altersgruppe auswirkt. Das kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der wegen seines höheren Lebensalters in eine höhere Altersgruppe fällt, zu kündigen ist, während ein jüngerer Arbeitnehmer mit im Übrigen gleichen Sozialdaten allein durch die Zuordnung zu einer anderen Altersgruppe seinen Arbeitsplatz behält (vgl. [X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 60 [X.], [X.]E 140, 169; s. auch 28. Juni 2012 - 6 [X.] 682/10 - Rn. 30; Krieger/[X.] 2013, 1906, 1910). Ein berechtigtes betriebliches Interesse ist nur anzunehmen, wenn die im konkreten Fall vorgenommene Altersgruppenbildung tatsächlich geeignet ist, eine ausgewogene Personalstruktur zu sichern (vgl. [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 26; 22. März 2012 - 2 [X.] 167/11  - Rn. 29 ).

(b) Nach diesen Grundsätzen war die Altersgruppenbildung in Vergleichsgruppe Nr. 10 „Instandhalter Mechanik/Werkzeugbau“ nicht geeignet, die bisherige Altersstruktur zu bewahren. Die Altersstruktur verschob sich in dieser Vergleichsgruppe, weil die unterste und die höchste Altersgruppe nicht von Kündigungen betroffen waren (vgl. [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 32).

(c) Der [X.] braucht nicht darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Betriebsparteien vereinbaren können, die Altersstruktur zu verbessern (bejahend [X.] 11. März 2010 - 10 [X.]/09 - zu II der Gründe; in dem anderen Zusammenhang des legitimen Ziels iSv. § 10 Satz 1 und 2 [X.] offengelassen von [X.] 24. Januar 2013 - 8 [X.] 429/11 - Rn. 49 f.). Die Altersgruppenbildung in der Vergleichsgruppe des [X.] war nicht geeignet, eine ausgewogene Altersstruktur iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 [X.] zu schaffen.

(aa) Der Arbeitgeber muss, wenn er sich auf § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] berufen will, zu den Auswirkungen und möglichen Nachteilen von Kündigungen für die Altersstruktur der Belegschaft und damit verbundenen möglichen Nachteilen für den Betrieb konkret vortragen.

([X.]) Der Gesetzgeber gibt eine Altersgruppenbildung in § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht zwingend vor. Er überlässt dem Arbeitgeber - bzw. ggf. den Betriebsparteien - das „Ob“ und das „Wie“ der Gruppenbildung. Er räumt dem Arbeitgeber bzw. den Betriebsparteien dabei einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum ein. Inwieweit Kündigungen Auswirkungen auf die Altersstruktur des Betriebs haben und welche Nachteile sich daraus ergeben, hängt von den betrieblichen Verhältnissen ab und kann nicht abstrakt für alle denkbaren Fälle beschrieben werden. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen und möglichen Nachteile der Gruppenbildung deswegen im Einzelnen darlegen, wenn er sich auf § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] berufen will (vgl. [X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 65, [X.]E 140, 169; 18. März 2010 - 2 [X.] 468/08  - Rn. 23 ).

([X.]b) Jedenfalls dann, wenn die Zahl der Kündigungen in einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Zahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 [X.] erreicht, kommen dem Arbeitgeber Erleichterungen zugute. In diesem Fall ist ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Beibehaltung der Altersstruktur - widerlegbar - indiziert (vgl. [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn.  28; 22. März 2012 - 2 [X.] 167/11 - Rn. 30; 15. Dezember 2011 - 2 [X.]  - Rn. 65, [X.]E 140, 169; 6. November 2008 -  2 [X.]  - Rn. 54 , [X.]E 128, 238 ).

([X.]) Eine solche Indizwirkung scheidet im Streitfall aus. Der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] war zwar hinsichtlich der insgesamt zu entlassenden Arbeitnehmer überschritten. Die Gesamtbelegschaft von 509 Arbeitnehmern wurde um 48 Arbeitnehmer verringert. Bezogen auf die Zahl von vier Arbeitsverhältnissen, die in der Vergleichsgruppe des [X.] zu kündigen waren, war der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] aber bei Weitem nicht erreicht. Die Vergleichsgruppe weist weniger Kündigungen (vier) als Altersgruppen (fünf) auf (vgl. [X.] 22. März 2012 - 2 [X.] 167/11 - Rn. 35).

([X.]) Ob die Darlegung des berechtigten betrieblichen Interesses an einer Altersgruppenbildung iSv. § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] auch dann zu erleichtern ist, wenn einer der Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur im Gesamtbetrieb, aber nicht in der Vergleichsgruppe erreicht ist, kann auf sich beruhen. Die Altersgruppenbildung war hier jedenfalls nicht geeignet, eine ausgewogene Altersstruktur herbeizuführen (vgl. für die Sicherung der Altersstruktur [X.] 22. März 2012 - 2 [X.] 167/11 - Rn. 31; s. auch 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn.  29). Der [X.] ist seiner Darlegungslast nicht nachgekommen.

([X.]) Er hätte zunächst vortragen müssen, welche konkrete Altersstruktur die Betriebsparteien schaffen wollten, dh. ob sie den Altersdurchschnitt senken oder erhöhen wollten. Zudem hätte der [X.] die Gründe dafür nennen müssen. Schlagwortartige Bezeichnungen genügen nicht. Sonst kann nicht überprüft werden, ob die Ungleichbehandlung durch das verfolgte Ziel gerechtfertigt ist (vgl. [X.] 24. Januar 2013 - 8 [X.] 429/11 - Rn. 50).

([X.]b) Sollten die Betriebsparteien eine Verjüngung der Altersstruktur angestrebt haben, hätte das die Kündigung einer überproportional hohen Zahl älterer Arbeitnehmer in den höheren Altersgruppen der Vergleichsgruppe Nr. 10 vorausgesetzt. Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich, zumal in dieser Vergleichsgruppe die höchste Altersgruppe der beiden Arbeitnehmer ab Vollendung des 55. Lebensjahres nicht von Kündigungen betroffen war.

(3) Sind danach die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Grundsätzen der [X.] nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] durch die [X.]ldung von Altersgruppen nicht erfüllt, hatte die [X.] ohne Rücksicht auf Altersgruppen zu erfolgen. Das [X.] wird zu prüfen haben, ob die [X.] Auswahl dennoch im Auswahlergebnis nicht grob fehlerhaft i[X.] Die getroffene Auswahl muss sich gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, dass das Auswahlverfahren zu beanstanden i[X.] Ein mangelhaftes Auswahlverfahren kann zu einem richtigen - nicht grob fehlerhaften - Auswahlergebnis führen (vgl. zB [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn.  34; 10. Juni 2010 - 2 [X.] 420/09  - Rn. 19 ).

II. [X.] ist nicht aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif. Die Revision kann nicht nach § 561 ZPO zurückgewiesen werden. Das [X.] hat - nach seinem Lösungsweg konsequent - keine Feststellungen getroffen, die es dem [X.] erlauben zu beurteilen, ob die Anhörung des Betriebsrats (§ 102 [X.]) und die Massenentlassungsanzeige des [X.]n (§ 17 [X.]) ordnungsgemäß waren. Der Kläger hat diese formellen Unwirksamkeitsgründe gerügt.

1. Das [X.] wird bei seiner Prüfung zu beachten haben, dass der Arbeitgeber die Pflichten aus §§ 111, 102 Abs. 1 [X.] und § 17 Abs. 2 [X.] gleichzeitig erfüllen kann. Er muss dabei hinreichend klarstellen, welche Verfahren durchgeführt werden sollen (vgl. nur [X.] 20. September 2012 - 6 [X.] - Rn. 47 [X.]).

2. Aus [X.] 3, [X.]I 1 Abs. 1 und Nr. IV 1, 2 des Interessenausgleichs vom 10. Februar 2010 geht ausdrücklich hervor, dass mit dem Interessenausgleichsverfahren zugleich die Unterrichtungspflichten aus § 102 Abs. 1 [X.] und § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] sowie die Beratungspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] erfüllt werden sollten.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Augat    

        

    Cl. [X.]    

                 

Meta

6 AZR 854/11

24.10.2013

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hagen (Westfalen), 30. September 2010, Az: 4 Ca 415/10, Urteil

§ 125 Abs 1 S 1 Nr 2 InsO, § 1 Abs 4 KSchG, § 1 Abs 3 S 1 KSchG, § 1 Abs 3 S 2 KSchG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.10.2013, Az. 6 AZR 854/11 (REWIS RS 2013, 1642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1642


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 AZR 854/11

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 854/11, 24.10.2013.


Az. 2 Sa 1975/10

Landesarbeitsgericht Hamm, 2 Sa 1975/10, 04.05.2011.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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