Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2003, Az. III ZB 84/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1502

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] 84/02[X.]/02vom25. September 2003in dem [X.]:jaBGHZ:[X.]:ja ZPO §§ 575 Abs. 2, 236 [X.] Frist, innerhalb deren eine versäumte [X.] Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist (Fortführung [X.], Beschluß vom 9. Juli 2003 - [X.] 147/02).BGH, Beschluß vom 25. September 2003 - [X.]/02 -AGJenaLGGera- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 25. September 2003 durchden Vorsitzenden [X.] und [X.] [X.], Dr. [X.], [X.] Verfahren [X.]/02 und [X.]/02 werden unter [X.] [X.]/02 verbunden.2.Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Fristen zur [X.] der Rechtsbeschwerden gegen die Beschlüsse der 1. Zivil-kammer des [X.] vom 7. Juni und vom 19. [X.] - 1 S 128/02 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand be-willigt. Einer Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der [X.] zur Begründung der Rechtsbeschwerden bedarf es [X.] die Rechtsbeschwerden des Beklagten werden die vorbe-zeichneten Beschlüsse der 1. Zivilkammer des [X.]aufgehoben. Es wird festgestellt, daß die Berufung des Beklagtengegen das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2002- 28 C 577/01 - zulässig ist; einer Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungs-frist bedarf es [X.] wird zur Sachentscheidung über die Berufung an [X.] zurückverwiesen, dem auch die Entscheidungüber die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehaltenbleibt; jedoch werden Gerichtskosten insoweit nicht erhoben (§ 8GKG).5.Streitwert: 1.074 - 4 -GründeI.Durch das auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2001 er-gangene und am 13. Februar 2002 verkündete Urteil des [X.] gegen den Beklagten ergangener Vollstreckungsbescheid aufrechterhalten,durch den der Beklagte verpflichtet worden war, an den Kläger 2.100 DM nebstZinsen und Kosten zu bezahlen. Dieses Urteil wurde dem Beklagten [X.] Februar 2002 zugestellt. Mit einem am 15. März 2002 beim [X.]eingegangenen [X.] und einem am 18. März 2002 eingegangenen [X.] legte der Beklagte Berufung ein. Die Berufungsbegründung ging [X.] April 2002 ein, zusammen mit einem Wiedereinsetzungsantrag. Das [X.] wies durch Beschluß vom 7. Juni 2002 den Antrag des Beklagtenauf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beru-fungsbegründungsfrist zurück und verwarf mit einem weiteren Beschluß vom19. Juli 2002 die Berufung des Beklagten als unzulässig, da sie nicht innerhalbder Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei.Der Beschluß vom 7. Juni 2002, betreffend die Zurückweisung des [X.], wurde dem Beklagten am 18. Juni 2002 zugestellt;derjenige vom 19. Juli 2002, betreffend die Verwerfung der Berufung, am25. Juli 2002.Mit einem am 17. Juli 2002 beim [X.] eingegangenen[X.] hat der Beklagte Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsbe-schwerde gegen den Beschluß vom 7. Juni 2002 beantragt; mit einem weiteren- 5 -am 26. August 2002, einem Montag, durch [X.] eingegangenen [X.]folgte ein weiteres Prozeßkostenhilfegesuch für eine Rechtsbeschwerde gegenden [X.] vom 19. Juli 2002.Der Senat hat beiden Prozeßkostenhilfegesuchen durch Beschluß vom28. November 2002, dem Beklagten zugestellt am 5. Dezember 2002, [X.]. Am 6. Dezember 2002 hat der Beklagte durch eine beim Bundesge-richtshof zugelassene Rechtsanwältin gegen die Beschlüsse des [X.] und vom 19. Juli 2002 Rechtsbeschwerden eingelegt und zugleichum Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung [X.] nachgesucht. Zugleich hat der Beklagte beantragt,die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerden um zwei Monate zu verlän-gern; diesem Antrag ist durch Verfügung des Vorsitzenden entsprochen [X.] (bis zum 3. März 2003). Die Begründung der Rechtsbeschwerden ist am3. März 2003 eingegangen.[X.] sind [X.] hatte der Beklagte die [X.] zur Einlegung der Rechtsbeschwer-den - einen Monat nach Zustellung der angefochtenen Beschlüsse (§ 575Abs. 1 Satz 1 ZPO) - versäumt. Dieses Versäumnis beruhte jedoch auf [X.] ihn unverschuldeten Hindernis (§ 233 ZPO), nämlich seiner Mittellosigkeit.Nachdem ihm auf seine rechtzeitig gestellten Anträge Prozeßkostenhilfe bewil-ligt worden war, hatte er die versäumten Prozeßhandlungen, verbunden mit- 6 -einem Wiedereinsetzungsgesuch, rechtzeitig und formgerecht nachgeholt(§§ 234, 236 ZPO). Ihm war daher, wie geschehen, Wiedereinsetzung in [X.] Stand zu [X.] einmonatige Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerden wardurch die Zustellung der angefochtenen Beschlüsse ebenfalls in Lauf [X.] daher nach dem Wortlaut des Gesetzes ebenfalls versäumt worden (§ 575Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZPO). Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 [X.] befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die Notwendigkeitzur Folge, auch die Begründung der Rechtsbeschwerde innerhalb von zweiWochen nach Behebung des Hindernisses nachzuholen (§ 234 Abs. 1 [X.]. 2 ZPO). Ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist hätte [X.] Rechtsprechung die fristgerechte Nachholung der Begründunggrundsätzlich nicht ersetzt ([X.]/[X.], ZPO 23. Aufl. 2003 § 236 Rn. 8m.w.[X.]). In Fortführung der Erwägungen des [X.]. Zivilsenats in dessen Ent-scheidung vom 9. Juli 2003 ([X.] 147/02) bedarf es indessen einer verfas-sungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO (und im [X.] § 575 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZPO), wenn eine [X.] wegen [X.] fristgemäß Rechtsbeschwerde einlegen konnte. Die arme [X.] [X.] nicht gezwungen sein, auch die Rechtsbeschwerdebegründung innerhalbder zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist einzureichen, falls inzwischen, wieregelmäßig und so auch hier, auch die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist des§ 575 Abs. 2 Satz 1 ZPO verstrichen ist. Eine Verpflichtung der armen [X.],auch die Beschwerdebegründung innerhalb der nicht verlängerbaren Wieder-einsetzungsfrist nachzuholen, würde zu einer aus verfassungsrechtlichenGründen nicht hinnehmbaren Benachteiligung führen. Diese Regelung ist [X.] verfassungskonform zu korrigieren. Der [X.]. Zivilsenat zieht für den Fall- 7 -einer versäumten Berufungsbegründung - entsprechendes gilt für die hier inRede stehende Rechtsbeschwerdebegründung mit der Maßgabe, daß die [X.] nur einen Monat statt wie dort zwei Monate beträgt - in Er-wägung, die volle Frist erst mit Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung inLauf zu setzen. Alternativ dazu kommt in Betracht, daß mit Zustellung der [X.] bewilligenden Entscheidung eine einmonatige Begrün-dungsfrist in Lauf gesetzt wird. Dies entspricht der Rechtsprechung andereroberster Gerichtshöfe des [X.](Nachweise im Beschluß des [X.]. Zivilsenats vom 9. Juli 2003 aaO). Auch [X.] ist der Senat nicht gezwungen, sich abschließend auf einender beiden Lösungswege festzulegen. Folgt man nämlich der zweiten Alternati-ve - Begründungsfrist von einem Monat ab Zustellung der Wiedereinsetzungs-entscheidung -, so würde die Frist erst mit der Zustellung des jetzigen [X.] in Lauf gesetzt und wäre damit durch die bereits vorliegende [X.] gewahrt. Beginnt hingegen die volle gesetzliche Begrün-dungsfrist mit Zustellung der [X.], so muß konse-quenterweise in Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung auch die ge-setzliche Regelung des § 575 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 6 [X.]. Dies hat die Folge, daß der Vorsitzende berechtigt ist, unabhängig vonden Schranken des § 234 ZPO auf Antrag des Beschwerdeführers die volleVerlängerungsmöglichkeit um bis zu zwei Monate auszuschöpfen. [X.] dies isthier geschehen. Die Beschwerdebegründung ist daher in jedem Falle rechtzei-tig eingegangen, so daß es insoweit einer gesonderten Wiedereinsetzung [X.] 8 -3.Die Rechtsbeschwerde ist, soweit sie sich gegen den [X.] vom 19. Juli 2002 richtet, nach § 522 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 574 Abs. 1Nr. 1 ZPO statthaft.4.Durch Beschluß des [X.]. Zivilsenats vom 4. September 2002 ([X.] ZB23/02 = NJW 2002, 3783) ist geklärt, daß die Rechtsbeschwerde gegen einendie Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß auch dann zulässig ist,wenn - wie hier - die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erreicht ist.5.Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert hier eineEntscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative ZPO). Die Zu-lässigkeit der Berufung beurteilt sich hier noch nach altem Verfahrensrecht, [X.] letzte mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht bereits im [X.] stattgefunden hatte (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Dies hatte die Konsequenz, daßdie Berufungsbegründungsfrist mit der Einlegung der Berufung begonnen hatte(§ 515 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO a.F.). Diese Konstellation wird in [X.] mehr eintreten können, da nunmehr auch für die Berufungsbegründungs-frist auf die Zustellung des Urteils abzustellen ist (§ 520 Abs. 2 Satz 1 [X.].F.). Gleichwohl vermag der Senat die Erforderlichkeit der Sicherung einereinheitlichen Rechtsprechung hier nicht schon deshalb zu verneinen, weil essich um auslaufendes Recht handelt. Die angefochtene Entscheidung tangiertdas Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör. Sie steht in Widerspruch zurRechtsprechung des [X.] (s. im folgenden III). Die Obliegenheitder unteren Instanzen, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten undsich mit ihr auseinanderzusetzen, ist ein Gesichtspunkt, der im Rahmen [X.] einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann Bedeutung behält,wenn das anzuwendende Recht selbst überholt [X.]-6.Die Rechtsbeschwerde ist auch insoweit zulässig, als sie sich gegenden früheren Beschluß des [X.] vom 7. Juni 2002 richtet, durch dendem Beklagten die Wiedereinsetzung versagt worden ist. Auch insoweit ist siestatthaft (§ 238 Abs. 2 ZPO [unverändert] i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.). Die Erwägungen zur Sicherung einer einheitlichenRechtsprechung gelten hier entsprechend.I[X.] führen zur Aufhebung der angefochtenen Be-schlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.1.Entgegen der Auffassung des [X.] war die Berufungsbegrün-dungsfrist hier nicht versäumt worden. Deshalb bedurfte es weder einer [X.], noch hätte die Berufung als unzulässig verworfen werden [X.]. Wie oben bereits ausgeführt, war das auf die mündliche Verhandlung vom19. Dezember 2001 ergangene und am 13. Februar 2002 verkündete Urteil [X.] dem Beklagten am 18. Februar 2002 zugestellt worden. Die Be-rufungsschrift ging per [X.] am 15. März 2002 beim [X.] ein; derBerufungsschriftsatz im Original folgte am 18. März 2002, d.h. noch innerhalbder Berufungsfrist. Die Berufungsbegründung ging zusammen mit dem [X.]santrag am 18. April 2002 ein. Dies bedeutete, daß die Begrün-dungsfrist zwar bezogen auf die am 15. März 2002 durch [X.] eingelegteBerufung versäumt worden war, nicht jedoch bezogen auf die am [X.] durch [X.] eingelegte Berufung. Dementsprechend lag hier [X.] Konstellation vor wie bei dem Beschluß des [X.] vom [X.] 1993 ([X.] = NJW 1993, 3141): Wird durch [X.] zulässigerweise- 10 -Berufung eingelegt und innerhalb der Berufungsfrist auch das Original des[X.]es bei Gericht eingereicht, dann liegt mangels abweichender [X.] eine mehrfache Berufungseinlegung mit der Folge vor, daß [X.] wirkungslose zweite Einlegung wirksam wird, wenn die durch [X.]eingelegte Berufung ihre Wirksamkeit verliert. Der Umstand, daß die [X.] 15. März 2002 durch Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ihreWirksamkeit verloren hatte, bewirkte also, daß die ebenfalls noch fristgemäßeingelegte Berufung vom 18. März 2002 Wirksamkeit erlangte und diese [X.] rechtzeitig eingegangene Berufungsbegründung auch behielt.2. Dementsprechend waren der [X.] vom 19. Juli 2002aufzuheben und der die Wiedereinsetzung versagende Beschluß vom [X.] für gegenstandslos zu erklären.Rinne[X.][X.]DörrGalke

Meta

III ZB 84/02

25.09.2003

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2003, Az. III ZB 84/02 (REWIS RS 2003, 1502)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1502

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.