Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.03.2020, Az. XI ZR 198/19

11. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1375

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Gegenstand

Altvertrag über ein Verbraucherdarlehen zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugskaufs: Gesetzlichkeitsfiktion einer Widerrufsinformation


Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 21. März 2019 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 45.000 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.

2

Der Kläger erwarb im Jahr 2014 einen [X.] zum Kaufpreis von 27.900 €. Zur Finanzierung des über die geleistete Anzahlung von 8.500 € hinausgehenden Kaufpreises und zweier Zahlungen von 1.059,20 € für eine Ratenschutzversicherung "Tod und Arbeitsunfähigkeit" und von 623,94 € für eine Ratenschutzversicherung "Arbeitslosigkeit und Schwere Krankheiten" schlossen die Parteien am 12. Dezember 2014 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 21.083,14 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 2,95% p.a. und einer Laufzeit von 60 Monaten. Zins- und Tilgungsleistungen sollten in 59 Monatsraten zu jeweils 280 € und einer Abschlussrate von 6.631,11 € erbracht werden. Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger im Darlehensvertrag wie folgt:

Abbildung

3

Weiter heißt es in den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen auf Seite 1 in der Rubrik "Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits" unter anderem:

"Der Darlehensvertrag ist mit dem Kaufvertrag über das Fahrzeug [X.] und mit einem von Ihnen abgeschlossenen Vertrag für die freiwillige Ratenschutzversicherung Tod und Arbeitslosigkeit ([X.]) und mit einem von Ihnen abgeschlossenen Vertrag für die freiwillige Ratenschutzversicherung Arbeitslosigkeit (AL)/Schwere Krankheiten (SK) verbunden."

4

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2017 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Seine auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision, mit der er sein Klagebegehen weiterverfolgen möchte.

II.

5

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dabei hat der [X.] die Erfolgsaussichten einer Revision geprüft und verneint ([X.]K 6, 79, 81 ff.; 18, 105, 111 f.; 19, 467, 475). Es besteht keine Veranlassung, das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auszusetzen.

6

1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, die Beklagte habe den Kläger klar und verständlich über das ihm nach § 495 BGB zukommende Widerrufsrecht unterrichtet. Insoweit kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in der hier maßgeblichen, vom 13. Juni 2014 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) berufen, weil die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene [X.] dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entspricht.

7

a) In den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen wird er sowohl auf Seite 3 unter der Rubrik "Andere wichtige rechtliche Aspekte" als auch auf Seite 4 deutlich auf das ihm nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht hingewiesen. Die [X.] selbst befindet sich auf Seite 7 der Vertragsunterlagen und ist durch die Überschrift "[X.]" und weitere - in Fettdruck gehaltene - Zwischenüberschriften hervorgehoben und deutlich gestaltet. Sie entspricht, was der [X.] durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr., vgl. nur [X.]surteil vom 11. Oktober 2016 - [X.], [X.], 207 Rn. 26), dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF. Dass die Beklagte den Verbraucher direkt angesprochen hat, ist ausweislich der ersten Sternchenfußnote zum gesetzlichen Muster ebenso zulässig wie die vorgenommenen Abweichungen hinsichtlich Format und Schriftgröße (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB). Dies gilt auch für die Anwendung der Gestaltungshinweise 2, 2a, 6, 6a, 6b, 6c, 6f und 6g. Dass es sich bei dem Darlehensvertrag, dem Kaufvertrag und den beiden [X.] um verbundene Verträge nach § 358 BGB gehandelt hat, hat die Beklagte genau bezeichnet, so dass eine Wiederholung in der [X.] nach dem dritten Sternchenhinweis in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entbehrlich war.

8

Bei dem Darlehensvertrag und den beiden [X.] handelt es sich um verbundene Verträge nach § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. [X.]surteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 17 ff. und vom 18. Januar 2011 - [X.], [X.], 451 Rn. 19 ff.). Das Darlehen diente (teilweise) der Finanzierung der beiden [X.]. Sie bildeten auch eine wirtschaftliche Einheit. Das Darlehen war zweckgebunden, indem der Darlehensvertrag seine Verwendung zur Bezahlung der Prämien der am selben Tag abgeschlossenen [X.] vorsah. Dadurch wurde dem Kläger die freie Verfügungsbefugnis über diesen Teil der Darlehensvaluta genommen. Im Darlehensvertrag wurden die Versicherungsbeiträge selbständig neben dem Nettokredit ausgewiesen.

9

b) Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion ist es auch unschädlich, dass die Beklagte in der [X.] den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag mit "0,00 Euro" angegeben hat. Wie der [X.] bereits entschieden hat, versteht ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher, auf den abzustellen ist (vgl. nur [X.]surteile vom 23. Februar 2016 - [X.], [X.], 86 Rn. 32 ff. und vom 5. November 2019 - [X.], [X.], 2353 Rn. 21 mwN, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.], Urteil vom 11. September 2019 - [X.]/18, "[X.]", [X.], 1919 Rn. 54), die konkrete Angabe des zu zahlenden Zinsbetrags mit 0,00 € dahin, dass die finanzierende Bank auf einen etwaigen ihr nach § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB zustehenden Zinsanspruch verzichtet ([X.]surteil vom 5. November 2019, aaO Rn. 23). Dieses - weil ihm günstig unbedenkliche - Angebot hat der Kläger durch Unterzeichnung des Darlehensvertrags angenommen. Nach § 361 Abs. 2 Satz 1 BGB darf von den halbzwingenden gesetzlichen Regelungen über die Widerrufsfolgen zu Gunsten des Verbrauchers abgewichen werden ([X.]surteil vom 5. November 2019, aaO Rn. 25). Diese Abweichung lässt sowohl die Ordnungsgemäßheit der [X.] als auch die Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF unberührt, weil sie den Verbraucher lediglich begünstigt und das vom Gesetzgeber mit der Gesetzlichkeitsfiktion verfolgte Ziel der Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Anwendern (vgl. BT-Drucks. 16/13669, S. 3 und BT-Drucks. 17/1394, [X.], 21 f.) nicht beeinträchtigt.

c) Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion steht das Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 26. März 2020 ([X.]/19, juris - "[X.]") nicht entgegen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über [X.] und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ([X.]. 2008, [X.], [X.], berichtigt in [X.]. 2009, [X.], [X.]4, [X.]. 2010, [X.], [X.], und [X.]. 2011, [X.], [X.]) sei dahin auszulegen, dass er dem entgegenstehe, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweise, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweise. Dies betrifft den in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF enthaltenen Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, der auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs (aaO Rn. 48) nicht "in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts" informieren würde.

Der [X.] müsste sich aber, um dem Geltung zu verschaffen, gegen die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF stellen, wonach - wie hier - eine in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene und dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entsprechende [X.] den Anforderungen an eine klare und verständliche Information des Darlehensnehmers über das ihm nach § 495 BGB zukommende Widerrufsrecht genügt. Das verbietet dem [X.] das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip. Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck [X.] Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rechnung. Das Gesetz bezieht seine Geltungskraft aus der [X.] Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierter Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers darf nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das Gesetz, weil dies eine Bindung an die im [X.] zum Ausdruck gebrachte [X.] Entscheidung des Gesetzgebers ist ([X.] 149, 126 Rn. 75).

Das Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 26. März 2020 ([X.]/19, juris - "[X.]") ändert daran nichts. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs darf die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen ([X.], Urteil vom 16. Juni 2005 [[X.]] - [X.]/03, "[X.]", [X.]. 2005, [X.] Rn. 47; Urteil vom 4. Juli 2006 [[X.]] - C-212/04, "[X.]", [X.]. 2006, [X.] Rn. 110; Urteil vom 15. April 2008 [[X.]] - [X.]/06, "Impact", [X.]. 2008, [X.] Rn. 100, 103; Urteil vom 24. Januar 2012 [[X.]] - [X.]/10, "[X.]", NJW 2012, 509 Rn. 25; Urteil vom 22. Januar 2019 [[X.]]- [X.]/17, "[X.]", [X.], 297 Rn. 74; Urteil vom 8. Mai 2019 - [X.]/18, "[X.]", [X.], 1131 Rn. 38; Urteil vom 11. September 2019 - [X.]/18, "[X.]", [X.], 1919 Rn. 38; [X.], [X.], 1179, 1181; [X.]surteil vom 15. Oktober 2019 - [X.], [X.], 2164 Rn. 22 mwN).

Eine richtlinienkonforme Auslegung der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF angeordneten Gesetzlichkeitsfiktion scheidet aus. Die Auslegung des nationalen Rechts darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. [X.]liche Rechtsfortbildung berechtigt den [X.] nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen ([X.], [X.], 1179, 1181). Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen [X.] und Zielsetzung entspricht. Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten ([X.], Urteile vom 7. Mai 2014 - [X.], [X.] 201, 101 Rn. 20, vom 28. Juni 2017 - [X.], [X.] 215, 126 Rn. 24, vom 26. März 2019 - [X.], [X.], 925 Rn. 21 und vom 15. Oktober 2019 - [X.], [X.], 2164 Rn. 24 mwN; [X.], aaO).

Eine richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF überschritte indes entgegen seinem eindeutigen Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und der Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte. Die durch das Gesetz zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für [X.], zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei [X.]n und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 ([X.]) in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB eingefügte Gesetzlichkeitsfiktion trug der Entschließung des [X.] im Rahmen der Beschlussfassung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BT-Drucks. 16/13669, [X.]) Rechnung. Mit dieser Entschließung hatte der [X.] die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, zu Beginn der 17. Legislaturperiode einen Gesetzentwurf mit einem Muster für eine Information über das Widerrufsrecht bei [X.]n mit Gesetzlichkeitsfiktion in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Durch die gesetzliche Regelung im EGBGB und die Schaffung eines (fakultativen) Musters sollte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Anwendern erzeugt und der Rechtsverkehr vereinfacht werden (vgl. BT-Drucks. 16/13669, S. 3 und BT-Drucks. 17/1394, [X.], 21 f.). Dieses gesetzgeberische Ziel würde verfehlt, würde man der Verwendung des Musters die Gesetzlichkeitsfiktion absprechen, weil etwa der Verweis in der [X.] auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 EGBGB nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 26. März 2020([X.]/19, juris - "[X.]") nicht richtlinienkonform ist.

2. Im Übrigen nimmt der [X.] Bezug auf seine Urteile vom 5. November 2019 ([X.], [X.], 2353, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, und [X.], juris) sowie auf seinen Beschluss vom 11. Februar 2020 in der Sache XI ZR 648/18 (juris). Das erneute Vorabentscheidungsgesuch des Einzelrichters des [X.] (Beschluss vom 5. März 2020 - 2 O 328/19, 2 O 280/19, 2 O 334/19, juris) vermag eine Aussetzung nicht zu rechtfertigen, weil die von dem Einzelrichter in seinem Vorabentscheidungsgesuch (aaO) wie auch bereits in dem vorangegangenen Vorabentscheidungsgesuch des Einzelrichters des [X.] (Beschluss vom 7. Januar 2020 - 2 O 315/19, juris) aufgeworfenen Fragen angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditrichtlinie derart offenkundig zu beantworten sind, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt ("acte clair", vgl. [X.], [X.]. 1982, 3415 Rn. 16 - "[X.]"; [X.]. 2005, [X.] Rn. 33 - "[X.]"; [X.], [X.], 525, 526; [X.]surteile vom 12. September 2017 - [X.], [X.] 215, 359 Rn. 36 und vom 18. Juni 2019 - [X.], [X.], 2153 Rn. 69). Die von dem Einzelrichter in seinem Vorabentscheidungsersuchen vom 5. März 2020 (aaO) aufgeworfenen Fragen zum Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts des Verbrauchers stellen sich vorliegend nicht. Entgegen der Ansicht des Einzelrichters des [X.] in diesem (erneuten) Vorabentscheidungsersuchen, bei dem er nach § 348a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO verfahren muss, besteht ein zulassungsrelevanter Meinungsstreit zum Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs beim Widerruf von [X.]n jedenfalls seit den grundlegenden Urteilen des [X.] vom 12. Juli 2016 ([X.], [X.] 211, 105 Rn. 38 ff. und [X.], [X.] 211, 123 Rn. 31 ff.) nicht mehr (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, [X.], Beschlüsse vom 23. Januar 2018 - [X.], [X.], 614 und vom 7. März 2018 - [X.], juris; zum Unionsrecht auch [X.], Beschluss vom 21. Januar 2020 - [X.], juris).

Im Übrigen ist insoweit darauf hinzuweisen, dass sich aus § 242 BGB der das gesamte Rechtsleben beherrschende Grundsatz ableitet, dass jedermann in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach [X.] und Glauben zu handeln hat (vgl. nur [X.], [X.], 514, 518 mwN; [X.], Urteil vom 23. September 1982 - [X.], [X.] 85, 39, 48). Die Frage, ob verbraucherschützende Widerrufsrechte durch nationale Vorschriften zum Rechtsmissbrauch beschränkt werden dürfen, berührt zwar das Gebot der praktischen Wirksamkeit. Der Anwendung des Grundsatzes von [X.] und Glauben und des Verbots widersprüchlicher Rechtsausübung (§ 242 BGB) steht dies aber nicht entgegen, weil zum einen die Ausübung dieser Rechte in das nationale Zivilrecht eingebettet bleibt und weil zum anderen die nationalen Gerichte ein missbräuchliches oder betrügerisches Verhalten auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] berücksichtigen dürfen (vgl. nur [X.], Urteil vom 2. Mai 1996, "[X.]", [X.]/94, [X.]. 1996, [X.] Rn. 25; Urteil vom 21. Juli 2011, "[X.]", [X.]/10, [X.]. 2011, [X.] Rn. 25 mwN; [X.] aaO).

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

[X.]     

      

Grüneberg     

      

[X.]

      

Derstadt     

      

Schild von [X.]     

      

Meta

XI ZR 198/19

31.03.2020

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 21. März 2019, Az: 19 U 80/19

Art 247 § 6 Abs 2 S 3 Anl 7 BGBEG vom 20.09.2013, Art 247 § 12 Abs 1 BGBEG vom 20.09.2013, § 242 BGB, § 358 BGB vom 20.09.2013, § 361 Abs 2 S 1 BGB, Art 20 Abs 2 GG, Art 10 Abs 2 Buchst p EGRL 48/2008

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.03.2020, Az. XI ZR 198/19 (REWIS RS 2020, 1375)

Papier­fundstellen: WM2020,838 REWIS RS 2020, 1375


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XI ZR 198/19

Bundesgerichtshof, XI ZR 198/19, 31.03.2020.


Az. 19 U 80/19

OLG München, 19 U 80/19, 21.03.2019.


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