Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2012, Az. 10 AZR 667/10

10. Senat | REWIS RS 2012, 10073

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) KÜNDIGUNG

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Gegenstand

Weihnachtsgratifikation - Vorbehalt des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses


Leitsatz

Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, stellt es keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB dar, wenn der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag als Anspruchsvoraussetzung bestimmt wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. September 2010 - 15 [X.]/10 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation. Die Klägerin war vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 für den Beklagten als Steuerfachwirtin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 23. November 2009.

2

§ 5 „Gehalt und sonstige Vergütungen“ des Arbeitsvertrags regelt Folgendes:

        

„(1) Die Angestellte erhält ein monatliches, nachträglich zu zahlendes Gehalt von [X.] 1.900,00 (in Worten [X.] eins-neun-null-null).

        

(2) Der Angestellte erhält mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von [X.] 1.900,00 (in Worten [X.] eins-neun-null-null).

        

…       

        

(4) Im [X.] wird die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt. Besteht das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung noch keine drei Monate, wird keine Gratifikation gezahlt.

        

(5) Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.

        

(6) Eine Gratifikation ist gleichzeitig Treueprämie. Soweit eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, ist sie zurückzuzahlen, wenn der Angestellte aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigung des Praxisinhabers vor dem 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung erreicht, bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, vor dem 30. Juni des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Dies gilt nicht, wenn die Gratifikation den Betrag von [X.] 200,00 nicht übersteigt.

        

…“    

        

3

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für das [X.] eine Weihnachtsgratifikation zu. Der Ausschluss des Anspruchs bei gekündigtem Arbeitsverhältnis sei unwirksam. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe im [X.] seine Mitarbeiter aufgefordert, freiwillig auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie im Gegensatz zu ihren Kolleginnen nicht verzichtet habe.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anspruch bestehe nicht, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt gewesen sei. Die Kündigung habe auf betrieblichen Gründen beruht.

6

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des [X.] kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der [X.] kann mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das [X.] hat. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

8

I. Die Klage ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht deshalb begründet, weil der in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags bestimmte Ausschluss des Anspruchs auf eine Weihnachtsgratifikation bei gekündigtem Arbeitsverhältnis unwirksam ist. Eine Sonderzuwendung kann vielmehr vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum [X.]punkt der Auszahlung abhängig gemacht werden, wenn sie nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient und nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

9

1. Steht eine Sonderzuwendung im [X.] zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer durch die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre Zahlung nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

a) [X.] können vom Erreichen persönlicher Ziele abhängen. Zweck einer erfolgsabhängigen Vergütung ist die Leistungssteigerung des Arbeitnehmers. Sie ist besonderer Anreiz für die Erreichung vertraglich festgelegter Leistungsziele oder allgemein Anreiz für die Erzielung überdurchschnittlicher Arbeitsergebnisse im Bezugszeitraum. Eine erfolgsabhängige Vergütung wird als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet ([X.] 5. Juli 2011 - 1 [X.] - Rn. 35; 12. April 2011 - 1 [X.] - Rn. 25, [X.], 989; 12. Dezember 2007 - 10 [X.] - Rn. 25, [X.]E 125, 147). Auch [X.], die nur an den Unternehmenserfolg anknüpfen, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt ([X.] 12. April 2011 - 1 [X.] - Rn. 25, aaO; 3. Mai 2006 - 10 [X.]/05 - Rn. 46, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18); die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzuwendung wird durch die Abhängigkeit von einem Unternehmensergebnis nicht in Frage gestellt. Schließlich können auch nicht erfolgsabhängige [X.] wie ein 13. Monatsgehalt im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich honorieren. Der Anspruch auf eine solche Zuwendung entsteht während des [X.] entsprechend der zurückgelegten Dauer und wird nur zu einem anderen [X.]punkt insgesamt fällig (vgl. [X.] 28. März 2007 - 10 [X.] - Rn. 17, [X.] § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

b) Zulässig ist nach der Rechtsprechung des [X.]s, den Anspruch auf eine [X.]zahlung an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Geschäftsjahr zu knüpfen. Ein [X.], der auf das Geschäftsergebnis bezogen ist, kann erst dann verdient sein, wenn das Geschäftsjahr abgeschlossen ist ([X.] 6. Mai 2009 - 10 [X.]/08 - [X.] § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Dagegen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem [X.]punkt außerhalb des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden ([X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] -). Es ist unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und widerspricht der gesetzlichen Wertung des § 611 BGB, vereinbartes Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer über eine Stichtagsklausel oder eine sonstige Zahlungsbedingung wieder zu entziehen, wenn der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat.

2. Dient eine Sonderzuwendung hingegen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine [X.], wonach die Zahlung den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum [X.] voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im [X.] zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden.

a) [X.] können als [X.]eprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren (vgl. [X.] 28. März 2007 - 10 [X.] - Rn. 18, [X.] § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21); der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum [X.] typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. [X.] 5. Juli 2011 - 1 [X.] - Rn. 35). Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet (vgl. [X.] 21. Mai 2003 - 10 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 106, 159). Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am [X.] abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher [X.] hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.

b) Eine [X.], die eine Sonderzuwendung in diesem Sinne allein an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses knüpft, kann nach ständiger Rechtsprechung auch dann zulässig sein, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, sondern auf einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beruht ([X.] 28. März 2007 - 10 [X.] - Rn. 18, [X.] § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 4. Mai 1999 - 10 [X.] - [X.] § 611 Gratifikation Nr. 214: [X.] in einem Tarifvertrag; 2. Dezember 1992 - 10 [X.] -: [X.] in einer Betriebsordnung; 19. November 1992 - 10 [X.] - [X.]E 72, 1: einzelvertragliche Zusage; 25. April 1991 - 6 [X.] - [X.]E 68, 41: [X.] in einer Betriebsvereinbarung; 4. September 1985 - 5 [X.] - [X.]E 49, 281). Der Arbeitgeber darf unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers allein die fortdauernde Betriebszugehörigkeit über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige [X.] - angehören ([X.] 19. November 1992 - 10 [X.] - zu II 2 b der Gründe, aaO).

3. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten oder sonstige Zwecke verfolgen will, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Macht die Sonderzuwendung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Der [X.] ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Fehlt es hieran und sind auch weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht vereinbart, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird ([X.] 21. Mai 2003 - 10 [X.] - zu II 2 b bb der Gründe, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8). [X.] der Arbeitgeber andere Zwecke verfolgen, so muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. [X.] können nur die [X.] haben, die sich im üblichen Rahmen reiner [X.]e- und Weihnachtsgratifikationen bewegen und keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen.

II. Die in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte Weihnachtsgratifikation dient nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen.

1. Nach den Feststellungen des [X.] liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zugrunde. Als solche sind sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ([X.] 23. März 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 14, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 9. Juni 2010 - 5 [X.] 696/09 - Rn. 14, [X.] 2011, 109). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden ([X.] 23. März 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 14, aaO).

2. Nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erhält der Angestellte mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine „Weihnachtsgratifikation“. Der Wortlaut legt nahe, dass damit ein Beitrag des Arbeitgebers zu den erhöhten Weihnachtsaufwendungen zugesagt werden sollte, eindeutig ist dies für sich genommen jedoch nicht (vgl. [X.] 21. Mai 2003 - 10 [X.] - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8: [X.] als reines Arbeitsentgelt; 10. Dezember 2008 - 10 [X.] 15/08 - [X.] § 611 Gratifikation Nr. 280: [X.] als Gratifikation, die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu [X.] voraussetzt; 30. März 1994 - 10 [X.] 134/93 - [X.] § 611 Gratifikation Nr. 161 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 109). Die weiteren Bestimmungen verdeutlichen jedoch, dass die zugesagte Weihnachtsgratifikation keinen [X.] hat. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Arbeitsvertrags soll eine Gratifikation „gleichzeitig“ [X.]eprämie sein und nach Satz 2 ist eine Weihnachtsgratifikation bei einem arbeitnehmerseitig oder in bestimmten Fällen arbeitgeberseitig veranlassten Ausscheiden im Rahmen zulässiger Bindungsfristen wieder zurückzuzahlen. Diese Zahlungsbedingungen lassen bei einem verständigen Vertragspartner keinen Zweifel daran zu, dass mit der Weihnachtsgratifikation ein Beitrag zum [X.] geleistet und zusätzlich Betriebstreue honoriert werden soll. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Weihnachtsgratifikation keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung der Klägerin ausmacht, sondern sich in der Größenordnung typischer Gratifikationen ohne [X.] bewegt. Dieser Auslegung steht § 5 Abs. 4 des Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach im [X.] die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt wird. Eine mit einer bestimmten Zwecksetzung zugesagte Gratifikation wird nicht dadurch zu einem im [X.] stehenden Vergütungsbestandteil, dass sie im [X.] nur anteilig entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Daraus folgt nur, dass sich die Höhe des Beitrags zum [X.] im [X.] an der Dauer des Arbeitsverhältnisses orientiert. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Gratifikation ist nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags allein der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum [X.].

III. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksam und hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die Klägerin wird nicht deshalb unangemessen benachteiligt, weil der Anspruch auf eine Gratifikation ausgeschlossen ist, wenn sich das Anstellungsverhältnis im [X.]punkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet.

1. Die [X.] verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des [X.] ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des [X.]verwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des [X.]verwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB ([X.] 14. September 2011 - 10 [X.] 526/10 - Rn. 22, [X.] 2012, 81; 18. Mai 2011 - 10 [X.] 206/10 - Rn. 29, [X.] §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 [X.] 1/08 - Rn. 15, [X.] § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung der Weihnachtsgratifikation ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum [X.] abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. [X.] ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Dies bestätigt die Systematik des Vertrags, der in § 5 Abs. 6 eine nach arbeitgeber- und arbeitnehmerseitiger Kündigung differenzierende Verpflichtung zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation bestimmt.

2. Die [X.] ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligend.

a) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen [X.] und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der [X.]inhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen ([X.] 14. September 2011 - 10 [X.] 526/10 - Rn. 33, [X.] 2012, 81; 25. August 2010 - 10 [X.] 275/09 - Rn. 27, [X.] § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. März 2007 - 9 [X.] 433/06 - Rn. 39 f., [X.] § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 [X.] 557/05 - Rn. 33 f., [X.]E 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist ([X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] 206/10 - Rn. 32, [X.] §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 25. August 2010 - 10 [X.] 275/09 - Rn. 28, [X.] § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

b) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass die Weihnachtsgratifikation nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum [X.] durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

aa) Eine Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige [X.] - angehören ([X.] 19. November 1992 - 10 [X.] - [X.]E 72, 1). Nur eine wirksame Kündigung kann zum Anspruchsausschluss führen. Entscheidend ist, dass nicht in das [X.] eingriffen und dem Arbeitnehmer verdientes Entgelt entzogen wird.

bb) Eine solche [X.] weicht auch nicht vom Grundgedanken des § 162 Abs. 2 BGB ab. Danach gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn er von der [X.], zu deren Vorteil er gereicht, wider [X.] und Glauben herbeigeführt wird. Die Norm enthält eine Regelung zur [X.]. Niemand darf aus einer treuwidrig herbeigeführten Lage Vorteile ziehen. Einer abstrakten Regelung, dass bei einer wirksamen Kündigung ein Arbeitnehmer von einer Gratifikation ausgeschlossen werden kann, steht § 162 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Ob die Kündigung auf einem treuwidrigen Verhalten beruht, ist im Rahmen der [X.] zu prüfen. Eine nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeit zugesagte Weihnachtsgratifikation kann deshalb unter den Vorbehalt des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden.

IV. [X.] ist nicht entscheidungsreif. Zwar besteht nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ein Anspruch der Klägerin auf die Weihnachtsgratifikation grundsätzlich nicht, weil das Arbeitsverhältnis zum [X.] wirksam gekündigt war. Die Klägerin hat aber geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie sich geweigert habe, auf das [X.] zu verzichten. Die Klägerin hat damit einen schlüssigen Vortrag dazu gehalten, dass der Beklagte sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Anspruchsausschluss bei gekündigtem Arbeitsverhältnis berufen kann. War die Kündigung Reaktion auf die Weigerung der Klägerin, Verzicht zu leisten, so hat er den [X.] treuwidrig herbeigeführt. Das [X.] wird diesem Vortrag nachgehen müssen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

Meta

10 AZR 667/10

18.01.2012

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bochum, 15. April 2010, Az: 3 Ca 228/10, Urteil

§ 162 BGB, § 305 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 611 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2012, Az. 10 AZR 667/10 (REWIS RS 2012, 10073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10073

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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