Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2016, Az. V ZR 221/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2150

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:181116UVZR221.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VO[X.]KES

URTEI[X.]
V ZR
221/15
Verkündet am:

18. November 2016

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 18 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1
Der Ersteher einer Eigentumswohnung verletzt die Pflicht nach § 14 Nr. 1 [X.], wenn er die Nutzung durch den früheren Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entzogen worden ist, nicht beendet, sondern ihm den Besitz an dem Sondereigentum weiter [X.]; die anderen Wohnungseigentümer können verlangen, dass er dem früheren Wohnungseigentümer den Besitz entzieht.
[X.], Urteil vom 18. November 2016 -
V [X.] -
[X.]G [X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland, den Richter Dr.
Kazele und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 2 und 3 werden das Urteil der [X.] des [X.] vom 16. September 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben,
als zum Nachteil der [X.] zu 2 und 3 entschieden worden ist, und das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2015 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 und 3 entschieden worden ist. Die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 wird abgewiesen.

Die Revision der Beklagten zu 1 gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 16. September 2015 wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der [X.] wie folgt lautet: Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, den Eheleuten J.

und A.

[X.].

den Besitz an der Wohnung [X.] in der Wohnungseigen-tumsanlage D.

straße 10, 14193 [X.] zu entziehen.

Von den Gerichtskosten
tragen die
Klägerin
2/3 und die Beklagte zu 1 1/3. Von den außergerichtlichen Kosten tragen
die Klägerin dieje-nigen
der Beklagten zu 2 und 3
in voller Höhe
und die Beklagte zu
1 diejenigen
der Klägerin zu 1/3. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.
-
3
-

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft; die Beklagten zu 2 und 3 sind ihre Gesellschafter. Die Wohnung der Beklagten zu 1 stand ursprünglich im Ei-gentum der Eheleute [X.].

. Diese waren wegen Beleidigungen, Bedrohungen und einer Körperverletzung zum Nachteil eines Wohnungseigentümers sowie eines gewaltsamen Auftretens gegenüber einem Gartenbauunternehmer zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums nach § 18 [X.] verurteilt worden. In dem von der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeleiteten Zwangsverstei-gerungsverfahren war der Beklagten zu 1 im
September 2013 der Zuschlag erteilt worden. Die Eheleute [X.].

wohnen
weiter in der Wohnung.

Mit ihrer Klage hat die Wohnungseigentümergemeinschaft beantragt, die Beklagten zu verurteilen, dafür Sorge zu tragen,
dass die Eheleute [X.].

die Wohnungseigentumseinheit und den sonstigen Bereich des Gebäudes und des Grundstücks der [X.] nicht mehr betreten und in [X.] nutzen. Diesem Antrag hat das
Amtsgericht stattgegeben. Gegen das Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Auf einen
Hinweis des [X.]andgerichts
hat die Klägerin hilfsweise beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
ein etwaiges bestehendes Nutzungsverhältnis mit den Eheleuten [X.].

unver-züglich zu beenden und diesen den Besitz an der Wohnung zu entziehen. In der Eigentümerversammlung vom 23. Juli 2015 ist
die Genehmigung des Kla-geverfahrens beschlossen
worden. Das [X.]andgericht hat dem Hilfsantrag statt-1
2
-
4
-
gegeben.
Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten
weiterhin die Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien nach § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 [X.] verpflichtet, die Nutzungsvereinbarung mit den Eheleuten [X.].

zu beenden. Sie diene ersichtlich dazu, die Wirkungen des [X.] zu unterlaufen. Es sei allgemein anerkannt, dass das [X.] gegenüber dem Ersteher eingeleitet werden könne, wenn er das [X.] dem wegen nachhaltiger Störungen des Gemeinschaftsfriedens ausge-schlossenen früheren Wohnungseigentümer zur Nutzung überlasse. [X.] bestehe ein Anspruch der Wohnungseigentümer auf Beendigung des [X.]; denn dieser stelle einen geringeren Eingriff in die Rechte des [X.] dar. Die Klägerin sei durch den Beschluss der Wohnungseigen-tümer vom 23. Juli 2015 ermächtigt worden, diesen Anspruch zu verfolgen. Die Passivlegitimation der Beklagten zu 2 und 3 folge aus § 128 HGB analog.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 1
entschieden worden ist. Dagegen ist die Verurteilung der [X.] zu 2 und 3 zu Unrecht erfolgt.

3
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-
5
-

1. Entgegen
der Auffassung der Revision sind die Beklagten zu 1 bis 3 dadurch, dass die
Revision durch den Einzelrichter zugelassen worden ist, [X.] entzogen worden (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

a) Zwar hat der Gesetzgeber die Zulassung der Revision durch einen Einzelrichter im Grundsatz ausschließen wollen, weshalb die mit der Berufung befasste [X.] vor einer Übertragung auf den Einzelrichter nach § 526 Abs.
1 ZPO sorgfältig zu überprüfen hat, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. Senat, Urteil vom 18. Januar 2013 -
V [X.], [X.], 131 Rn. 5). Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in de-nen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, ist der Einzelrichter im Berufungsverfahren aber der zur Ent-scheidung gesetzlich zuständige Richter, wenn das vollbesetzte Berufungsge-richt ihm die Sache zur Entscheidung übertragen hat und kein Rückübertra-gungsgrund nach § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorliegt ([X.], Urteil vom
5.
Februar 2013 -
VI ZR 290/11, [X.], 1149 Rn. 11).

b) Ob ein solcher Grund vorgelegen hat, bedarf keiner Entscheidung, weil die Revision hierauf nicht gestützt werden kann (§ 526 Abs. 3 ZPO). Etwas anderes gilt nur bei Willkür, weil in einem solchen Fall eine Verletzung von Art.
101 Abs. 1 Satz 2 GG gegeben wäre (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2015
-
IX ZR 197/14, [X.], 1622 Rn. 19). Willkürlich war die Entscheidung der Einzelrichterin, den Rechtsstreit dem Berufungsgericht nicht zur Entscheidung über die Übernahme vorzulegen, aber keinesfalls. Es spricht vielmehr alles [X.], dass die Voraussetzungen des § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO mangels einer [X.] Änderung der Prozesslage nicht vorlagen. Mit der Umstellung des Klageantrags war weder eine Veränderung des maßgeblichen Sachverhalts noch des [X.] der Klägerin -
die
Eheleute [X.].

von der Nutzung 5
6
7
-
6
-
des ihnen entzogenen Wohnungseigentums auszuschließen -
verbunden. Der neue Klageantrag trug lediglich rechtlichen Bedenken des [X.]andgerichts gegen den Hauptantrag und einen weiteren (ersten) Hilfsantrag Rechnung.

2. Rechtsfehlerfrei bejaht das
Berufungsgericht
einen Unterlassungsan-spruch gegen die Beklagte zu 1 aus
§ 15 Abs. 3
[X.].

a) Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hin-sichtlich des Gebrauchs des Sondereigentums bestehenden Pflichten ist § 14 Nr.
1 [X.]. Danach ist jeder Wohnungseigentümer
u.a.
verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Ge-brauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein in diesem Sinne nachteilig betroffener [X.] kann nach § 15 Abs. 3 [X.] die Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen (vgl. Senat,
Urteil vom 1. Juni 2012 -
V [X.], [X.], 641
Rn. 6;
Urteil vom 27. Februar 2015 -
V [X.], [X.] 2015, 391 Rn. 5).

Den Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 3 [X.] kann die Klägerin im eigenen Namen verfolgen, weil sie die Geltendmachung der entsprechenden Individualansprüche der übrigen Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 [X.] durch Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hat (gekorene Ausführungsbefugnis; vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2006 -
V [X.], [X.], 2187 Rn. 12; Urteil vom 5. Dezember 2014 -
V [X.], [X.]Z 203, 327 Rn. 7 mwN).

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7
-

b)
Es stellt einen
Verstoß gegen die in § 14 Nr. 1 [X.] geregelten Pflich-ten
dar, wenn die Beklagte zu 1
die Nutzung durch die Eheleute
[X.].

nicht beendet, sondern ihnen, obwohl ihnen
das Wohnungseigentum nach § 18 Abs.
2 Nr. 1 [X.] entzogen worden ist, den Besitz an dem
Sondereigentum weiter überlässt.

aa)
Das [X.], durch das den Eheleuten [X.].

das [X.] entzogen worden ist (§ 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.]), ist für die Beklagte zu 1 auch
ohne Eintragung in das Grundbuch bindend. Das ergibt sich aus § 10 Abs. 4 Satz 1 [X.], wonach gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 [X.] zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfol-ger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in
das Grundbuch bedür-fen. [X.] im Sinne dieser Bestimmung ist auch derjenige, der -
wie die Beklagte zu 1 -

das Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt (vgl. BayOb[X.]G, [X.] 1988, 202; Hügel/[X.], [X.], § 10 Rn. 180;
[X.]/[X.],
[X.], 2. Aufl., § 10 Rn. 343).
Bei dem [X.] handelt es sich um eine gerichtliche Entscheidung in einem Rechtsstreit gemäß § 43 [X.] (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2013 -
V [X.], Z[X.] 2014, 139 Rn. 4).

[X.])
Allerdings verpflichtet das [X.] nach § 18 Abs. 1 [X.] den verurteilten Wohnungseigentümer nur zu
der Veräußerung des [X.]. Es gibt der Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen keinen [X.] und Herausgabe der Wohnung. Dieser
steht
nur dem
Er-werber zu, wobei der Zuschlagsbeschluss nach § 93 [X.] als Vollstreckungsti-tel dient
(vgl. KG, Z[X.] 2016, 21, 22; [X.]/Suilmann, [X.], 13. Aufl., § 19 Rn.
22; [X.] in [X.], [X.], 4.
Aufl., §
19 Rn.
46;
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-
[X.]/Hogenschurz, [X.], 2.
Aufl.,
§
19 Rn.
10; Vandenhouten in
[X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 11. Aufl., § 19 Rn. 11).

cc)
Aus dem
[X.] nach § 18 Abs. 1 [X.] ergibt sich [X.],
dass sich der frühere
Eigentümer
gemeinschaftsschädigend verhalten und
den Gemeinschaftsfrieden gestört hat.
Aus seinem Handeln in der Vergan-genheit
wird die Prognose abgeleitet, dass er auch künftig nicht von seinem [X.] Verhalten Abstand nehmen wird
(vgl. [X.]/[X.], BGB [2005] § 18 [X.] Rn. 1;
[X.]/Suilmann, [X.],
13. Aufl., § 18
Rn. 24). Ist dem Wohnungseigentümer
das Wohnungseigentum
nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entzogen worden, weil er trotz Abmahnung wiederholt gröb-lich gegen ihm nach § 14 [X.] obliegenden Pflichten verstoßen hat, steht
durch das [X.]
fest, dass sein Verbleib
in der Wohnung
den übri-gen Wohnungseigentümern unzumutbar ist. Anders ist es
in der Regel, wenn das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entzogen wird, weil der Wohnungseigentümer mit seinen Beitragszahlungen (§ 16 [X.]) in Rückstand gerät. Dann wird
den übrigen Wohnungseigentümern meist
sein Verbleib in der Wohnung nicht
unzumutbar
sein, da
mit
dem Zuschlag
die Verpflichtung zur Kosten-
und [X.]astentragung auf den neuen Wohnungseigentümer übergeht (§
56 Satz 2 [X.]).

dd)
Die Folge ist, dass der Ersteher einer Eigentumswohnung die Pflicht nach § 14 Nr.
1 [X.] verletzt,
wenn er die Nutzung durch den
früheren [X.], dem das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entzogen worden ist, nicht beendet, sondern ihm den Besitz an dem
Sonderei-gentum
weiter überlässt. Dadurch
werden die übrigen Wohnungseigentümer gezwungen, die Hausgemeinschaft mit dem früheren Wohnungseigentümer fortzusetzen, obwohl ihnen dieses gerade nicht zugemutet werden kann. Die 14
15
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9
-
Wirkungen des
[X.] werden
unterlaufen (vgl. BayOb[X.]G,
NJW-RR 1999, 452, 453). Das ist mit dem Sinn und Zweck des [X.] nicht vereinbar. Dieser besteht darin, den Gemeinschaftsfrieden [X.], Urteil vom 19.
Januar 2007 -
V [X.], [X.]Z 170, 369 Rn. 14 mwN). Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, ob es zeitlich nach dem [X.] zu weiteren Störungen des Hausfriedens durch den früheren Wohnungseigentümer gekommen ist. Der pflichtwidrige Gebrauch
des Erste-hers
im Sinne des § 15 Abs. 3 [X.]
besteht nicht darin, dass er neue Störun-gen des früheren Wohnungseigentümers nicht unterbindet (§ 14 Nr. 2 [X.]), sondern
darin, dass er dem
früheren Eigentümer, dem das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entzogen worden ist, den Besitz weiter überlässt.

c)
Rechtsfehlerfrei ist auch die weitere Annahme des
Berufungsgerichts, dass der Anspruch gegen die Beklagte zu 1
aus § 15 Abs. 3 [X.]
auf die Ent-ziehung des Besitzes an dem Sondereigentum gerichtet ist.

aa) Dem steht nicht entgegen, dass eine Unterlassungsverpflichtung be-steht. [X.]ässt sich nämlich der pflichtwidrige Gebrauch
nur durch aktives Eingrei-fen verhindern, so schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2003 -
V [X.],
[X.], 1035, Rn. 14; Urteil vom 12. Juni 2015 -
V [X.],
NJW-RR 2016, 24 Rn. 27). So ist es hier. Folgt die Unzumutbarkeit der Fortset-zung der Eigentümergemeinschaft mit dem früheren Eigentümer aus Gründen, die sich auf das
Zusammenleben beziehen
(§ 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), wird der pflichtwidrige Gebrauch
weder mit dem [X.]
noch mit der Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums, sondern erst durch
die Been-digung der Wohnnutzung und der Herausgabe der Wohnung beseitigt. Die an-16
17
-
10
-
deren Wohnungseigentümer können deshalb von dem Ersteher verlangen, dass er dem früheren Wohnungseigentümer den Besitz entzieht.
Welche [X.] er dazu ergreift, muss grundsätzlich ihm überlassen bleiben und kann ihm deswegen nicht vorgeschrieben werden. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von der Abwehrklage wegen Eigentumsstörung (§ 1004 Abs. 1 BGB; vgl. Senat, Beschluss vom 4. Mai 1995 -
V [X.], [X.]Z 129, 329, 335). Deshalb war der Tenor der angefochtenen Entscheidung entsprechend zu beschränken. Hierin liegt keine teilweise Abweisung der Klage, weil das Rechtsschutzziel in der Beendigung der Besitzüberlassung besteht.

[X.]) Anders als das Berufungsgericht
meint,
ist die Beklagte zu 1 unab-hängig von einer etwaigen vertraglichen Verbindung mit den Eheleuten [X.].

in der [X.]age, die Störung zu beseitigen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein gegen den Wohnungseigentümer gerichteter Unterlassungsanspruch nicht an dessen mietvertraglichen Bindungen scheitert. Die wechselseitigen Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer werden dadurch, dass der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer mietvertraglich gebunden ist, we-der erweitert noch beschränkt. Vielmehr muss der vermietende [X.] alles in seiner Macht Stehende unternehmen, damit sein Mieter ei-nem berechtigten Unterlassungsbegehren der anderen Eigentümer Folge leis-tet. Alles weitere kann dem Vollstreckungsverfahren überlassen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Juni 1974 -
V [X.], [X.]Z 62, 388, 393; Be-schluss vom 4. Mai 1995 -
V [X.], [X.]Z 144, 200, 204 f.;
Urteil vom 16.
Mai 2014 -
V [X.], NJW 2014, 2640 Rn. 14). Das gilt [X.] auch für eine Überlassung aufgrund einer sonstigen Nutzungsvereinba-rung.

18
-
11
-

cc) Der Anspruch ist
entgegen der Ansicht der Revision
nicht deswegen ausgeschlossen, weil die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Beklagte zu 1 das [X.] nach § 18 [X.] einleiten kann.

(1)
Allerdings kann nach allgemeiner Ansicht die [X.] die Entziehungsklage (§§ 18, 19 [X.]) erhe-ben, wenn er dem Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum nicht lediglich wegen Zahlungsverzugs entzogen worden ist, den Besitz an dem [X.] belässt (vgl. KG, Z[X.] 2016, 21, 22; BayOb[X.]G, NJW-RR 1999, 452, 453; Vandenhouten in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 11. Aufl., § 19 Rn. 11; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 19 Rn. 44). Das gilt [X.] davon, ob der Ersteher das Sondereigentum an den früheren [X.] vermietet oder mit diesem eine sonstige Nutzungsvereinba-rung schließt.

(2) Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die [X.] als letztes Mittel zur Wiederherstellung des [X.] gegenüber

(vgl. BT-Drucks. I/252 S. 27 zu §
22 mit Plenarprotokoll 01/115 S. 4387 C 2). Die Wohnungseigentümer
haben zunächst mögliche mildere Maßnahmen zu ergreifen, um Pflichtverletzungen
zu unterbinden. Hierzu zählt die Abmahnung (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), durch die der Wohnungseigentümer zur Einhaltung seiner Pflichten angehalten werden soll
(vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 -
V [X.], [X.]Z 170, 369 Rn.
14, 15; Urteil vom 8. Juli 2011 -
V [X.], [X.]Z 190, 236 Rn. 4). Es stellt auch ein milderes Mittel dar, wenn die Wohnungseigentümer die Beendigung einer gegen
§ 14 Nr. 1
[X.] verstoßenden Nutzung verlangen und eine darauf gerichtete Unterlassungsklage erheben (vgl. O[X.]G Düsseldorf, Z[X.] 2009, 279, 19
20
21
-
12
-
280; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 18 Rn. 47).
Es kann ihnen [X.] nicht angesonnen werden, statt der Unterlassungsklage
eine Entziehungs-klage zu erheben.

3.
Die Verurteilung der Beklagten zu 2 und
3 hält hingegen einer revisi-onsrechtlichen Prüfung nicht stand. Sie sind nicht passivlegitimiert.

a) Eine
Unterlassungsverpflichtung der Beklagten zu 2 und 3 folgt nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 128 HGB.
Es ist zwar anerkannt, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in entsprechen-der Anwendung von § 128 Satz 1 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesell-schaft grundsätzlich persönlich haften (grundlegend
[X.], Urteil vom
29. Januar 2001 -
II ZR 331/00, [X.]Z 146,
341, 358 f.).
Sie können aber nicht für eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Unterlassung in Anspruch genom-men werden.
Die Unterlassung durch einen Gesellschafter hat zwangsläufig einen anderen Inhalt als diejenige der Gesellschaft. Eine mit der Gesellschaft deckungsgleiche Verpflichtung der Gesellschafter kann bei Unterlassungspflich-ten
nicht bestehen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juni 2013 -
I [X.],
[X.], 1268 Rn. 11 mwN;
vgl.
auch Senat, Urteil vom 25. Januar 2008
-
V [X.], NJW 2008, 1378 Rn.
8 zur Abgabe einer Willenserklärung).

b) Gegen die Beklagten zu 2 und 3 besteht kein Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 3 [X.]. Die
Vorschrift
ist eine spezielle schuldrechtliche An-spruchsgrundlage bei unzulässigem Gebrauch bzw. bei Vereitelung des zuläs-sigen Gebrauchs (§ 14 Nr. 1 und Nr. 2 [X.]) im Innenverhältnis der Eigentü-mer
(vgl. [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 15 Rn. 94, 114;
Hügel/[X.], [X.], §
15 Rn. 64). Ansprüche aus § 15 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 14 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] 22
23
24
-
13
-
stehen nur den
Wohnungseigentümern bei unzulässigem Gebrauch durch an-dere Eigentümer zu. Die Beklagten zu 2 und 3 sind nicht Wohnungseigentümer.

c) Der Unterlassungsanspruch gegen
die Beklagten zu 2 und 3
ist auch
nicht
aus § 1004 Abs. 1 BGB
begründet.

aa)
Allerdings
ist
bei einem Verstoß gegen die Pflichten des § 14 Nr. 1 [X.] regelmäßig neben einem
Unterlassungsanspruch
aus
§ 15 Abs. 3 [X.] auch ein Anspruch aus
§ 1004 Abs. 1 BGB
gegeben. [X.] ist das jedoch nicht
(vgl. [X.]/[X.], [X.],
2. Aufl., § 15 Rn. 94, 114 f.;
Hügel/[X.], [X.], § 15 Rn. 64; [X.], Z[X.] 2007, 227, 229; [X.], NJW 2011, 33; a.[X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 15 Rn. 11). Vielmehr ist für jede Pflicht-verletzung gesondert zu prüfen, ob sie zugleich eine Eigentumsstörung im [X.] des
§ 1004 Abs. 1 BGB
darstellt. Angenommen hat der Senat das etwa für die
Verletzung der hinsichtlich des [X.] bestehenden Pflichten zwi-schen den Wohnungseigentümern (vgl. Urteil vom 1. Juni 2012 -
V [X.], [X.], 641 Rn. 6; Urteil vom 27. Februar 2015 -
V [X.], [X.] 2015, 391 Rn. 5). Anders ist es jedoch hier. Besteht die Pflichtverletzung des [X.] darin, dass er
dem
früheren Wohnungseigentümer den Besitz an dem
Sondereigentum weiter überlässt, obwohl es diesem
zuvor nach § 18 Abs.
2 Nr. 1 [X.] entzogen worden ist
(§ 10 Abs. 4, § 14 Nr. 1 [X.]), kann
der Unterlassungsanspruch
auch dann auf
§ 15 Abs. 3 [X.] gestützt werden, wenn es an einer
gegenwärtigen
Eigentumsstörung durch den
früheren [X.]
fehlt. Dagegen fordert
der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB eine ak-tuelle Eigentumsbeeinträchtigung. Eine solche liegt nicht bereits darin, dass den Eheleuten [X.].

der Besitz an der Eigentumswohnung der Beklagten zu 1 überlassen wurde. Die
Überlassung des Besitzes an einer Wohnung
ist für sich genommen keine Störung
des Eigentums der übrigen Wohnungseigentümer.
25
26
-
14
-

[X.]) Es kann dahin stehen, ob die Eheleute [X.].

das Eigentum der üb-rigen Wohnungseigentümer durch störende Handlungen aktuell
im Sinne von §
1004 Abs. 1 BGB
beeinträchtigen.
Die von der Klägerin in Anspruch genom-mene Rechtsfolge lässt sich
daraus jedenfalls nicht herleiten. Zwar kann
sich bei Störungen durch den Besitzer auch der Unterlassungsanspruch aus §
1004 Abs. 1 BGB auf das Ergreifen von Maßnahmen zur Beendigung des überlasse-nen Besitzes verdichten. Das kommt
aber, da die Besitzentziehung das letzte Mittel zur Beseitigung der Störung ist, nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich
auch unter Berück-sichtigung des aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Vorbringens der Klägerin nicht. Es muss deshalb auch nicht entschieden werden, ob die Beklagten zu 2 und 3 in diesem Fall mittelbare Störer wären, weil eine etwaige Störung
durch die Eheleute [X.].

von ihnen als geschäftsführende Gesellschafter (§ 709 Abs.
1 BGB) der Beklagten zu 1 zu verantworten sein könnte
(vgl. zur [X.] der Gesellschafter und Geschäftsführer [X.], Urteil vom 23. Juni 2009 -
VI [X.], [X.]Z 181, 328 Rn. 15).
27
-
15
-
III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 u. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann Brückner Weinland

Kazele

Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.02.2015 -
72 C 105/14 -

[X.]G [X.], Entscheidung vom 16.09.2015 -
85 S 50/15 [X.] -

28

Meta

V ZR 221/15

18.11.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2016, Az. V ZR 221/15 (REWIS RS 2016, 2150)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2150

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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