Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.01.2017, Az. B 6 KA 44/16 B

6. Senat | REWIS RS 2017, 16723

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Bedarfsplanung - Berechnung der Anpassungsfaktoren - Mitteilung durch Kassenärztliche Vereinigung


Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 16. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 38 057 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Kläger waren im [X.] eine Berufsausübungsgemeinschaft ([X.]). Sie wenden sich gegen eine das [X.] betreffende Honorarrückforderung wegen Überschreitung der im Zusammenhang mit sog [X.] festgelegten Abrechnungsobergrenze. Das [X.] hat den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, die Beklagte habe den Klägern mit Schreiben vom 13.4.2004 zu hohe Anpassungsfaktoren für die Ermittlung der Abrechnungsobergrenze verbindlich mitgeteilt. Bei der Mitteilung habe es sich um einen Verwaltungsakt gehandelt. Unter Beachtung der Bindung an die mitgeteilten Anpassungsfaktoren hätten die Kläger die Abrechnungsobergrenze nicht überschritten. Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 13.4.2004 nicht um einen Verwaltungsakt handele.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend.

3

II. Die Beschwerde der Kläger ist nicht begründet.

4

1. [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl B[X.] SozR 4-1500 § 153 [X.] RdNr 13 mwN; B[X.] SozR 4-1500 § 160 [X.] Rd[X.]). Nur wenn es auf die Rechtsfrage in dem konkreten Rechtsfall ankommt, kann von der angestrebten Revisionsentscheidung erwartet werden, dass sie die Rechtseinheit zu wahren oder zu sichern bzw die Fortbildung des Rechts zu fördern vermag. Deshalb fehlt die Klärungsfähigkeit, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (vgl B[X.] Beschluss vom 3.12.2008 - B 12 R 30/07 B - Juris; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 9g, mwN).

5

Die Kläger fragen:

        

"ob es sich bei der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen schriftlichen Mitteilung der für den Vertragsarzt verbindlichen Anpassungsfaktoren durch die Kassenärztliche Vereinigung gegenüber dem Vertragsarzt auf der Grundlage von § 23f Satz 6 [X.] um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 [X.]B X handelt."

6

Diese von den Klägern formulierte Rechtsfrage wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht zu entscheiden. Damit fehlt es an der erforderlichen Klärungsfähigkeit. Das Schreiben vom 13.4.2004 ([X.] 105 [X.]-Akte), von dessen Qualifizierung als Verwaltungsakt das Ergebnis des Verfahrens nach Auffassung der Kläger abhängen soll, kann nicht - wie in der formulierten Rechtsfrage unterstellt wird - als eine "schriftliche Mitteilung der für den Vertragsarzt verbindlichen Anpassungsfaktoren" auf der Grundlage von § 23f Satz 6 Bedarfsplanungs-Richtlinie ([X.]) qualifiziert werden. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Mitteilung als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre. Mit dem Schreiben vom 13.4.2004 wurde den Klägern in erster Linie die [X.] ihrer Praxis für die vier Quartale des Jahres 2002 mitgeteilt.

7

Gegen die Annahme der Kläger, dass dem Schreiben eine isolierte Aussage zur Höhe des Anpassungsfaktors entnommen werden könne, spricht bereits die Betreffzeile, mit dem Wortlaut: "[X.], Hier: Mitteilung über die Anpassung des [X.] an die Entwicklung des [X.]". In dem Schreiben erläutert die Beklagte zunächst in allgemeiner Form die Berechnung der Weiterentwicklung des [X.], die Bedeutung des quartalsbezogenen Anpassungsfaktors für diese Berechnung und die Berechnung des Anpassungsfaktors. Weiter heißt es: "Die für Ihre Praxis aktuell ermittelten neuen Gesamtpunktzahlvolumina inklusive Erläuterung sind den beigefügten Anlagen zu entnehmen". Diese Formulierung spricht gegen einen Bindungswillen der Beklagte bezogen auf die Höhe des Anpassungsfaktors und für eine Festlegung allein zur Höhe der Gesamtpunktzahlvolumina für das [X.]. In der dem Schreiben beigefügten "Anlage zum [X.]" wird zunächst die Berechnung des Anpassungsfaktors und daran anschließend die daraus folgende Berechnung der [X.] bezogen auf die klägerische Praxis dargestellt. Dabei wird - worüber zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht - sowohl der Berechnung des Anpassungsfaktors als auch der Berechnung der [X.] fehlerhaft der Fachgruppendurchschnitt von zwei Hausärzten zugrunde gelegt, obwohl der klägerischen [X.] vor der Aufnahme der [X.]-Partner ein hausärztlich und ein fachärztlich tätiger Internist angehörten. Auf der Grundlage des dadurch zu niedrig angesetzten [X.] errechnet sich auf der einen Seite ein zu hoher Anpassungsfaktor und auf der anderen Seite führt derselbe Fehler zu einer zu niedrigen Angabe der [X.] der Praxis. Eine isolierte, von der [X.] der Praxis für das [X.] zu trennende Festlegung des Anpassungsfaktors ist dem Schreiben damit nicht zu entnehmen. Wenn unterstellt würde, dass es sich bei dem Schreiben um einen Bescheid handeln würde, würde für diesen das Gleiche gelten. Ein Vertrauen hätte sich unter diesen Umständen nur hinsichtlich der Höhe der [X.] insgesamt bilden können, die jedoch rechtswidrig zu niedrig festgelegt wurde. Durch die spätere Korrektur dieses Fehlers bei der Festlegung der [X.] der Praxis für das [X.] kann Vertrauen der Kläger nicht verletzt worden sein.

8

Da im bisherigen Verfahren die Frage im Mittelpunkt gestanden hatte, ob das Schreiben der Beklagten vom 13.4.2004 als Verwaltungsakt anzusehen ist, hat der Senat den Klägern dazu - zur Wahrung des rechtliche Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G) - im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Auch unter Berücksichtigung ihres ergänzenden Vorbringens geht der Senat jedoch davon aus, dass es für die Entscheidung in dem von den Klägern angestrebten Revisionsverfahren aus den genannten Gründen nicht auf die Frage der Qualifizierung des Schreibens vom 13.4.2004 als Verwaltungsakt ankommt. Die Angabe der Kläger, dass § 23f [X.] (aF) nach seinem Wortlaut eine Mitteilung der für den Vertragsarzt verbindlichen Anpassungsfaktoren durch die [X.] und nicht die Mitteilung der [X.] der Praxis fordere, trifft zu. Dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Klägern zu diesem Berechnungsfaktor einen gesonderten Bescheid zu erteilen, kann daraus indes nicht unmittelbar gefolgert werden und darauf kommt es hier auch nicht an. Wenn die Kläger sich auf ein durch das Schreiben vom 13.4.2004 begründetes Vertrauen berufen möchten, ist entscheidend, welche Aussage dem Schreiben nach seinem Inhalt tatsächlich zu entnehmen ist. Eine gesonderte Mitteilung zur Höhe des Anpassungsfaktors hat die Beklagte den Klägern mit diesem Schreiben danach gerade nicht zukommen lassen.

9

2. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm §§ 154 ff VwGO. Danach haben die Kläger auch die Kosten des von ihnen ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der - gerundeten - streitgegenständlichen Honorarrückforderung der Beklagten (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG). In dieser Höhe haben auch die Vorinstanzen den Streitwert festgesetzt, ohne dass dies von einem der Beteiligten in Frage gestellt worden wäre.

Meta

B 6 KA 44/16 B

25.01.2017

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Stuttgart, 9. August 2012, Az: S 5 KA 4834/09, Urteil

§ 101 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 9 SGB 5, § 23f S 6 ÄBedarfsplRL vom 15.02.2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.01.2017, Az. B 6 KA 44/16 B (REWIS RS 2017, 16723)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16723

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