Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.06.2018, Az. 10 AZR 290/17

10. Senat | REWIS RS 2018, 7072

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Gegenstand

Rückzahlung einer tarifvertraglichen Sonderzuwendung


Leitsatz

Der Anspruch auf eine Jahressonderzahlung kann in Tarifverträgen vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag im Folgejahr abhängig gemacht werden.

Tenor

1. Die Revision des [X.] und [X.]n gegen das Urteil des [X.] - Kammern [X.] - vom 9. Mai 2017 - 9a [X.]/17 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ein Zinsanspruch aus dem Teilbetrag von 1.047,29 Euro erst ab dem 27. September 2016 besteht.

2. Der Kläger und [X.] hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung des [X.] und [X.]n ([X.]n), eine Sonderzuwendung für das [X.] an die Beklagte und Widerklägerin (Widerklägerin) zurückzuzahlen.

2

Der [X.] arbeitete seit dem [X.] als Busfahrer bei der Widerklägerin, die ein Verkehrsunternehmen betreibt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand [X.] der Tarifvertrag für die Bediensteten der nichtbundeseigenen Eisenbahnen und von [X.] ([X.]) vom 15. Dezember 1966 (Stand 1. August 2014), abgeschlossen zwischen dem [X.] und der [X.] sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft [X.], Anwendung. Anhang 1 zum [X.] ist die Tarifvereinbarung Nr. 500/501 über die Zahlung einer Sonderzuwendung vom 7. Oktober 1971 ([X.]). Diese lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 1   

        

(1)     

Die Bediensteten erhalten in jedem Kalenderjahr anstelle einer Weihnachtszuwendung eine Sonderzuwendung, wenn sie

                 

1.    

am 1. Dezember seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber in einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis stehen und

                 

2.    

nicht in der [X.] bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis ausscheiden.

        

(2)     

Ist die Zuwendung im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 gezahlt worden, so ist sie in voller Höhe zurückzuzahlen.“

3

§ 2 [X.] regelt die Höhe der Zuwendung, die bei Arbeitsverhältnissen, die bereits vor dem [X.] bestanden, 100 % einer Monatsvergütung beträgt. § 3 Abs. 1 [X.] bestimmt, dass sich die Zuwendung für einen Bediensteten, der nicht während des ganzen Kalenderjahres Bezüge von demselben Arbeitgeber erhalten hat, um 1/12 für jeden Kalendermonat ohne Bezüge vermindert. § 4 [X.] regelt Fälle und deren Voraussetzungen, in denen das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder eine Kündigung für den Bezug der Sonderzuwendung unschädlich ist (zB Erreichen der Altersgrenze, Personalabbau, Gesundheitsschädigung, Schwangerschaft), wobei auch hier gegebenenfalls eine [X.] stattfindet. Nach § 6 [X.] soll die Zuwendung spätestens am 1. Dezember gezahlt werden.

4

§ 30 [X.] regelt den Verfall von Ansprüchen. Er lautet:

        

„Ansprüche aus diesem Tarifvertrag erlöschen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Entstehen des Anspruches schriftlich geltend gemacht werden.“

5

Der [X.] kündigte sein Arbeitsverhältnis im Oktober 2015 zum Januar 2016. Mit der Abrechnung für den Monat November 2015 zahlte die Widerklägerin an ihn gemäß der [X.] einen Betrag von 2.692,43 Euro brutto, der seinem Konto am 25. November 2015 gutgeschrieben wurde.

6

Nach dem Ausscheiden des [X.]n aus dem Arbeitsverhältnis rechnete die Widerklägerin gegen seine Nettovergütung für den Monat Januar 2016 mit einem Betrag von 1.047,29 Euro auf. Sie erläuterte ihr Vorgehen im Einzelnen mit per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 6. April 2016. Der [X.] hat daraufhin Klage erhoben. Ferner hat die Widerklägerin weitere 493,00 Euro im Weg der Widerklage geltend gemacht. Nachdem die Aufrechnung der Widerklägerin für unwirksam erklärt worden ist, macht sie auch diesen Teilbetrag im Weg der Widerklage geltend, die insgesamt den Nettobetrag der an den [X.]n ausgezahlten Sonderzuwendung für das [X.] umfasst.

7

Die Widerklägerin hat gemeint, sie habe einen Rückzahlungsanspruch gegen den [X.]n gemäß § 1 Abs. 2 [X.]. Die tarifvertragliche Rückzahlungsregelung sei wirksam. Die [X.] knüpfe allein an die Betriebstreue an und stelle keine Vergütung für geleistete Arbeit dar. Angesichts dessen sei eine Bindung bis zum 31. März des Folgejahres nicht als übermäßig lang zu beanstanden. Tarifverträge unterlägen nur im beschränkten Umfang der gerichtlichen Inhaltskontrolle, da sie von gleichberechtigten Partnern des Arbeitslebens ausgehandelt würden und eine Institutionsgarantie nach Art. 9 Abs. 3 GG genössen. Der Anspruch sei noch nicht verfallen, weil er erst mit dem Ausscheiden des [X.]n fällig geworden und rechtzeitig geltend gemacht worden sei. Das Verhalten der Widerklägerin sei weder widersprüchlich noch treuwidrig. Auf Entreicherung könne sich der [X.] nicht berufen.

8

Die Widerklägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

den [X.]n zu verurteilen, an sie 493,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. März 2016 sowie weitere 1.047,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Der [X.] hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die tarifliche Rückzahlungsregelung sei unwirksam. Sie führe zu einer überlangen Bindungsdauer. Außerdem werde durch sie in das vertragliche [X.] eingegriffen. Die Sonderzuwendung stelle Vergütung für geleistete Arbeit dar und könne deshalb nicht zurückgefordert werden. Die Tarifvertragsparteien seien daran gehindert, Arbeitnehmern bereits erdiente Vergütungsansprüche im Nachhinein wieder zu entziehen, zumal der maßgebliche Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums liege. Dies verstoße als unverhältnismäßige Kündigungsbeschränkung gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit des [X.]n aus Art. 12 Abs. 1 GG. Der Rückforderungsanspruch sei ferner im Hinblick auf die tarifliche Ausschlussfrist des § 30 [X.] verfallen. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlten Arbeitsentgelts werde im [X.]punkt der Überzahlung am 25. November 2015 fällig. Außerdem habe der [X.] den erhaltenen Betrag im Rahmen der alltäglichen Lebensführung verbraucht und sei damit entreichert. Die Zuwendung könne zudem als Leistung in Kenntnis des Bestehens einer Nichtschuld nicht zurückgefordert werden. Das Verhalten der Widerklägerin sei treuwidrig. Sie habe den Eingang der Kündigung bestätigt und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erläutert, dabei aber weder darauf hingewiesen, dass dem [X.]n die Sonderzuwendung nicht zustehe, noch darauf, dass sie beabsichtige, diese im Fall einer Zahlung zurückzufordern.

Das Arbeitsgericht und das [X.] haben der Widerklage stattgegeben. Hiergegen wendet sich der [X.] mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision und erstrebt weiterhin die Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.]n ist unbegründet. Das [X.] hat ihn zu Recht verurteilt, die an ihn für das Kalenderjahr 2015 gezahlte Sonderzuwendung an die Widerklägerin zurückzuzahlen.

I. Der Rückzahlungsanspruch der Widerklägerin folgt aus § 1 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Nr. 2 [X.].

1. Die [X.] ist - wie im Übrigen der [X.] - kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Nr. 2 [X.] sind erfüllt.

a) An den [X.]n ist von der Widerklägerin Ende November 2015 für dieses Kalenderjahr eine Sonderzuwendung gezahlt worden.

b) Der [X.] ist in der [X.] bis einschließlich 31. März des Folgejahres, nämlich im Januar 2016, auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.

aa) Die nicht vom Arbeitgeber veranlasste Eigenkündigung des Arbeitnehmers stellt ein Ausscheiden auf eigenen Wunsch im Sinn der Tarifnorm dar (vgl. [X.] 11. Januar 1995 - 10 [X.] - zu II 1 b der Gründe).

bb) Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses „auf eigenen Wunsch“ des [X.]n wird nicht dadurch infrage gestellt, dass sich die Widerklägerin mit der Kündigung, die nicht mit der tarifvertraglichen Frist ausgesprochen wurde, einverstanden erklärt hat. Die Initiative für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ging vom [X.]n aus.

3. Die Rückzahlungsregelung in § 1 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist wirksam. Sie ist nicht am Maßstab der §§ 305 ff. [X.] zu messen. Sie verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 12 Abs. 1 [X.].

a) Allerdings wäre die Rückzahlungsregelung nach der [X.]srechtsprechung unwirksam, würde man sie als arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Klauselkontrolle nach § 307 Abs. 1 [X.] unterziehen.

aa) Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in [X.] Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem [X.]punkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 [X.]. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 [X.], indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 [X.] geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert (vgl. ausführlich [X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 22 ff., [X.]E 140, 231; anders dagegen für eine arbeitsvertragliche Klausel, mit der eine Gratifikation gezahlt wird, die nicht (auch) der Vergütung für geleistete Arbeit dient und nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft, [X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 23 ff., [X.]E 140, 239).

bb) Dies gilt selbst dann, wenn der Stichtag innerhalb des [X.] liegt und die Sonderzahlung (auch) Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem [X.]raum vor dem Stichtag erbracht wurde. In diesem Fall ist die Sonderzahlung ebenfalls zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergütung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichts daran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschuldete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des [X.] ist nicht gegeben. Auch ein Stichtag innerhalb des [X.] erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom [X.] ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert ([X.] 13. November 2013 - 10 [X.] - Rn. 29 ff., [X.]E 146, 284). Anders mag es liegen, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten [X.]raum vor dem Stichtag besonderen Wert hat. Das kann bei [X.] der Fall sein, aber auch auf anderen branchen- oder [X.] Besonderheiten beruhen. Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten [X.]punkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden ([X.] 13. November 2013 - 10 [X.] - Rn. 32, aaO).

[X.]) Soweit der Anspruch auf eine Sonderzahlung in einer arbeitsvertraglichen Klausel nicht wirksam vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden kann, gilt dies auch für eine entsprechende Rückzahlungsklausel im Fall einer bereits erfolgten Zahlung. Eine Pflicht zur Rückzahlung durch den Arbeitnehmer besteht nicht, wenn ihm andererseits ein Anspruch auf die Leistung zusteht. Eine diesbezügliche Regelung stellt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 [X.] dar.

[X.]) Die streitgegenständliche Sonderzuwendung dient nicht nur der Honorierung vergangener und künftiger Betriebstreue, sondern auch der Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung.

(1) Eine Sonderleistung kann vergangenheits- und zukunftsbezogene Elemente miteinander verknüpfen und sowohl die Belohnung bisheriger Dienste und erwiesener Betriebstreue bezwecken als auch als Anreiz für künftige Betriebstreue dienen. Bei einer solchen Sondervergütung wird die Belohnung künftiger Betriebstreue in der Regel dadurch sichergestellt, dass der Anspruch auf die Sonderzahlung den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren [X.]s voraussetzt ([X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 21).

(2) Die [X.] setzt (in geringem Maß) eine in der Vergangenheit erwiesene Betriebstreue voraus, weil die Sonderzuwendung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 nur an Arbeitnehmer gezahlt wird, die am 1. Dezember seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber in einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis stehen. Eine Betriebszugehörigkeit von zwei Monaten im Auszahlungszeitpunkt ist demnach für die Zahlung erforderlich. Die [X.] verlangt ferner in § 1 Abs. 1 Nr. 2 eine künftige Betriebstreue, weil nur der Arbeitnehmer, der nicht bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres, also nach dem Bezugszeitraum „Kalenderjahr“, aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, die Sonderzuwendung erhalten soll.

(3) Bei der Sonderzuwendung handelt es sich aber nicht um eine reine Gratifikation, die nur die bisherige und die künftige Betriebstreue honoriert. Allein dem Umstand, dass die Sonderzuwendung zum Ende des Kalenderjahres ausgezahlt wird, lässt sich nicht entnehmen, dass mit ihr ausschließlich die Betriebstreue honoriert werden soll. Soweit (nur) andere Ziele als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgt werden, muss dies deutlich aus der zugrunde liegenden Regelung hervorgehen (vgl. [X.] 13. Mai 2015 - 10 [X.] - Rn. 25). Die [X.] dient auch der Vergütung für geleistete Arbeit. Das zeigt schon die Regelung in § 3 Abs. 1 [X.], wonach sich die Sonderzuwendung bei Arbeitnehmern, die nicht während des ganzen Kalenderjahres Vergütung von demselben Arbeitgeber erhalten, um 1/12 für jeden Kalendermonat ohne Bezüge vermindert. Dies betrifft nicht allein unterjährig eintretende Arbeitnehmer, sondern auch solche, die beispielsweise wegen langer Krankheitszeiten oder wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit keinen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber haben. Eine entsprechende Zwölftelungsregelung enthält § 4 Abs. 1 [X.] für bestimmte Fälle unschädlichen vorzeitigen Ausscheidens. Damit ist der Anspruch auf die Sonderzuwendung grundsätzlich an den Vergütungsanspruch für geleistete Arbeit gebunden.

b) Tarifverträge sind aber wegen der Bereichsausnahme in § 310 Abs. 4 Satz 1 [X.] von einer AGB-Kontrolle ausgeschlossen.

aa) Auch eine Inhaltskontrolle von arbeitsvertraglich insgesamt in Bezug genommenen Tarifverträgen erfolgt nicht, weil sie gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 [X.] nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften stattfindet ([X.] 18. September 2012 - 9 [X.] - Rn. 24; 13. Dezember 2007 - 6 [X.] - Rn. 25, [X.]E 125, 216; 28. Juni 2007 - 6 [X.] - Rn. 22, [X.]E 123, 191). Tarifverträge stehen nach § 310 Abs. 4 Satz 3 [X.] Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 [X.] gleich. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, durch welche Regelungstechnik der betreffende Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet ([X.] 6. Mai 2009 - 10 [X.] - Rn. 28; vgl. auch die Gesetzesbegründung [X.]. 14/6857 S. 54). Vorausgesetzt ist dabei allerdings, dass der Tarifvertrag das Arbeitsverhältnis in seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich erfasst (vgl. [X.]. § 310 [X.] Rn. 3; [X.]/Lorenz TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 245).

bb) Beschränkt sich die [X.] jedoch auf einzelne Vorschriften eines Tarifvertrags, entfällt die durch § 310 Abs. 4 Satz 1 [X.] erzeugte Privilegierung ([X.] 6. Mai 2009 - 10 [X.] - Rn. 29; [X.]/Lorenz TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 239; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 3 Rn. 561 ff.). Begünstigungen bei einzelnen Regelungen werden häufig um den Preis von Benachteiligungen durch andere Vorschriften erwirkt. Erst die Gesamtheit der Regelungen eines Tarifvertrags begründet grundsätzlich die Vermutung, dass dieser die divergierenden Interessen angemessen ausgleicht. Der Tarifvertrag muss [X.] und grundsätzlich in seiner Gesamtheit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Einzelvertragliche Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers sind dabei unschädlich.

[X.]) Ob dies auch gilt, wenn (nur) abgrenzbare Teilkomplexe tarifvertraglicher Regelungen vollständig übernommen wurden, ist umstritten (vgl. [X.] 6. Mai 2009 - 10 [X.] - Rn. 29 f. mwN), bedarf hier aber keiner weiteren Erörterung. In dem von beiden Parteien unterzeichneten Einstellungsschreiben vom 30. August 1995 werden die für die Widerklägerin geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung in vollem Umfang und [X.] in Bezug genommen. Das Einstellungsschreiben beinhaltet insbesondere keine Zusätze, die eine Verschlechterung gegenüber den tarifvertraglichen Regelungen darstellen würde. Die einzige inhaltliche Regelung im Einstellungsschreiben betrifft die Vereinbarung einer Probezeit sowie die in diesem [X.]raum geltende Kündigungsfrist und stimmt mit den tarifvertraglichen Vorgaben überein (vgl. §§ 4, 28 Abs. 2 [X.]). Der [X.] ist im Übrigen auch nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar (vgl. § 1 [X.]).

c) Die sich aus der Stichtagsregelung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ergebende Rückzahlungsverpflichtung des [X.]n aus § 1 Abs. 2 [X.] verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 [X.].

aa) Zwar sind die Tarifvertragsparteien als Normgeber bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden ([X.] 26. April 2017 - 10 [X.] - Rn. 28). Durch den Abschluss von Tarifverträgen üben die Tarifvertragsparteien weder Staatsgewalt iSv. Art. 1 Abs. 3 [X.] aus, noch werden mit Tarifverträgen staatliche Regelungskonzepte verfolgt. Der Abschluss von Tarifverträgen und die damit bewirkte Normsetzung ist vielmehr kollektiv ausgeübte Privatautonomie. Die Tarifvertragsparteien regeln auf dieser Grundlage, mit welchen tarifpolitischen Forderungen sie für ihre Mitglieder tarifvertragliche Regelungen mit welchem Tarifvertragspartner setzen wollen und letztlich vereinbaren. Mit der kollektiv ausgeübten privatautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge ist eine unmittelbare [X.] der Tarifvertragsparteien nicht zu vereinbaren. Sie führte zu einer umfassenden Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen am Maßstab der Verhältnismäßigkeit und damit zu einer „Tarifzensur“ durch die Arbeitsgerichte ([X.]/[X.] 18. Aufl. [X.]. [X.] Rn. 47).

bb) Da die Grundrechtsgewährung jedoch nicht auf die bloße Abwehr staatlicher Eingriffe beschränkt ist, sondern darüber hinaus den Staat dazu verpflichtet, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, dass die einzelnen grundrechtlichen Gewährleistungen wirksam werden können, trifft den Staat die Schutzpflicht, einer Grundrechtsverletzung durch andere Grundrechtsträger entgegenzuwirken. Dementsprechend verpflichtet die [X.] der Grundrechte die Rechtsprechung dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen oder eine unangemessene Beschränkung eines grundrechtlichen Freiheitsrechts zur Folge haben ([X.] 26. April 2017 - 10 [X.] - Rn. 29).

[X.]) Die [X.] der Grundrechte verpflichtet dazu, den einzelnen Grundrechtsträger vor einer unverhältnismäßigen Beschränkung seiner Freiheitsrechte und einer gleichheitswidrigen Regelbildung auch durch privatautonom legitimierte Normsetzung zu bewahren. Die Tarifvertragsparteien haben daher bei der tariflichen Normsetzung sowohl den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 [X.] und die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] als auch die Freiheitsgrundrechte wie Art. 12 [X.] zu beachten ([X.] 21. März 2018 - 10 [X.] - Rn. 44; 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 31 mwN).

[X.]) Allerdings steht den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 [X.] geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht in gleichem Maß verfügen. Ihnen kommt eine [X.] zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind ([X.] 23. März 2011 - 10 [X.] - Rn. 21; 8. Dezember 2010 - 7 [X.] - Rn. 29, [X.]E 136, 270). Darüber hinaus verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung ([X.] 8. Dezember 2010 - 7 [X.] - aaO; 4. Mai 2010 - 9 [X.] - Rn. 23). Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt ([X.] 21. März 2018 - 10 [X.] - Rn. 43; 7. Juli 2015 - 10 [X.] - Rn. 22; 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 32 mwN, [X.]E 151, 235).

ee) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist vor diesem Hintergrund erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen ([X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 33; 23. März 2011 - 10 [X.] - Rn. 21; 21. September 2010 - 9 [X.] - Rn. 27). Die Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Die Differenzierungsmerkmale müssen allerdings im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen ([X.] 23. März 2011 - 10 [X.] - Rn. 22 mwN).

ff) Auch bei der Prüfung, ob eine Tarifnorm gegen Art. 12 Abs. 1 [X.] verstößt, ist der weite Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Dieser ist erst überschritten, wenn die Regelung auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 [X.]) und der daraus resultierenden [X.] der Tarifvertragsparteien die berufliche Freiheit der Arbeitnehmer unverhältnismäßig einschränkt (vgl. [X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 34; 19. Dezember 2006 - 9 [X.] - Rn. 35, 37).

gg) Nach diesem Maßstab ist die Regelung in § 1 Abs. 1 [X.] nicht zu beanstanden.

(1) Soweit in § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Oktober des betreffenden Kalenderjahres gefordert wird, hat der [X.] bereits in einer den ähnlich formulierten § 20 Abs. 1 TVöD-AT betreffenden Entscheidung ausführlich begründet, dass die Tarifvertragsparteien damit nicht den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum überschreiten ([X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 39 ff.). Hierauf wird Bezug genommen. Diese Voraussetzung hat der [X.] erfüllt.

(2) Auch die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.], wonach der Anspruch auf die Sonderzuwendung davon abhängig ist, dass der Arbeitnehmer nicht bis einschließlich 31. März des Folgejahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist nicht zu beanstanden.

(a) Es liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 [X.] vor, wenn die tarifvertragliche Regelung zwischen Arbeitnehmern unterscheidet, deren Arbeitsverhältnis bis einschließlich 31. März des Folgejahres endet, und solchen Arbeitnehmern, die nicht oder später aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Mit der Jahressonderzahlung wird auch Betriebstreue honoriert (vgl. zum Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 [X.] 18. August 1999 - 10 [X.] - zu II 2 c bb der Gründe, [X.]E 92, 218). Dies belegt die Stichtagsregelung. Darüber hinaus sollen die Arbeitnehmer durch die Jahressonderzahlung auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit motiviert werden (zu diesem Motivationsgedanken auch: [X.] 23. Mai 2007 - 10 [X.] - Rn. 27; 8. März 1995 - 10 [X.] - zu I 2 b der Gründe; 26. Oktober 1994 - 10 [X.] - zu II 3 der Gründe). Angesichts dieser Zwecke, die mit der Jahressonderzahlung verfolgt werden, ist die Differenzierung zwischen Beschäftigten, die bis einschließlich 31. März des Folgejahres ausscheiden, und Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis erst später oder gar nicht endet, sachlich gerechtfertigt. Insbesondere ihren Zweck, die Arbeitnehmer auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit zu motivieren, kann die Jahressonderzahlung bei Arbeitnehmern nicht erfüllen, die noch im ersten Quartal des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien wird damit nicht überschritten.

(b) Gegen Art. 12 Abs. 1 [X.] wird auch nicht verstoßen, soweit die tarifvertragliche Regelung einen Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums vorsieht.

(aa) Die Regelung greift allerdings in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Art. 12 Abs. 1 [X.] schützt mit der Freiheit der Arbeitsplatzwahl auch den Entschluss des einzelnen Arbeitnehmers, an welcher Stelle er dem gewählten Beruf nachgehen möchte. Dies umfasst seine Entscheidung, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf beizubehalten oder aufzugeben ([X.] 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 84, 133). Diese Freiheit wird durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] beeinträchtigt, weil mit dieser Regelung die selbstbestimmte [X.] des Arbeitnehmers verzögert oder verhindert werden soll (vgl. zu [X.] außerhalb des Bezugszeitraums in [X.] Geschäftsbedingungen [X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 27, [X.]E 140, 231; zu [X.] außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen [X.] 12. April 2011 - 1 [X.] - Rn. 30, [X.]E 137, 300).

(bb) Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ist von Gewicht. Das Arbeitsverhältnis darf nach der tarifvertraglichen Regelung nicht „bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres enden“, so dass auch eine Kündigung zum Ablauf des 31. März für den Anspruch auf die Sonderzahlung schädlich wäre (vgl. [X.] 11. Januar 1995 - 10 [X.] - zu II 1 b der Gründe mwN). In Verbindung mit den übrigen Kündigungsregelungen in § 28 Abs. 1 [X.], wonach eine Kündigung jeweils zum Ende eines Kalendermonats zu erfolgen hat, kann der Arbeitnehmer eine Kündigung zum Ablauf des 30. April des Folgejahres aussprechen, ohne seinen Sonderzuwendungsanspruch zu gefährden. Damit wird der Arbeitnehmer für einen [X.]raum von vier Monaten nach dem Bezugszeitraum gebunden. Der [X.] wird nicht dadurch verlängert, dass der Arbeitnehmer eine Kündigung nicht vor einem bestimmten [X.]punkt aussprechen dürfte. § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] stellt nur auf den Bestand und nicht den „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember des Kalenderjahres ab.

([X.]) Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 [X.] ist sachlich gerechtfertigt. Mit der Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] haben die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Der Stichtagsregelung liegt ein berechtigtes Interesse der Arbeitgeber zugrunde. Sie verfolgt das legitime Ziel, die Arbeitnehmer zur Betriebstreue anzuhalten. Sie ist dazu geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie schafft einen Anreiz für Arbeitnehmer, von einer an sich statthaften Kündigungsmöglichkeit keinen oder nur verzögerten Gebrauch zu machen. Es ist auch kein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit des betroffenen Arbeitnehmers weniger einschränkendes Mittel ersichtlich, um diesen an der [X.] zu hindern (vgl. [X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 41). Zwar könnte auch mit einer kürzeren Bindungsdauer das Ziel einer künftigen Betriebstreue gefördert werden, jedoch nicht in gleich wirksamer Weise.

([X.]) Die Einschränkung der Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ist hier angesichts des den Tarifvertragsparteien zustehenden, gegenüber einseitigen Regelungen in [X.] Geschäftsbedingungen erweiterten Gestaltungsspielraums noch angemessen.

([X.]) Das [X.] hat in seiner bisherigen Rechtsprechung weder tarifvertragliche Bindungs- und Rückzahlungsklauseln mit einem Stichtag innerhalb des Bezugszeitraums beanstandet (vgl. [X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 41; 4. September 1985 - 5 [X.] - zu II 3 der Gründe, [X.]E 49, 281) noch solche mit einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums (vgl. [X.] 11. Januar 1995 - 10 [X.] - zu II 3 der Gründe; 23. Februar 1967 - 5 [X.] - zu 4 der Gründe; 31. März 1966 - 5 [X.] - zu 3 der Gründe, [X.]E 18, 217). Die hierfür maßgeblichen Gründe sind immer noch gültig. Den Tarifvertragsparteien muss es überlassen bleiben, in eigener Verantwortung Vorteile in einer Hinsicht mit Zugeständnissen in anderer Hinsicht auszugleichen. Eine bestimmte Leistung des Arbeitgebers zu erhalten, kann es daher erforderlich machen, dass der Anspruch auf sie mit Einschränkungen verbunden wird, die Nachteile für einzelne Arbeitnehmer oder eine Gruppe von Arbeitnehmern mit sich bringen können. Vor allem im Bereich des Gratifikationsrechts ist den Tarifvertragsparteien ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt. Bei der Festsetzung der Gratifikationsleistungen und sonstigen Sonderzuwendungen handelt es sich nicht nur um einen Teilbereich der [X.] und damit um einen typischen Regelungsbereich der Tarifvertragsparteien. Die Sonderzuwendungen des Arbeitgebers und ihre Voraussetzungen müssen vielmehr im Zusammenhang mit den Vergütungstarifen im Übrigen gesehen werden. Ein Vorteil im Entgeltsystem kann ein Zugeständnis im Bereich der Gratifikationen erforderlich machen. Dementsprechend hat das [X.] den Tarifvertragsparteien auch in seiner Rechtsprechung zum Gratifikationsrecht, insbesondere zu den Bindungs- und Rückzahlungsklauseln, einen weiten Gestaltungsspielraum zugestanden und dabei die Vereinbarung von Klauseln erlaubt, die in [X.] regelmäßig als unzulässig angesehen werden ([X.] 4. September 1985 - 5 [X.] - zu II 3 a der Gründe, [X.]E 49, 281).

(bbb) Der [X.] erhielte die volle Jahressonderzahlung im Ergebnis für zwölf Monate vergütete Arbeitsleistung im Bezugszeitraum und weitere vier Monate Betriebszugehörigkeit im Folgejahr. Damit wird der auf den Bezugszeitraum „Kalenderjahr“ bezogene Vergütungsaspekt nicht vollständig entwertet, sondern nur um ein Drittel gestreckt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die für den [X.]n geltende tarifliche Regelung einen Sonderzuwendungsanspruch von etwa einer Monatsvergütung beinhaltet (vgl. zu diesem Gesichtspunkt [X.] 11. Januar 1995 - 10 [X.] - zu II 3 der Gründe) und die Gründe, aus denen die Sonderzuwendung zurückgefordert werden kann, allein aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen. Angesichts dessen haben die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

II. Der Rückzahlungsanspruch der Widerklägerin ist nicht gemäß § 30 [X.] erloschen.

1. Nach § 30 [X.] erlöschen Ansprüche aus diesem Tarifvertrag, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Entstehen des Anspruchs schriftlich geltend gemacht werden.

2. Die Widerklägerin hat gegenüber dem [X.]n ihren Rückzahlungsanspruch aus § 1 Abs. 2 [X.] rechtzeitig schriftlich geltend gemacht.

a) Der Rückzahlungsanspruch aus § 1 Abs. 2 [X.] ist ein „Anspruch aus diesem Tarifvertrag“ iSv. § 30 [X.]. Die [X.] ist der Anhang 1 zum [X.] und damit Teil des Tarifvertrags.

b) Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass der Rückzahlungsanspruch der Widerklägerin erst mit Ausscheiden des [X.]n im Januar 2016 entstanden ist.

aa) Eine Forderung ist im [X.] dann entstanden, wenn der von der Norm zu ihrer Entstehung vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, auch wenn der Gläubiger die Leistung zu diesem [X.]punkt noch nicht verlangen kann, also die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben ist. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt aber nicht vor Fälligkeit, nicht vor dem [X.]punkt, zu dem der Gläubiger vom Schuldner die Leistung verlangen (§ 271 [X.]) und im Weg der Klage durchsetzen kann ([X.] 9. August 1990 - 2 [X.] - zu [X.] 2 f der Gründe).

bb) Soweit der [X.] darauf abstellt, bei einer „Überzahlung“ laufe die Ausschlussfrist für die Rückforderung bereits mit Gutschrift auf dem Konto, ist dies irrelevant. Im [X.]punkt der Gutschrift am 25. November 2015 lag keine Überzahlung vor, weil die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfüllt waren und der [X.] noch nicht aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Der Tatbestand der tariflichen Rückzahlungsklausel erfordert ein „Ausscheiden“ und nicht ein voraussichtliches oder geplantes Ausscheiden aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres. Ob diese Tatbestandsvoraussetzung erfüllt ist, kann erst mit dem Ausscheiden sicher beurteilt werden. Dabei spielen nicht nur die Fälle eine Rolle, in denen sich die Parteien nach [X.] auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verständigen. Angesichts der Kündigungsfrist, die je nach Betriebszugehörigkeit bis zu sechs Monaten zum Monatsende beträgt, sind jedenfalls auch Fälle vorstellbar, die noch während des Laufs dieser Kündigungsfrist zu einer für die Sonderzuwendung unschädlichen anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, wie sie etwa in § 4 Abs. 1 [X.] geregelt sind. Ferner fallen darunter auch Aufhebungsverträge auf Veranlassung des Arbeitgebers, der nach einer Kündigung des Arbeitnehmers eine noch frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstrebt.

[X.]) Jedenfalls das dem [X.]n per E-Mail übermittelte Schreiben vom 6. April 2016 wahrt die Ausschlussfrist von drei Monaten. Eine Übermittlung per E-Mail ist für eine schriftliche Geltendmachung ausreichend (vgl. [X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 36 f.). Das Schreiben erfüllt die Anforderungen der Spezifizierung der Forderung nach Grund und Höhe (vgl. [X.] 17. März 2016 - 6 [X.] - Rn. 42).

III. Der [X.] kann sich nicht mit Erfolg auf ein aus seiner Sicht treuwidriges Verhalten der Widerklägerin berufen, das er unter anderem daraus ableitet, dass die Widerklägerin ihm mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 den Eingang seiner Kündigung bestätigt, die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erläutert und nicht auf die Rückforderung der später zunächst ausgezahlten Sonderzuwendung hingewiesen habe. Allein der Umstand, dass es den [X.]n reut, die Kündigung zum Januar 2016 ausgesprochen zu haben, und er sich möglicherweise über die rechtlichen Folgen seiner Erklärung nicht vollständig im Klaren war, macht es nicht treuwidrig, wenn sich die Widerklägerin auf den von ihm geschaffenen Rechtszustand beruft.

IV. Soweit sich der [X.] auf Entreicherung beruft, steht dem entgegen, dass es sich hier nicht um einen Bereicherungsanspruch der Widerklägerin iSd. §§ 812 ff. [X.] handelt.

1. Die Widerklägerin leitet ihren Anspruch aus der [X.] her, die nicht die Einrede der Entreicherung vorsieht.

2. § 818 Abs. 3 [X.] findet nur Anwendung auf Bereicherungsansprüche aus §§ 812 ff. [X.], nicht aber auf vertragliche Rückforderungsansprüche (vgl. [X.] 17. Juni 2003 - [X.]/02 - zu II 3 der Gründe, [X.]Z 155, 166; ebenso bei gesetzlichen Rückgewähransprüchen [X.] 26. September 2006 - [X.]/03 - Rn. 21). Allerdings hat das [X.] in älterer Rechtsprechung einen anderen Begründungsansatz gewählt und gemeint, es handle sich um einen Fall verschärfter Haftung bei ungewissem Erfolgseintritt nach § 820 [X.], so dass sich der Arbeitnehmer deshalb nicht auf Entreicherung berufen könne ([X.] 23. Februar 1967 - 5 [X.] - zu 5 der Gründe). Ob diese Begründung zutrifft, bedarf keiner Entscheidung, weil es hier nicht zu einem anderen Ergebnis käme.

3. Da der [X.] zum Auszahlungszeitpunkt noch nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, liegt von vornherein keine Leistung in Kenntnis einer Nichtschuld iSv. § 814 [X.] vor.

V. Die Höhe des [X.] ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1, § 291 [X.]. Soweit die Widerklägerin Zinsen aus einem Teilbetrag von 1.047,29 Euro seit Rechtshängigkeit verlangt, wurden ihr diese allerdings vom [X.] zu Unrecht bereits ab 26. September 2016 zugesprochen. Die Widerklage betreffend diesen Teilbetrag ist dem [X.]n erst am 26. September 2016 zugestellt worden. Nach § 187 Abs. 1 [X.] darf der Tag der Zustellung nicht mitgerechnet werden (vgl. [X.] 15. November 2000 - 5 [X.] - zu III der Gründe, [X.]E 96, 228), so dass [X.] erst ab 27. September 2016 zugesprochen werden dürfen.

VI. Der [X.] hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Gallner    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Simon    

        

    Schumann    

                 

Meta

10 AZR 290/17

27.06.2018

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Freiburg (Breisgau), 30. November 2016, Az: 10 Ca 143/16, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.06.2018, Az. 10 AZR 290/17 (REWIS RS 2018, 7072)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7072

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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