Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2013, Az. V ZR 96/13

5. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 102

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Gegenstand

Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts: Einordnung einer Entziehungsklage für Wohnungseigentum als Wohnungseigentumssache


Leitsatz

Rechtsstreitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern wegen Entziehung des Wohnungseigentums sind Wohnungseigentumssachen gemäß § 43 Nr. 1 bzw. Nr. 2 WEG in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 8. März 2013 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 280.000 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien bilden eine aus zwei Einheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger wollen im Wege der [X.] gemäß § 18 [X.] erreichen, dass die Beklagte ihr Wohnungseigentum veräußern muss. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Kläger durch Beschluss zurückgewiesen. Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision.

II.

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 62 Abs. 2 [X.] nicht statthaft.

3

1. Dieser Norm zufolge finden die Bestimmungen über die Nichtzulassungsbeschwerde in [X.] nach § 43 Nr. 1 bis 4 [X.] keine Anwendung auf vor dem 31. Dezember 2014 verkündete Entscheidungen. Nach nahezu einhelliger Meinung gilt dies auch für die [X.], die gemäß § 43 Nr. 1 oder [X.] [X.] als wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit einzuordnen sei ([X.], [X.] 2010, 461; [X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 43 Rn. 74; [X.]/Then, [X.], 2. Aufl., § 18 Rn. 14; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 19 Rn. 7; [X.] in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 10. Aufl., § 43 Rn. 67; [X.] [X.]/Hogenschurz, [X.], § 18 Rn. 52; [X.]/[X.], Immobilienrecht, § 18 [X.] Rn. 8, § 43 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 18 [X.] Rn. 6, unklar § 43 Rn. 3, in der nur § 18 Abs. 3 [X.] genannt ist; aA [X.]/[X.]/Abramenko, [X.], 3. Aufl., § 43 Rn. 10; [X.]/Pick, [X.], 19. Aufl., § 18 Rn. 14, offen gelassen in dem Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2013 - [X.], [X.], 760).

4

2. Der Senat teilt diese Auffassung. Rechtsstreitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern wegen Entziehung des Wohnungseigentums sind [X.] gemäß § 43 Nr. 1 bzw. [X.] [X.] in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung.

5

a) Das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung nahm in § 43 Nr. 1 Ansprüche auf Entziehung des Wohnungseigentums (§§ 18, 19) ausdrücklich von den dort geregelten [X.] aus. Aus diesem Grund unterlagen [X.]n dem Verfahren nach der Zivilprozessordnung. Dagegen sieht die seit dem 1. Juli 2007 geltende Neufassung des § 43 Nr. 1 [X.] eine entsprechende Sonderregelung für das [X.] nicht mehr vor. Zugleich wurde § 51 [X.] aF gestrichen; dieser Vorschrift zufolge war das Amtsgericht für Rechtsstreitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern wegen Entziehung des Wohnungseigentums zuständig. Entgegen der Auffassung der Kläger ist dem Gesetzgeber kein redaktionelles Versehen unterlaufen. Vielmehr lassen sowohl die Gesetzessystematik als auch die Gesetzesbegründung darauf schließen, dass für eine gesonderte Regelung des [X.]s deshalb kein Bedarf mehr gesehen wurde, weil es wie andere [X.] nunmehr ohnehin nach der Zivilprozessordnung zu behandeln ist (vgl. BT-Drucks. 16/887, [X.] zu Nr. 17; so bereits Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - [X.], [X.], 760). Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass [X.]n abweichend von dem früheren Recht in erster Instanz den [X.]en zugewiesen werden sollten; diese wären nach Streichung des § 51 [X.] aF aber aufgrund des Streitwerts in aller Regel zuständig, wenn die Verfahren nicht zu den [X.] zählten, für die das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands ausschließlich zuständig ist (§ 23 [X.] c) GVG).

6

b) Entgegen der Auffassung der Kläger ist nicht das dem [X.] der Wohnungseigentümer vorgelagerte sachenrechtliche Grundverhältnis betroffen, über das in dem allgemeinen Verfahren nach der Zivilprozessordnung zu verhandeln und entscheiden wäre (Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 - [X.], [X.], 159, 164 ff.). Richtig ist zwar, dass die Vollstreckung eines Entziehungsurteils, in dem die Pflicht zur Veräußerung tituliert ist, sachenrechtliche Folgen hat. Die [X.] betrifft aber im [X.] das [X.]. Denn die Entziehung des Wohnungseigentums stellt eine Sanktion für schwerste Verstöße gegen die in dem [X.] wurzelnden Pflichten dar; die darauf gerichtete Klage dient vornehmlich der Entfernung des störenden Eigentümers aus der [X.] als ultima ratio.

7

c) Ob sich die Einordnung als Wohnungseigentumssache aus § 43 Nr. 1 [X.] ergibt, weil die Wohnungseigentümer Inhaber des [X.] sind (vgl. nur [X.] [X.]/Elzer, [X.], § 43 Rn. 131; [X.]/ [X.], [X.], 3. Aufl., § 43 Rn. 5 und 12), oder ob aufgrund der Ausübung des [X.] durch die [X.] vielmehr § 43 [X.] [X.] einschlägig ist (so beispielsweise [X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 43 Rn. 74; [X.]/Then, [X.], 2. Aufl., § 43 Rn. 6), ist für die Anwendbarkeit von § 62 Abs. 2 [X.] ohne Belang.

8

d) Anders als die Kläger meinen, ist die [X.] auch dann Wohnungseigentumssache, wenn die [X.] - wie hier - nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. Zwar wird das Entziehungsrecht in [X.] gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht durch die [X.] der Wohnungseigentümer ausgeübt (vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.]); auch ist ein Entziehungsbeschluss entbehrlich (Senat, Urteil vom 22. Januar 2010 - [X.], [X.] 2010, 179 f.). Die Einordnung als Wohnungseigentumssache ergibt sich aber ohne weiteres aus § 43 Nr. 1 [X.]. Obwohl das Recht nicht durch die [X.] ausgeübt wird, liegt der Schwerpunkt der [X.] ebenso wie in größeren [X.]en in dem [X.] der beiden Wohnungseigentümer. Zu der in § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] enthaltenen Regelung hat sich der Gesetzgeber nur deshalb veranlasst gesehen, weil jedenfalls bei Geltung des gesetzlichen Kopfprinzips (§ 25 Abs. 2 Satz 1 [X.]) in [X.] keine [X.] möglich sind (BT-Drucks. 16/887, S. 69).

9

3. Weil die Nichtzulassungsbeschwerde nicht statthaft ist, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Selbst wenn die [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, sind diese in dem gegebenen Verfahren zu klären; die Zulassung der Revision setzt entgegen der Rechtsauffassung der Kläger eine statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde voraus.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 49a [X.]. Das Interesse beider Parteien entspricht dem Verkehrswert des Wohnungseigentums der Beklagten; gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 [X.] ist für eine [X.] daher der volle Verkehrswert maßgeblich ([X.], [X.] 2010, 461; Suilmann in [X.], [X.], 3. Aufl., § 49a [X.] Rn. 15a; so schon für die Rechtslage vor dem 1. Juli 2007 Senat, Beschluss vom 21. September 2006 - [X.], [X.], 873).

Stresemann                  [X.]                      [X.]-Räntsch

                    [X.]                   Brückner

Meta

V ZR 96/13

19.12.2013

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Karlsruhe, 8. März 2013, Az: 11 S 201/12

§ 18 WoEigG, § 43 Nr 1 WoEigG vom 01.07.2007, § 43 Nr 2 WoEigG vom 01.07.2007, § 23 Nr 2 Buchst c GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2013, Az. V ZR 96/13 (REWIS RS 2013, 102)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 102

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